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Bereits verlegte Stolpersteine



Selma Heymann * 1893

Eppendorfer Baum 11 (Hamburg-Nord, Harvestehude)


HIER WOHNTE
SELMA HEYMANN
JG. 1893
GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET
FLUCHT IN DEN TOD
3.12.1941

Weitere Stolpersteine in Eppendorfer Baum 11:
Anna Loewenberg, Paul Loewenberg, Ida Löwenberg, Hugo Löwenstein, Ida Löwenstein

Selma Heymann, geb. am 3.3.1893, gedemütigt / entrechtet, Flucht in den Tod am 3.12.1941

Eppendorfer Baum 11 Harvestehude

Selma wurde als einziges Kind der jüdischen Eheleute Philipp Heymann und Auguste Heymann, geb. Blumenthal am 3.3.1893 in Lübeck geboren. Selma Heymanns Mutter Auguste Heymann, war am 18.5.1862 in Hamburg geboren worden, ihr Vater Philipp Heymann am 13.11.1864 (Er verstarb am 29. Dezember 1933 in Hamburg und wurde auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel beigesetzt).

Selma Heymanns Eltern lebten getrennt, seit sie ein Jahr alt war. Selmas Kontakt zu ihrer Mutter Auguste Heymann war daraufhin abgebrochen. Selma lebte bei Pflegeeltern, am 26. September 1893 befand sie sich lt. Lübecker Meldekartei bei Familie Büchner in der Straße Kleine Altefähre 10. Sie wechselte am 26. Mai 1894 zu Familie Heymann in die Hafenstraße 10 in Lübeck. Vermutlich war Selma Heymann mit der Familie verwandt.

Anderthalb Jahre später, am 30. Dezember 1895, wurde sie wieder unter der Adresse in der Straße Kleine Altefähre 10 angemeldet, wo sie bis zum 7. Mai 1896 verblieb. Ob es sich bei dieser Adresse um ein Waisenhaus handelte, konnten wir nicht feststellen.

Selma wurde danach bei Pflegeeltern in Hamburg untergebracht. Warum dieser häufige Wechsel stattfand und wo die neuen Pflegeeltern wohnten, wissen wir nicht.

Als junge Frau erlernte Selma Heymann den Beruf der Verkäuferin.
Von 1916 bis 1922 lebte sie in Berlin und arbeitete dort als Verkäuferin, ab 1917 zahlte sie in die Reichsversicherung Beiträge für ihre Versorgung ein.

1918 infizierte sie sich in Berlin mit Syphilis, die bei ihr aber zunächst keine nennenswerten Symptome oder Beschwerden hervorrief. Diese bereiteten Selma Heymann erst später Probleme.

Am 1. September 1922 zog Selma Heymann wieder nach Hamburg. Ihre Adresse von 1922 bis 1930 ist uns nicht bekannt. Wieder arbeitete sie als Verkäuferin, von 1922 bis 1930 bei der Firma Heidmann & Co. Hammerbrookstraße 92. Das Geschäft war ein sehr angesehenes Konfektionshaus für Damenmäntel.

Geplant war, dass Selma Heymann im März 1930 eine Arbeitsstelle bei der Firma Gebrüder Hirschfeld antreten sollte. Dazu kam es nicht mehr, weil sie erkrankte und dann im Genesungsheim Reinbek untergebracht wurde. Die Syphilis, mit der sie sich 1918 in Berlin angesteckt hatte, bereitete ihr jetzt mehr und mehr Probleme.

Bei der Syphilis handelt es sich um eine infektiöse Erkrankung, die durch Geschlechtsverkehr übertragen wird. Der Verlauf findet meistens in drei Schüben statt. Die Symptome sind geschwollene Lymphknoten bis hin zu Nierenschäden und Lähmung der Hirnnerven. Heute werden die Patienten mit Penicillin-Spritzen behandelt.

Selma Heymann litt als Folge der Krankheit häufig unter Kopfschmerzen. Behandelt wurde sie mit Medikamenten, die zur Malariabekämpfung eingesetzt wurden. Zusätzlich erhielt sie das Arzneimittel Salvarsan. Dabei handelte es sich um ein arsenhaltiges Medikament. Es war so wirksam, dass oft eine einzige Dosis zur Behandlung ausreichte. Das Medikament hatte auf der anderen Seite aber auch sehr starke Nebenwirkungen, wie z. B. Verätzungen der inneren Organe und Venen zur Folge.

