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Bereits verlegte Stolpersteine



Porträt Emma Tarnowski
Emma Tarnowski, aufgenommen bei der Einwanderung nach Belgien 1938
© National Archive of Belgium, Foreigners’ Filenr. A305.307

Emma Tarnowski (geborene Glück) * 1907

Brahmsallee 11 (Eimsbüttel, Harvestehude)

Auschwitz
ermordet

Weitere Stolpersteine in Brahmsallee 11:
Bertha Alexander, Hertha Coutinho, Rosa Müllner

Emma (Emmi) Tarnowski, geb. Glück, geb. am 20.6.1907 in Altona, verhaftet in Belgien am 10.8.1943, deportiert am 20.9.1943 nach Auschwitz, dort ermordet

Brahmsallee 11

Emmas Eltern Bernhard (genannt "Berl") (geb. 1868 in Krakowen/Galizien) und Hilda Glück, geb. Mahler (geb. 1878 in Hamburg), heirateten im September 1905 in Hamburg. Bernhard Glück verdiente den Lebensunterhalt als "Geschäftsreisender". Hilda hatte bis zu ihrer Heirat bei ihren Eltern Moses Joseph und Cerline Mahler, geb. Schlesinger, am Gänsemarkt 12 in Hamburg gelebt. Ihre ältere Schwester Jenny war am 8.2.1906 im damals preußischen Altona zur Welt gekommen. Die beiden Mädchen blieben nicht die einzigen Kinder: Siegmund (geb. 15.8.1909), Paul (geb. 19.4.1911), die Schwestern Ruth (geb. 22.10.1913) und Edith (geb. 20.8.1915, gestorben am 7.10.1917), vervollständigten die Familie Glück.

Sie lebte in der Paulinenallee 18 in Altona. Ein Umzug im Jahr 1915 in die Parallelstraße 13 (seit 1950 "Eifflerstraße", Ortsteil Sternschanze) bot der Familie ein neues Zuhause.

Emma Glück besuchte, wie vermutlich auch ihre Schwestern Jenny und Ruth, die Israelitische Höhere Töchterschule in der Karolinenstraße in Hamburg. Eine achtzehnmonatige Ausbildung im Staatlichen Fröbelseminar, Bundesstraße 41, schloss Emma mit der erfolgreichen Prüfung zur Kindergärtnerin ab. Weitere berufliche Stationen sind nicht bekannt.

Auch ihr zukünftiger Ehemann Bernhard Tarnowski (geb. 31.7.1910 in Hannover) stammte mit sechs weiteren Geschwistern aus einer kinderreichen jüdischen Familie: Seine Eltern Joseph (geb. 1879 in Kszias/Niederschlesien) und Genia Tarnowski, geb. Weiszmann (geb. 1878 in Olkusz, nahe Krakau, heute Woiwoschaft Kleinpolen), hatten Ende Dezember 1898 in Olkusz sehr jung geheiratet. Mit den dort geborenen Kindern Abram Wolf (geb. 25.3.1900), Paula (geb. 22.4.1905) und Israel (geb. 24.11.1908) übersiedelte die Familie 1909 nach Hannover. Bernhard, von dem im Folgenden hauptsächlich die Rede sein wird, kam dort als viertes Kind zur Welt. Bereits zwei Monate später verließ die Familie Hannover, um sich endgültig in Altona niederzulassen. Hier wurden die Geschwister David (geb. 16.5.1913), Regina (geb. 22.7.1914) und Benno (geb. 8.6.1920) geboren. Die Friedensstraße 32 in Altona wurde zur langjährigen Familienadresse.

Der Vater Joseph Tarnowski arbeitete als Händler und später als Buchdrucker. Den Meldeunterlagen ist zu entnehmen, dass er aus uns unbekannten Gründen zwischen August 1923 und Februar 1924 im Gerichtsgefängnis Altona inhaftiert war. Aus der Jüdischen Gemeinde trat er am 30. August 1925 aus. Als Grund gab er "Fortzug nach Danzig" an. Er hatte sich also von der Familie getrennt. Über sein weiteres Schicksal ist nur bekannt, dass er am 30. Juni 1941 im deutsch besetzten Warschau verstorben sein soll.
Bernhard trat nach seinem Schulabschluss an der Talmud Tora Schule im Jahr 1926 eine kaufmännische Lehre bei der Rohprodukten-Großhandlung Alfonso Hagedorn in der Mattentwiete 10 an. Dort blieb er nach Abschluss seiner Ausbildung und erhielt 1930 Prokura. Sein kaufmännisches Können wollte er jedoch in einer eigenen Firma unter Beweis stellen und gründete am 1. April 1932 die "Haare- und Woll-Großhandlung Bernhard Tarnowski" in der Schaarsteinwegsbrücke 2. Zu diesem Zeitpunkt lebte er noch bei seiner Mutter in der Friedenstraße 32.

