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Bereits verlegte Stolpersteine



Rosa Heilbut (geborene Hanau) * 1876

Bogenstraße 27 (Eimsbüttel, Eimsbüttel)

1941 Riga

Weitere Stolpersteine in Bogenstraße 27:
Else Bernstein, Kätie Bernstein, Gertrud Hess, Siegfried Kleve, Erna Kleve

Rosa Heilbut, geb. Hanau, geb. am 1.1.1876 in Friedberg, deportiert am 6.12.1941 nach Riga

Bogenstraße 27

Rosa Heilbut wurde 1876 in Friedberg in Hessen als jüngstes von acht Kindern geboren. Ihre Eltern waren Georg Hanau und Bella, geb. Garde, die 1863 im Alter von zwanzig bzw. neunzehn Jahren geheiratet hatten. Der Vater Georg Hanau war Uhrmacher und betrieb ein Uhren- und Goldwarengeschäft auf der Kaiserstraße 10 in Friedberg. Die Familie war nicht unvermögend. Die Geschwister von Rosa hießen Ida (geb. 1864), Louis (geb. 1866), Jenny (geb. 1867), Franziska (geb. 1868), Simon (geb. 1869), Emmi (geb. 1871) und Betty Bertha (geb. 1873).

Rosa heiratete im Januar 1900 in Friedberg den Hamburger Juristen und Rechtsanwalt Dr. Salomon Heilbut (geb. 1866). Trauzeuge war der Hamburger Kaufmann Ludwig Ascher, ein Schwager von Rosa. Er hatte nämlich Rosas Schwester Ida geheiratet und dann in zweiter Ehe, nach Idas frühem Tod 1893, die Schwester Franziska. Ludwig Ascher verstarb schon 1903 in Hamburg. Franziska verließ nach dem Tod ihres Ehemannes die Hansestadt wieder.

Zehn Monate nach der Eheschließung von Rosa und Salomon wurde in Hamburg die erste Tochter Lotte geboren (geb. 8.11.1900), und vier Jahre später kam die zweite Tochter Anne Lise (geb. 3.7.1904) zur Welt. Die Familie wohnte in der Brahmsallee 18. Das Gebäude an der Ecke Hansastraße hat den Krieg überdauert. Vor diesem Haus liegen zwei Stolpersteine: ein Stein für Walter Hauptmann (geb. 1905) und einer für Siegmund Silberberg (geb. 1874). Heilbuts und Siegmund Silberberg waren eine Zeit lang Nachbarn. In den 1930er Jahren zog das Ehepaar Heilbut von der Brahmsallee in die Gluckstraße 2 in Barmbek-Süd. Vermutlich hatten sie die Wohnung in der Brahmsallee nicht freiwillig aufgegeben, sei es, dass sie als Juden das Haus verlassen mussten, sei es, dass Salomon Heilbut durch sein Berufsverbot die Miete nicht länger bezahlen konnte. Vermutlich seit 1938 wohnten Salomon und Rosa Heilbut in dem Haus der May-Stiftung in der Bogenstraße 25/27. Martin M. Heilbut war Vorsitzender der Z. H. May und Frau Stiftung. Vielleicht war er ein Verwandter von Salomon und Rosa Heilbut.

Beide Töchter heirateten Hamburger Ärzte. Lotte den Dr. med. Julius Cohn (geb. 1888 in Loitz/Pommern), der eine Praxis in der von-Essen-Straße 62 betrieb, und Anne Lise 1927 den Arzt Dr. med. Fritz Pagel (geb. 1894 in Soldin/Neumark), der in der Klosterallee 27 praktizierte. Lotte und Julius Cohn hatten eine Tochter Hilde, geboren im April 1928. Anne Lise und Fritz Pagels Tochter Marion wurde 1931 geboren. Beide Ehepaare emigrierten in die USA, Pagels im Jahr 1938 und Cohns ein Jahr später 1939. Die letzte Adresse von Cohns war in der Brahmsallee 26 bei Silbermanns. Da Salomon Heilbut im Januar 1939 verstarb, verlor Rosa Heilbut innerhalb kürzester Zeit alle ihre Familienangehörigen: den Ehemann, die beiden Töchter, die Schwiegersöhne und die zwei Enkeltöchter. Sie erhielt den Deportationsbefehl für den 6. Dezember 1941 nach Riga, wo sich ihre Spur verliert.

Die berufliche Existenz aller männlichen Familienmitglieder wurde durch die nationalsozialistischen Machthaber zerstört, da sowohl jüdische Anwälte als auch jüdische Ärzte nicht mehr praktizieren durften. Julius Cohn war in besonderem Maße von der Verfolgung betroffen: Von August 1934 bis Februar 1935 saß er in Untersuchungshaft wegen unterstellter Abtreibung. Die Vorwürfe erwiesen sich als völlig haltlos. Im Februar 1935 wurde er mangels ausreichender Beweise freigesprochen. Die Anschuldigungen und die Haft belasteten ihn aber stark, und er blieb nach dieser Zeit ein kranker Mann. Bereits im November 1944 verstarb er in Chicago an einem Schlaganfall.

Von Rosas Bruder Simon (geb. 1869) ist bekannt, dass er in Amerika gestorben ist. Im Gedenkbuch sind keine Schwester und kein Bruder von Rosa Heilbut verzeichnet. Es kann sein, dass keines der Geschwister die Zeit der Verfolgung überhaupt erlebt hat. Möglich ist aber auch, dass allen oder einigen die Emigration gelang.

© Susanne Lohmeyer

Quellen: 1; 4; 5; 8; StaH 351-11 AfW, 1045, 2900 und 10287; StaH 351-11 AfW, AZ 030704 Pagel Anne-Lise; Geburts- und Heiratsurkunden Stadtarchiv Friedberg; Heiko Morisse, Jüdische Rechtsanwälte, S. 134; HAB II 1937; HAB IV 1928; Anna v. Villiez, Mit aller Kraft verdrängt; K. C. Blätter, Jahrgang 21, Nachr. Heft 10, Oktober 1931; Rechercheergebnisse von Brigitte Diersch, Friedberg.

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