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Bereits verlegte Stolpersteine



Ely Liebreich * 1884

Klosterallee 100 (Hamburg-Nord, Hoheluft-Ost)


HIER WOHNTE
ELY LIEBREICH
JG. 1884
DEPORTIERT 1945
THERESIENSTADT
BEFREIT

Weitere Stolpersteine in Klosterallee 100:
Leopold Liebreich, Rosa Stern

Rosa Stern, geb. Gumpel, geb. 17.6.1870 in Hamburg, deportiert nach Theresienstadt am 15.7.1942, dort gestorben am 9.1.1943
Ely Liebreich, geb. 17.5.1884 in Hamburg, deportiert am 14.2.1945 nach Theresienstadt, dort befreit, gestorben am 26.11.1958 in Hamburg
Leopold Liebreich, geb. 2.11.1919 in Hamburg, Haft 2.11.1943 Gefängnis Fuhlsbüttel, deportiert 25.1.1944 Auschwitz, 13.10.1944 KZ Buchenwald, dort befreit

Klosterallee 100

Rosa Stern, geb. Gumpel, war das drittgeborene Kind der Julie (genannt "Fanny"), geb. Beer (geb. 31.8.1845 in Hamburg) und des jüdischen Schlachters und Geflügelhändlers Gottschalk Abraham Gumpel. Gottschalk Abraham Gumpel war am 17.9.1838 als fünftes von sieben Kindern des jüdischen Schlachters und späteren Ältesten der Jüdischen Gemeinde, Abraham Isaac Gumpel (gest. 1858 in Lübeck-Moisling) und der Jette/ Gitel, geb. Gumpel (gest. 1844 in Lübeck-Moisling) in Lübeck-Moisling geboren worden. Am 23.10.1865 hatte Gottschalk Abraham Gumpel die lübeckische Staatsbürgerschaft erlangt. Er arbeitete zu der Zeit als Copiist (= alte Berufsbezeichnung für einen Abschreiber von Schriftstücken) der Stadt Lübeck.

Am 3.12.1865, also nur zwei Monate später, hatte er in Hamburg die Tochter des recht wohlhabenden jüdischen Schlachters und Geflügelhändlers Beer Mendel Beer und der Bertha, geb. Marcus, geheiratet. Zum Zeitpunkt der Heirat mit Julie "Fanny" Beer war Gottschalk Abraham Gumpel laut Heiratseintrag bereits in Hamburg in der Schlachterstrasse 22 gemeldet. Die Hochzeit war am 25.11.1865 in den Hamburger Nachrichten angezeigt worden. Als seine Berufsbezeichnung wird im Heiratseintrag der Jüdischen Gemeinde "Taback und Cigarrenhändler" angegeben. Julie Beer wohnte damals bei ihren Eltern in der Peterstrasse 5 in Hamburg. Dieses Haus war Eigentum von Beer Mendel Beer und dessen Onkel und Schwiegervater Isaac Marcus.

Zwischen 1866 und 1873 wurden in dieser Ehe sechs Kinder geboren, wovon das erste bald nach der Geburt starb: Jette (1866), Adolph (1867), Olga (1868), Rosa (1870), Betty (1871), Siegfried (1873). (Für die Kinder Rosa, Betty und Siegfried, der 1904 den Nachnamen seines Stiefvaters Schmay Liebreich angenommen hatte, wurden Stolpersteine verlegt, siehe www.stolpersteine-hamburg.de). Über das Schicksal von Sohn Adolph ist wenig bekannt, angeblich konnte er vor den Nationalsozialisten nach Ecuador flüchten. Olga heiratete einen der Gebrüder Wolf, Leopold Wolf, und starb am 14.3.1941 in Hamburg.

Vor 1871 hatte sich Gottschalk Abraham Gumpel, der sich Gustav nannte, kurzzeitig aus Hamburg abgemeldet, es findet sich eine Wiederanmeldung mit Datum 2.5.1871. Wo er sich aufgehalten hatte, und zu welchem Zweck, lässt sich bisher nicht feststellen. Alle Kinder sind jedenfalls in Hamburg geboren worden.