Ihr Arzt diagnostizierte am 10. November 1930, dass keine Zeichen für Syphilis und auch keine für Erkrankungen des Zentralnervensystems vorhanden waren.

In der Zeit ihrer Erkrankung wechselte Selma Heymann sehr häufig, manchmal monatlich, ihre Unterkünfte, meist Untermietverhältnisse: Sie wohnte 1930 zuerst in der Albertstraße 23 bei Becker, dann in der Albertstraße 38 bei Heuer, in der Capellenstraße 22 bei Steinbach und dann im Nagelsweg 9 bei Froböse. 1931 lebte sie im Holzdamm 44 in der Pension Compart, danach im Mittelweg 115 bei Schmid, zog am 25. Juni 1931 in die Gosslerstraße 10 (heute Verlängerung Eppendorfer Weg) zu Rosalie Spitzer. (Rosalie Spitzer verstarb am 18. August 1940). Ab 1934 kam sie vor allem bei jüdischen Vermietern unter, so wohnte sie in dem Jahr in der Brahmsallee 14 bei Clara Jaffe (Clara Jaffe wurde am 6. Dezember 1941 nach Riga deportiert. Siehe www.stolpersteine-hamburg.de). Im Anschluss zog sie zu dem Kaufmann Adolf Zinkower (geb. 3.6.1870) in die Straße Grindelhof 19. (Adolf Zinkower flüchtete am 15. Juni 1935 nach Palästina).

Sie wohnte 1935 im Lattenkamp 8 bei Stella Wagner (geb. 18.11.1889). Ab 20. Januar 1936 lebte Selma Heymann im Abendrothsweg 34 bei Susanne Zirker. (Susanne Zirker wurde am 25. Oktober 1941 ins Getto von Lodz/ Litzmannstadt deportiert. Siehe www.stolpersteine-hamburg.de).

Im Januar 1936 arbeitete Selma als Vorleserin bei einer uns unbekannten älteren Dame. In diesem Jahr war sie ab Sommer in der Oderfelderstraße 7 bei Moritz Weis (geb. 14.3.1871) gemeldet. (Moritz Weis wurde am 19. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert. Siehe www.stolpersteine-hamburg.de). Sie wohnte am 25. November 1936 im Hegestieg 12 bei Leopold Müller (geb. 1.8.1891). (Er befand sich nach dem Novemberpogrom 1938 5 Monate in Haft im KZ Sachsenhausen, emigrierte in die USA, wo er am 21. August 1942 an den Folgen der KZ-Haft verstarb).

Am 7. Februar 1938 hatte Selma Heymann in der Isestraße 89 bei Magda Klyscz (geb. 23.5.1910) ein Zimmer gemietet. (Magda Klyscz flüchtete am 26. Juli 1939 ins Ausland).

Anschließend zog Selma Heymann in die Straße Jungfrauenthal 14 bei Bertha Koopmann, geb. Fränkel (geb. 25.11.1869) ein. (Bertha Koopmann wurde am 15. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert). In den Sommermonaten des Jahres 1939 bezog Selma Heymann in der Bundesstraße 35 Haus C als Heimbewohnerin ein Zimmer, wo sie zwei Jahre bleiben konnte.

Am 6. Dezember 1941 sollte Selma Heymann nach Riga deportiert werden. Um dieser Deportation zu entgehen, wählte sie am 3. Dezember 1941 den Freitod mit Kohlendioxid.

Beigesetzt wurde sie auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel in der Grabstätte ZW-10-211.

Selma Heymanns Mutter Auguste Heymann wurde am 9. Juni 1943 aus ihrer Wohnung in Düsseldorf nach Theresienstadt deportiert. Sie verstarb dort am 17. September 1943.

Stand: Oktober 2020
© Bärbel Klein

Quellen: StaH, 1; 2; 4; 5; 8; 9; 351-14_1290; 213-13_4333; 332-5_609/1892; 332-5_2144/1893; 332-5_1509/1933; 332-5_7/1942; 741-4_K 6250; 741-4_K 4253; 351-11_13125 Aron Leopold Müller; 351-11_1600 Bertha Koopmann; www.geni.com; agora.sub.uni-hamburg.de; www.wikipedea.de; www.ancestry.de (Einsicht am 26.9.2020).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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