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Hans Möller in der Staatskrankenanstalt Langenhorn, 1937
© Staatsarchiv Hamburg

Hans Möller * 1908

Hugo-Klemm-Straße 51 (Harburg, Heimfeld)


HIER WOHNTE
HANS MÖLLER
JG. 1908
VERHAFTET 1938
KZ FUHLSBÜTTEL
EINGEWIESEN 1938
HEILANSTALT LANGENHORN
ZWANDSSTERILISIERT
‚VERLEGT’ 1941
HEILANSTALT KÖNIGSLUTTER
TOT 13.11.1943

Hans August Otto Johann Möller, geb. am 11.9.1908 in Harburg, inhaftiert im KZ Fuhlsbüttel, 1938–1943 Unterbringungen in "Heil- und Pflegeanstalten", gestorben am 13.11.1943 in Königslutter

Stadtteil Heimfeld, Hugo-Klemm-Straße 51

Der 1908 in Harburg geborene Hans Möller war das einzige Kind des Stadtamtmanns Friedrich Möller und Margarethe, geb. Lindhorst. Er ging bis zur Quarta auf das Harburger Realgymnasium, um dann für ein halbes Jahr die dortige städtische Handelsschule zu besuchen. Danach begann er eine Lehre als Drogist, brach diese jedoch nach einem Jahr ab und absolvierte eine dreijährige Ausbildung bei der Kreissparkasse in Harburg, wo er auch ein weiteres Jahr eine Beschäftigung fand. Seit Anfang der 1930er Jahre war er arbeitslos und betätigte sich während dieser Zeit ehrenamtlich bei der NSDAP. Er wohnte in der Scharnhorststaße 51 (heute: Hugo-Klemm-Straße).

Obwohl er später von den Eltern als "antriebsarm und passiv" geschildert wurde, schildern andere ihn als "aufgeschlossenen Menschen", der bei seinen Ka­meraden sehr beliebt gewesen sei. Nachdem Hans Möller einen Monat als Hilfsarbeiter bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse für den Landkreis Harburg in Arbeit stand, brach er diese Beschäftigung am 1. Oktober 1937 plötzlich ab, weil er sich "schlapp" fühlte.

Danach entwickelte sich bei dem 29-Jährigen eine Schizophrenie, die zu Stimmen-Halluzinationen, Verfolgungs- und Größenwahnvorstellungen sowie Erregungszuständen führte, während derer er auch seine Eltern tätlich angriff. Diese brachten ihn Ende Oktober 1937 in die Psychiatrische und Nervenklinik der Hansischen Universität Eilbecktal (auf dem Gelände der heutigen Schön-Klinik in Eilbek), wo sich nach drei Wochen seine akuten Wahnvorstellungen verloren. Lediglich sein "antriebsarmer" Zustand dauerte an.

Am 22. Januar 1938 wurde er aus "Platzmangel" in die Staatskrankenanstalt Langenhorn, die spätere "Heil- und Pflegeanstalt", verlegt, auch sah der gutachtende Assistenzarzt B. Hoffmann einen weiteren Anstaltsaufenthalt wegen "Erbgefährlichkeit" für notwendig an. Möglicherweise haben die Eltern bereits zu diesem Zeitpunkt erkannt, dass ihr Sohn durch die Ergbesundheitsideologie der Nationalsozialisten in Gefahr geriet, denn sie bemühten sich um seine Entlassung und bestritten, dass er gegen sie tätlich geworden sei. Doch die bei Hans Möller diagnostizierte akute Schizophrenie hatte bereits ein "Unfruchtbarmachungsverfahren" ausgelöst, das im Februar 1938 einer Entlassung im Wege stand. Kurz nach einem Beschluss des Erbgesundheitsgerichts wurde er Ende Mai 1938 im Universitätskrankenhaus Eppendorf sterilisiert und dann am 19. Mai entlassen.

Am 17. Oktober 1938 geriet Hans Möller durch "auffälliges Verhalten" in den Verdacht, homosexuell veranlagt und durch den Anblick der nackten Knie eines jungen Mannes in sexuelle Erregung geraten zu sein. Als dieser ihn wegen Beleidigung festhalten und zu einer Polizeiwache bringen wollte, wehrte sich Hans Möller mit einem Stock. Er wurde daraufhin festgenommen und vom 20. bis 24. Oktober 1938 in "Schutzhaft" im KZ Fuhlsbüttel inhaftiert. Im Verhör gab er eine vier Jahre zurückliegende homosexuelle Betätigung zu, bestritt aber, im aktuellen Fall eine sexuelle Absicht gehabt zu haben.

Anscheinend bewirkte dieses Erlebnis erneut einen Ausbruch seiner Krankheit, denn er wurde bereits nach einem Tag des Aufenthalts in der Untersuchungshaft wieder in Langenhorn eingewiesen. Ein im Februar 1939 im Auftrag des Amtsgerichts Hamburg vom Anstaltsarzt Wigand Quickert verfasstes Gutachten diagnostizierte bei Hans Möller ebenfalls eine Schizophrenie, die die Voraussetzungen einer Unzurechnungsfähigkeit nach § 51 StGB erfüllte. Trotz einer sich bald einstellenden "äusseren geordneten Haltung und scheinbar ausgeglichenen Stimmungslage" sah der Arzt in Hans Möller eine "Gefahr für die öffentliche Sicherheit" und hielt seine Unterbringung in Langenhorn für erforderlich. Ende 1939 notierte der stellvertretende ärztliche Direktor Körtke, dass sich das Befinden des Patienten nicht gebessert habe, er sei ein "affektiv verblödeter, antriebsloser und kontaktunfähiger Geisteskranker, der völlig versunken in seine wahnhafte Gedankenwelt dahin lebt".

Am 14. August 1941 wurde Hans Möller in die "Heil- und Pflegeanstalt" Königslutter bei Braunschweig verlegt, wo er am 13. November 1943 im Alter von 35 Jahren offiziell an einer "Herzmuskelentartung" verstarb.

© Ulf Bollmann

Quellen: StaH, 213-8 Staatsanwaltschaft Oberlandesgericht – Verwaltung, Abl. 2, 451 a E 1, 1 c; 242-1II Gefängnisverwaltung II, Abl. 16; 352-8/7 Staatskrankenanstalt Langenhorn, Abl. 1995/1 Nr. 24658.

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