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Susanne Herz * 1888

Ferdinandstraße 28/30 (Hamburg-Mitte, Hamburg-Altstadt)


HIER WOHNTE
SUSANNE HERZ
JG. 1888
DEPORTIERT 1941
RIGA
ERMORDET

Susanne Herz, geb. am 13.8.1888 in Geislar, deportiert am 6.12.1941 nach Riga-Jungfernhof

Ferdinandstraße 28/30

Susanne Herz kam erst spät nach Hamburg. Sie war mit mehreren Geschwistern in einer alteingesessenen jüdischen Familie in Geislar aufgewachsen. Ihre Eltern Hermann Herz und Julia, geb. Horn, besaßen in der Hauptstraße 71 ein eigenes Haus. Laut dem Geislarer Adressbuch von 1913 war ihr Vater als Metzger tätig. Die kleine rechtsrheinische Ortschaft Geislar zählte vor dem Ersten Weltkrieg 1013 Einwohner, sie wurde 1969 eingemeindet und gehört heute zu Bonn.

Nach dem Tod ihrer Mutter, der Vater war bereits zuvor verstorben, war Susanne Herz in die Nachbargemeinde Beuel (auch Beuel gehört heute zu Bonn) gezogen. Dort lebte ihr Bruder Alexander Herz (geb. 25.12.1895) mit seiner Frau Helene, geb. Sanders (geb. 7.6.1890 in Kaldenkirchen/Kempen) und den Kindern Frieda (geb. 20.8.1922) und Günter (geb. 3.10.1927). In der Wilhelmstraße 77 (heute Siegfried-Leopold-Straße 23) betrieb Alexander Herz eine gut gehende Fleischerei. Susanne Herz wohnte in der Neustraße und arbeitete in der Innenstadt am Münsterplatz als Verkäuferin im Kaufhaus Tietz, bis sie dort wie alle jüdischen Angestellten 1933 entlassen wurde. Auch ihr jüngerer Bruder Jakob Herz (geb.11.10.1904, gest. 26.1.1960) wurde im Zuge der "Arisierung" des Kaufhauses entlassen. Er wanderte 1935 nach Palästina aus.

Susanne Herz ging nach ihrer Entlassung nach Wieseck (heute ein Stadtteil von Gießen). Ihre Schwester Selma Gottlieb, geb. Herz (geb. 24.5.1901), berichtete später, dass sie dort eine Stelle als Krankenpflegerin bei einem "Invaliden" namens Löwenstein erhalten hatte und in diesem Beruf auch ausgebildet war. (In Wieseck, in der Gießener Straße 80, heute Ecke Philosophenstraße/Gießener Straße, lebte Moritz Löwenstein, geboren am 15.3.1879 in Wieseck, der im Rollstuhl saß und von zwei in den USA lebenden Brüdern finanziell unterstützt wurde, bis er 1934/1935 in das "Gumpertz’s Siechenhaus" am Danziger Platz 16 in Frankfurt am Main kam. Moritz Löwenstein wurde am 18. August 1942 nach Theresienstadt deportiert, dort starb er am 24. März 1943.)

1933 lebten noch etwa 30 jüdische Personen in Wieseck. Viele hatten die Ortschaft wegen des wachsenden antisemitischen Drucks bereits verlassen. Auch Susanne Herz erhoffte sich in der Großstadt mehr Anonymität, als sie Anfang Juni 1937 zu ihrer Schwester Selma nach Hamburg zog.

Selma hatte seit 1930 als "Schwesternhilfe" im Altenheim Oberaltenallee gearbeitet und zunächst in der Kleinen Bäckerstraße 31 gewohnt. Ab 1933 war sie in Hamburg in verschiedenen Firmen als kaufmännische Angestellte bzw. als Kontoristin tätig. 1935 zog sie in die dritte Etage der Ferdinandstraße 28/30. Susanne fand im Jüdischen Gemeinschaftshaus in der Hartungstraße 38 bei den Brüdern Max, Julius und Bernhard Hellmann, in "Hellmanns Gaststätten", eine nicht näher beschriebene Verdienstmöglichkeit.