Wo und wann er Emma Glück kennenlernte, wissen wir nicht. Die beiden heirateten am 9. Juni 1933 und bezogen etwa drei Wochen später in Hamburg, Altonaer Straße 68 II ihre erste gemeinsame Wohnung. Es folgten Umzüge in den Kleinen Schäferkamp 33 und die Fröbelstraße 8, bis sie im Mai 1936 in der Brahmsallee 11 im 1. Stock ein passendes Quartier fanden. Dort sollte sich die bald vierköpfige Familie zu Hause fühlen. Am 26.5.1935 wurde der Sohn Ralph geboren, die Tochter Ruth kam am 3.6.1937 zur Welt.

Zu diesem Zeitpunkt verschärften sich die Maßnahmen gegen die jüdische Bevölkerung, besonders auch gegen selbstständige Gewerbetreibende. Bernhard Tarnowskis Branche, der Rohproduktenhandel (hier der Handel mit Wolle), geriet in den Focus der Hamburger Devisenstelle. Die Überwachungsstelle für Wolle zwang einige jüdische Händler, so der Historiker Frank Bajohr, wegen des Verdachts der Preisüberschreitung ihre Warenlager zu einem festgelegten Preis zu verkaufen. Als Reaktion auf diese und weitere Zwangsmaßnahmen flüchteten etliche Händler ins Ausland.

Auch Bernhard Tarnowski gab die Firma in Hamburg auf und suchte im Ausland Sicherheit für sich und seine Familie. Im März 1938 verließen Emma und Bernhard Tarnowski mit den Kindern die Brahmsallee 11 in Richtung Belgien, wo sie am 15.März 1938 eintrafen.

Emmas Vater, Bernhard Glück, erlebte noch die Geburt der beiden Enkelkinder und die Auswanderung seiner Tochter Emma. Er starb im April 1938, fast 70-jährig, in Hamburg.

In Antwerpen fand Bernhard bereits bei der Vorbereitung seiner Emigration eine Anstellung bei der ehemals in Hamburg ansässigen Firma Kleve & Warisch, die ihren Firmensitz schon 1935 nach Antwerpen verlegt hatte. Er konnte in seinem Arbeitsbereich bleiben: Ihm wurde der Aufbau einer Abteilung übertragen, die sich besonders "dem Handel mit Tierkörperhaaren, Ziegenhaaren und groben Wollen widmen soll".

Die Familie fand Wohnung und Auskommen in Antwerpen, bis die deutschen Truppen im Westfeldzug 1940 Frankreich, Belgien, Luxemburg und die Niederlande überfielen. Zum Zeitpunkt des Überfalls auf Belgien lebten dort ungefähr 90.000 Juden, die im Wesentlichen in den vier großen Städten Antwerpen, Brüssel, Lüttich und Charleroi wohnten. Etwa 30.000 von ihnen kamen als Flüchtlinge aus dem Deutschen Reich. Nach dem Einmarsch deutscher Truppen flüchteten Tausende Juden nach Frankreich, darüber hinaus wurden in aller Eile noch etwa 8000 Juden, überwiegend Flüchtlinge aus dem Deutschen Reich, nach dorthin abgeschoben.

