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Edgar Hirsch mit seinem Sohn Karl Egon Neumann im Sommerurlaub 1928 in
Boltenhagen
Edgar Hirsch mit seinem Sohn Karl Egon Neumann im Sommerurlaub 1928 in Boltenhagen
© Privatbesitz

Edgar Hirsch * 1894

Brombeerweg 47 (Hamburg-Nord, Fuhlsbüttel)

1941 Minsk
ermordet

Weitere Stolpersteine in Brombeerweg 47:
Benno Friedländer, Ella Friedländer, Fanny Harrison, Paula Marcuse

Edgar Hirsch, geb. am 5.7.1894 in Hamburg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk und ermordet

Brombeerweg 47

Aufgewachsen war Edgar Hirsch im Hamburger Stadtteil Rotherbaum. Dort in der Moorweidenstraße 7, in der Wohnung seiner Eltern, kam er am 5. Juli 1894 auf die Welt. Sein Vater Siegfried Salomon Hirsch (geb. 24.7.1852 in Prag) war im Jahre 1877 aus seiner Geburtsstadt, damals dem K.-u.-K.-Reich Österreich/Ungarn zugehörig, nach Hamburg gekommen. Aus Prag stammten auch Edgars Großeltern väterlicherseits, Maria, geb. Wiener, Tochter des Kaufmannes Lazar Wiener, und der Kaufmann Veit Philip Hirsch. Edgars Vater Siegfried Hirsch hatte kurz nach seiner Ankunft in Hamburg im Alter von 25 Jahren sein Gewerbe als "Colonialwaren-Kaufmann" angemeldet. Vermutlich hatte er die gleiche Ausbildung an der Handelsakademie in Prag genossen wie sein jüngerer Bruder Maximilian Hirsch (geb. 3.6.1856 in Prag). Dieser war ebenfalls nach Hamburg gekommen, hatte ein Jahr als Volontär in verschiedenen Hamburger Firmen gearbeitet und war aber dann nach Prag zurückgekehrt, um im Kolonialwarengeschäft ihres Vaters mitzuarbeiten. Siegfried Hirsch war Mitglied der Deutsch-Israelitischen Gemeinde. 1882 hatte er in erster Ehe die nichtjüdische Caroline Friederike Elisabetha Schulz in Hamburg geheiratet. Sie war 1851 in Neustadt (Aisch) als Tochter eines pensionierten Militärs geboren worden.

Aus dieser Ehe stammten Edgars sechs Geschwister, Sieglinde Maria (geb. 3.1.1883), Gottfried Wilhelm (geb. 3.5.1884), die Zwillingsbrüder Walther und Willi (geb. 2.10.1885), Wolfram (geb. 2.1.1887) und Brünnhilde (geb. 18.5.1888). Gottfried war im Alter von einem halben Jahr verstorben.

Am 1. Oktober 1884 war Siegfried Hirsch in den Hamburger Staatsverband aufgenommen worden. Sein Einkommen belief sich damals auf 2400,- Mark im Jahr und er wohnte in der Blücherstraße 9 (heute Kottwitzstraße). Seit 1887 ist Siegfried Hirsch als Eigentümer und Bewohner des Hauses Gänsemarkt 53/55 im Hamburger Adressbuch aufgeführt. Neben seinem Commissionsgeschäft in "Colonialwaren" mit Börsenstand vor Pfeiler 10 war er auch Inhaber des "Grand Café Central".

In dieser Zeit kehrte sein Bruder Maximilian aus Prag nach Hamburg zurück. Aus dem Militärverhältnis hatte er sich auskaufen können. Das Kolonialwarengeschäft ihres inzwischen verstorbenen Vaters in Prag wurde zunächst von seinem Bruder Willi weitergeführt. Eine Zweigniederlassung wurde in Hamburg gegründet und Maximilian Hirsch hatte sich mit Gewerbeschein als selbstständiger Kaufmann in Hamburg niedergelassen. Maximilian Hirsch hatte 1891 das Kaffee-Kommissionsgeschäft "Veith Ph. Hirsch & Söhne" am Sandthorquai 6 gegründet.

Inzwischen war er in Prag mit Hermine Reich (geb. 10.10.1861 zu Buchlau/Koritschau) aus Mähren, am 5. September 1886 im Leopoldstädter Gemeindetempel nach bürgerlichen Gesetzen und jüdischem Brauch getraut worden. Hermine war die Tochter von Charlotte, geb. Landesmann, und des Glasfabrikanten Samuel Reich aus Buchlau. Zwei Töchter, Marianne (geb. 22.6.1887) und Beatrice (geb. 22.12.1888), waren in Prag zur Welt gekommen. Maximilian Hirsch hatte eine Stadtvilla in der Moltkestraße 50b, Hoheluft-West, erworben und sich dort niedergelassen. Zwei Jahre später war seine Familie nachgekommen. Bei seiner Aufnahme 1909 in den Hamburger Staatsverband wird Maximilian Hirsch von der Handelskammer Hamburg ein guter Leumund bestätigt:
"Die Firma Veith Ph. Hirsch & Söhne besteht seit dem Jahre 1891 und alleiniger Inhaber ist Maximilian Hirsch. Derselbe betreibt ein Kaffee Geschäft in umfangreicher und lebhafter, aber äusserst vorsichtiger und solider Weise und gilt als persönlich für einen respektablen, strebsamen und tüchtigen Mann. In Branchenkreisen geniesst die Firma allgemein Vertrauen und ihre Mittel werden auf annährend eine Million Mark geschätzt. Hiernach scheinen der Handelskammer gegen die Gewährung des Naturalisationsgesuchs des Hirsch Bedenken nicht zu bestehen."

Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau um 1891 hatte der verwitwete Siegfried Hirsch für fünf kleine Kinder zu sorgen. Eine zweite Ehe war arrangiert.