Nach der Heirat ihrer Schwester Selma am 26. Juni 1937 mit dem Kellner Max Gottlieb (geb. 2.9.1897 in Frankfurt am Main) bezog Susanne Herz, auch um näher an ihrer Arbeitsstelle zu sein, ein Zimmer im Grindelviertel. Nach der Schließung des Betriebes war sie einige Zeit arbeitslos, bis sie eine Stelle als Krankenpflegerin bei dem Rechtsanwalt Wolff in der Schlüterstraße 22 fand. Da ihre Schwester Selma und ihr Schwager Max Gottlieb beabsichtigten, in Kürze aus Deutschland zu emigrieren, übernahm Susanne Herz deren Wohnung in der Ferdinandstraße. Ein Zimmer mit separatem Eingang war an Thekla Rosner (s. dort) untervermietet. Im Januar 1940 emigrierte das Ehepaar Gottlieb über Schweden in die USA. Als Selma Gottlieb ein Durchreise-Visum von den kubanischen Regierungsbehörden für ihre Schwester erhielt, mit dem sie sich sechs Monate in Kuba aufhalten durfte, um von dort ihre Einwanderung in die USA zu betreiben, war Susanne Herz bereits aus ihrer Wohnung abgeholt worden. Das rettende Visum kam zu spät. Susanne Herz wurde am 6. Dezember 1941 mit der Berufsbezeichnung "Hausangestellte" in das Außenlager von Riga, in das sechs Kilometer entfernte, leer stehende Gut Jungfernhof deportiert. Dort verliert sich ihre Spur.

Alexander Herz, ihr Bruder in Beuel, war im Dezember 1938 gezwungen worden, seine Wohnung aufzugeben. Seine Familie wurde in ein "Judenhaus" in der Wilhelmstraße 26 einquartiert. Im Januar 1942 kam sie in das Sammellager Endenicher. Die Benediktinerinnen hatten das ehemalige Kloster "Maria Hilf" verlassen müssen. Mit anderen Juden aus Köln und dem Rheinland wurde Alexander Herz mit seiner Familie und seinem in Bonn lebenden Bruder, Siegmund Herz (geb. 26.1.1897) und dessen Frau Else, geb. Arensberg (geb.12.3.1901 in Flerzheim) und Sohn Heinz (geb. 27.12.1923) am 20. Juli 1942 von Köln-Deutz ins Getto Minsk deportiert und ermordet. Stolpersteine in der Beueler Siegfried-Leopold-Straße 23 und in der Breitestraße 17 in Bonn erinnern an sie.

Ein weiterer Bruder hatte mit seiner Familie in Fürth gelebt: Bernhard Herz (geb.19.2.1890) hatte als Kaufmann ein Konfektionsgeschäft in der Hirschenstraße 3 betrieben. Er starb am 6. März 1932 in Fürth. Seine Witwe Friedel, geb. Hausmann (geb. 25.8.1896), in zweiter Ehe verheiratete Riedel, starb am 9. April 1941. Ihre gemeinsame Tochter Elisabeth Liesel (geb.10.5.1923) wurde am 18. Juni 1943 in Auschwitz ermordet.


Stand: September 2018
© Susanne Rosendahl

Quellen: 1; 3; 4; StaH: 213-13 Z 24709; StaH 351-11 AfW 10474 (Herz, Susanne); StaH 351-11 AfW 25154 (Gottlieb, Selma); StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 3; https://www.yumpu.com/de/document/view/7195747/wider-das-vergessen-erinnerungsorte-in-beuel-bonn-stellt-sich-quer (Zugriff 18.2.2014); Stolpersteine in Gießen, http://www.stolpersteine-giessen.de/dokumentation/schicksale/loewenstein_moritz_1879.html (Zugriff 18.2.2014); http://familienbuch-euregio.eu/genius/ ?person=166162 (Zugriff 18.2.2014); http://www.nordbayern.de/region/fuerth/judische-kindheit-in-der- ns-zeit-1.5157062?cid=19.413371 (Zugriff 19.2.2017).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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