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Bereits verlegte Stolpersteine



Kurt Schult * 1939

Amandastraße 22 (Eimsbüttel, Eimsbüttel)


HIER WOHNTE
KURT SCHULT
JG. 1939
EINGEWIESEN 1943
ALSTERDORFER ANSTALTEN
´VERLEGT` 7.8.1943
´HEILANSTALT‘
KALMENHOF / IDSTEIN
´KINDERFACHABTEILUNG‘
ERMORDET 18.9.1944

Kurt Schult, geb. am 9.3.1939 in Altona, am 24.3.1943 aufgenommen in den damaligen "Alsterdorfer Anstalten" (heute Evangelische Stiftung Alsterdorf), am 7.8.1943 "verlegt" in die "Heil- und Pflegeanstalt Kalmenhof" in Idstein/Taunus, dort gestorben am 18.9.1944

Amandastraße 22 (ehemals Haus Nr. 14)

Kurt Schult wurde am 9. März 1939 in dem Hamburger Stadtteil Altona geboren. Seine Mutter, Martha Margareta Eden, geboren am 27. September 1905, war zur Zeit der Geburt noch nicht verheiratet, so dass ihr Sohn zunächst den Nachnamen Eden erhielt. Martha Margareta Eden und Kurts leiblicher Vater, der Kraftfahrer Kurt Charles Otto Schult, geboren am 7. Juni 1912 in Hamburg, heirateten am 21. November 1940. Nach der Anerkennung der Vaterschaft durch Kurt Charles Otto Schult erhielt Kurt Eden den Nachnamen Schult. Das Ehepaar Schult und wahrscheinlich auch ihr Sohn Kurt wohnten in der Amandastraß 14 in Eimsbüttel.

Seit seiner Geburt wurden bei dem Jungen Entwicklungsrückstände beobachtet. Er soll sich apathisch verhalten haben. Personen und Gegenstände konnte er nicht wiedererkennen.

Anfang 1942 befand sich Kurt Schult im Kleinkinderhaus des Jugendamtes, Winterhuder Weg 11 im Stadtteil Uhlenhorst. Die Sozialverwaltung Hamburg bemühte sich um Kurt Schults Aufnahme in die damaligen "Alsterdorfer Anstalten", denn der Junge könne kein Wort sprechen, sich kaum beschäftigen und nehme keinen Anteil an seiner Umgebung. Den Eltern wurde im März 1943 das Personensorgerecht entzogen, weil sie sich zu wenig um ihren Sohn kümmerten.

Kurt wurde am 24. März 1943 aus dem Kleinkinderhaus in die "Alsterdorfer Anstalten" verlegt. Bei seiner Aufnahme in Alsterdorf wurde "angeborener Schwachsinn" diagnostiziert. (Der heute nicht mehr verwendete Begriff "Schwachsinn" bezeichnete eine Intelligenzminderung bzw. angeborene Intelligenzschwäche.)

Während der schweren Luftangriffe auf Hamburg im Sommer 1943 (Operation Gomorrha) erlitten auch die damaligen Alsterdorfer Anstalten in der Nacht vom 29./30. Juli 1943 und dann noch einmal vom 3./4. August 1943 Schäden. Der Anstaltsleiter, SA-Mitglied Pastor Friedrich Lensch, bat die Gesundheitsbehörde um Zustimmung zur Verlegung von 750 Patientinnen und Patienten, angeblich um Platz für Verwundete und Bombengeschädigte zu schaffen.

Am 7. August 1943 wurde Kurt Schult in einem Transport von zusammen 128 Menschen in die "Heil- und Pflegeanstalt Eichberg" im Rheingau (76) und die "Heil- und Pflegeanstalt Kalmenhof" bei Idstein (52) abtransportiert. Der vier Jahre alte Kurt Schult kam in die "Heil- und Pflegeanstalt Kalmenhof".

Dort lebte er noch dreizehn Monate. Er starb am 18. September 1944 angeblich an angeborenem Schwachsinn und Marasmus (schwere Form der Mangelernährung).

Ursprünglich war die 1888 gegründete Anstalt Kalmenhof eine fortschrittliche pädagogisch orientierte Einrichtung für Menschen mit geistigen Behinderungen. 1939 wurde sie in das "Euthanasie"-Programm der "Aktion-T4" (eine Tarnbezeichnung nach dem Sitz der Berliner Euthanasiezentrale in der Tiergartenstraße 4) einbezogen. Die Patientinnen und Patienten wurden von dort in die benachbarte Tötungsanstalt Hadamar verlegt und ermordet. Nach dem offiziellen Stopp der Euthanasiemorde im August 1941 richtete die zur Berliner "Euthanasie"-Zentrale gehörende Tarnorganisation "Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung erb- und anlagebedingter schwerer Leiden" im Kalmenhof eine "Kinderfachabteilung" ein, in der Kinder durch überdosierte Medikamente wie Luminal, Skopolamin oder Morphium getötet wurden.

Es ist anzunehmen, dass Kurt Schult in dieser "Kinderfachabteilung" keines natürlichen Todes gestorben ist.

Das frühere Wohngebäude Amandastraße 14 existiert nicht mehr. Der Stolperstein zur Erinnerung an Kurt Schult wurde deshalb in unmittelbarer Nähe in der Amandastraße 22 in den Fußweg eingelassen.

Stand: Oktober 2025
© Ingo Wille

Quellen: Adressbuch Hamburg 1942; Standesamt Idstein Nr. 141/1944 Sterberegisterauszug (Kurt Schult); Evangelische Stiftung Alsterdorf Archiv Sonderakte V 83 (Kurt Schult). Harald Jenner, Michael Wunder, Hamburger Gedenkbuch Euthanasie – Die Toten 1939-1945, Hamburg 2017, S. 439. Michael Wunder, Ingrid Genkel, Harald Jenner, Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr – Die Alsterdorfer Anstalten im Nationalsozialismus, Stuttgart 2016, S. 283 ff. https://www.aerzteblatt.de/archiv/24708/NS-Kindereuthanasie-Ohne-jede-moralische-Skrupel (Zugriff am 7.8.2025).

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