Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine


zurück zur Auswahlliste

Benno Hurwitz * 1889

Krausestraße 79 (Hamburg-Nord, Dulsberg)


HIER WOHNTE
DR. BENNO HURWITZ
JG. 1889
VERHAFTET 1938
KZ FUHLSBÜTTEL
ERMORDET 25.10.1938

Weitere Stolpersteine in Krausestraße 79:
Karl Hermann Rüther

Benno Erich Hurwitz, geb. 25.3.1889 in Königsberg, Suizid im Konzen­tra­tionslager Hamburg-Fuhlsbüttel am 25.10.1938

Krausestraße 79 (Ahrensburger Straße 99)

Benno Hurwitz wurde in Königsberg geboren, wo er aufwuchs und wahrscheinlich auch seine Ausbildung zum Arzt absolvierte; jedenfalls promovierte er im Mai 1913 im Fach allgemeine Medizin an der Universität seiner Heimatstadt und erhielt seine Approbation vom Preußischen Minister des Innern im Juni 1914. Über seine verwandtschaftlichen Verhältnisse ist lediglich bekannt, dass er einen älteren Bruder namens Paul (geb. 1882) hatte, der in Rechtswissenschaft promoviert wurde

Benno Hurwitz diente vier Jahre als Oberarzt im Ersten Weltkrieg, nach dessen Ende er offenbar nach Hamburg zog. Hier erhielt er seine ärztliche Zulassung am 28. März 1919 durch das Medizinalamt, woraufhin er im selben Jahr eine Praxis als "praktischer Arzt und Geburtshelfer" eröffnete. Wahrscheinlich befand sich bereits seine erste Praxis bis etwa Mitte der 1920er Jahre in Dulsberg, in der Dithmarscher Straße. Danach zog er in die nahegelegene Ahrensburger Straße, wo er bis zu seiner Verhaftung 1938 in einer Dreieinhalb-Zimmer-Wohnung lebte, deren Besitzer der Bauverein zu Hamburg war; dort befand sich auch seine Praxis.

Nach der Machtübernahme der NSDAP hatte Benno Hurwitz dieselben diskriminierenden Maßnahmen zu erdulden wie alle jüdischen Ärzte. Zum 1. Januar 1938 wurde ihm die Kassenzulassung und am 30. September desselben Jahres die Bestallung als Arzt entzogen. Durch diese Willkürmaßnahmen seiner beruflichen Existenzgrundlage beraubt, begann der unverheiratete Arzt damit, seine Auswanderung aus Deutschland vorzubereiten. Über den mit ihm befreundeten Konsul von El Salvador gelang es ihm, ein Einreisevisum für das mittelamerikanische Land zu bekommen. Im Spätsommer 1938 hatte er bereits seine Wohnung gekündigt und seine Privatsachen und die ärztlichen Instrumente in Koffern reisefertig verstaut. Auch hatte er sich mit dem Oberfinanzpräsidenten in Verbindung gesetzt, um die Mitnahme seines Eigentums ins Ausland zu regeln. Seine Ausreise wurde jedoch durch seine von der Staatlichen Kriminalpolizei, Abteilung K, am 5. September verfügte Verhaftung wegen Verdachts auf "Rassenschande" vereitelt.

Die ersten acht Tage musste Benno Hurwitz als "Schutzhäftling" im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel verbringen, bis er am 13. September in U-Haft kam. Eine detaillierte Anklageschrift gegen ihn liegt nicht vor. Während der Haft hatte er Kontakt zu einem Hamburger Anwalt, der ihn auch ein Mal im Gefängnis besuchen durfte; außerdem stand er in Korrespondenz mit seinem noch in Königsberg lebenden Bruder. Laut einer Meldung des "Hamburger Tageblatt" vom 6. September soll er angeblich gestanden haben, "Rassenschande" begangen zu haben.

Die Zollfahndungsstelle Hamburg erließ wenige Tage nach Benno Hurwitz’ Verhaftung eine vorläufige "Sicherungsanordnung" hinsichtlich des in seinem Besitz befindlichen beweglichen Vermögens und zweier Lebensversicherungspolicen im Wert von insgesamt 4600 RM. Nach mehr als sieben Wochen Haft fand man ihn am frühen Morgen des 25. Oktober 1938 in seiner Zelle erhängt mit zwei Handtüchern am Fensterrahmen. Anzeichen, die auf Selbstmordabsichten hindeuteten, seien nach Angaben der Gefängnisverwaltung nicht bemerkt worden.

Laut Beurteilung des damaligen Anstaltsarztes, Oberregierungsmedizinalrat Callsen, sei die Ursache des Suizids von Benno Hurwitz "die Verzweiflung über die Fassungslosigkeit (sic!) seiner Lage" gewesen. "Anzeichen einer vorhergegangenen Misshandlung" stellte Callsen nicht fest. In der Zelle des jüdischen Arztes wurden Abschiedsbriefe an seinen Bruder gefunden, die später an das Amtsgericht Hamburg abgegeben wurden, allerdings heute nicht mehr auffindbar sind. Dem Bruder Paul gelang, vermutlich 1939, die Flucht nach Palästina. Für Benno Hurwitz liegt ein Stolperstein vor seinem letzten Wohnsitz in der Krausestraße 79, vormals Ahrensburger Straße.

© Benedikt Behrens

Quellen: 1; 2; StaH 242-1 II Gefängnisverwaltung II, Abl. 12, 221 Hurwitz (Gefangenenpersonalakte) und Abl. 16 (Untersuchungshaftkartei); StaH 213-8 Staatsanwaltschaft OLG – Verwaltung, Abl. 2451a E1,1c (Schutzhaftkosten); StaH 351-11 AfW, Abl. 2008/1, 10.6.14, Hurwitz, Ernst; Verzeichnis der jüdischen Ärzte, Zahnärzte, Dentisten, Bandagisten, Optiker in Hamburg, Altona, Wandsbek. Hamburg o.J.; Villiez, Anna von, Mit aller Kraft verdrängt. Entrechtung und Verfolgung "nicht arischer" Ärzte in Hamburg 1933 bis 1945, München/Hamburg 2009, S. 299; Diercks, Herbert Gedenkbuch "Kola-Fu", Hamburg 1987, S. 25; Plaumann, Hans Jürgen, Nacherkundungen zu "Spurensuche des Nationalsozialismus und des Widerstandes am Dulsberg", Hamburg 1998, S. 23.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Recherche und Quellen.

druckansicht  / Seitenanfang