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Bertha Brach (née Kleve) * 1878
Isestraße 69 (Eimsbüttel, Harvestehude)
HIER WOHNTE
BERTHA BRACH
GEB. KLEVE
JG. 1878
DEPORTIERT 1942
ERMORDET IN
AUSCHWITZ
further stumbling stones in Isestraße 69:
Liesel Abrahamsohn, Johanna Adelheim, Henry Blum, Rosalie Blum, Louis Böhm, Gertrud Böhm, Hillel Chassel, Irma Chassel, Michael Frankenthal, Erna Gottlieb, Ella Hattendorf, Frieda Holländer, Gertrud Holländer, Henriette Leuschner, Elfriede Löpert, Helene Löpert, Walter Löpert, Ella Marcus, Ernst Maren, Josephine Rosenbaum, Günther Satz, Selma Satz, Else Schattschneider, Gottfried Wolff, Lydia Wolff
Bertha Brach, geb. Kleve, geboren am 18.10.1878 in Lübeck, am 11.7.1942 deportiert nach Auschwitz
Isestraße 69
Bertha Brach wurde am 18. Oktober 1878 in Lübeck geboren. Ihr Vater war der Kaufmann Joseph Kleve, ihre Mutter Josepha Friederike (genannt Rieke), geb. Frankenthal, geb. 11.6.1856. Bertha hatte neun Geschwister, die wie sie in Lübeck geboren worden waren: Siegfried, geb. 4.12.1879, Martin, geb. 16.3.1881 (gestorben 2.8.1968 in den USA), Jenny, geb. 10.4.1884 (gestorben 7.11.1919), Selma, geb. 26.9.1883 (deportiert am 11.7.1942 nach Auschwitz), Alfred Siegfried, geb. 15.12.1886 (gestorben 2.2.1929 in Hamburg), Frida, geb. 18.8.1890 (gestorben am 17.11.1932 in München), Siegmund, geb. 15.5.1892, Iwan, geb. 10.12.1893 und Norbert, geb. 26.4.1895.
Die Familie wechselte von Lübeck nach Hamburg.
Über Berthas Kindheit, Jugend oder Ausbildung oder die ihrer Geschwister ist uns nichts bekannt. Am 19. September 1902 heiratete Bertha in Lübeck Felix Brach, geboren am 26. März 1876 in Berlin. Ihre Tochter Ilse kam am 25. Oktober 1903 zur Welt. Doch die Ehe hielt nicht, sie wurde am 9. Dezember 1927 geschieden.
Ilse, über deren Kindheit und Jugend uns ebenfalls nichts bekannt ist, wurde Schauspielerin. Sie heiratete 1928 den bekannten Schauspieler Georg Alexander. Mit ihm lebte sie als "Filmagentin" in Berlin.
In Hamburg wurde es einsam um Bertha Brach, die zu einem uns unbekannten Zeitpunkt zu ihrer seit 1935 verwitweten Schwester Selma Satz (siehe www.stolpersteine-hamburg.de) in die Isestraße 61 zog: Ihr Bruder Siegmund emigrierte mit Frau Anna und Tochter Ingrid 1935 nach Antwerpen, der Bruder Iwan ging vermutlich nach Großbritannien, Norbert emigrierte 1937 nach Belgien. Ihm wie auch dem inzwischen nach Berlin verzogenen Bruder Martin, der ebenfalls 1938 nach Belgien geflüchtet war, gelang es, nach der Internierung im Lager Saint Cyprien 1941 in die USA zu entkommen. Er ließ sich in Los Angeles nieder.
Auch Bertha Brachs Neffe, Selmas ältester Sohn Werner, wanderte 1938 in die USA aus. Deren jüngerer Sohn Günther (siehe www.stolpersteine-hamburg.de) besuchte eine Umschulung war in der Jüdischen Gartenbauschule in Ahlem bei Hannover.
Die Briefe, die Selma an Werner von 1938 bis 1941 regelmäßig schrieb, sind vollständig erhalten. Darin berichtet sie ausführlich über die Familie und das Leben in der Hamburger Isestraße.
Da die Söhne nun aus dem Haus waren, konnte Selma Satz in ihrer Wohnung eine große Wohngemeinschaft beherbergen: Das Ehepaar Lydia und Gottfried Wolff (siehe www.stolpersteine-hamburg.de) aus Parchim kam mit seinem Enkel Helmut. Dessen Vater hatte Helmuts Mutter Annemarie (siehe Anna Marie Kugelmann www.stolpersteine-hamburg.de) nicht geheiratet, weil sie Jüdin war. Sie heiratete noch im Juni 1942 in Hamburg den jüdischen Robert Kugelmann (siehe www.stolpersteine-hamburg.de), in dessen Haushalt sie schon als Angestellte gemeldet gewesen war, und zog mit ihm in die große Villa seiner Familie in Harvestehude.
Bertha Brachs Tochter Ilse war eine enge Freundin von Annemarie. Als junge Schauspielerinnen waren sie in Mecklenburg oft gemeinsam aufgetreten. Aus den Briefen der Selma Satz erfahren wir, dass Ilse häufig zu Besuch kam und sich ganz besonders um den kleinen Helmut Wolff kümmerte. Für ihn war sie seine Tante.