Edgar Hirsch stammte aus dieser zweiten Ehe seines Vaters. Edgars Mutter Betty, geb. Walter (geb. 25.2.1867), war eine Münchnerin und 15 Jahre jünger als sein Vater. Sie hatte bis zu ihrer Heirat dort in der Blumenstraße 19 bei ihren Eltern, Susanna, geb. Lewin, und Kaufmann Seelig, genannt Sigmund Walter (1836–1915), gelebt. In ihrer Geburtsstadt hatten Edgars Eltern am 31. August 1893 geheiratet. Als Trauzeuge neben dem Vater der Braut hatte Edgars Onkel Maximilian Hirsch fungiert. Eine große Herausforderung war es für die junge Ehefrau, die fünfköpfige Kinderschar ihres Ehemannes noch vor der Geburt ihres ersten gemeinsamen Sohnes Edgar zu versorgen. Zwei Jahre nach Edgars Geburt wurden am 17. Juni 1896 seine Zwillingsschwestern Olga und Ilse Henriette geboren und zwei weitere Jahre später, am 3. Juli 1898, seine Schwester Susanne. Im Jahr dazwischen hatte Edgar den frühen Tod seiner kleinen Schwester llse erleben müssen, gerade ein Jahr und einen Monat alt, war sie am 28. Juli 1897 in Thesdorf bei Pinneberg verstorben. Nach der Überführung auf den Jüdischen Friedhof Ilandkoppel in Ohlsdorf wurde sie zwei Tage später dort beigesetzt, Grablage ZZ 12, Nr. 2a. Am 11. September 1901 kam dann Edgars sieben Jahre jüngerer Bruder Kurt zur Welt.

Edgar Hirsch wuchs mit seinen Eltern und acht Geschwistern in der Hartungstraße 5 auf. Mit sechs Jahren wurde er zu Michaelis (im Herbst) 1900 an der Thomsen-Vorschule, Esplanade 42, für die Klasse 3b angemeldet; als Religionszugehörigkeit ist für Edgar in seinem Anmeldebogen "confessionslos" eingetragen. Ein halbes Jahr später, zu Ostern, begann er seine Schullaufbahn. Vielleicht ging er den Schulweg zusammen mit Alfons Engel, der zur gleichen Zeit mit ihm in die Klasse gekommen war und ganz in der Nähe, in der Rothenbaumchaussee 22, wohnte. Dieses und das Nebenhaus Nr. 24 war Eigentum von Edgars Vater. Alfons war ein Sohn des bekannten Architekten Semmy Engel, der einige Synagogen, wie auch die Hauptsynagoge am Bornplatz, gebaut hatte. Edgars Schule war die angesehene Privat-Vorschule für Jungen von Adolph Thomsen, die ab 1906 in die Leitung von Dr. Gustav Bertram überging. Sie galt als traditionsbewusst und fortschrittlich und wurde gleichermaßen von jüdischen wie auch von nichtjüdischen Kindern besucht.
Drei Jahre lang wurden Edgar Hirsch dort Grundkenntnisse vermittelt. Danach wechselte er auf die Privatschule des Dr. Theodor Wahnschaff, Rabenstraße 15. Hamburger Kaufmanns-Väter schickten damals gerne ihre Söhne, ihre Nachfolger, auf diese Realschule, wo auf kaufmännisches Wissen und Denken und auf Fremdsprachen Wert gelegt wurde. Viele Kinder ausländischer, insbesondere südamerikanischer Kaufleute, erhielten ihre Ausbildung dort. Edgars Schwestern Sieglinde und Brünnhilde besuchten die angesehene Höhere Mädchenschule von Dr. Löwenberg, Sieglinde nicht durchgängig, wie in Schuldokumenten angegeben, wegen zeitweiser "Kränklichkeit".

Edgar Hirschs Schwester Brünnhilde verließ vor ihrem 19. Geburtstag im April 1907 ihr Elternhaus und verzog nach Braunschweig. Sie heiratete dort den Kaufmann Otto Mielziner; er stammte aus einer angesehenen jüdischen Familie und war der Sohn des aus Alborg, Dänemark, stammenden Fachmannes für Konkursrecht Benny Mielziner und seiner Ehefrau Marie, geb. Widmann. Mit ihm bekam Brünnhilde am 7. September 1914 in Braunschweig ihre Tochter Ruth und nach ihrem gemeinsamen Umzug nach Den Haag, Niederlande, am 20. Februar 1917 ihre zweite Tochter Mathilde.

Ab seinem 18. Lebensjahr wohnte Edgar Hirsch in der Schlüterstraße 64, Parterre. Sein Vater war Eigentümer dieses und des Nachbarhauses Nr. 62. Nach seiner freiwilligen Einjährigenzeit beim Militär nahm er als Soldat am Ersten Weltkrieg teil. Nach Kriegsende, im Januar 1921, meldete Edgar Hirsch als Kaufmann ein Gewerbe mit Fahrradgummi in der Schlüterstraße an. Ein Jahr später wurde er Vater. Sein Sohn Karl Egon Neumann, geboren am 21. Januar 1922 in Hamburg, entstammte der nichtehelichen Verbindung mit der nichtjüdischen Gretha Maria Neumann – zu dieser Zeit eine problematische Beziehung für seine Familie. Edgar Hirsch stand jedoch von Anfang an zu seinem Sohn. Er sorgte dafür, dass Karl Egon nicht zur Adoption freigegeben wurde, sondern in eine Pflegefamilie kam. So konnte er weiterhin für ihn da sein. Gerne verbrachte er mit ihm Sommerferien an der Ostsee, fuhr mit ihm nach Boltenhagen oder nach Dänemark. Edgar Hirsch arbeitete als Kaufmann und Makler und war selbstständiger Grundstücksverwalter, vermutlich für die Mietshäuser seines Vaters.

Am 12. April 1926 verstarb Edgars Schwester Sieglinde Marie im Alter von 33 Jahren an einer Grippe. Sie hatte in der Nähe, in der Rappstraße 21, 3. Stock, bei Bödecker gelebt. Ihre letzte Ruhe fand sie auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel, Grablage A 9, Nr. 272.