Am 19.5.1879 verstarb Gottschalk Abraham Gumpel im Israelitischen Krankenhaus in Hamburg. Sein Tod wurde von seinem Schwiegervater Beer Mendel Beer angezeigt, der selbst weiterhin im Haus Peterstrasse 5 lebte, während der Verstorbene nebst Ehefrau und Kindern im Nachbarhaus Peterstrasse 7 zur Miete den gesamten 1. Stock bewohnte. Erst als Rosas Großvater Beer Mendel Beer 1893 starb, wurde das Haus Peterstrasse 5 verkauft und die Großfamilie verteilte sich auf mehrere Wohnungen, vor allem am Grindel.

Julie "Fanny" Gumpel war nun 34 Jahre alt und hatte fünf unmündige Kinder zu versorgen. Nach dem Trauerjahr heiratete sie am 15.11.1880 den aus Weigenheim stammenden, zehn Jahre jüngeren Schlachtergesellen ihres Geflügelhandels, Schmay Liebreich, geb. 2.12.1855. Aus dieser Ehe gingen zwei weitere Kinder hervor, Mary, geb. 26.3.1882, und Ely Liebreich, geb. 17.5.1884. (Auch für sie wurden Stolpersteine verlegt.)

Zu Rosas Kindheit und Jugend gibt es keine Überlieferungen. Das Tafellied ihres Bruders Siegfried zur Silberhochzeit ihrer Mutter und ihres Stiefvaters im Jahre 1905 enthält einen Hinweis, dass sie modisch interessiert war, und tatsächlich erlernte sie den Beruf der Schneiderin, den sie bis zur Erwerbsunfähigkeit 1935 ausübte. Im Tafellied heiß es wörtlich:

"Als Putzmamsel sahn wir in früheren Jahren
Die Rosa, denn sie war Chick und Plic
nur, wenns zu Hause hiess, sie soll bezahlen,
So konnte sie es fast so gut wie nie.
Doch später wanderte sie nach Hannover,
Wo ihre Kunst wurd besser noch bezahlt.
Da ist sie denn bis heute auch geblieben,
weil dort ein schöner "Stern" ihr strahlt."

Der "schöne Stern", der ihr in Hannover strahlte, hieß Moritz Stern, geb. 3.9.1862 in Elze bei Hannover, ein Handlungsreisender. Er war der Sohn des David Stern, Lohgerber in Elze bei Hannover (gest. 1889) und der Johanne, geb. Jacobson, gestorben 1908. David Stern, Sohn des Kaufmanns Marcus Stern, stammte aus dem Nachbarort Mehle, wo am 6.6.1855 auch die Hochzeit stattgefunden hatte. Die Lohgerberei wurde später von Moritz‘ Bruder Siegfried in Elze weitergeführt. Zu der Familie gehörte ein breites Netzwerk im Bereich der Verarbeitung von koscheren Tierprodukten, neben Gerberei auch Schuhmacher und Schlachter. Fritz David Stern (1899), Schuhmacher und Neffe des Moritz Stern heiratete Paula Isaac/ Wolf (1901), Nichte der Rosa Stern, geb. Gumpel. Fritz David, Paula und ihr Sohn Leopold (1928) Stern wurden nach Flucht in die Niederlande gemeinsam über Westerbork in das KZ Sobibor deportiert und dort am 30.4.1943 ermordet.

Rosa Gumpel und Moritz Stern heirateten um 1899 in Hannover. Ob Rosa schon vorher nach Hannover gezogen war oder erst zur Eheschließung, bedarf noch weiterer Forschung. Aus dieser Ehe gingen die Kinder Hans Stern, geb. 8.7.1900 in Hannover, und Magarete, genannt "Greta", geb. 12.6.1902 in Hannover, hervor. Die Familie zog häufig um und lebte an mindestens drei verschiedenen Adressen in der Gretchenstrasse in Hannover.

