Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine


zurück zur Auswahlliste

Ellen Glück * 1924

Buceriusstraße 2 (Hamburg-Mitte, Hamburg-Altstadt)


HIER WOHNTE
ELLEN GLÜCK
JG. 1924
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Ellen Glück, geb. 19.4.1924 in Hamburg, deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt, weiterdeportiert am 6.10.1944 nach Auschwitz

Buceriusstraße 2/Ecke Schopenstehl (Schopenstehl 1-3)

Die Mutter von Ellen Glück und ihrem ein Jahr jüngeren Bruder Peter Horst Glück, der am 14. November 1925 geboren worden war, hieß Erna Bogisch, geb. Glück. Sie war noch nicht verheiratet, als ihre Kinder in Hamburg zur Welt kamen und so hatten Ellen und Peter den Geburtsnamen ihrer Mutter Glück erhalten.

Erna Bogisch war am 9. März 1898 als zweite von drei Töchtern des Kaufmanns Sally Glück und dessen Ehefrau Fanny, geb. Czeschlak (geb. 7.11.1875 in Kieferstädtel/Oberschlesien heute Sośnicowice/Polen), in Berlin geboren worden. Ihre Eltern hatten sich nach einigen Jahren wieder scheiden lassen. In zweiter Ehe hatte Fanny Glück am 7. August 1901 in Berlin den Geschäftsreisenden und späteren Geschäftsführer Abraham Josef Littmann (geb. 17.11.1869 in Brody/Galizien heute Ukraine) geheiratet und war ihm nach Altona gefolgt, wo Erna und ihre zwei Schwestern: Marie (geb. 16.1.1896) und Josephine/ Josefine (geb. 15.4.1899) mit vier Halbgeschwistern aufwuchsen.

Als Erna am 25. Juni 1931 den gleichaltrigen Schlosser Fritz August Bogisch (geb. 6.3.1898 in Schermen) heiratete, der bei der Reichs- und Hochbahn tätig war, behielten Ellen und Peter den Namen Glück. Das Ehepaar Bogisch wohnte in der Margaretenstraße 34 in Eimsbüttel. Seit 1937 verzeichnete das Hamburger Adressbuch Fritz Bogisch mit der Berufsbezeichnung Heizer in der Altstadt am Schopenstehl 1/3, wo heute ein Nachkriegsbau steht.

Ellen hatte im Israelitischen Krankenhaus in der Johnsallee 54 gearbeitet, wo sie als Lernschwester auch eine Unterkunft erhielt. Ihr Bruder Peter absolvierte eine Ausbildung in der Schlosserwerkstatt in der Weidenallee 8-10, die von der Deutsch-Israelitischen Gemeinde unterhalten wurde.

Erna Bogisch lebte mit ihrem nichtjüdischen Mann in sogenannter Mischehe, so war sie zunächst vor den Deportationen in den Osten geschützt. Der Status ihrer "Mischehe" schützte aber nicht ihre Kinder. Ellen und Peter wurden am 19. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert. Zum Zeitpunkt seiner Deportation war Peter in der Kielortallee 24 bei Cohn in einem sogenannten Judenhaus gemeldet.

In Theresienstadt gab es einen Postverkehr, wenn auch zensiert. Es war erlaubt, Nachrichten an Angehörige oder Bekannte zu verschicken. Lebensmittelpakete zu erhalten erhöhte die Überlebenschancen im Getto.

Eine an Fritz Katz, Mitarbeiter der ehemaligen Jüdischen Gemeinde, gerichtete Postkarte aus dem Getto Theresienstadt mit der Absenderadresse Bahnhofstraße 8 erreichte im September 1944 die Dillstraße in Hamburg: "Wunder mich sehr, dass ich solange nichts aus Hamburg von der Gemeinde gehört habe. Man hat mich also schon ganz vergessen. Ich habe in der Grünenstraße 5, 3 Jahre gearbeitet, zuletzt war ich im jüdischen Krankenhaus. Ich wohne hier mit Sch.[wester] Henny Rosenstein zusammen, wir sind neun Personen, es sind nämlich noch einige andere Kinder bei uns, und sie sorgt und kümmert sich um uns, wie es eine eigene Mutter nicht besser kann, genauso ihr Mann. Viele herzl.[liche] Grüße an Sie und alle Bekannten im jüdischen Krankenhaus. Ellen".

Die von Ellen erwähnte Krankenschwester Henny/Hertha Rosenstein, geschiedene Lindenborn, geb. Klyszcz (geb. 22.11.1902 in Beuthen), ihr Mann Oskar Rosenstein (geb. 16.10.1897 in Pinneberg) und Hennys Tochter Lilli Lindenborn (geb. 18.7.1928) waren zusammen mit Ellen und Peter Glück ins Getto deportiert worden. Das Ehepaar Rosenstein hatte erst am 3. Mai 1940 geheiratet. Seine letzte Hamburger Adresse war die Bundesstraße 43 im Warburg-Stift.

Eine Karte von Peter Glück mit dem Poststempel vom 3. August 1943, gerichtet an Fanny David, Beneckestraße 2, erreichte die Leiterin des Wohlfahrtswesen der ehemaligen Deutsch-Israelitischen Gemeinde nicht mehr. Sie war am 23. Juni 1943 mit den letzten Angestellten der Bezirksstelle Nordwestdeutschland der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland nach Theresienstadt deportiert worden (über Fanny David, die später in Auschwitz ermordet wurde, s. Stolpersteine in Hamburg-Eppendorf und Hamburg-Hoheluft-Ost, www.stolpersteine-hamburg.de).

