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Aron Julius Rosemann * 1872

Dillstraße 15 (Eimsbüttel, Rotherbaum)

1942 Theresienstadt
ermordet am 16.10.1943

Weitere Stolpersteine in Dillstraße 15:
Gustav Gabriel Cohn, Siegbert Stephan Frankenthal, Pauline Frankenthal, Lothar Frankenthal, Judith Moritz, Margot Moritz, Siegmund Nissensohn, Werner Streim, Dr. Siegfried Streim, Sulamith Streim, Johanna Streim, Kurt Salo Streim, James Tannenberg, Senta Tannenberg

Aron Julius Rosemann, geb. 22.7.1872 in Hamburg, deportiert am 15.7.1942 nach Theresienstadt, dort am 16.10.1943 verstorben

Dillstraße 15

Aron Julius Rosemann war am 22. Juli 1872 als erstes Kind des Ehepaares Julius und Jeanette Rosemann, geborene Wehl, in Hamburg zur Welt gekommen. Vater Julius Rosemann besaß eine Kaffee- und Teehandlung und war außerdem Synagogenküster. Aron Julius Rosemann hatte mindestens drei jüngere Geschwister Henry, Marie und Rosalie, deren Schicksal wir nicht kennen.

Den Erinnerungen seiner zweiten Ehefrau zufolge hatte Aron das Gymnasium besucht und im Anschluss daran eine Lehre zum Kaufmann absolviert.

Am 12. April 1901 heiratete Aron Julius Rosemann seine erste Ehefrau Regine (teilweise auch als Regina angeführt), geb. Deutsch. Ein Jahr später, am 24.2.1902, kam der erste Sohn, Max Michel, in der elterlichen Wohnung in der Bogenstraße 3 zur Welt. Ihm folgten Sohn Walter im Jahre 1903 sowie die beiden Töchter Paula und Marie in den Jahren 1905 und 1907.

Die Familie zog in diesen Jahren mehrmals um. 1904 siedelten die Rosemanns in den Laufgraben 12 um, bevor sie sich 1907 in der Brüderstraße 26 und 1913 schließlich in der Poolstraße 12 niederließen. Im Hamburger Adressbuch ist Aron Julius Rosemann ab 1904 als Arnold Rosemann vermerkt. Mehrere Dokumente aus Wiedergutmachungsakten seiner Familie geben zudem Anlass zu der Annahme, dass ihn auch seine Angehörigen bei diesem offenbar eingedeutschten Namen nannten.

Arnold Rosemann war lange als angestellter Eierhändler tätig, bevor er ab 1907 als Inhaber seiner eigenen Eierhandlung erwähnt wird. Das Geschäft Anton Deutsch & Co., das er gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Anton Deutsch betrieb, blieb bis 1920 unter Arnolds Führung.

Im selben Jahr zog Arnold sich aus der Kaufmannsbranche zurück und wurde "Synagogenbeamter". 1926, nach dem Tod des Vaters Julius, der seit 1907 Küster der Neuen Dammtorsynagoge in der Beneckestraße gewesen war, übernahm Arnold dessen Amt, das er bekleidete, bis er 1936 in den Ruhestand ging. Die Neue Dammtorsynagoge bot Hamburger Jüdinnen und Juden einen religiösen Mittelweg zwischen dem liberalen und dem orthodoxen Judentum.

Nicht nur das berufliche, sondern auch das Privatleben Arnold Rosemanns veränderte sich Mitte der 1920er Jahre. Im Dezember 1925 ereilte ihn ein Schicksalsschlag: Seine Frau Regine verstarb mit nur 48 Jahren im Israelitischen Krankenhaus in Hamburg. Ihr Grab befindet sich auf dem Jüdischen Friedhof in Ohlsdorf.

1927 begann ein neuer Abschnitt in Arnold Rosemanns Leben. Am 31. März 1927, etwa zwei Jahre nach dem frühen Tod seiner ersten Frau, heiratete Arnold die ebenfalls 1925 verwitwete Thekla Saberski, geb. Okunski. Im selben Jahr zog das frisch verheiratete Ehepaar Rosemann in die Beneckestraße 2, in deren Hinterhaus sich die Neue Dammtorsynagoge befand. Den Rest seines Lebens verbrachte Arnold Rosemann an Theklas Seite.

Die Familie Rosemann war von den nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen massiv betroffen. Die Synagoge, Arnold Rosemanns Arbeitsplatz, wurde während des Novemberpogroms 1938 verwüstet (später notdürftig wieder hergerichtet). Am 28. März 1939 zog das Ehepaar Rosemann zwangsweise von ihrer letzten freiwilligen Wohnadresse in der Meerweinstraße 6, in der Arnold und Thekla nach kurzen Aufenthalten in der Grindelallee 68 und 25 seit 1935 gelebt hatten, in eine beengte Zwei-Zimmer-Wohnung in einem "Judenhaus" in der Dillstraße 15.