Aus dem Eintrag im Melderegister ist zu ersehen, dass Edgars Schwester Olga als Schauspielerin unter dem Künstlernamen Inge Hellwart arbeitete und bis zu ihrer Heirat mit der Familie in der Schlüterstraße und auch zeitweise in Berlin lebte. Am 17. Juni 1926, ihrem 30. Geburtstag, heiratete sie in Hamburg den auf den Tag genau vier Jahre älteren Bruno Weichmann aus Berlin, geboren in Lipine. Neben Siegfried Hirsch, dem Vater der Braut, fungierte Edgar Hirsch als Trauzeuge; er wohnte zu dieser Zeit in Bad Wörishofen. Seine Schwester Olga wohnte mit ihrem Ehemann in der Barbarossastraße 32a, Berlin-Wilmersdorf. Ihr gemeinsamer Sohn Herbert kam ein Jahr später dort am 28. Mai 1927 auf die Welt.

Edgars Schwester Susanne hatte nach dem erfolgreichen Abschluss der höheren Mädchenschule Delbanco, der Absolvierung einer anschließenden Sprach- und Schauspielausbildung von 1918 bis 1923 am Deutschen Theater als Schauspielerin an verschiedenen Theatern gearbeitet und sich nebenbei als Glasmalerin betätigt. Sie ging ebenfalls nach Berlin. Nach einer Fotografenausbildung wurde sie Theaterfotografin und arbeitete im eigenen Fotoatelier in Wilmersdorf, Paulsborner Straße 20.

Seit 1927 ist Edgar Hirsch in der Kultussteuerkartei der Deutsch-Israelitischen- Gemeinde eingetragen. Drei Jahre später, sein Sohn war gerade acht Jahre alt, trat Edgar Hirsch durch Erklärung wieder aus der Jüdischen Gemeinde aus. "Gottgläubig" ist in der Kultussteuerkartei vermerkt.

Am 24. Januar 1930 verstarb Edgars Vater im Alter von 78 Jahren in seiner Wohnung in der Schlüterstraße 64 an den Folgen eines Hirnschlags. Dr. Kosack hatte ihn noch vier Tage lang behandelt. Seine letzte Ruhe fand er drei Tage später durch die Beerdigungsbrüderschaft auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel Ohlsdorf, Grablage N 2, Nr. 32. Nach dem Tode seines Vaters lebte Edgar Hirsch weiterhin mit seiner Mutter in der Schlüterstraße, bis diese dann 1935 nach Berlin in die Nähe ihrer Töchter verzog. Seine Schwester Susanne Lis, geb. Hirsch, war 1933 mit einem nichtjüdischen Ehemann dort verheiratet. Die Ehe wurde jedoch kurz vor der Geburt ihrer Tochter Lisa-Vera im Dezember 1933 wieder geschieden.

Am 29. Januar 1935 verstarb Edgars Onkel Maximilian an einem Herzkrampf in seinem Haus in der Moltkestraße 50b, wo er 42 Jahre lang, die gesamte Zeit seines Hamburger Lebens, mit seiner Familie gelebt hatte. Er war 78 Jahre alt. Seine Ehefrau Hermine war schon im Februar 1929, ein Jahr vor Edgars Vater, verstorben. Neben ihr wurde er auf dem Friedhof Ilandkoppel bestattet, Grablage S 4, Nr. 127. Seine Tochter Beatrice, Edgars Cousine, war 1929 mit 40 Jahren nach dem Tod ihrer Mutter von Prof. Emil Reich, einem Bruder ihrer Mutter aus Wien, adoptiert worden und führte ab da den Doppelnamen Hirsch-Reich. Sie hatte in Wien studiert und war 1915 in Mittelalterlicher und Neuerer Geschichte zum Dr. phil. promoviert worden.

Es ist anzunehmen, dass auch Edgar Hirsch und seine Mutter von dem tragischen Unglück erfuhren, das sich am 7. August 1935 ereignet hatte; im "Hamburger Tageblatt" wurde in der Abendausgabe davon berichtet, dass Berthold Walter (Biographie siehe www.stolpersteine-hamburg.de) vom 7. Stock des Finanzgebäudes am Gänsemarkt in den Innenhof gesprungen sei.

Er war ein Cousin von Edgars Mutter. Berthold Walter aus München hatte in Hamburg vergeblich versucht, sich eine Existenz aufzubauen; der Handel mit Getreide und Futtermitteln war ihm als Jude im südlichen Deutschland nicht mehr möglich gewesen. Auch in Hamburg hatte er nicht Fuß fassen können. Gedemütigt und ohne Hoffnung war er mit 58 Jahren auf diese tragische Weise aus dem Leben geschieden. Ein Stolperstein in der Heinrich-Barth-Straße vor Haus Nummer 8 und am Gänsemarkt 36 vor der Finanzbehörde erinnern an ihn.

Das Vermögen und der Immobilienbesitz von Edgars Vater waren in die Erbengemeinschaft mit Edgars Geschwistern und seiner Mutter übergegangen. Wie aus einem Briefkopf zu entnehmen ist, hatte Edgar Hirsch unter "Gebrüder Hirsch in Gesellschaft" mit seinen Brüdern zusammengearbeitet und mit seinem Bruder Walther ein gemeinsames Konto geführt.

Nachdem seine Mutter 1935 nach Berlin gegangen war, verzog Edgar Hirsch mit seinen Grundstücksverwaltungen in den Winterhuder Marktplatz 19, 4. Stock. Einige Zeit wohnte er dort mit seinem Sohn zusammen. Denn als Karl Egon 15 Jahre alt war und sich seine Pflegeeltern hatten scheiden lassen, hatte Edgar Hirsch ihn zu sich nehmen können.

Als die Verfolgungen der Juden immer größere Ausmaße annahmen und die Existenzmöglichkeiten für sie immer schwieriger wurden, planten Edgars Geschwister Olga Weichmann und Kurt Hirsch ihre Auswanderung in die USA. Vor ihrer Ausreise 1938 traf sich Edgar Hirsch noch einmal in Marienbad mit seiner Mutter und seinen Geschwistern Olga, Susanne und Kurt. Es war die letzte Familienzusammenkunft. Seine Schwester Brünnhilde Mielziner war nach ihrer Scheidung 1934 nach England geflüchtet, ihr ehemaliger Ehemann Otto Mielziner nach Monte Carlo.

Auch Edgar Hirschs Cousine Beatrice Hirsch-Reich emigrierte 1938; sie entkam nach England.