Bernhard Tarnowski wurde am 12. Mai 1940 in Antwerpen verhaftet und ins Gefängnis der Stadt Orleans in Frankreich gebracht. Von dort aus wurde er für kurze Zeit in das Gefängnis von Montargis, einem kleinen Ort im Departement Loiret, ca. 120 km südlich von Paris, überstellt. Es folgte eine Lagerodyssee, deren nächste Station St. Cyprien war. In diesem Lager, nahe der südfranzösischen Stadt Perpignan, wurden ab Mai 1940 die von der belgischen Militärbesatzung nach Frankreich ausgewiesenen Menschen interniert, meist Deutsche, die vor der NS-Herrschaft nach Belgien geflohen waren. Wegen unhaltbarer Zustände wurde das Lager im Oktober 1940 aufgelöst und die dort noch Internierten, meist Juden, ins Lager Camp de Gurs verschleppt; so auch Bernhard Tarnowski, der dort bis zum 11. Juli 1941 aushalten musste. Das Lager zeichnete sich ebenfalls durch katastrophale hygienische Mängel aus, die Häftlinge erhielten nur unzureichende Kleidung und wenig Nahrung, was zu Krankheiten und Seuchen führte, an denen viele Insassen starben. Bernhard Tarnowskis letzter Aufenthaltsort war ein "Lager" in Idron, im Département Pyrénées-Atlantiques nahe Pau, wie er selbst es bezeichnete. Vermutlich war damit das Schloss Idron (Maison de Retraite Idron) gemeint, in dem Lagerinsassen aus dem Camp de Gurs einen "Genesungsurlaub" nach einer Erkrankung verbringen konnten. Die Genesenden wurden bewacht, hatten aber im Gegensatz zum Lageralltag im Camp de Gurs erträgliche Lebensbedingungen. Von Idron aus gelang ihm Mitte Januar 1942 die Flucht nach Belgien. Die näheren Umstände sind nicht bekannt.

In Brüssel, wohin Emma und die Kinder zwischenzeitlich gezogen waren, traf sich die Familie nach achtzehnmonatiger Gefängnis- und Lager-Tortur des Vaters und Ehemannes endlich wieder. Vermutlich hatten sie in dieser Zeit Briefkontakt halten können.

Später beschrieb Bernhard Tarnowski, wie sich im Juni 1942 die Maßnahmen der Judenverfolgung durch die deutschen Besatzer verschärften. So wurden beispielsweise Tausende jüdische Männer und Frauen gezwungen, für die Organisation Todt zu arbeiten. Die Organisation Todt wurde u.a. zur Errichtung des sogenannten Westwalls als befestigtes Sperrwerk entlang der deutsch-französischen Grenze eingesetzt.

Ab Juli 1942 erhielt Belgien die ersten Deportationsquoten zugeteilt und ein Durchgangslager, die Dossin Kazerne in Mechelen, wurde eingerichtet.

Ein zusätzliches Stigma für die Juden war die Auflage, in der Öffentlichkeit einen "Judenstern" zu tragen. Deshalb entschlossen sich Emma und Bernhard Tarnowski schweren Herzens, die 7 und 5 Jahre alten Kinder bei "belgischen Personen" in Sicherheit zu bringen.

Am 4. August 1942 liefen die Deportationen an, bei denen allein im August 1942 in sechs Transporten fast 6000 Juden nach Auschwitz verschleppt wurden.

Emma und Bernhard Tarnowski entzogen sich dem zunächst durch ein Leben im Untergrund. Offenbar verfügten sie in Brüssel über ein Netzwerk, das es ihnen erlaubte, sich für etwa zwölf Monate unerkannt an verschiedenen Orten zu verstecken. Sie hausten in Kellerräumen, Garagen und Dachstuben, den Häschern der Gestapo immer einen Schritt voraus.

Der 10. August 1943 wurde zum Schicksalstag für Emma Tarnowski: Sie musste das Versteck kurzzeitig verlassen, um Lebensmittel zu besorgen, wurde entdeckt und auf offener Straße verhaftet. Noch am gleichen Tag lieferte die Gestapo sie im Durchgangslager Dossin Kazerne in Mechelen ein, wo sie als Häftling Nummer 165 registriert wurde.

Am 20. September 1943 verließ sie im Deportationszug mit über 1400 weiteren Juden Mechelen in Richtung Auschwitz, wo der Zug am 22. September 1943 eintraf. Der Tag ihrer Ermordung ist nicht dokumentiert. Sie wurde nur 36 Jahre alt.

