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Erich de Giske * 1904

Chemnitzstraße 92-98 (Altona, Altona-Altstadt)


HIER WOHNTE
ERICH DE GISKE
JG. 1904
ILLEGALER GRENZÜBERTRITT
1943 FRANKREICH
VERHAFTET / 'FAHNENFLUCHT'
TODESURTEIL 20.7.1944
ERSCHOSSEN 5.8.1944
NEUENGAMME

Erich de Giske, geb. am 3.5.1904, wegen "Fahnenflucht" zum Tode verurteilt, hingerichtet am 5.8.1944 im KZ Neuengamme

Chemnitzstraße 92-98 (Matthäus-Chemnitz-Straße 108, Ehlbeckterrasse Haus 20)

Erich de Giske wurde am 3. Mai 1904 in Schwerin geboren. Er wuchs bei seiner Mutter, seinem Stiefvater und zwei Schwestern in Wittenberge auf, wo er die Volksschule besuchte und anschließend bei der Reichsbahn Schlosser lernte. Etwa 1927/28 zog er nach Hamburg und fand auf der Vulkan-Werft sowie den Werften Blohm & Voss und H. C. Stülcken Arbeit, unterbrochen durch eine fünfjährige Arbeitslosigkeit zwischen 1930 und 1935. Im August 1935 wurde er von der in Altona-Ottensen ansässigen Firma Menck & Hambrock GmbH als Betriebsschlosser eingestellt.

1932 heiratete Erich de Giske Margarete Mathissen. Seine Frau brachte einen Sohn, Heinz, mit in die Ehe. Am 10. Juli 1941 kam Margarete de Giske bei einem Bombenangriff ums Leben.

Erich de Giske wohnte in der heute nicht mehr vorhandenen Ehlbeckterrasse (auch Ehlbecksterrasse) 20 in Altonas Altstadt, die über einen Gang auf Höhe der Straßennummer 108 der Matthäus-Chemnitz-Straße, heute Chemnitzstraße, zugänglich war.

Im März 1940 erfolgte Erich de Giskes Musterung zur Wehrmacht. Da er aber als Facharbeiter in einem Rüstungsbetrieb arbeitete und als "unabkömmlich" galt, erfolgte trotz "kv"-Vermerks – "kriegsverwendungsfähig" – keine Einberufung.

Im Juli 1943 verbrachte Erich de Giske einen vierzehntägigen Urlaub bei seiner Schwester Luise Uhl in Süddeutschland, in dessen Verlauf seine Schwester und er an die deutsch-französische Grenze fuhren. Unter dem Vorwand, Kriegerdenkmäler besichtigen zu wollen, erkundeten sie das Gelände, bis Erich de Giske eine Gelegenheit nutzte, illegal die Grenze zu überschreiten und ins besetzte Frankreich zu gelangen. Er besuchte eine Geliebte, die er in Hamburg kennengelernt hatte, eine ehemalige ausländische Zivilarbeiterin, die bei ihren Eltern in Frankreich lebte.

Am Ende des Urlaubs kehrte Erich de Giske nicht nach Hamburg zurück. Später, nach seiner Verhaftung im Dezember 1943, gab er zu Protokoll, er sei krank geworden, habe die Rückkehrfrist deshalb versäumt, aus Angst vor Bestrafung nicht gewagt, verspätet zurückzukehren und sich in Frankreich um Arbeit bemüht, darunter bei deutschen Firmen.

Währenddessen hatte seine Hamburger Firma sein Fernbleiben von der Arbeit angezeigt. Das Wehrbezirkskommando Hamburg V verständigte die Gestapo, deren Fahndung zur Verhaftung Erich de Giskes führte. Dem ging voraus, dass seine Schwester auf dem Rückweg von der Grenze zum Bahnhof in eine Ausweiskontrolle des Zolls geraten war und ihre Personalien aufgenommen wurden. Bei den anschließenden Vernehmungen hatte sie sich in Widersprüche verwickelt, zumal sie mit ihrem Bruder an der Grenze gesehen worden, dann aber allein zurückgekehrt war, und gestand schließlich ihre Beihilfe beim illegalen Grenzübertritt ihres Bruders. Im Oktober 1943 wurde sie dafür von einem Sondergericht in Metz zu einer einjährigen Gefängnisstrafe verurteilt.

Die Gestapo wertete das Verhalten Erich de Giskes als politisch motivierte Fahnenflucht und erhielt Argumentationshilfe durch die Schwester, die der Gestapo berichtete, ihr Bruder habe sich der Wehrpflicht entziehen wollen, da er eine Einberufung fürchtete, und im Falle einer Einberufung zur Ostfront zur Roten Armee überlaufen wollen. Die Hintergründe dieser und einer Anzahl weiterer haltloser Anschuldigungen, mit denen die Schwester ihren Bruder belastete, sind nicht rekonstruierbar. Vielleicht war sie über ihre eigene Strafe verbittert. Tatsächlich, so ermittelte die Gestapo beim Wehrbezirkskommando Hamburg V, habe für Erich de Giske zum Zeitpunkt seiner "Flucht" eine "UK-Stellung" bestanden und eine Einberufung sei nicht vorgesehen gewesen.

Seine "Flucht" galt als Verbrechen nach § 5 der Kriegssonderstrafrechtsverordnung vom 17. August 1938. Das Hanseatische Sondergericht wertete Erich de Giskes Verhalten in seiner Sitzung am 20. Juni 1944 als Versuch, sich der Wehrpflicht zu entziehen, und unterstellte ihm zugleich eine staatsfeindliche Einstellung. Es verurteilte Erich de Giske zum Tode.

Nachdem das Untersuchungsgefängnis bei einem Bombenangriff getroffen worden war und für Hinrichtungen daher nicht zur Verfügung stand, wurde das Urteil am 5. August 1944 im KZ Neuengamme vollstreckt.

Stand September 2015

© Herbert Diercks

Quellen: StaH 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht – Strafsachen, 254/45 (de Giske, Erich); AB Altona; Diercks, Stadthaus, S. 44 f.

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