Am 31. Mai 1938 erwarb Edgar Hirsch, der noch Hoffnung in "sein" Deutschland setzte, von H. Carl Schröder, Professor an der Kunstgewerbeschule, die Villa im Brombeerweg 47 in Hamburg-Fuhlsbüttel, einem noch ländlichen Stadtteil am Alsterlauf. Im Juni des Jahres zog er dort mit seinem Sohn ein. Edgar Hirsch wohnte noch nicht lange in Fuhlsbüttel, als die Verfolgungen der nationalsozialistischen Machthaber sein Leben massiv belasteten. Er wurde in seinem Haus von der Staatlichen Kriminalpolizei, Abteilung K, verhaftet und in "Schutzhaft" genommen; sein 16-jähriger Sohn Karl Egon musste das miterleben. Wie die Verpflegungslisten belegen, war er für acht Tage, vom 29. Juli bis zum 6. August 1938, im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel inhaftiert.

Edgar Hirsch besaß neben seiner Villa im Brombeerweg auch das Gartenlandgrundstück Hellbrook in Bramfeld. In einer Erbengemeinschaft mit seinen Brüdern Walther, Willi und Wolfram war er zudem an den Etagenhäusern Parkallee 8, Hartwicusstraße 13, Rothenbaumchaussee 22, Schlüterstraße 62 und 64 und Isestraße 30 beteiligt.

Zwischen Edgar und seinen Brüdern aus der ersten Ehe seines Vaters bestanden Erbauseinandersetzungen, wie in einem Protokoll der Zollfahndungsstelle festgehalten ist. Am 21. Oktober 1938 schlossen sie einen Auseinandersetzungsvertrag und Edgar Hirsch schied aus der Erbengemeinschaft aus. Ein Grund dafür war sicher auch, dass seine "Halbbrüder" vorerst nicht von den "Sicherungsverordnungen" betroffen waren, da deren Mutter nichtjüdisch war. Edgars Mutter, sie lebte inzwischen in Berlin, Kurfürstendamm 212, 2. Stock, sollte den Nießbrauch an dem Grundstück Rothenbaumchaussee behalten; diese Nießbrauchverpflichtung betraf auch Edgar Hirsch.

Von Bekannten wurde er vor den zunehmenden antijüdischen Repressalien gewarnt und ihm wurde geraten, das Land zu verlassen. Für Edgar Hirsch jedoch war Deutschland sein Vaterland, dem er gedient und für das er 1914–1918 gekämpft hatte – und er blieb. In der Pogromnacht am 10. November 1938 wurde Edgar Hirsch erneut verhaftet und in das Polizeigefängnis Fuhlsbüttel verbracht. Über 1000 andere jüdische Männer in Hamburg, zumeist Kaufleute, teilten sein Schicksal. Viele kamen anschließend in das KZ Sachsenhausen. Nach der Po- gromnacht und seinen Verhaftungen trug sich Edgar Hirsch dann doch mit dem Gedanken, auszuwandern.

Am 18. November 1938 ging ein dringlicher Formularbrief von der Behörde des Polizeipräsidenten/Passamt an das Finanzamt mit der Meldung, dass der Hausverwalter Edgar Hirsch, Jude, vorbereitende Maßnahmen zur Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland treffe und beabsichtige, in die USA zu gehen. Die Verdachtsgründe seien durch eigene Erklärungen bei der hiesigen Kriminalpolizei gegeben. Erforderliche Maßnahmen sollten getroffen werden, um eine Steuer- oder Kapitalflucht zu verhindern. Daraufhin wurde für Edgar Hirsch ein Sperrkonto bei der Hamburger Sparkasse von 1871 am Erdkampsweg eröffnet. Seinen Beruf als Grundstücksverwalter musste er zum 1. Januar 1939 aufgeben. Beamte der Zollfahndungsstelle hatten des Öfteren versucht, Edgar Hirsch wegen Vermögenssicherungsmaßnahmen zu Hause anzutreffen. Am 28. Januar 1939 wurde protokolliert:
"Hirsch wurde trotz mehrmaliger Vorsprache nicht angetroffen. Die Wohnung Brombeerweg 47 ist dem Anschein nach bewohnt. Hirsch wurde am 9.01.39 aus dem Israelitischen Krankenhaus entlassen. Es besteht die Möglichkeit, dass H. sich irgendwo zur Kur aufhält, da seine Gesundheit angeblich durch den Aufenthalt im Konzentrationslager gelitten hat. Die Mutter des H. wurde ebenfalls nicht angetroffen. Über den heutigen Stand des Vermögens konnte nichts in Erfahrung gebracht werden, da Erbauseinandersetzungen zwischen den Gebrüdern Hirsch kurz vor der Festnahme des E. Hirsch stattgefunden haben. Die Gebrüder Hirsch (Walther, Willi, und Wolfram) konnten über das Vermögen ihres Halbbruders Edgar ebenfalls keine Auskunft geben."

Am 28. Januar 1939 wurde vom Oberfinanzpräsidenten eine vorläufige "Sicherungsanordnung" über Edgar Hirschs gesamtes Vermögen angeordnet. Das Grundstück und die Villa Brombeerweg 47, damaliger Einheitswert 26.900,- RM, konnte Edgar Hirsch noch durch einen Schenkungsvertrag, der am 14. Juli 1939 unterzeichnet worden war, an Karl Egon übertragen. Der Eintrag ins Grundbuch erfolgte erst im folgenden Jahr am 7. März 1940. Auch die nichtjüdische Großmutter seines Sohnes, Helene Koch, bedachte Edgar Hirsch. Er verpflichtete sich noch am 21. Juni 1939 notariell, eine monatliche Rente von 20,- RM an sie zu zahlen, und bat beim Oberfinanzpräsidenten um die Freistellung des Geldes für die "arme alte Frau". Auch war er laut Vertrag verpflichtet, vermutlich ein übernommenes Vermächtnis seines verstorbenen Vaters, dessen Bruder, den 85-jährigen Willibald Hirsch in Prag, mit monatlich 25,- RM zu unterstützen; es betraf eine Rentenverpflichtung, die 1934 aus dem Verkauf des Grundstücks Gänsemarkt an Anton Sturm entstanden war.

