Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine



Julia Peterson (geborene Grandjean) * 1867

Grindelallee 20 (Eimsbüttel, Rotherbaum)


HIER WOHNTE
JULIA PETERSON
GEB. GRANDJEAN
JG. 1867
EINGEWIESEN 1943
HEILANSTALT LANGENHORN
‚VERLEGT‘ 16.8.1943
‚HEILANSTALT‘
AM STEINHOF / WIEN
ERMORDET 18.8.1943

Julie Peterson, geb. Grandjean, geb. 27.12.1867 in Hamburg, am 11.8.1943 aufgenommen in der "Heil- und Pflegeanstalt Hamburg-Langenhorn", am 16.8.1943 verlegt nach Wien in die "Wagner von Jauregg-Heil- und Pflegeanstalt der Stadt Wien" (auch bekannt als Anstalt "Am Steinhof"), dort gestorben am 18.8.1943

Grindelallee 20

Agnes Caroline Julie (Rufname Julie) Peterson, geborene Grandjean, war am 27. Dezember 1867 in Hamburg geboren worden. Als 75jährige wurde sie wegen eines "Verwirrtheitszustandes" am 11. August 1943 in der "Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn" im Norden Hamburgs aufgenommen und nur fünf Tage später, am 16. August 1943, nach Wien in die "Wagner von Jauregg-Heil- und Pflegeanstalt der Stadt Wien" (auch bekannt als Anstalt "Am Steinhof") abtransportiert.
Sie gehörte zu einem Transport von 300 Frauen und Mädchen, darunter 72 Mädchen und Frauen aus der "Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn" und 228 Mädchen und Frauen aus den damaligen "Alsterdorfer Anstalten", (heute Evangelische Stiftung Alsterdorf), der sein Ziel am 17. August erreichte.

Julie Peterson starb am Abend des 18. August 1943, einen Tag nach ihrer Ankunft, in Wien im Alter von 75 Jahren angeblich an Altersschwäche.

Sie wurde auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt.

Julie Peterson stammte aus einer Hamburger Kaufmannsfamilie und gehörte der reformierten Kirche an. Sie hatte 1889 John Ludwig Friedrich Peterson, geboren am 22. Juni 1861 in Hamburg, geheiratet, der später die an der Straße Esplanade gelegene "Orthopädische Anstalt" übernahm.

Aus der Ehe gingen mindestens sechs Kinder hervor, von denen drei im Säuglingsalter verstarben: Erik Adolph, geboren am 7. Juni 1890, Erika Marie Johanna, geboren am 20. August 1891, gestorben am 10. September 1891, Hans, geboren am 29. September 1892, Kurt geboren am 24. Juni 1894, gestorben am 12. Juli 1894, Maria, geboren am 8. Juli 1896, gestorben am 16. Juli 1896, und Karl-Heinz, geboren am 9. Juni 1903.

Über Julie Petersons Leben ist uns Weiteres nicht bekannt. Der geringe Inhalt ihrer Langenhorner Patientenakte gibt keinen Aufschluss über die Ursache ihres "Verwirrtheitszustandes". Möglicherweise wirkten sich bei ihr, wie bei vielen anderen auch, die Fliegerbombenangriffe des Jahres 1943 aus. Diese hatten Gebäude auch in der Grindelallee beschädigt und zerstört und bei vielen Menschen tiefgreifende psychische Belastungen und Störungen ausgelöst.

Bei ihrer Aufnahme in Wien wog Julie Peterson nur 36 kg. Sie war ruhig und sehr schwach. Dies deutet darauf hin, dass die Strapazen des Transports ihre Kräfte überstiegen und zu ihrem vorzeitigen Tod geführt haben können.

Während der ersten Phase der NS-Krankenmorde vom Oktober 1939 bis August 1941 war die Anstalt in Wien eine Zwischenanstalt für die Tötungsanstalt Hartheim bei Linz. Nach dem offiziellen Ende der Morde in den Tötungsanstalten wurde in den bisherigen Zwischenanstalten, also auch in der Wiener Anstalt selbst, massenhaft weitergemordet: durch Überdosierung von Medikamenten und Nichtbehandlung von Krankheiten, vor allem aber durch Nahrungsentzug. Auch die meisten der anderen mit Julie Peterson verlegten Mädchen und Frauen haben den Aufenthalt in Wien nicht überlebt. Bis Ende 1945 kamen von den 300 Mädchen und Frauen aus Hamburg 257 ums Leben.

Auf dem Stolperstein zur Erinnerung an Julie Peterson wurde ihr Vorname wie im Hamburger "Gedenkbuch Euthanasie" als "Julia" geschrieben. Im Geburtsregister wurde sie jedoch als "Julie" vermerkt.

Stand: Oktober 2025
© Ingo Wille

Quellen: Adressbuch Hamburg, diverse Jahrgänge; StaH 332-3 Zivilstandsaufsicht A 42 Geburtsregister Nr. 6876/1867 (Agnes Caroline Julie Grandjean), 332-5 Standesämter 9098 Geburtsregister Nr. 1125/1894 (Kurt Peterson), 6120 Geburtsregister Nr. 140/1891 (Erika Marie Johanna Peterson), 9121 Geburtsregister Nr. 1189/1896 (Maria Peterson), 9077 Geburtsregister Nr. 1508/1892 (Hans Peterson), 9054 Geburtsregister Nr. 713/1890 (Erik Adolph Peterson, 6120 Geburtsregister Nr. 140/1891 (Erika Marie Johanna Peterson), 14007 Geburtsregister Nr. 1477/1903 (Karl-Heinz Peterson), 8540 Heiratsregister Nr. 250/1889 (Julie Agnes Caroline Grandjean/ John Ludwig Friedrich Peterson), 7901 Sterberegister Nr. 1157/1896 (Maria Peterson), 7886 Sterberegister Nr. 1112/1894 (Kurt Peterson), 352-8/7 Staatskrankenanstalt Langenhorn Abl. 1/1995 Nr. 32028 (Julie Peterson). Michael Wunder, Ingrid Genkel, Harald Jenner, Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr – Die Alsterdorfer Anstalten im Nationalsozialismus, Stuttgart 2016, S. 315 ff. Peter von Rönn, Der Transport nach Wien, in: Wege in den Tod, Hamburgs Anstalt Langenhorn und die Euthanasie des Nationalsozialismus, Hrsg. Peter von Rönn und Uwe Lohalm, Hamburg 1993, S. 425 ff., S. 493.

druckansicht  / Seitenanfang