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Stolperstein für Ernst Frehe
Stolperstein für Ernst Frehe

Ernst Frehe * 1906

Großmoordamm / Ecke Hörstener Straße (Harburg, Harburg)


HIER WOHNTE
ERNST FREHE
JG. 1906
EINGEWIESEN 1941
HEILANSTALT LANGENHORN
HEILANSTALT WEILMÜNSTER
"VERLEGT" 22.4.1944
HEILANSTALT HADAMAR
ERMORDET 8.5.1944

Ernst Frehe, geb. 17.12.1906 in Harburg, am 11.11.1941 eingewiesen Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn, am 9.6.1943 'verlegt' Heil- und Pflegeanstalt Weilmünster, 'verlegt' am 22.4.1944 Landesheilanstalt Hadamar, ermordet am 8. Mai 1944

Großmoordamm/Ecke Hörstener Straße (früher Moordamm 14) Harburg

Ernst Frehe wurde am 17. Dezember 1906 in Harburg geboren und wuchs mit 5 Geschwistern in Harburg auf. Nach Beendigung der Schulzeit arbeitete er in mehreren Harburger Firmen als ungelernter Arbeiter und eignete sich dabei Kenntnisse im Schmieden und Schweißen an.

Am 20. Juli 1929 heiratete er die aus Ostpreußen stammende Gertrud Ott,1933 wurde die gemeinsame Tochter Christa geboren.

18 Jahre arbeitete Ernst Frehe bei der Firma Oelwerke Schindler in Neuhof als Schweißer. Seine Arbeit bestand darin, innerhalb der Ölkessel, die einen Durchmesser von ca. 3 m hatten, Schweißarbeiten vorzunehmen. Im Februar 1939 wurde er mit gesundheitlichen Problemen in das Universitäts-Krankenhaus Eppendorf eingeliefert. Die Ärzte vermuteten, dass die körperlichen Beschwerden, die dringend stationär behandelt werden mussten, aber auch die psychische Labilität, Folgen der Arbeitsbedingungen waren.

Am 15. März 1940 wurde Ernst Frehe zum Militär eingezogen, er war zuerst in der Fliegerhorstkompanie Stade, dann in Diepholz stationiert. Am 2. August 1940 wurde er aus dem Militärdienst wieder entlassen, da sein früherer Arbeitgeber, ein kriegswichtiger Betrieb, ihn als Arbeitskraft angefordert hatte. Von der Firma Schindler wurde er jedoch wieder entlassen, hat kurzfristig in anderen Firmen gearbeitet und war ab 12. August 1941 wieder Soldat, jetzt stationiert beim Luftgaukommando XI in Hamburg-Blankenese.

Von einem Abendurlaub bei seiner Familie kehrte er nicht in die Kaserne zurück. Soldaten holten ihn am 4. November1941 ab und brachten ihn ins Reserve-Lazarett XI, am nächsten Tag wurde er in die Nervenabteilung des Reserve-Lazaretts V in Wandsbek eingeliefert. Die Ärzte baten die militärischen Vorgesetzten um ein Führungszeugnis über Ernst Frehe. Seine Leistungen wurden als einwandfrei und gut bezeichnet, sein Wesen als verschlossen.

Am 11. November 1941 wurde er in die Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn eingewiesen. Untergebracht war er im Haus 14, dort erhielt er regelmäßig Besuch von der Ehefrau und anderen Familienangehörigen. Nach einiger Zeit wurde er ins Haus 19 verlegt, in dieser Abteilung waren Besuche nicht zugelassen. Die Familie bezweifelte die Unzurechnungsfähigkeit des Patienten. Die Ehefrau vermutete vielmehr, dass die streng religiösen Ansichten ihres Ehemannes und Äußerungen gegen den Krieg zu der Einweisung in die Heil- und Pflegeanstalt geführt hatten.

Wegen Dienstunfähigkeit wurde am 20. März 1942 die Entlassung zum 10. April 1942 aus dem aktiven Wehrdienst verfügt. Die ärztliche Stellungnahme lautete: "Entlassungsfähig, ärztliche Behandlung erforderlich." Das Amtsgericht Harburg teilte der Anstalt mit, dass für den Patienten ein Pfleger (Vormund) bestellt wurde. Am 15. Oktober 1942 verkündete das Erbgesundheitsgericht in Hamburg den Beschluss, der Patient "ist unfruchtbar zu machen". Die Operation wurde, gegen den Willen des Patienten, am 10. Dezember 1942 vorgenommen.

Die Ehefrau bat die Ärzte in einem Schreiben vom 2. Juni 1943, ihren Ehemann "Einer gründlichen Untersuchung zu unterziehen zwecks Frontbewährung". Dieser Versuch blieb ohne Erfolg, Ernst Frehe wurde am 8. Juni 1943 nach Weilmünster 'verlegt', einige Monate später, am 22. April 1944, in die Tötungsanstalt Hadamar.

In der Tötungsanstalt Hadamar wurden zwischen Januar 1941 und März 1945 etwa 14.500 Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen ermordet. Zwischen Januar und September 1941 starben etwa 10.000 Patienten in der Gaskammer. Nach Abbau der Gaskammer wurden die Morde ab August 1942 durch Ärzte und Pfleger fortgesetzt. Etwa 4.500 Patienten starben durch tödliche Injektionen, Nichtbehandlung von Krankheiten oder verhungerten.

Mit Datum 6. Mai 1944 wurde der Ehefrau telegrafisch mitgeteilt, "Ihr Mann … mit hohem Fieber schwer erkrankt. Besuch ist gestattet." Zwei Tage später erhielt sie ebenfalls telegrafisch die Todesnachricht. Gertrud Frehe fuhr in Begleitung ihrer Schwiegermutter nach Hadamar, um an der Beisetzung ihres Mannes teilzunehmen.

Ernst Frehe starb am 8. Mai 1944, die angegebene Todesursache lautete "Geisteskrankheit und Darmgrippe."

Stand: März 2022
© Margrit Rüth

Quellen: Staatsarchiv Hamburg 3528/7 Sign. Abl. 1/1995 Nr. 29145; Einwohnerbuch Harburg-Wilhelmsburg 1938; Hamburger Gedenkbuch Euthanasie. DIE TOTEN 1939-1945 (Jenner/Wunder) S. 189; Gedenkstätte Hadamar: Schriftliche Auskunft am 27.7.2020.

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