Bernhard Tarnowski war nun auf sich allein gestellt. Es gelang ihm, sich versteckt zu halten, sodass er die Befreiung Belgiens durch die alliierten Truppen am 3. September 1944 erlebte. Nach Kriegsende blieb er in Brüssel und engagierte sich als Dolmetscher bei der britischen Militärbehörde. Später machte er sich erneut selbstständig als "Administrateur délégué", also Geschäftsführer seiner eigenen Firma "Im- und Export von Tierhaaren". Bernhard Tarnowski starb 1987 in Brüssel. Die Kinder Ralph und Ruth überlebten ebenfalls. Über ihr weiteres Leben haben wir keine Informationen. Wir wissen nur, dass sie Ende der 1950er-Jahre noch mit ihrem Vater in Brüssel gemeldet waren.

Bernhard Tarnowski und die Kinder hatten nicht nur den Verlust der Ehefrau und Mutter zu beklagen. Neun weitere Mitglieder der Familien Glück und Tarnowski überlebten den Holo­caust nicht. Die übrige Familie wurde in alle Welt zerstreut.

Über Emma Tarnowskis Geschwister Jenny, Siegmund, Paul und Ruth wissen wir Folgendes:
Die ledige Jenny Glück (geb. 8.2.1906) hatte in Hamburg als Kontoristin gearbeitet und in der Schäferkampsallee 61 bei Behr gelebt. Sie wurde im Rahmen der "Polen-Aktion" am 28.Oktober 1938 an die deutsch-polnische Grenze nach Bentschen/Zbaszyn abgeschoben. An der deutsch-polnischen Grenze fristeten die Vertriebenen ein menschenunwürdiges Dasein in einem provisorisch eingerichteten Lager. Nach dessen Auflösung im Sommer 1939 kehrte Jenny nach Hamburg zurück, floh von dort aus nach England und im Dezember 1947 in die USA. 1953 erhielt sie die amerikanische Staatsbürgerschaft. Jenny Glück starb in New Jersey, USA, am 11. Juli 1997.
Die Familie Siegmund (geb. 15.8.1909), Hildegard, geb. Oppenheim (geb. 26.3.1912) und Sohn Bernhard Glück (geb. 5.8.1938) wurde auseinandergerissen: Mutter und Sohn erhielten den Deportationsbefehl von Hamburg in das Getto Lodz für den 25. Oktober 1941. Sie wurden am 12. Mai 1942 in der Vernichtungsstätte Chelmno in Gaswagen ermordet. Siegfried Glück war 1939/1940 in die Konzentrationslager Fuhlsbüttel und Sachsenhausen verschleppt und im Dezember 1942 nach Auschwitz deportiert worden. Seine Ermordung dort datiert auf den 10. Dezember 1942. Zur Erinnerung an die Familie wurden in der Straße Rutschbahn 5 Stolpersteine verlegt und eine ausführliche Biographie recherchiert (siehe www.stolpersteine-Hamburg.de).
Paul Glück (geb. 19.4.1911) arbeitete als kaufmännischer Angestellter bei der "Drogengroßhandlung A. Auerbach" in der Klosterallee 9. Am 7. Juni 1934 heiratete er Lina Treisser (geb. 16.1.1911). Ihr Sohn Edgar wurde am 14.6.1936 geboren. Möglicherweise konnte die Familie noch kurz vor der "Polenaktion" nach New York, USA, ausreisen. Paul Glück starb im September 1982 in den USA.
Ruth Glück (geb. 20.10.1914) blieb wie ihre ältere Schwester ledig und lebte gemeinsam mit dieser in Hamburg in der Schäferkampsallee 61 bei Behr. Sie arbeitete von 1932 bis zu ihrer Abschiebung an die polnische Grenze im Rahmen der "Polen-Aktion" am 28. Oktober 1938 bei der Firma Weill und Reineke als technische Angestellte. Im Juli 1939 konnte sie nach Hamburg zurückkehren. Ausgestattet mit einem Visum als Hausangestellte, gelang es ihr, noch im August 1939 nach England auszureisen, wo sie bis zu ihrer Auswanderung in die USA im März 1947 ihren Lebensunterhalt als Hausangestellte und Serviererin in einem Hotel verdiente. Auch in den USA arbeitete sie in verschiedenen Hotels als Zimmermädchen. Am 4. November 1989 starb sie in New Jersey und wurde auf dem gleichen Friedhof wie ihre Schwester Jenny beigesetzt.
Hilda Glück, die Mutter der Genannten (geb. 22.1.1878), blieb nach dem Tod ihres Mannes Bernhard vorerst in Hamburg, in der Rutschbahn 22. Sie wurde, wie ihre Kinder Jenny, Siegmund und Ruth am 28. Oktober 1938 in der sogenannten Polenaktion nach Bentschen/Zbaszyn abgeschoben und konnte im Frühjahr 1939 nach Hamburg zurückkehren, im Mai 1939 nach Belgien auswandern und dort – zumindest zeitweise – mit ihrer Tochter und den Enkelkindern zusammenwohnen. Sie erlitt das gleiche Schicksal wie später ihre Tochter Emma: Am 29. Juli 1943 wurde sie verhaftet und als Häftling Nummer 1042 in der Dossin Kaserne interniert. Bereits zwei Tage später, am 31. Juli 1943 wurde sie, zusammen mit über 1500 weiteren Opfern nach Auschwitz deportiert. Vermutlich wurde sie sofort getötet.