Am 20.7.1907 verstarb Moritz Stern in Hannover und Rosa Stern, geb. Gumpel, kehrte bald mit ihren Kindern nach Hamburg zurück. Es war ein schweres Jahr für sie, denn kurz vorher, am 18.4.1907 war auch ihre Mutter Julie "Fanny" Liebreich, verw. Gumpel, geb. Beer, gestorben. Der jüdische Fleischhandel lief nach Aufhebung der Privilegien für koschere Schlachterbuden und somit sprunghafter Vergrößerung des Angebots schon seit Jahren nicht mehr gut und war wohl um 1898 bereits aufgegeben worden, also spätestens zum Zeitpunkt von Rosas Umzug nach Hannover. Die Eltern lebten in kleinen Etagenwohnungen am Großneumarkt, Alter Steinweg, Wexstrasse und Grindelhof 69, wo ihre Mutter verstarb.

Das Hamburger Adressbuch von 1909 listete sie als "Witwe Rosa Stern" in der Grindelallee 55 mit der Berufsbezeichnung "Partiewaren" (= Sonderposten). Ein Gewerbeschein lässt sich jedoch nicht finden und schon 1910 war sie als "Schneiderin" im Grindelhof 81 gemeldet. Ihr verwitweter Stiefvater Schmay Liebreich wohnte mit den beiden jüngsten Kindern Mary (1882) und Ely (1884) Liebreich in den Terrassenhäusern gleich nebenan, nämlich im Grindelhof 83. Wir können davon ausgehen, dass es einen intensiven Kontakt zwischen diesen beiden Teilen der Familie gegeben hat. Ebenfalls im Grindelhof 81 gemeldet war Jeanette Ascher, geb. Israel (geb. 23.11.1857 in Altona), mit der Rosa Stern später 15 Jahre in einer gemeinsamen Wohnung lebte.

Rosa Stern bezeichnete Jeanette Ascher auf einem Dokument, das sich in ihrer Wiedergutmachungsakte findet, als "Großtante". Tatsächlich wurde Jeanette Ascher sogar die Schwiegermutter von Rosas Tochter Greta, als diese am 31.7.1926 Jeanettes Sohn Alfons David Ascher (geb. 10.7.1888 in Hamburg, gest. 15.12.1942 im KZ Auschwitz) heiratete. Die Verbindung hielt allerdings nur 3 Jahre und wurde am 2.8.1929 geschieden. Diese Ehe, wie auch die nachfolgenden drei Ehen der Greta, geb. Stern, blieb kinderlos.
Inzwischen fast 41jährig, brachte sie am 13.5.1911 den unehelichen Sohn Richard Fred Stern bei einer christlichen Hebamme in Altona zur Welt. Mit dem nur 25jährigen Erzeuger, Richard Hermann Otto Wegner, geb. 23.4.1886 ging sie wohl keine längere Beziehung ein, auch erkannte er die Vaterschaft nie offiziell an. Er zahlte allerdings vierzehn Jahre lang Alimente für den Jungen, der nur mit dem zweiten Vornamen "Fred" gerufen wurde.
Bis 1916 lebten Rosa Stern und ihre Kinder mit Jeannette Ascher gemeinsam im Grindelhof 81, zu Beginn wohl in beieinanderliegenden Wohnungen (siehe Adressbücher). Am 11.6.1915 meldete sich Rosa bei der Jüdischen Gemeinde an. Zunächst wurden nur die ehelichen Kinder Hans und Greta auf der Kultussteuerkarte eingetragen, Sohn Fred erst später. Das mag daran liegen, dass Fred (angeblich?) evangelisch getauft war. Die Taufe lässt sich weder in Hamburg, noch im näheren Umkreis belegen, findet sich jedoch in seiner Sterbeurkunde vermerkt.

Seit 1917 waren Rosa Stern und ihre drei Kinder im Schlüterweg 6 gemeldet, eine kleine Terrassenwohnung, von der sie ein Zimmer an Jeanette Ascher bis zu deren Tod am 14.11.1925 untervermietete. Im Mai 1920 zog der inzwischen erwachsene Sohn Hans Stern zunächst nach Bergedorf, dann nach Köln. Später kehrte er jedoch nach Hamburg zurück. 1925 konnte der 14jährige Sohn Fred Stern als Freischüler in die Anton-Ree-Realschule, eine Stiftungsschule der Jüdischen Gemeinde am Zeughausmarkt, eintreten. Sein Erzeuger R.H.O. Wegner leistete einen Offenbarungseid und stellte die Zahlung der Alimente ein.