1939 nahm Selma Satz auch Michael Frankenthal (siehe www.stolpersteine-hamburg.de) nach dem Tode seiner Frau bei sich auf. Michaels älteste Schwester Friederike war Selmas Mutter, Bertha Brach und Selma Satz also seine Nichten.
Ein besonderes Verhältnis verband Selma Satz mit ihrem Schwager, Hermann Dugowski (siehe www.stolpersteine-hamburg.de), Witwer ihrer Schwester Jenny. Er wohnte mit vier Schwestern und einem Bruder vier Häuser entfernt in der Isestraße 61. Als Jenny am 9. November 1919 mit 37 Jahren in ihrer Wohnung Klosterallee 33 gestorben war, hatte er sich um die damals 10jährige Tochter Ingeborg, Inge genannt, kümmern müssen. Inzwischen war sie erwachsen.
In den Briefen der Selma Satz wird ein Inder erwähnt, den Inge auch zu Besuch mitbrachte. Mit ihm wanderte sie nach Singapur aus. Wir wissen nicht, ob die beiden noch vor ihrer Abreise geheiratet haben. Die Wohngemeinschaft musste Hermann Dugowski oft trösten, weil er sich Sorgen um seine Tochter machte, denn Nachrichten von ihr blieben aus.
Heute wissen wir, dass sie im fernen Osten von den Japanern interniert war und eine schwere Zeit in einem Lager durchmachte.
Günther Satz, Selma Satz‘ Sohn, war 1941 nach Hamburg zurückgekehrt. Sein Name stand am 8. November 1941 auf der Deportationsliste nach Minsk. Er war der erste aus der großen Familie, der in den Tod geschickt wurde.
Im Februar 1942 musste die Wohnung in der Isestraße geräumt werden. Bertha
Brach wurde wie alle anderen Mitbewohnerinnen und -bewohner in das "Judenhaus" Frickestraße 24 umgesiedelt.
Am 11. Juli 1942 wurden die Schwestern Bertha Brach und Selma Satz und auch ihr Bruder Siegfried Kleve nach Auschwitz deportiert und dort offenbar kurz nach der Ankunft ermordet.
Sie wurden nach dem Krieg für tot erklärt.
Lydia und Gottfried Wolff und Annemarie aus der ehemaligen Wohngemeinschaft in der Isestraße und Robert Kugelmann nahmen sich am 19. Juli 1942 das Leben, denn sie hatten den "Evakuierungsbefehl" für diesen Tag nach Theresienstadt bekommen.
Ilse Brach-Alexander hatte, wie zuvor verabredet, Helmut nach Berlin gebracht. Von dort aus vermittelte sie den Jungen in eine Pflegefamilie nach Hamburg. Als alter Mann berichtete er, dass es ihm vorkam, als wäre er mit seiner Tante auf einer wunderschönen Ferienreise gewesen.
Ihre eigene Mutter konnte Ilse trotz ihrer guten Beziehungen und selbst geschützt durch eine sogenannte privilegierte Mischehe, nicht vor der Verfolgung bewahren. Ilse lebte nach dem Krieg als Ilse Lueddeckens in München. "Alexander" war der Künstlername ihres berühmten Ehemannes gewesen, der im Oktober 1945 verstarb. In München war sie in verschiedenen Berufen tätig, konnte sich aber offenbar in ihrer neuen Lebenssituation nicht gut zurechtfinden. Dreimal geriet sie mit dem Gesetz in Konflikt. 1958 beantragte sie Wiedergutmachung. Die Mutter hatte ihr kein Erbe hinterlassen können, aber Ilse erhielt eine Entschädigung für 43 Tage "Freiheitsentzug".
Die Witwe des 1929 verstorbenen Alfred Siegfried Kleve emigrierte mit den beiden gemeinsamen Töchtern Lieselotte und Ruth Rahel in die USA, wo sie am 23. September 1940 einen Einbürgerungsantrag stellte.
Der Witwer der 1932 verstorbenen Frida Kleve, ver. Lindauer, der Viehhändler Louis Lindauer, verstarb am 20. Dezember 1941 in München. Die beiden gemeinsamen Söhne Manfred und Gerhard/Gordon überlebten in den USA.
Ingeborg Dugowskis Tochter Yasmin kam im Jahr 2024 nach Hamburg und konnte auf dem jüdischen Friedhof das Grab ihrer Großmutter Jenny Dugowski besuchen, die Wohnung betreten, in der ihr Vater zuletzt gewohnt hatte und an der Gedenkstätte des Hannoverschen Bahnhof die Namen ihrer Verwandten finden, die von dort aus deportiert wurden.
© Christa Fladhammer
Quellen: StaH 351-11, Amt für Wiedergutmachung. 277 74, Ilse Lueddekens, Antrag 1956; 522-1 992b, div. Kultussteuerkarten; div. Adressbücher; Briefe Selma Satz (Privatbesitz); https://gedenkbuch.muenchen.de/index.php?id=gedenkbuch_link&gid=7252 (Zugriff 6.11.2025), ancestry.com (Zugriff 6.11.2025).