Von der vielköpfigen Familie Tarnowski finden sich ebenfalls einige Spuren:
Abram Wolt Tarnowski (geb. 25.3.1900) verließ Altona bereits im Mai 1929, zog nach Hannover und emigrierte zu einem uns unbekannten Zeitpunkt offensichtlich nach Palästina. In einem Aktenvermerk aus dem Jahr 1961 fand sich ein Hinweis auf seinen Wohnsitz in Tel Aviv, Israel.
Paula Tarnowski (geb. 22.4.1905) heiratete am 3. Mai 1927 Szaja Tarnowski, mit dem sie bis Oktober 1928 in Altona lebte und dann laut Kultussteuerkarteikarte nach Danzig zog. Von Szaja ist die Emigration in die USA (über Riga) im Oktober 1934 bekannt. Er lebte unter dem neuen Namen Sidney Turner u.a. in Los Angeles. Von Paula Tarnowski gibt es, wie bei ihrem Bruder Abraham, den Hinweis aus dem Jahr 1961 auf einen Wohnsitz in Tel Aviv, Israel.
Israel Tarnowski (geb. 24.11.1908) war noch ledig, als er am 4. Oktober 1933 fortzog, wie es hieß mit "unbekanntem Ziel". Bis dahin wohnte er in Altona, Friedenstraße 32 bei seiner Mutter. Er soll am 20. Februar 1934 in Krakau gestorben sein.
David Tarnowski (geb. 16.5.1913) heiratete Gerda, geb. Löwenstein (geb. 6.10.1916) am 16. September 1938 in Hamburg. Offenbar wollten sie im Mai/Juni 1939 nach Panama auswandern, doch dazu kam es nicht. Stattdessen gingen sie nach Italien, wurden dort verhaftet und am 21. November 1943 in das Sammellager Drancy (Südfrankreich) verschleppt und am 7.Dezember 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Für David ist das Todesdatum 25. März 1944 ausgewiesen, Gerdas Todesdatum ist ungewiss.
Regina Tarnowski (geb. 22.7.1914) arbeitete als Zahnarzthelferin bei dem jüdischen Zahnarzt Rudolf Möller am Jungfernstieg in Hamburg. Am 27. Februar 1938 heiratete sie Ludwig Segelbaum (geb. 25.11.1904) in Hamburg. Er wurde während des Novemberpogroms 1938 verhaftet, ins KZ Sachsenhausen verschleppt und nach der erpressten Zusicherung einer baldigen Auswanderung wieder entlassen. Das Ehepaar Segelbaum wanderte am 30. Januar 1939 nach England aus, wo im März 1939 der erste Sohn Charles geboren wurde. Ludwig Segelbaum wurde in England von April 1940 bis April 1941 interniert, da er als Deutscher nach dem Kriegsbeginn im September 1939 als "enemy alien", als feindlicher Ausländer galt, auch wenn er vor dem nationalsozialistischen Regime geflohen war. Wie ihm erging es bis zu 30000 Flüchtlingen, die vorübergehend interniert wurden.
Im April 1942 wurde der zweite Sohn David geboren. Ludwig Segelbaum starb im März 1944 im Alter von nur 39 Jahren. Seine Witwe Regina Segelbaum heiratete zwei Jahre später den Engländer Martin Chrysler.
Benno Tarnowski (geb. 8.6.1920) lebte in der Friedenstraße 32 in Altona bis zu seiner Abschiebung im Rahmen der "Polenaktion" am 28. Oktober 1938. Die Unterlagen der Meldebehörde in Altona führten ihn bereits ab 5. Dezember 1938 wieder mit Wohnsitz in Altona. Von seinem weiteren Schicksal ist bekannt, dass er im Getto Tschenstochau interniert war und von dort aus ab Juni 1943 als jüdischer Zwangsarbeiter für die HASAG in der Fabrik "Pelcery" arbeiten musste. Die "HASAG", Metallwarenfabrik Hugo Schneider AG, war ein Industriekonzern, der auch Munition herstellte. In Fabriken in Deutschland und Polen wurden Zwangsarbeiter beschäftigt, die in Lagern interniert waren. Allein in Polen wurden ca. 15.000 Häftlinge beschäftigt. Als die Rote Armee näher rückte, wurden die Lager und Fabriken aufgelöst und die Häftlinge ins Deutsche Reich verschleppt. Mitte Januar 1945 traf Benno Tarnowski im Konzentrationslager Buchenwald ein und wurde von dort auf einen der Todesmärsche ins KZ Bergen-Belsen geschickt. Das überlebte er nicht. Sein genaues Todesdatum ist unbekannt.
Genia Tarnowski, geb. Weiszmann (geb. 18.8.1877), die Mutter der Tarnowski-Geschwister, flüchtete nach Antwerpen, wo sie am 28. April 1939 eintraf. Ihre letzte Adresse in Hamburg lautete Sonninstraße 12 in Altona (Salomon Joseph und Marianna Hertz-Stiftung). Ende Januar 1941 zog sie von Antwerpen nach Brüssel und hielt sich ab Juni 1941 in Schaerbek auf, einem Ort der Metropelregion Brüssel. Sie überlebte die Verfolgung der Juden in Belgien und wanderte, wie ihre Tochter Regina, nach England aus, wo sie am 4. November 1956 in London starb.
An Emma Tarnowski erinnert der Stolperstein vor dem Haus Brahmsallee 11. Weitere Stolpersteine sind bereits verlegt bzw. geplant und sollen an alle ermordeten Familienmitglieder erinnern.