Der Freibetrag für seinen gesamten Lebensunterhalt war seit dem 3. März 1939 vom Oberfinanzpräsidenten auf 500,- RM monatlich begrenzt. Jede zusätzliche Ausgabe bedurfte eines schriftlichen Antrags, wie z. B. die Reparatur einer Matratze und die Aufarbeitung eines Polstersessels Ende 1939 bei Paul Maas, Erdkampsweg 4. Auch bei Elektromeister Rehmann, Hummelsbütteler Landstraße 118, hatte Edgar Hirsch im November 1939 eine Rechnung zu begleichen. Weitere Handwerker aus Fuhlsbüttel erhielten um diese Zeit von ihm Aufträge, wie August Sander, Hummelsbütteler Landstraße 82, mit Klempnerarbeiten oder die Tischlerei Adolf Eggert, Ölendorp 6.

Bei Dr. med. Himpe in Klein Borstel, Wellingsbütteler Landstraße 166, musste sich Edgar Hirsch Ende 1939/Anfang 1940 einer Behandlung wegen eines Nackenkarbunkels unterziehen.

Trotz allem versuchte Edgar Hirsch für seinen Sohn das Leben so schön wie möglich zu gestalten und seine Zukunft abzusichern. Im Winter 1939/40 konnte Karl Egon Tanzstunden bei der Tanzschule Wendt, Rothenbaumchaussee 112, nehmen. Im September hatte Edgar Hirsch im Pianohaus Ernst Benecke, Colonaden 15, eine Rechnung von 500,- RM zu begleichen, vielleicht hatte er für seinen Sohn dort ein Klavier gekauft. Am 11. Oktober 1939 meldete Edgar Hirsch nach Aufforderung dem Oberfinanzpräsidenten einen Vermögensbesitz von 55.666,- RM. Mit einem behördlich genehmigten Schenkungsvertrag vom 28. Oktober 1941 gelang es ihm, noch 32.000,- RM Reichsbahnanleihe auf seinen Sohn zu übertragen. Edgar Hirsch musste für die nicht erfolgte Auswanderung eine "Reichsfluchtsteuer" in Höhe von 17.306,- RM zahlen, eine weitere Schikane der nationalsozialistischen Machthaber. Sein Sohn wurde vom Finanzamt verpflichtet die 16.200,- RM, die sich für ihn auf einem Depot der Norddeutschen Bank befanden, für diese Reichsfluchtsteuer zu verwenden.

Am 4. Februar 1940 verstarb Edgars Stiefbruder Wolfram Hirsch, ein ehemaliger Schauspieler, in der Schlüterstraße 64, Edgars einstiger Wohnadresse. Er war 53 Jahre alt und hatte an Herzerweiterung und Kehlkopftuberkulose gelitten. Im Sterbeeintrag ist bei seiner Religionszugehörigkeit "gottgläubig" vermerkt. Sein Bruder Walther ließ ihn auf dem Friedhof Ohlsdorf bestatten, Grablage D 17, Nr. 128 I.

Edgar Hirsch, selbst belastet durch die Verfolgungen, nahm mehrfach verfolgte Jüdinnen und Juden in seinem Haus, Brombeerweg 47, auf. Als Haushälterin beschäftigte er im Dezember 1939 Dora Anna Canepa, geb. Röhmann (geb. 15.12.1887 in Berlin). Ella und Benno Friedländer zogen am 27. Mai 1940 in das Dachgeschoss ein. Der geschiedene Siegfried Halberstadt (geb. 1890 in Hamburg) fand mit seinem zehnjährigen Sohn Rolf im Juni 1940 bei ihm Unterkunft. Drei Monate später zogen beide zu Familie Cassuto und deren etwa gleichaltrigen Sohn Ernst Antonio in die Klosterallee 49.

Edgar Hirschs Cousine Marianne Hirsch (Biographie siehe www.stolpersteine- hamburg.de) war am 26. Januar 1939 mit der Diagnose "Schwach...?" (Dokument abgeschnitten) von dem "Sanatorium Dr. Fresenius" in Allendorf/Lumbda in die Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn überwiesen worden. Am 23. September 1940 wurde sie von dort im Rahmen der "Euthanasie" mit der ersten Deportation von Jüdinnen und Juden in die Tötungsanstalt Brandenburg an der Havel deportiert und ermordet. Ein Stolperstein erinnert an sie in der Moltkestraße 50b.

Von Juni bis Oktober 1940 stellte Edgar Hirsch die 20-jährige Elisabeth Mansfeld aus Lüchow als zusätzliche Haushaltshilfe ein. Im März 1941 verzog seine Haushälterin Dora Anna Canepa, geb. Röhmann, in die Wellingsbütteler Landstraße 165 zu der Familie ihres Bruders Martin Röhmann. Ab 1. Februar 1941 waren neue Bewohner in das Haus von Edgar Hirsch eingezogen. Paula Marcuse und das Ehepaar Fanny und Max Harrisson hatten den ersten Stock bezogen. Max Harrisson litt zu dieser Zeit an einer schweren Krankheit, ein halbes Jahr später verstarb er dort. Derzeit wohnte auch Emma Reinthaler, geb. Kamm, die aus Hettenhausen bei Fulda stammte, in der Villa. Sie reiste dann wieder ab nach Göttingen.

Das Ehepaar Sophie Levi, geb. Lamm (geb. 1.4.1915 in Breslau), und der Lehrer Richard Levi (geb. 7.3.1911 in Essen) (Biographien siehe www.stolpersteine-hamburg.de) zogen noch im selben Monat ein; zuvor hatten sie in der Hansastraße 57 gewohnt. Edgars Mutter Betty Hirsch, die inzwischen in Berlin lebte, besuchte im Juli 1941 noch einmal ihren Sohn Edgar in Hamburg und wohnte für elf Tage bei ihm. Es war das letzte Zusammensein und währte nicht lange, denn bald wurden die jüdischen Bewohner des Hauses gezwungen, das Haus zu verlassen. Am 25. Oktober 1941 wurden Paula Marcuse und das Ehepaar Ella und Benno Friedländer nach Lodz deportiert und ermordet.