Rosa Stern arbeitete weiter als selbständige Schneiderin. Aber im Jahre 1931 geriet sie in große Mietrückstände und wurde aus der Wohnung am Schlüterweg 6 "ausgesetzt". Für ein halbes Jahr kam sie am 1.10.1931 zunächst bei ihrer verwitweten Schwester Olga Wolf und deren Kindern in der Schäferkampsallee 88 unter. Diese hatte (siehe oben) am 12.11.1891 Leopold Wolf, einen der Musiker-Gebrüder Wolf geheiratet, der am 16.5.1926 in Hamburg verstorben war. Am 20.4.1932 zog Rosa Stern zu ihrer Schwester Betty Worms in die Wilhelminenstrasse 63 (heute Hein Hoyer-Strasse) und nur ein weiteres halbes Jahr später, am 5.10.1932, zu Bekannten, der Familie Henschel, in die Isestrasse 32 im 3. Stock.

Alle Kinder hatten inzwischen eigene Wohnungen oder Zimmer gemietet. Rosa Stern war nun schon 61 Jahre alt und litt zunehmend unter gesundheitlichen Problemen mit dem Rücken, den Zähnen, Augen und auch dem Magen, weshalb sie schlecht essen konnte und laut einem Arztbericht erheblich untergewichtig war. Aus diesem Arztbericht über Kuren in 1924 (Harz) und 1927/1928 wissen wir außerdem, dass sie mittelgroß war und grüne Augen hatte. Der Arzt Dr. Mars empfahl schon 1928, aufgrund des Untergewichts und der allgemeinen Erschöpfung einen 4-wöchigen Kuraufenthalt im Heim der Sidonie Werner in Segeberg.

Im Alter von 65 Jahren galt Rosa Stern ab 1935 aus gesundheitlichen Gründen als erwerbsunfähig. Am 27.4.1936 bezog sie bei ihrem jüngsten Bruder Ely Liebreich und dessen Familie in der Klosterallee 100 ein gediegen möbliertes Zimmer gegen Mietzahlung bei Selbstversorgung. Die Tochter Greta heiratete am 16.12.1937 nach Siegelsbach bei Mannheim und wanderte mit ihrem Ehemann, dem Witwer Julius Grötzinger und dessen drei Kindern 1938 in die USA aus (dort verstarb sie nach zwei weiteren Ehen am 23.11.2003 im Alter von 103 Jahren in Aventura/Florida).
Als Bruder Ely Liebreich in der Hoffnung, sich der NS-Verfolgung zu entziehen, aus Hamburg fortzog, konnte Rosa Stern Anfang 1941 mit ihrer Schwester Betty Worms im Warburg-Stift in der Bundesstraße 43, das inzwischen zum "Judenhaus" erklärt worden war, die 2-Raum-Wohnung Nr. 22 beziehen. Betty Worm hatte dort zuvor bereits im Einzelzimmer Nr. 6b gelebt. Etwa zur Zeit von Rosa Sterns Einzug verstarb ihre Schwester Olga an Magenkrebs, sie hatte seit dem 14.3.1940 ebenfalls dort im Seitenflügel, in der Nr. 19, gewohnt.

Ab dem 19.9.1941 musste Rosa Stern – wie alle erwachsenen Jüdinnen und Juden – den Judenstern tragen.
Von der Bundesstraße 43 wurden die Schwestern Rosa und Betty zusammen mit ihrem Bruder Siegfried Liebreich am 15.7.1942 über die Grundschule Sternschanze nach Theresienstadt deportiert. (Hinweis: Das Deportationsdatum im Gedenkbuch des Bundesarchivs lautet 19.7.1942, dieses ist aber nachweislich falsch). Bevor die Gestapo sie abholte, hatte ihnen ihre Nichte Carola Israel, geb. Isaac/Wolf beim, Packen geholfen, (siehe Stolperstein-Biographie Olga Wolf, geb. Berlin, www.stolpersteine-hamburg.de).

