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Bereits verlegte Stolpersteine



Georg Peters * 1872

Woldsenweg 5 (Hamburg-Nord, Eppendorf)


Verhaftet 1936 und 1938
"Landesheilanstalt" Weilmünster
ermordet 06.04.1944

Weitere Stolpersteine in Woldsenweg 5:
Ella Davidsohn, Walter Davidsohn, Dr. Marie Anna Jonas, Dr. Alberto Jonas, Marie Therese Moser, Bernard Moser, Cloe Neuburger, Fritz Neuburger, Ruth Neuhaus

Georg Peters, geb. 6.7.1872 in Tating, gestorben am 6.4.1944 in der "Landesheil- und Pflegeanstalt" Weilmünster/Oberlahnkreis

Woldsenweg 5

Der am 6. Juli 1872 in Tating/Eiderstedt geborene Georg Jakob Peters war das zweite von insgesamt zehn Kindern des Landwirts Owe Peters und Ingeborg, geb. Hostrup. In Husum besuchte er das Gymnasium bis zur Untersekunda. In Garding/Eiderstedt absolvierte er eine Kaufmannslehre und kam 1890 nach Hamburg, wo er auf eine Handelsschule ging. Georg Peters arbeitete in seinem Berufsleben nicht nur im kaufmännischen Fach, sondern fand auch Beschäftigungen als Korrespondent, Sprachlehrer und Pfleger. Von 1899 an lebte er in Mexiko als Angestellter, von dort ging er 1904 nach Bolivien. 1906 verließ er den Kontinent und arbeitete bis 1908 in Kamerun in Afrika, um danach in Wien als spanischer Korrespondent in die Firma A. Janowitz einzutreten. Während des Ersten Weltkriegs kam er 1915 zurück nach Hamburg und fand für ein Jahr eine Beschäftigung im Generalkonsulat von Cuba. Ab 1916 besaß er, mit Unterbrechung einer abhängigen Beschäftigung von 1920 bis 1925 bei der Firma Stinnes, eigene Firmen in Hamburg, darunter ein Fuhrunternehmen. Von 1927 bis 1931 war er kaufmännisch in Chile tätig.

Zurück in Hamburg, kurierte er in der "Irrenanstalt Friedrichsberg" eine Geschlechtskrankheit durch eine seinerzeit übliche Malaria-Kur. Danach hatte er nur noch gelegentlich Verdienstmöglichkeiten aufgrund seiner Sprachkenntnisse durch Übersetzungsarbeiten, war jedoch weitgehend auf öffentliche Unterstützung angewiesen.

Bereits ab 1906 musste er sich wiederholt wegen "Erregung eines öffentlichen Ärgernisses" nach § 183 RStGB vor Gericht verantworten. Seine von 1908 bis 1910 geführte Ehe mit Hedwig, geb. Kratzenstein, wurde aufgrund seiner homosexuellen Veranlagung wieder geschieden. 1927 entzog er sich einem Prozess wegen homosexueller Handlungen nach § 175 RStGB durch eine Flucht nach Chile. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland 1931 wurde das Verfahren eingestellt.

Vom 31. Mai bis zum 18. September 1936 befand sich Georg Peters wegen "Kuppelei (§ 175)" in der Untersuchungshaftanstalt Hamburg-Stadt; im Anschluss wurde er zur Überprüfung sei­nes Geisteszustands in die "Heil- und Pflegeanstalt" Langenhorn eingewiesen, vom 30. Oktober bis zum 3. Dezember 1936 kam er erneut in Untersuchungshaft. Nach der Einstellung des Verfahrens wegen "Unzurechnungsfähigkeit" nach § 51 RStGB erfolgte über die Kripo Hamburg seine Einweisung in das Versorgungsheim Farmsen. Im April 1938 verließ er die Anstalt ohne Erlaubnis und hielt sich danach illegal in Köln und Berlin auf. Im Juli 1938 wurde er vom Landgericht Berlin zu einer Reihe von Geldstrafen wegen Urkundenfälschung verurteilt. Nach seiner Entlassung im Oktober 1938 fand er bei Ella Davidsohn und ihrem Sohn Walter in der Parterrewohnung im Woldsenweg 5 eine Beschäftigung als Pfleger sowie eine Unterkunft.

Nachdem ein ehemaliger Sexualpartner aus Farmsen Georg Peters anhand einer Lichtbildkartei der Polizei identifiziert hatte, wurde er im November 1938 erneut von der Polizei verhaftet. Im August 1939 verurteilte ihn das Landgericht Hamburg nach §§ 175, 42 b und 429 a zur Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt aufgrund einer vom dortigen Anstaltsarzt Wigand Quickert diagnostizierten "progressiven Paralyse" (fortschreitende Lähmung nach einer Syphilis). Seit dem 30. Januar 1939 befand er sich in der "Heil- und Pflegeanstalt" Langenhorn, bis er am 8. Juni 1943 im Zuge einer "allgemeinen Verlegeaktion" in die "Landesheil- und Pflegeanstalt" Weilmünster/Oberlahnkreis kam, wo er am 6. April 1944 starb. Mehr als 6000 Menschen sind aus der "Zwischenanstalt" in Weilmünster in die Tötungsanstalt Hadamar überführt worden. Georg Peters muss zu den vielen Menschen gezählt werden, die in Weilmünster durch Unterernährung, pflegerische Vernachlässigung, aber auch durch gezielte medikamentöse Tötungen ums Leben kamen.

© Bernhard Rosenkranz (†)/Ulf Bollmann

Quellen: StaH, 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht – Strafsachen, 7900/39; StaH, 242-1 II Gefängnisverwaltung II, Ablieferung 16; 352-8/7 Staatskrankenanstalt Langenhorn, Ablieferung 1995/1, Zentralkartei; Rosenkranz/Bollmann/Lorenz, Homosexuellen-Verfolgung, S. 244.

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