Edgar Hirsch wurde mit der zweiten Hamburger Deportation am 8. November 1941 in das Getto Minsk verschleppt und ermordet. Er war 47 Jahre alt.

Gemeinsam mit ihm waren Siegfried Halberstadt und sein Sohn Rolf deportiert und ermordet worden. Stolpersteine erinnern an sie in der Klosterallee 49.

Fanny Harrisson wurde am 11. Juli 1942 nach Auschwitz deportiert und ermordet, wie auch Richard Levi und Sophie, geb. Lamm. Stolpersteine erinnern an das Ehepaar Levi in der Hartungstraße 9–11.

Edgars Mutter Betty Hirsch wurde am 4. September 1942 von Berlin nach Theresienstadt deportiert, am 29. September 1942 nach Treblinka weiterverschleppt und dort im Oktober ermordet. Ein Stolperstein erinnert seit Juni 2009 an Betty Hirsch in Berlin, Kurfürstendamm 212. Enkelin Vera ist noch der traurige Tag gegenwärtig, als sie als achtjährige erleben musste, dass ihre Großmutter in einem schwarzen Wagen zur Deportation abgeholt wurde.

Die Haushaltshilfe Elisabeth Mansfeld hatte zuletzt in der Grindelallee gewohnt. Sie wurde am 6. Dezember 1941 nach Riga deportiert und ermordet. Ein Stolperstein erinnert an sie in der Wellingsbütteler Landstraße 165.

Edgar Hirschs Sohn Karl Egon hatte 1941 die Schule in Niendorf mit dem Abitur abschließen können. Als "jüdischer Mischling ersten Grades" wurde er - wie alle Mischlinge ersten Grades" und "Jüdisch Versippten" - auf Veranlassung der Gestapo im Oktober 1944 zur Zwangsarbeit beim Aufräumdienst "dienstverpflichtet". Eine Einweisung der Gruppe in das Lagerhaus Dessauer Ufer war zwar vorgesehen, aber wegen der Ausbombung des Lagerhauses kam es nicht dazu. Ersatzweise sollten die Männer in dem DAF-Ausländer-Lager "Stadtpark" am Bahnhof Alsterdorf untergebracht werden. Das Lager war jedoch überbelegt, sodass sie einstweilen zu Hause übernachten konnten. Während der gesamten Zeit der Dienstverpflichtung wurde ihnen immer wieder die Kasernierung angedroht. Der Dienst begann allmorgendlich mit einem Zählappell des Aufräumungsamtes "Kreis I Hegeplatz". Von dort wurden Karl Egon und Leidensgenossen an Auftraggeber vermittelt oder zu Arbeiten des Aufräumungsamtes eingesetzt. Alle Arbeiten standen unter der Leitung eines Truppführers, der von der jeweiligen Zwangsarbeitergruppe bestimmt wurde. Dieser hatte laufend Meldung bei dem Aufräumungsamt, das die Arbeiten kontrollierte, zu machen. Karl Egon musste am Heidhörn in Barmbek-Nord Steine bergen, wurde herangezogen zu Ausgrabungen bei Bombenschäden am Rohrnetz der Hamburger Wasserwerke, Süderstraße, zu Räumungsarbeiten in der Fuhlsbüttelerstraße in Ohlsdorf, zum Bau von Plattenhäusern in Alsterdorf in der Sengelmannstraße, zur Schneereinigung am Winterhuderweg und zu Räumungseinsätzen von Polizeirevieren in Harburg. Einmal geriet er dabei in einen Bombenangriff in einem größtenteils zerstörten Krankenhaus. Seine Arbeitsgruppe löste russische Kriegsgefangene bei Ruinenabrissarbeiten ab. Unter großer Gefahr musste er in den einsturzgefährdeten Gebäuden die Einreisstrossen anlegen. Insbesondere an Sonntagen wurde er zu Sondereinsätzen für die Müllabfuhr, zum Schneeschippen und Straßenfegen abkommandiert. In einem Sondereinsatz hatte er polnische Zwangsarbeiter im Hafengebiet zu überwachen. Seine Arbeiten bei der Firma Paap wurden mit einem Stundenlohn von 0,73 RM entlohnt. Für Bauarbeiten übliche Zusatzlebensmittelkarten wurden ihm nur anfangs gewährt, dann wurden sie ihm vorenthalten.

Auch Edgar Hirschs Bruder Walther Hirsch wurde als "Halbjude" zwangsverpflichtet, zunächst ab Mai 1943 bei Rud. Otto Meyer. Im Herbst bekam er folgende Aufforderung für Aufräumungsarbeiten: "Sie haben sich am 27.10.1944 um 8 Uhr in Hbg, Dessauer Ufer, Speicher G bei Oberlagerführer Bentin im Kaiserschuppen F Westeingang Giebelseite, Abt. 8 zur Arbeitsaufnahme zu melden."

Von Mitte März 1942 und noch nach dem Krieg bis Juli 1947 wohnte Karl Egon im Eiligersweg 15, 1. Stock, bei Köster. Dann bewohnte er wieder das Haus seines Vaters im Brombeerweg 47. Seit dem 1. Oktober 1948 studierte er an der Bauschule in Hamburg und machte dort seinen Abschluss am 28. Februar 1951.

Am 4. August 1951 wanderte er nach Kanada aus. Er heiratete Magdalene und blieb dort. Karl Egon Newman verstarb in Kanada 2001 im Alter von 79 Jahren. Im September 2005 schreibt seine Witwe Magdalene Newman in einem Brief:
"Bei jedem unserer Besuche in Hamburg haben wir vor Karls Elternhaus gestanden, und er hat mir dann immer alle Einzelheiten erzählt. Das waren für ihn immer die schönsten Stunden. […] Als er sein Abitur gemacht hatte, gab sein Vater ein herrliches Essen zu diesem Anlaß (Karl erzählte gern und oft davon). Bald danach wurde sein Vater wieder abgeholt; aber Karl hoffte, daß er auch diesmal wiederkommen wird."

