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Rudolf Stender
© U. Hochmuth

Rudolf Stender * 1899

Gertigstraße 56 (Hamburg-Nord, Winterhude)

Inhaftiert 1944
Tot 18.05.1945 an den Haftfolgen

Weitere Stolpersteine in Gertigstraße 56:
Ernst Stender

Ernst Gustav Ludwig Stender, geb. 13. 4.1901 in Hamburg, ertrunken am 7.10.1943 bei Kriegseinsatz eines "Bewährungsbataillons"
Rudolf Friedrich Franz Stender, geb. 26.12.1899 in Hamburg, gestorben am 18.5.1945 im Zuchthaus Bützow-Dreibergen

Vom Tod des Kommunisten Ernst Stender bei der Versenkung des Minenlegers "Olympos" in der Ägäis erfuhr seine Familie durch eine knappe Mitteilung des Hamburger Oberlandesgerichts. Dieses schrieb, er habe "durch seinen Heldentod die volle Wehrwürdigkeit wiedererlangt". Wie ca. 34000 andere Männer, die wegen ihrer politischen Vorstrafen, aber auch als Kriminelle oder religiös Verfolgte als "bedingt wehrunwürdig" eingestuft worden waren, wurde er 1942/43 eingezogen und in die "Bewährungs-" bzw. "Strafdivision 999" gezwungen. Wie viele andere politisch Verfolgte fiel er in einem Krieg, den er politisch immer bekämpft hatte.

Ernst Stender wuchs mit seinen vier Geschwistern in einem sozialdemokratischen Elternhaus auf. Er kam als zweitältester Sohn von Karl Rudolf Stender und seiner Frau Auguste Louise, geb. Meyer, am 13.4.1901 zur Welt – kaum anderthalb Jahre nach seinem Bruder Rudolf (geb. 26.12.1899). Es folgten Hans 1903, Charlotte 1906 und der jüngste Bruder Werner am 21.12.1915. Die Familie wohnte in der Gertigstraße 56 im Hochparterre rechts. Direkt darunter, im Souterrain, befand sich die Schusterwerkstatt des Vaters. Im Ersten Weltkrieg musste die Mutter die Kinder alleine versorgen und war darauf angewiesen, auf dem Land Schuhe gegen Naturalien einzutauschen. Nach dem Weltkrieg wandelte der Vater den Laden in ein Zigarrengeschäft um.

Ernst Stender ging in der Barmbeker Straße zur Volksschule und erhielt Violinenunterricht. Bei der Firma Heidenreich & Harbeck am Wiesendamm erlernte er den Beruf des Drehers. 1918 schloss er sich wie Rudolf der Freien Proletarischen Jugend an; 1922 trat er in die KPD ein und wurde Betriebszellenleiter in seiner Firma. Wegen Teilnahme an einer Versammlung der damals verbotenen KPD wurde er im Juli 1924 zu einer Geldstrafe verurteilt. 1923 heiratete Ernst Stender seine Jugendgenossin Anna Ketelhohn. Vier Jahre später wurde ihre Tochter Gretel geboren.

In der Familie wurde viel musiziert, wie Ernsts jüngerer Bruder Werner erzählte: Ernst, Rudolf und Hans spielten Violine und Mandoline, Ernsts Frau Anna Gitarre und sang Volkslieder. Gemeinsam gehörten sie einem Chor an. Zur Silberhochzeit der Eltern 1925 wurde ein Teil der Gertigstraße gesperrt, weil Musikanten auf der Straße für sie aufspielten. Durch das geöffnete Wohnzimmerfenster konnten die Jubilare das Spektakel verfolgen. Hinterher "standen alle Schlange, um mit den Eltern anzustoßen." Ab 1933 wohnte Ernst Stender mit seiner Familie am Rübenkamp 24.

1932 übernahm er eine Funktion im "militärpolitischen Apparat" der KPD Hamburg, dem Roten Frontkämpferbund (RFB). Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten arbeitete er unter dem Decknamen "Gerd" in der Illegalen KPD weiter. Im Sommer 1933 beteiligte er sich an der "illegalen Einfuhr und Weitergabe im Ausland hergestellter Druckschriften", u. a. der "Baseler Rundschau" und der "Kommunistischen Internationale". Ende November geriet er der Gestapo in die Hände und wurde im KolaFu, später im Zuchthaus Fuhlsbüttel inhaftiert. Das Hamburger Oberlandesgericht verurteilte ihn am 24. Oktober 1934 wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" zu drei Jahren Zuchthaus, die er in Fuhlsbüttel verbüßen musste.