Am 25.8.1942 erteilte der Oberfinanzpräsident der Stadt Hamburg dem Versteigerer Wilhelm Wehling den Auftrag mit der Nummer 2747, um die letzten Habseligkeiten der Rosa Stern anzubieten: 2 eiserne Bettstellen mit Matratzen, 2 Fantasieschränke, Bilderrahmen, 1 Regulator, 1 Stuhl, 1 Lampe, Geschirr, 1 Schrank (defekt), 1 Koffer. Der Versteigerungserlös betrug 40 RM, wovon der Versteigerer 6% Provision (2,40 RM) erhielt.

Rosa Stern verstarb 72jährig am 9.1.1943 in Theresienstadt als letzte der drei zusammen deportierten Geschwister, angeblich an "Herzmuskelentartung", Herzschwäche und allgemeinem Kräfteverfall.

Wie erging es Rosa Sterns Söhnen?
Sohn Hans Stern war Schreibmaschinen-Feinmechaniker und überlebte die NS-Zeit in "privilegierter Mischehe", geschlossen in Hamburg am 2.12.1931 mit Luise Pforr, geb. 8.3.1902 in Hamburg, als Zwangsarbeiter in Hamburg. Er beauftragte nach dem Krieg seinen Onkel Ely Liebreich als gesetzlichen Vertreter in Sachen Wiedergutmachung und wanderte mit Ehefrau Luise und den zwei Kindern Fred, (1933) und Karl-Heinz (1940) Mitte 1953 in die USA aus, wo er am 17.11.1974 in Dade/Florida starb.

Sohn Fred Stern hatte am 23.2.1935 in Hamburg eine getaufte Christin geheiratet. Die Ehe wurde am 23.9.1938 beiderseits schuldig zwangsgeschieden. Trotz mehrerer Anträge auf Erlaubnis zur Wiederheirat durfte das Paar sich nicht wieder verehelichen. Der 1935 erstgeborene Sohn dieser Ehe war kurz nach der Geburt verstorben, der 1936 zweitgeborene Sohn galt als ehelich und durfte den Nachnamen Stern tragen. Das Paar lebte nach der Scheidung weiterhin in der Revalerstrasse 29 zusammen und bekam zwei weitere Kinder, die während der NS-Zeit aber nicht den Nachnamen des Vaters führen durften und als unehelich galten. Fred Stern nahm sich am 23.3.1944 durch Kohlenmonoxyd-Vergiftung das Leben, um sich der Verhaftung durch die Gestapo zu entziehen. Sein Stolperstein liegt Revalerstrasse/Ecke Stiftstrasse.

Für Rosa Sterns Bruder Ely Liebreich (1884–1958), bei dem sie mit gewohnt hatte, wurde ebenfalls ein Stolperstein in der Klosterallee 100 verlegt.
Er hatte 1914 in der Hansestadt die nichtjüdische Hamburgerin Any Henriette Martha Tauschwitz (1893–1963) geheiratet, die Eheleute hatten zwei Kinder: Lieselotte (1914–2003) und Leopold (1919–1965). Ely Liebreich hatte die Talmud Tora Realschule (1890–1898) besucht, als Kontorist gearbeitet, war 1915 zum Kriegsdienst eingezogen und seit 1929 als eigenständiges Mitglied der Jüdischen Gemeinde Hamburg geführt worden.

Im Hamburger Adressbuch war er unter anderem von 1920 bis 1926 als Handlungsgehilfe mit der Wohnadresse Rosenallee 30 (Klosterthor) eingetragen; 1927 bis 1930 lautete die Berufsangabe "Abteilungsleiter" bei unveränderter Adresse. Im Zeitraum 1927 bis 1931 arbeitete er als Kirchensteuerangestellter beim Finanzamt in der Baumeisterstraße (St. Georg). Es folgten Umzüge zur Straßburger Straße 41/Dulsberg (1930–1932), Kroogblöcke 26/Horn (1933–1935) und Klosterallee 100/Hoheluft-Ost (1937–1941). 1936 fand er eine Anstellung als Buchhalter bei der Vieh-Großhandelsfirma Fritz Neuhaus bzw. Neuhaus & Albers (Rahlstedt), deren Stallungen und Verkaufsräume sich in Mollhagen (Kreis Stormarn) befanden.

