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Gella Julie Hamel * 1859

Grindelallee 136 (Eimsbüttel, Rotherbaum)


HIER WOHNTE
GELLA JULIE
HAMEL
JG. 1859
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 24.8.1942

Gella Julie Hamel, geb. am 13.11.1859 in Hamburg, am 15.7.1942 nach Theresienstadt deportiert, dort gestorben am 24.8.1942

Grindelallee 136

Julie Hamel war die ältere von zwei Töchtern des Hamburger Musikers und Journalisten Eduard Hamel und seiner Frau Mina (geborene Haarburger). Eigentlich hieß der 1811 geborene Eduard Hamel bis Mitte der 1820er-Jahre Gabriel Pollack, ließ aber noch vor 1833 seinen Namen ändern. Unter dem neuen Namen feierte er als Violinist und Bratschist Erfolge und gehörte unter anderem einige Zeit dem Ensemble der Großen Oper in Paris an. Im Jahr 1846 zog es ihn jedoch zurück in seine Heimatstadt Hamburg, wo er fortan als Musiklehrer und Kritiker arbeitete. Als Komponist schuf er unter anderem die komisch-romantische Oper "Malwina", deren Uraufführung am 16. März 1857 im Hamburger Stadt-Theater erfolgte, sowie zahlreiche Klavierstücke und Lieder, die auf regelmäßig von ihm mit veranstalteten Soiréen und Kammermusikabenden dargebracht wurden. Von 1875 bis 1892 arbeitete er als Musikjournalist und Opernkritiker für eine Hamburger Zeitung und war zudem vom Senat zum Mitglied des Musikalischen Sachverständigen-Vereins berufen worden, dem er bis zu seinem Tod im Mai 1899 im Alter von 88 Jahren angehörte.

Sowohl Julie als auch ihre Schwester Clara erbten das musikalische Talent ihres Vaters. Es ist leider nicht bekannt, in welchem Umfang und wo Julie musikalisch ausgebildet wurde. Es zeugen jedoch zahlreiche Artikel in verschiedenen Hamburger Zeitungen zwischen 1886 und 1901 davon, dass sie damals sowohl als Komponistin als auch als Begleitmusikerin Teil der lebendigen Kammermusikszene der Hansestadt war, auch wenn die Kritik sich nicht immer in Begeisterungsstürmen erging. Julie trat unter anderem in der St. Johanniskirche zu Altona, im kleinen Saal des Convent-Gartens in der Neustadt sowie auf Privatfeiern des Klavierfabrikanten Jean Haring auf, dessen Instrumente sie auch regelmäßig für ihre Darbietungen nutzte.

In den Hamburger Adressbüchern erschien Julie erstmals 1900, sie bewohnte mit ihrer Mutter eine Wohnung in der Grindelallee 163/165, wo die Familie noch zu Lebzeiten des Vaters im Jahre 1892 eingezogen war. Zuvor lebten die Hamels in unterschiedlichen Wohnungen in der Alt- und Neustadt. Wie ihr Vater betrieb Julie die Musik nicht nur als Zeitvertreib, sondern verdiente damit ihren Lebensunterhalt. Bis ins Jahr 1930 und vielleicht sogar noch darüber hinaus war sie als Musiklehrerin tätig. Es kann an dieser Stelle nur gemutmaßt werden, dass der Unterricht, den Julie gab, eher privater Natur war, da sich keine Hinweise darauf finden ließen, dass sie jemals an einer Schule angestellt war.

Nach dem Tod der Mutter zog Julie einige Male im Grindelviertel und den umliegenden Quartieren um, bevor sie sich von 1914 bis 1930 in einer Wohnung im Eppendorfer Weg 200 niederließ. 1931 zog sie für einige Jahre in die Grindelallee 136, wo auch der für sie gestiftete Stolperstein verlegt ist. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten musste sie noch dreimal umziehen: zunächst in eine Wohnung am Papendamm 4 und anschließend zur Untermiete in die Heidestraße 25 in Hamburg-Hoheluft. Gemäß den Angaben auf ihrer Kultussteuerkarte und der in Theresienstadt ausgefüllten Todesfallanzeige musste die inzwischen über 80-Jährige zuletzt auch diese Wohnung räumen und verbrachte zumindest eine kurze Zeit im "Judenhaus" an der Schäferkampsallee 29, das zuvor der Jüdischen Gemeinde als Siechenheim gedient hatte.

Zusammen mit 926 anderen Hamburger Juden wurde Julie Hamel am 15. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert und dort im Haus E III a untergebracht, der ehemaligen Geniekaserne, die als Altersheim und Krankenstation genutzt wurde.

Etwas mehr als einen Monat nach ihrer Ankunft verstarb sie am 24. August um 12.30 Uhr in Zimmer 337 ihres Wohnblocks. Als Ursachen wurden in der von zwei jüdischen Ärzten ausgefüllten Todesfallanzeige "sclerosis multiplex" und "Verkalkung des Gehirns" aufgeführt.

Stand: Juli 2017
© Thomas Rost

Quellen: 1; 3; 5; 7; Hamburger Adressbücher 1860–1942; StaH 522-1 Jüdische Gemeinden, 992 e 2, Band 4 Liste 1; Meyer: Die Deportation, S.70–74; Sittard: Geschichte, S. 222; Altonaer Nachrichten, 15. März 1857, S. 6; Hamburger Nachrichten, 29.03.1886, S. 2; Hamburger Nachrichten, 6.10.1886, S. 12; Hamburger Nachrichten, 24.10.1887, S. 2; Hamburger Anzeiger, 31.1.1891, S. 2; Altonaer Nachrichten, 10.4.1891, S. 7; Hamburger Anzeiger, 28.2.1896, S. 3; Hamburger Anzeiger, 27.5.1899, S. 9; Hamburger Anzeiger, 29.7.1899, S. 2; Altonaer Nachrichten, 15.11.1901, S. 3.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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