Beinahe zur selben Zeit saß sein jugendlicher Bruder Werner in Hahnöfersand seine zweieinhalbjährige Gefängnisstrafe ab. Sein ältester Bruder Rudolf befand sich zu dieser Zeit bereits in Moskau im Exil. Dem Vater warf man indessen vor, die Söhne unterstützt zu haben. Da sie Staatsfeinde seien, würde das Geschäft genauso boykottiert wie jüdische Geschäfte. Die Gestapo terrorisierte die Familie durch nächtliche Haussuchungen und schüchterte die Kundschaft ein, so dass selbst Stammkunden aus Angst vor Repressalien nicht mehr dort einzukaufen wagten. 1935 war die Familie gezwungen, das Zigarrengeschäft weit unter Wert zu verkaufen, was Karl Rudolf Stender an den Rand des Selbstmordes trieb. Er musste sich an die Fürsorge wenden. Ein Freund verhalf ihm schließlich 1937 zu einer niedrig entlohnten Anstellung bei Heidenreich & Harbeck. Tochter Gretel erinnert sich, dass die Familie während der Haft ihres Vaters Ernst Stender gezwungen war, ein Zimmer zu vermieten: "Ich musste immer leise sprechen und wurde ermahnt, bei eventuellen Befragungen nichts zu wissen. So lernte ich früh, dass man alles denken, aber nicht alles sagen darf."

Nach seiner Haftentlassung im Mai 1937 wurde Ernst Stender in der Maschinenfabrik F. H. Schule am Hammerdeich Arbeit zugewiesen.

Nach Schilderungen seiner zweiten Frau war das Haar des 37-Jährigen inzwischen "völlig gebleicht". Wie sie 1945 dem Amt für Wiedergutmachung berichtete, hatte seine herzkranke Frau Anna gesundheitlich sehr unter den Schikanen der Verfolger gelitten. So war sie z. B. zum Verhör vorgeladen worden und hatte vor der Tür anhören müssen, wie die Männer geschlagen und misshandelt wurden. Dann habe sie nacheinander die Mitteilungen erhalten, ihr Mann sei erschossen, nach Berlin transportiert und schließlich, er sei zum Tode verurteilt worden. Anna Stender musste längere Zeit im Krankenhaus behandelt werden bzw. war zu Hause bettlägerig; Tochter Gretel wurde zeitweise bei Verwandten untergebracht.

Nach den ersten Bombenangriffen auf Hamburg zog die Familie 1941 in die Amselstraße 9 (Nähe Krankenhaus Eilbek) in eine Wohnung im Hochparterre, um der herzkranken Anna Stender zu ermöglichen, den Luftschutzkeller aufzusuchen. Sie starb Ende 1942.

Im Mai 1943 heiratete Ernst Stender Auguste Wandschneider. Sie wurde wegen der Haftstrafe ihres Mannes aus ihrem Angestelltenverhältnis bei der Sozialverwaltung entlassen.

Ernst Stender war nach dem Wehrgesetz von 1935 wie andere politisch Vorbestrafte für "wehrunwürdig" erklärt worden. Nach den Verlusten im Russlandfeldzug im Winter 1941/42 entschied das Oberkommando der Wehrmacht im Oktober 1942, die ausgeschlossenen Soldaten in sogenannte Bewährungsbataillone einzuziehen. Ernst Stender war zuvor mehrfach aufgefordert worden, einen Antrag auf Wiedererlangung der Wehrwürdigkeit zu stellen, was er verweigert hatte. Da er in einem Rüstungsbetrieb arbeitete, wurde seine Einberufung eine Zeit lang zurückgestellt. Ende Juni 1943 wurde er zum Bewährungsbataillon 999 eingezogen. Er kam nach Blumberg in Baden zur Ausbildung.

Bei den Großangriffen auf Hamburg im Juli 1943 verloren Stenders die Wohnung und zogen in ihre Gartenlaube in der Schrebergartenkolonie Steilshoop. Ernst Stender erhielt zwei Tage Sonderurlaub, um Frau und Tochter zu besuchen.