Edgar Hirschs Geschwister konnten der Shoah entkommen. Seine Schwester Olga Weichmann emigrierte mit ihrem Ehemann und ihrem Sohn Herbert in die USA. Herbert verstarb dort im Jahre 1981, vor seiner Mutter, die am 5. Juni 1992 in Los Angeles im Alter von 95 Jahren verschied. Edgar Hirschs jüngerer Bruder Kurt hatte sich noch rechtzeitig mit einem Schiff nach Shanghai und danach in die USA retten können. Er war verheiratet mit Ruth, geb. Guttmann (geb. 18.2.1904 in Wiesbaden), und hatte im Exil den Nachnamen Hilton angenommen. Am 27. Januar 1953 verstarb Kurt Hilton in Los Angeles, er war 51 Jahre alt. Brünnhilde Mielziner lebte 1954 in Gräfelfing bei München. Ihre Tochter Ruth verstarb 2010 auf Haiti.

Edgars Bruder Willi Hirsch, der in der Hansastraße 76 gewohnt hatte und dort ausgebombt worden war, wurde zusammen mit anderen betroffenen Hamburgern nach Bad Stuer, Mecklenburgische Seenplatte, evakuiert. Er bezog ein Zimmer in der Amalienvilla, Pension Bradey, das er im April 1945 auf Anordnung des Bürgermeisters zugunsten einer Flüchtlingsfamilie räumen sollte. Nach Angaben der Pensionsinhaberin Frau Bradey soll er am 27. April 1945 von einer Einkaufsfahrt in die nächstgelegene Ortschaft Ganzlin nicht zurückgekehrt sein. Es wird angenommen, dass er bei einem Tieffliegerangriff getötet worden ist. Zu seinem Nachlass gehörte u. a. das Grundstück Schlüterstraße 62 in Erbengemeinschaft mit seinem Zwillingsbruder Walther Hirsch, belastet mit einer Hypothek von 12.500,- Goldmark für Marianne Hirsch. Die Zwillingsbrüder hatten einst ihre Cousine Marianne damit unterstützt.

Willis Zwillingsbruder Walther Hirsch, seit 1935 verheiratet mit Paula Ferdinanda, geb. Förster (geb. 1.8.1904 in Wels, Österreich), bewohnte das ehemalige Elternhaus Schlüterstraße 64. Er verstarb kurz nach seinem 74. Geburtstag, am 23. Oktober 1959, im Rot-Kreuz-Krankenhaus am Schlump. Seine letzte Ruhe fand er neben seinem Bruder Wolfram auf dem Friedhof Ohlsdorf, Grablage D 17, Nr. 128 II. Seine Ehefrau, Alleinerbin nach kinderloser Ehe, gründete nach seinem Tod die "Walther Hirsch Nachlaß Stiftung". Das gemeinsame ehemalige Elternhaus auch von Edgar Hirsch, Schlüterstraße 64, wurde als Stiftungsgabe in die Hände der Jüdischen Gemeinde gelegt und sollte Bedürftigen, vorrangig Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde, zur Verfügung stehen. Für Konstantin Mack wurde eine monatliche Rente von 400,- DM und ein unentgeltliches lebenslanges Wohnrecht dort verfügt. Paula Hirsch verstarb am 29. August 1963 in Hamburg. Ihre Asche wurde neben ihrem Ehemann beigesetzt.

Edgar Hirschs Schwester Susanne, die nach der Scheidung von ihrem nichtjüdischen Ehemann nur noch durch ihr Kind geschützt war, war zu Arbeiten in einer Wäscherei in Spandau, in dem Papierbetrieb Lamelke in Berlin und in einer Kartoffelschälerei zwangsverpflichtet worden. Sie war zwar sehr geschwächt durch eine Tuberkulose-Erkrankung, hatte aber mit ihrer Tochter Vera aufgrund glücklicher Umstände die Verfolgungszeit in Berlin-Spandau in der Ruhlebener Straße 157 überleben können. Nach dem Krieg lebten sie eine Zeitlang in Hamburg, in dem Haus ihres Bruders zusammen mit Karl Egon. Vera besuchte 1948 das Gymnasium Alstertal. Nach einer kurzen Zeit im DP Lager Wentorf konnten sie in die USA zu ihren Verwandten nach Los Angeles emigrieren. Dort verstarb Susanne Lis am 20. Oktober 1960 im Alter von 62 Jahren. Vera, die sich als Zeitzeugin an ihren Onkel Edgar und Karl Egon erinnert, war in die Schweiz zurückgekehrt und lebt heute mit ihrem Sohn Ralph Gottier in Berlin. Beide nahmen am 27. Oktober 2005 an der Einweihung der Stolpersteine von Edgar Hirsch und den weiteren ehemaligen Bewohnern des Hauses Brombeerweg 47 in Hamburg teil.