Auch Ely Liebreich fand Anfang der 1940er Jahre abseits der Hansestadt im Dorf Mollhagen bei Ahrensburg eine Unterkunft. Noch am 14. Februar 1945 wurde Ely Liebreich ins Getto Theresienstadt überstellt, obwohl er nach NS-Kriterien in einer "privilegierten Mischehe" lebte. Doch zu diesem Zeitpunkt galt der Schutz einer solchen nicht mehr. Er überlebte das Getto, kehrte am 30. Juni 1945 nach Hamburg zurück und starb dort im November 1958.

Der Sohn Leopold "Poldi" Liebreich war als Koch tätig, zeitweilig auch in Erfurt, wo er sich mit Elfriede Bechmann verlobte. Die Gestapo Erfurt verbot ihm den weiteren Kontakt zu seiner "arischen" Verlobten, woraufhin er nach Hamburg zurückkehrte. Im September 1943 wurde der gemeinsame Sohn Peter geboren und Leopold Liebreich fuhr nach Erfurt.

Aufgrund einer anonymen Anzeige erfuhr die Gestapo Erfurt davon und ließ ihn in Hamburg verhaften. Erfolglos versuchte die Leiterin des Hamburger Restaurants "Imperator" (Mönckebergstraße 18), wo Leopold Liebreich seit April 1943 tätig war, seine Freilassung zu erwirken. Er wurde am 2. November 1943 in das Gefängnis Fuhlsbüttel gebracht, von dort am 25. Januar 1944 in das Konzentrationslager Auschwitz und am 13. Oktober 1944 in das Konzentrationslager Buchenwald überstellt. Leopold Liebreich wurde in Buchenwald am 11. April 1945 von Einheiten der US-Armee befreit. Am 26. Mai 1945 kehrte er nach Hamburg zurück und nahm im Laufe des Jahres 1945 seine Tätigkeit im Restaurant "Imperator" wieder auf.

Stand: Februar 2022
© Carmen Fernandez

Quellen: Staatsarchiv Hamburg (StaH): Wiedergutmachungsakte 351-11_1563 Rosa Stern; Wiedergutmachungsakte 351-11_23090 Hans Stern; Wiedergutmachungsakte 351-11_36583 Fred Stern; 314-15 Oberfinanzpräsident, J6, Bd.2, Nr. 6/837; Todesfallanzeige Theresienstadt für Rosa Stern geb. Gumpel o Hausmeldekartei; 322-8_ o Geburts- und Sterbeeinträge; 522-1 Jüdische Gemeinden: Kultussteuerkarte Rosa Stern; Deportationsliste Theresienstadt 15.07.1942; Standesamt Hamburg Altona, Geburtseintrag Richard Fred Stern 966/1911, Altona 1; Adressbücher Hamburg - Via ancestry.com (Lehi, UT, USA: Ancestry.com Operations, Inc., 2016); Archiv der Hansestadt Lübeck, Statistisches Landesamt, Volkszählungen 1845, 1851; Lübeck, Bürgerannahmebücher und Register zum Erwerb der Staatsangehörigkeit, 1591-1919, via ancestry.com o Deutschland, ausgewählte evangelische Kirchenbücher 1500-1971 [database online]; Landesarchiv Baden-Württemberg, Generallandesarchiv Karlsruhe o Wiedergutmachungsakte 480-28193 Margarete Greta Stern; Institut für Personengeschichte, Bensheim ("Tafellied" - Peter Guttkuhn "Die Geschichte der Juden in Lübeck und Moislng", Lübeck 2007; Jüdische Gemeinde Lübeck (jüdischer Friedhof, Grabsteine); Jürgen Huck "Geschichte der Juden zu Elze", Hildesheim 2012; Peter Schulze, Hannover - Jüdischer Friedhof an der Strangriede, Hannover 2016 (Grabstein Moritz Stern); Familiäre Überlieferungen; Zeitung Aufbau, 1945, Volume 38, S. 17 (Ely Liebreich); Archiv der Vaterstädtischen Stiftung, Hamburg.

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