Das 3. Festungs-Infanterie Bataillon IX 999, dem er nun angehörte, wurde nach Griechenland verlegt. Ernst Stenders Einheit wurde am 6. Oktober 1943 in Piräus auf den Minenleger "Olympos" und sechs Marinefährprähmen (= Transportschiffe) eingeschifft. Ziel war die Insel Kos. "Unter den Soldaten der ‚Bewährungs’-Bataillone hatte es sich herumgesprochen, dass sie an die gefährlichsten Kriegsplätze zum Einsatz kamen, sie sollten ja nicht überleben", berichtete seine Tochter Gretel später.

Der Geleitzug wurde, mit Ausnahme einer einzigen Prähme, am 7. Oktober 1943 von britischen Kriegsschiffen versenkt. Der tote Ernst Stender wurde vor Kreta angeschwemmt. Als einziger trug er seine Jacke, in der sein Soldbuch steckte. So konnte er identifiziert werden. Der Soldat, der ihn gefunden hatte, schickte einen Beileidsbrief an die Witwe Auguste Stender. Er ist mit anderen Dokumenten in der Ehrenhain-Dokumentation "Niemand und nichts wird vergessen" abgedruckt.

Ernst Stenders Grab auf Kreta konnte nie gefunden werden. Auf Antrag seiner Tochter Gretel und seines Bruders Werner wurde am 10. April 2005 im Ehrenhain auf dem Ohlsdorfer Friedhof sein Name der Grabplatte von Rudolf Stender hinzugefügt.

Rudolf Stender war wie sein Bruder Ernst politisch engagiert. Bereits mit 14 Jahren gehörte er der Sozialdemokratischen Jugend an. Er erlernte in der Semperstraße bei der Firma Maihak das Dreherhandwerk. Von 1917 bis Frühjahr 1918 war er als Soldat im Ersten Welt- krieg, anschließend fand er Arbeit bei Blohm & Voss. Er schloss sich der Freien Proletarischen Jugend an und wurde Mitglied der USPD. 1920 trat Rudolf Stender mit großen Teilen der USPD zur KPD über. Er war als Zellenkassierer und später Zellenleiter aktiv.

Als Rudolf Stender 1921 von der Firma Maihak entlassen wurde, fand er vorübergehend im Ruhrgebiet Arbeit in einer Metallhütte.

1923 kehrte er nach Hamburg zurück. Im Januar des Jahres waren französische und belgische Truppen im Ruhrgebiet einmarschiert, um Frankreichs Reparationsansprüche vom Ersten Weltkrieg durchzusetzen, was zum "Ruhrkampf" führte. Durch die galoppierende Inflation wuchs die Not der Menschen in ganz Deutschland. Nach Massenstreiks und Arbeiterunruhen im Hamburger Hafen wurde im August 1923 der Ausnahmezustand verhängt. Die Kommunisten hatten zum Generalstreik aufgerufen. Auf dem Höhepunkt der Inflation wurde im September reichsweit der "Belagerungszustand" verhängt.

Vom 23. bis 25. Oktober riefen die Kommunisten den sogenannten Hamburger Aufstand aus, dem die Arbeiter mehrheitlich nicht folgten und den die Polizei in kurzer Zeit niederschlug. Rudolfs Bruder Werner erinnert sich, dass die Polizei die Wohnung erfolglos durchsuchte. Rudolf Stender wurde verhaftet und 1924 "wegen Betätigung in einer verbotenen Partei" zu einer Strafe von 400 RM verurteilt.

Ab 1925 gehörte Rudolf Stender dem "Roten Frontkämpferbund" (RFB) an; 1926 wurde er dessen Leiter in Barmbek. In das Jahr 1925 fiel auch seine Heirat mit Käthe Michaelsen. Rudolf Stender zog zu ihr in die Semperstraße 59. Der gemeinsame Sohn Rudolf, Rudi genannt, wurde 1926 geboren. Die Ehe wurde nach 1933 geschieden.

In den Jahren der Weltwirtschaftskrise war Rudolf Stender immer wieder arbeitslos, auch aufgrund seiner politischen Aktivitäten. Anstoß nahm man u. a. daran, dass er als Delegierter für die KPD in die UdSSR reiste. 1930 wurde er wegen einer Rede vor dem Karstadt-Gebäude verhaftet und "wegen Hausfriedensbruchs und groben Unfugs" mit einem Monat Gefängnis bestraft. Nach seiner Haftentlassung arbeitete er bis 1933 als Bote bei der sowjetischen Handelsvertretung Derutra. Seit seiner Jugend gewerkschaftlich organisiert, wurde er dort Betriebsratsvorsitzender. Im RFB übernahm er 1932 weitere Leitungsaufgaben.