Ab September 1941 waren sie gezwungen, den "Judenstern" zu tragen, sie litten zudem unter erheblichen Diskriminierungen und Anfeindungen. Zeitweise traute Thekla sich aus Angst vor der Gewaltbereitschaft einiger Anwohner nicht mehr aus dem Haus. Arnold Rosemanns Kinder, die als Angestellte in verschiedenen Branchen arbeiteten, wurden am Arbeitsplatz diskriminiert. Paula wurde entlassen, nachdem ihr Arbeitgeber angeblich aufgrund ihrer Beschäftigung in seinem Geschäft Drohbriefe erhalten hatte.

Alle vier Kinder entschieden sich in den Jahren zwischen 1934 und 1939 zur Auswanderung. Walter verließ Deutschland im Jahr 1934 in Richtung Palästina, wo er sich mit seiner Frau niederließ. Sein älterer Bruder Max Michel und dessen Frau reisten 1935 nach Südafrika aus und zogen nach Kapstadt, wohin ihnen Marie und deren Mann Hans im April 1937 folgten. Paula zog 1937 von Hamburg nach Rothenkirchen im Vogtland, wo sie eine Arbeitsstelle in einem jüdischen Haushalt antrat. Diese verlor sie allerdings im darauffolgenden Jahr, als die Familie auswanderte. Nach einem weiteren kurzen Aufenthalt in Hamburg, währenddessen sie bei Vater und Stiefmutter lebte, reiste Paula 1939 nach England aus.

Eigentlich hatten die Eltern Rosemann und Paula beschlossen, Max und Marie bei nächster Gelegenheit nach Kapstadt zu folgen. Aus diesem Grund hinterließ Paula ihre Habseligkeiten in Kisten verpackt in der Wohnung ihrer Eltern, die ihrerseits versprachen, sie mit nach Südafrika zu bringen. Dort wollten sie sich wiedertreffen. Allerdings wurde Paula Rosemann nach ihrer Ankunft in England von 1939 bis 1941 als "feindliche Ausländerin" interniert und verlor ihre gesamte Aussteuer, weshalb sie die Weiterwanderung nach Südafrika bis auf Weiteres nicht realisieren konnte.

Arnold und Thekla Rosemanns Auswanderungspläne scheiterten ebenfalls, vermutlich am Kriegsbeginn, denn wie Großbritannien erklärte auch Südafrika Deutschland den Krieg, und im Oktober 1941 verbot Deutschland den Juden die Auswanderung generell – am 15. Juli 1942 wurden sie ins Getto Theresienstadt deportiert, ihr Transport mit der Nr. VI/1, Nr. 730 erreichte den Zielort einen Tag später.

Rosemanns verbliebener Hausstand wurde beschlagnahmt, so auch Paulas Habseligkeiten. Die Zwangsversteigerung erfolgte im September 1942; der Erlös betrug 1900 RM, die zugunsten des Deutschen Reiches eingezogen wurden. In einem späteren Verfahren auf Wiedergutmachung wurde der Wert des versteigerten Hausstands, zu dem auch Tafelsilber gehörte, auf etwa 35.000 RM geschätzt. Ein früherer Nachbar aus der Meerweinstraße erinnerte sich später, dass die Wohnung der Rosemanns gut ausgestattet gewesen sei. Thekla Rosemann habe das Vermögen ihres ersten Mannes geerbt, Arnold Rosemann habe während seiner Zeit als Kaufmann gute Einkünfte gehabt.

Am 16. Oktober 1943 verstarb Arnold Julius Rosemann in Theresienstadt. Seine Witwe Thekla überlebte die Zeit im Getto, wurde im Mai 1945 vom alliierten Militär befreit und kehrte nach Hamburg zurück. Gesundheitlich schwer gezeichnet von den Verhältnissen in Theresienstadt, lebte sie hier bis zu ihrem Tod am 16. Mai 1964 in einem jüdischen Altenheim in Rotherbaum.

Paula lebte nach Kriegsende zunächst in Tel Aviv, bevor sie mit ihrem Mann nach New York übersiedelte. Keines der vier Kinder von Arnold Julius Rosemann kehrte jemals nach Deutschland zurück.

Stand: Februar 2020
© Lisa Marie Behm

Quellen: 1; 4; 5; 7; 8; StaH, 351-11 Amt für Wiedergutmachung, Nr. 3217 Rosemann, Thekla (verw. Saberski); StaH, 351-11 Amt für Wiedergutmachung, Nr. 29928 Kempinski, Paula (1954-1967); StaH, 351-11 Amt für Wiedergutmachung, Nr. 27518 Rosemann, Walter Wolff (1956-1975); StaH, 351-11 Amt für Wiedergutmachung, Nr. 26338 Rosemann, Max Michel (1957-1978); StaH, 351-11 Amt für Wiedergutmachung, Nr. 28337 Caspari, Hans (1965-1978); StaH, 213-13 Landgericht Hamburg – Wiedergutmachung, Nr. 8549 Rosemann, Aron (1948-1963); Hamburger Adressbuch, Jahrgänge1903 bis 1913; Heiratsurkunde von Aron Julius Rosemann und Regine Deutsch, Zugriff via Ancestry; Website des jüdischen Friedhofs Hamburg, Zugriff über: http://www.jfhh.org/suche.php [zuletzt aufgerufen am 04.05.2018].
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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