Stand: September 2016
© Christina Igla

Quellen: 1; 4; 5; 6; 8, StaH 131-1 II Senatskanzlei II, (Korrespondenz mit ehemaligen jüdischen Hamburger Bürgern) 3703; 231-7 Amtsgericht Hamburg - Handels- und Genossenschaftsregister, A 1 Bd. 70, Handelsregister A, Nr. 17050), 332-5 Personenstandsunterlagen 3042 617/1905 (Heiratsurkunde der Eltern Glück), Altona 2213 (Sterbedatum Edith Glück); 332-8 Meldewesen "Preussenkartei" Altona, Filme Nr. K4433 und K4566; 351-11 Amt für Wiedergutmachung 3780 Hilda Glück, 10793 Jenny Taeger, 32359 Bernhard Tarnowski, 32360 Genia Tarnowski, 40091 Ruth Glück; 424-11 7458 Aufgebot zur Todeserklärung Joseph Tarnowski; 522-1 Jüdische Gemeinde 391 (Gemeindemitgliedschaft 1935–1936), Kultussteuerkartei-Filme A21, A31 und A33, Hamburger Adressbuch-online, www.findagrave (Zugriff am 10.3.2015), www.ancestry.com (Zugriff am 9.3.2015); www.its-arolsen.org/ITS Arolsen, Archiv-Nr.: 3636, am 22.2.2015, www.wikipedia.de (Zugriff 9.3.2015); Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Öffentliche Ordnung, schriftliche Auskunft Herr Jung v. 26.2.2015; Kazerne Dossin, Auskunft v. 4.3.2015 v. Janiv Stamberger; Auskunft v. Belgisches Staatsarchiv, Filip Strubbe, v. 8.3. u. 15.3.2016; Meyer (Hg.), Verfolgung, S. 25; Bajohr, "Arisierung", S. 195; Jüdisches Museum Berlin (Hg.), Heimat, S. 84; Hilberg, Vernichtung, S. 631–641.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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