Auch als die KPD nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 offen verfolgt wurde, waren Rudolf und seine Brüder Ernst und Werner in der Illegalen KPD in Hamburg aktiv. Rudolf Stender wurde von der Staatspolizei gesucht; ihm wurde u. a. vorgeworfen, an der Herstellung kommunistischer Zeitungen mitgewirkt zu haben. Um seine Verhaftung zu verhindern, schmuggelten Freunde ihn im Sommer 1933 auf einem Dampfer mit Ziel Odessa außer Landes.

Die nächsten Jahre lebte und arbeitete er in und um Moskau. An der internationalen West-Universität besuchte er Kurse für Physik, Chemie, Geschichte und Politik. In dieser Zeit stand er – unter falschem Namen – mit seiner Familie in Briefkontakt.

Ende 1936 ging er nach Spanien, um sich den Internationalen Brigaden im Kampf gegen die Truppen General Francos anzuschließen. Als Mitglied der XI. Brigade war er u. a. an der Schlacht am Ebro beteiligt und erlitt bei der Verteidigung Madrids einen Halsdurchschuss.

Währenddessen suchte die Gestapo vergeblich nach Rudolf Stender; sein Name stand auf der Sonderfahndungsliste UdSSR. Zum Schutz vor Entdeckung lebte er mit falschen Papieren unter dem Decknamen "Siegmund Nielsen". Im Dezember 1938 erkannte das Deutsche Reich ihm die Staatsangehörigkeit ab.

Rudolfs jüngster Bruder Werner war 1934 verhaftet worden und hatte wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" eine zweieinhalbjährige Gefängnisstrafe abgesessen. Danach war ihm die Flucht in die Tschechoslowakei geglückt. Von dort konnte er über eine Kontaktadresse in Moskau Kontakt zu Rudolf in Spanien aufnehmen. Sie schrieben sich oft und Rudolf schickte Fotos. Als Werner nach dem Einmarsch der deutschen Truppen Anfang 1939 fliehen musste, blieb der gesamte Briefwechsel zurück. Ihm glückte die Flucht nach England, von wo aus er die Verbindung wieder aufnehmen konnte. Die Briefe, die Rudolf Stender bis 1940 aus verschiedenen Internierungslagern in Frankreich an seinen Bruder sandte, sind erhalten geblieben. In ihnen schilderte er u. a., wie er mit seiner Einheit auf dem Rückzug am 8. Februar 1939 die Pyrenäen überquerte und nach St. Cyprien bei Perpignan kam, wo sie unter freiem Himmel campieren mussten, bis sie die Möglichkeit erhielten, Hütten zu errichten.

Werner versuchte Rudolf finanziell zu unterstützen und – erfolglos – seine Freilassung zu erwirken. Auch wenn seine Briefe Zuversicht ausstrahlen, blieb die ständige Anspannung: "Die Agenten haben unter ihren Leuten erklärt, dass ich der nächste sein werde der verhaftet wird. Nun gut ich bin gefasst, der Kampf gegen die Gestapo geht weiter so lange ich kann." (30. Mai 1939)

In seinem Brief vom 23. Mai 1939 beschrieb er das Leben im Lager wie folgt (Rechtschreibung wie im Original):

"Wir haben sofort nach unserer Einsperrung begonnen mit der Kulturarbeit.
Wir gründeten
1) Sportzirkel. Volleyball, Freiübungen, Schach. Fußball können wir nicht spielen, weil zwischen den Barracken kein Platz vorhanden ist.
2) wurden Sprachkurse organisiert in ca 10 verschiedenen Sprachen.
3) Kurse für Mathematik Geografie
4) werden Vorträge über die verschiedensten Fragen gehalten
5) ein Gesangverein und eine Musikkapelle (Die Instrumente brachten wir noch aus Spanien mit) erfreuen uns manchen Tag.
6) Des Abends werden Unterhaltungs Abende organisiert und geben Abwechslung aus dem täglichen einerlei.
7) Die Jugend ist als freie deutsche Jugend zusammengefasst und macht ihre Veranstaltungen …

… Du kannst also sehen das wir nie den Kopf hängen lassen sondern auch in schwierigen Situationen unsere Kulturarbeit durchführen. Auch die französische Lagerleitung hat schon eingesehen das die Interbrigaden keine Räuberbanden sind sondern Kulturmenschen."