Peter hatte am 15. Juni 1943 geschrieben: "Liebes Frl. David. Ihre l.[iebe] Karte an Schwester Henny, die auch unsere Vormünderin ist, habe ich gelesen. Vielen Dank dafür. Wir wundern uns sehr, dass unsere Eltern noch nichts von sich hören ließen, trotzdem sie seit November unsere Adresse kennen. Meine Schwester Ellen und ich waren lange krank, sind jetzt aber wieder zu Hause. Wir brauchten nur viel Aufbaustoffe. Ich arbeite in der Gärtnerei, Ellen als Krankenschwester. Wir danken herzlich für die Päckchen vom 3.6., die wir gestern erhielten. Wir lassen unseren Vetter Max Lefebre grüßen und ihn bitten, unseren Eltern zu sagen, dass die Großeltern hier bei uns und gesund sind. Lasst recht bald von Euch hören. Die Post funktioniert gut. Herzliche Grüße an Alle
Ihr Peter Glück." (In der Marienthaler Straße 126 liegt ein Stolperstein für Max Lefébre (geb. 4.8.1898), ob er mit Peters Vetter identisch ist, ließ sich nicht herausfinden).

Die Großeltern von Ellen und Peter, Fanny und Josef Littmann waren Ende 1932 von Hamburg nach Berlin zurückgekehrt. Da sich ihre Tochter Rosa Szprycer, geb. Littmann (geb. 1.10.1901 in Berlin), in Hamburg von ihrem Ehemann Julius Szprycer (geb. 1899 in Warschau, gest. 1974) getrennt hatte, lebten ihre Enkelkinder bei ihnen in Berlin. Rosa Szprycer konnte 1938 nach England emigrieren, ihre drei jüngeren Brüder waren nach Brasilien geflüchtet. Am 17. März 1943 wurde das Ehepaar Littmann mit ihrem 13-jährigen Enkel Helmuth Szprycer (geb. 8.8.1929 in Hamburg) nach Theresienstadt deportiert. Ihre 17-jährige Enkelin Giesa Szprycer (geb. 23.9.1925 in Hamburg) war schon am 19. Februar 1943 aus der gemeinsamen Wohnung in der Barbarossastraße 8 in Berlin-Schöneberg abgeholt und mit dem 29. Osttransport nach Auschwitz deportiert worden. Die ältere Enkeltochter Lotte war bereits 1940 in Berlin an Tuberkulose verstorben.

Als die in Mischehe lebenden Jüdinnen und Juden deportiert wurden, kam auch Erna Bogisch am 14. Februar 1945 auf einen "Arbeitseinsatztransport" nach Theresienstadt. Ihre Familie fand sie dort nicht mehr vor, sie war schon ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau weiterdeportiert worden. Fanny und Josef Littmann mit Enkel Helmuth am 18. Dezember 1943, Peter mit einem Transport am 28. September 1944 und Ellen nur wenig später, am 6. Oktober 1944 mit einen Transport, in dem sich auch Oskar und Henny Rosenstein mit Tochter Lilli Lindenborn befanden. Helmuth Szprycer überlebte Auschwitz, Erna Bogisch erlebte ihre Befreiung in Theresienstadt, sie verstarb am 4. Dezember 1988 in Hamburg.

Ihre Schwester Josephine/Josefine von Halle, geb. Glück, wohnte mit ihren Ehemann Alfons (geb. 2.9.1902) und Tochter Ingrid (geb. 20.12.1928) in der Weidenallee 8. Sie wurden am 18. November 1941 gemeinsam aus dem "Judenhaus" am Großneumarkt 56 ins Getto Minsk deportiert und ermordet (Stolpersteine in der Weidenallee 8, www.stolperstein-hamburg.de).

Auch die älteste Schwester Marie Löhr, geb. Glück, die 1917 in Berlin den Kaufmann Karl (Abraham) Löhr (geb. 13.4.1892 Wiesbaden) geheiratet hatte, wurde mit ihrer Tochter Rita Ingeborg (geb. 22.2.1918 in Wiesbaden) von Berlin nach Auschwitz deportiert; sie wurden am 21. Februar bzw. am 12. Dezember 1943 ermordet.

Für Peter Glück wurde ein Stolperstein an seiner letzten Hamburger Adresse in der Kielortallee 24 verlegt. Für seine Großeltern Littmann in der Altonaer Straße 2. Für Henny und Oskar Rosenstein im Elligersweg 41 in Barmbek und für Lilli Lindenborn in der Bundesstraße 43 (s. www.stolpersteine-hamburg.de). An die Familien Littmann und Szprycer erinnern seit 2012 auch Stolpersteine in Berlin.

Stand: Oktober 2021
© Susanne Rosendahl

Quellen: 1; 5; 7; 9; StaH 351-11 AfW 090390 (Bogisch, Erna); 351-11 AfW 20721 (Bogisch, Fritz August); StaH 351-11 AfW 3359 (Klyszcz, Rosa); StaH 332-5 Standesämter 13586 u 421/1931; StaH 522-1 Abl. 1993, 01 Ordner 15; StaH 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge 1236 (Alfons und Josephine von Halle); Lohmeyer: Stolpersteine, S. 221; www.ancestry.de (Geburtenregister Berlin Erna Glück, Zugriff 3.11.2015); www.ancestry.de (Geburtenregister Berlin Josefine Glück, Zugriff 3.11.2015); www.ancestry.de (Geburtenregister Berlin Maria Glück, Zugriff 3.11.2015); www.ancestry.de (Heiratsregister Berlin Maria Glück und Karl (Abraham) Löhr, Zugriff 3.11.2015); http://www.stolpersteine-berlin.de/de/biografie/4861 (Zugriff 5.11.2015).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Recherche und Quellen.

druckansicht  / Seitenanfang