Stand: Januar 2023
© Margot Löhr

Quellen: 1; 2; 4; 5; 8; StaH, 111-1, 59143 Beatrice Hirsch-Reich, Dr. phil; StaH, 131-1 II Nachlass, 10455 Walther Hirsch Nachlaß Stiftung; StaH, 113-6 Nachlassregulierung, 1303; StaH, 213-8 Staatsanwaltschaft Oberlandesgericht-Verwaltung, Abl. 2, 541a E1, 1c u. Abl. 2, 541a E1c, 1c, Auskünfte Ulf Bollmann; StaH, 213-13 Landgericht Rückerstattung, 8404 Edgar Hirsch Erben, 8231 Betty Hirsch, 11081 Beatrice Hirsch-Reich; StaH, 231-3 Handelsregister, A 12 Bd. 4 Nr. 16636 Siegfried Hirsch, A 1 Bd. 45 Nr. 11010 Veith Ph. Hirsch & Söhne, A 13 Bd. 13 Nr. 27838 Veith Ph. Hirsch & Söhne, A 12 Bd. 31 Nr. 31406 Veith Ph. Hirsch & Söhne; StaH, 231-7 Amtsgericht Hamburg – Handels- und Genossenschaftsregister, A 1 Bd. 45 Nr. 11010 Veith Ph. Hirsch & Söhne; StaH, 232-5 Amtsgericht Vormundschaftswesen, 714 Edgar Hirsch, 775 Willi Hirsch, 94 Eva Borchardt; StaH, 314-15 Oberfinanzpräsident, Abl. 1988-1 J 2-352 Edgar Hirsch, F 1063 Bella Hirsch, F 1076 Beatrice Hirsch-Reich, R 1938/2409 Edgar Hirsch; StaH, 332-5 Standesämter, Geburtsregister, 8973 u. 84/1883 Sieglinde Hirsch, 8986 u. 1765/1884 Gottfried Hirsch, 9002 u. 4246/1885 Walther Hirsch, 9002 u. 4247/1885 Willi Hirsch, 2148 u. 104/1887 Wolfram Hirsch, 2177 u. 2515/1888 Brünnhilde Hirsch, 9098 u. 1203/1894 Edgar Hirsch, 9121 u. 1081/1896 Ilse Hirsch, 9121 u. 1082/1896 Olga Hirsch, 9144 u. 1365/1898 Susanna Hirsch; StaH, 332-5 Standesämter, Heiratsregister, 2636 u. 915/1882 Siegfried Hirsch u. Caroline Schulz, 8806 u. 190/1926 Olga Hirsch u. Bruno Weichmann, 14508 u. 16/1935 Walther Hirsch u. Paula Förster; StaH, 332-5 Standesämter, Sterberegister, 7799 u. 3047/1884 Gottfried Hirsch, 8085 u. 156/1926 Sieglinde Hirsch, 8101 u. 77/1929 Hermine Hirsch, 8102 u. 54/1930 Siegfried Hirsch, 8136 u. 15/1935 Maximilian Hirsch, 8168 u. 82/1940 Wolfram Hirsch, 8243 u. 1018/1959 Walther Hirsch; StaH, 332-7 Staatsangehörigkeitsaufsicht, B III 2294 Siegfried Hirsch, B III 95654 Maximilian Hirsch; StaH, 351-11 Amt für Wiedergutmachung, 8148 Walther Hirsch, 10861 Dr. Beatrice Reich-Hirsch,16438 Brünnhilde Mielziner, 16439 Wyman Olga (fr. Weichmann), 16440 Susanne Lis, 16441 Ruth Hilton (fr. Hirsch), 28078 Paula Hirsch, geb. Förster, 46994 Karl Egon Neumann; StaH, 352-5 Gesundheitsbehörde, Todesbescheinigungen, 1926 Sta 3 Nr. 156 Sieglinde Hirsch, 1929 Sta 20a Nr. 77 Hermine Hirsch, 1930 Sta 3 Nr. 54 Siegfried Hirsch, 1935 Sta 20b Nr. 15 Maximilian Hirsch, 1940 Sta 2a Nr. 82 Wolfram Hirsch; StaH, 352-8/7 Staatskrankenanstalt Langenhorn, Abl.1999/01 (Kartei), Auskünfte Barbara Koschlig; StaH, 362-6/22 Oberschulbehörde, 2 Bertram-Schule; StaH, 376-2 Gewerbepolizei, Spz VIII, C 14 Nr. 3209 Siegfried Hirsch; StaH, 741-4 Fotoarchiv, K 2510 Hausmeldekartei Brombeerweg, K 3845 Zentralgewerbekartei Edgar Hirsch, Beatrice Hirsch, Marianne Hirsch, K 6261 Meldekartei Olga Hirsch; Standesamt Pinneberg, Sterberegister, Nr. 46/1897 Ilse Hirsch; Hamburger Adressbücher 1884–1943; Datenbankprojekt des Eduard-Duckesz-Fellow und der Hamburger Gesellschaft für jüdische Genealogie, Ohlsdorf 1896–1901, 1922–1930, 1931–1939, ZZ 12-2a, N 2-32, S 4-127, http://jüdischer-friedhof-altona.de/datenbank.html, eingesehen am: 12.2.2022; Archiv Friedhof Ohlsdorf, Beerdigungsregister, 1940 Nr. 1324, 1959 Nr. 5040, 1963 Nr. F 7337, Grabbrief Nr. 46717; Auskünfte Werner Heibertshausen, Arbeitsgemeinschaft Heimatgeschichte Allendorf, Lumda, Informationen, Zeitzeugenaussagen und Fotos; Auskünfte Dr. Andreas Heusler, Stadtarchiv München, Heiratsurkunde Nr. 1847/1893; Auskünfte Martin Kriwet, in conformity with the ITS Archives, Copy of 2.2.2.1/72595274/72595275/ 72595276, Bad Arolsen, 16.10.2014, Archivnr. 2247; Yad Vashem – Testimony; Rita Bake/Brita Reimers: So lebten Sie! Spazieren auf den Wegen von Frauen in Hamburgs Alt- und Neustadt, Hamburg 2003; Gesche M. Cordes: Stolpersteine und Angehörige in Hamburg, Herzogenrath 2012; Laura Dopheide: Geboren "in einem unglücklichen Jahre". Vera Gottier, eine Kindheit in Berlin-Spandau zur Zeit des Nationalsozialismus (Schriftenreihe der Jugendgeschichtswerkstatt Spandau, Bd. 5), Spandau 2013; Projektgruppe Gedenkwand: Dokumentation Gedenkwand St. Lukas Kirche, Hamburg 2002; Bruno und Flora Mielziner, in: Stolpersteine für Braunschweig, https://www.stolpersteine-fuer-braunschweig.de/namen/mielziner/, eingesehen am: 12.2.2022; Thomas Nowotny: Biographie Berthold Walter, http://www.stolpersteine-hamburg.de/?&MAIN_ID=7&r_name=Walter&r_strasse=&r_bezirk=&r_stteil=&r_sort=Nachname_AUF&recherche=recherche&submitter=suchen&BIO_ID=2029, eingesehen am: 12.2.2022; Margot Löhr: Biographie Marianne Hirsch, in: Ingo Wille: Transport in den Tod. Von Hamburg-Langenhorn in die Tötungsanstalt Brandenburg, Lebensbilder von 136 jüdischen Patientinnen und Patienten, Berlin 2017, S. 242–248, u. https://www.stolpersteine-hamburg.de/?&MAIN_ID=7&BIO_ID=4941, eingesehen am: 12.2.2022.
Herzlichen Dank an Vera Gottier und Magdalene Newman!
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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