Mit Kriegsbeginn im September 1939 wurde Rudolf Stender in das "Camp de Vernet" verlegt, wo erheblich schlechtere Bedingungen herrschten und die Zensur den Kontakt zur Familie erschwerte. Nach dem Waffenstillstand mit Frankreich Mitte 1940 übernahmen der deutsche Sicherheitsdienst und die SS die oberste Kontrolle über die französischen Internierungslager, auch im nicht besetzten Teil Frankreichs. Am 17. Dezember 1941 nahm die Vichy-Polizei Rudolf Stender alias "Siegmund Nielsen" fest und brachte ihn in das geheime Gefängnis für politische Gefangene in Castres. Erst nachdem die Wehrmacht auch Südfrankreich besetzt hatte, konnte die Gestapo seine wahre Identität ermitteln. So wurde er im Frühjahr 1943 nach Hamburg gebracht, wo er ab Ende Mai im Gestapogefängnis Fuhlsbüttel festgehalten wurde. Seine Mutter erhielt Nachricht von ihm, und er erfuhr vom Tode seines Bruders Ernst. Sein Sohn Rudi, inzwischen 18 Jahre alt, konnte ihn in der Untersuchungshaft am Holstenglacis besuchen.

Am 23. Oktober 1944 verurteilte das Hamburger Oberlandesgericht Rudolf Stender zu fünf Jahren Zuchthaus wegen "fortgesetzter Vorbereitung zum Hochverrat"; laut Gerichtsakten bezogen sich die Vorwürfe auf die Zeit von 1933 bis 1936. Bevor er seine Haft antreten musste, konnte er seine Schwester und seine frühere Frau noch einmal sehen. Im Zuchthaus Celle durfte er nur alle sechs Monate einen Brief empfangen, u. a. erfuhr er dort von der Kriegsverletzung seines Sohnes. Im Rüstungsbetrieb der Trilka-Werke musste er Zwangsarbeit leisten.

Beim Vorrücken der Alliierten 1945 wurden vom 8. April an über 200 Häftlinge in Güterwaggons nach Mecklenburg transportiert. Viele starben auf der fünf Tage währenden Fahrt ohne Nahrung und ärztliche Hilfe. Rudolf Stender selbst erreichte völlig entkräftet die Strafanstalt Bützow-Dreibergen. Sein Sohn Rudi schilderte dem Amt für Wiedergutmachung, dass der Vater die Befreiung durch die sowjetischen Truppen am 3. Mai 1945 aufgrund der erlittenen Misshandlungen nicht mehr bewusst hatte erleben können. Rudolf Stender starb am 18. Mai 1945 im Krankenhaus, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben.

Am 12. September 1948 wurde seine Urne im Ehrenhain der Hamburger Widerstandskämpfer auf dem Ohlsdorfer Friedhof beigesetzt.

Sein Bruder Werner heiratete seine Fluchthelferin Joan Walton und lebt hochbetagt in England. Als 88-jähriger besuchte er Hamburg, um mit vielen Angehörigen der Stender-Familie am 12. September 2004 an der VVN-Veranstaltung zum "Gedenktag für die Opfer von Faschismus und Krieg" teilzunehmen. Seine Kinder Ruth Barriff und Paul Stender kamen zur Einweihung der Stolpersteine im Mai 2006 erneut nach Hamburg. Ruth arbeitet an einem Buch über die drei Brüder Rudolf, Ernst und Werner Stender.

© Christine Meier

Quellen: AfW 130401; AfW 1604 26/12; AfW W 5 - 2903 74/12; Persönliche Informationen von Werner Stender, Ruth Barriff und Gretel Witt, Familienarchiv; Ursel Hochmuth, Niemand und nichts wird vergessen – Biogramme und Briefe Hamburger Widerstandskämpfer 1933–1945, Eine Ehrenhain-Dokumentation in Text und Bild, Hamburg 2005, S. 78–81, 126ff; Familienarchiv.

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