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Bereits verlegte Stolpersteine



Max Marcus * 1872

Lüneburger Straße 2 (Harburg, Harburg)


HIER WOHNTE
MAX MARCUS
JG. 1872
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
1942 TREBLINKA
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Lüneburger Straße 2:
Franziska Simon, Elsa Traub

Max Marcus, geb. am 20.7.1872 in Harburg, am 15.7.1942 nach Theresienstadt deportiert, weiterdeportiert am 21.9.1942 ins Vernichtungslager Treblinka

Stadtteil Harburg-Altstadt, Lüneburger Straße 2

Max Marcus war das älteste von sieben Kindern des jüdischen Ehepaares Julius und Rosa Marcus. Zusammen mit seinen Geschwistern Hugo (geb. 7.12.1873), Franziska (geb. 21.5. 1877), Siegfried (geb. 28.4.1880) und Elsa (geb. 20.10.1883) wuchs er in Harburg auf. Seiner Schwester Laura (4.7.1875–27.4.1876) und seinem Bruder Richard (17.3.1893–12.12. 1897) war nur ein kurzes Leben vergönnt. Sie starben bereits im Kindesalter und wurden auf dem Harburger Jüdischen Friedhof auf dem Schwarzenberg begraben.

Ihr Vater besaß das Betten- und Konfektionshaus Julius Marcus in der Wilstorfer Straße 35 (heute: Lüneburger Straße 2), der damaligen Hauptgeschäftsstraße der Stadt. Die Familie wohnte im gleichen Haus. Als der Seniorchef 1925 starb, führte seine Frau Rosa das Geschäft mit Unterstützung ihrer Kinder weiter. Nach 1933 verlor das Konfektions- und Bettenhaus Marcus einen großen Teil seiner nichtjüdischen Kundschaft. Der 1. April 1933 war nicht der einzige Tag, an dem Plakate der Harburger NSDAP alle Passanten darauf hinwiesen, dass der Inhaber Jude war. Als Max Marcus eines dieser Schilder einmal beiseite stellte, gab es heftigen Ärger. Auch die Schaufensterscheiben wurden des Öfteren mit "Judensternen" beschmiert.

Nach dem Tode seiner Mutter übernahm der älteste Sohn 1935 das Geschäft. Am 20. Mai 1935 wurde er als Eigentümer des Grundstücks Wilstorfer Straße 35 in das Grundbuch eingetragen. Mit seiner Frau Ida, geb. Levy (geb. 18.10. 1876) und seiner Tochter Alice (geb. 13.7.1903) bezog er die Wohnung über dem Geschäft, die gutbürgerlich eingerichtet war. Die Zimmer waren mit hochwertigen Perserteppichen ausgelegt und auf den Tischen und in den Vitrinen glänzten kostbare Kristallschalen.

Doch die guten Zeiten waren bald nur noch Erinnerung. Angesichts des abnehmenden Umsatzes sah Max Marcus sich, schneller als gedacht, gezwungen, einen Teil seiner Ladenfläche an die Firma "Globus Schuh AG" zu vermieten. Auch diese Maßnahme konnte das Blatt nicht mehr wenden. Im Gegenteil. Mehr als alle anderen litten seine Frau und die Tochter Alice unter der wachsenden Verfolgung. Letzere war nicht länger bereit, die weitere Entwicklung abzuwarten. Anfang 1937 wanderten sie und ihr Mann unmittelbar nach ihrer Heirat in die USA aus. Ihre Mutter konnte sich nur schwer mit dieser Trennung abfinden. Zermürbt von Kummer, erlitt sie bald darauf einen Schlaganfall, von dem sie sich nicht wieder erholte. Ida Marcus starb am 9. März 1937 und wurde auf dem Harburger Jüdischen Friedhof begraben.

Der wirtschaftliche Niedergang des Konfektions- und Bettenhauses Marcus war nicht mehr aufzuhalten. Am 10. August 1938 blieb dem Inhaber keine andere Wahl, als das Geschäft und das Grundstück einem neuen Eigentümer zu übertragen. Nach dem Verlust seiner Wohnung zog Max Marcus wie viele andere Mitglieder der Harburger Synagogengemeinde in das Hamburger Grindelviertel, wo sich seine Adresse in den folgenden Wochen und Monaten noch mehrmals änderte. Völlig verarmt, freute er sich, wenn Freunde und Bekannte ihn hin und wieder zu einem Mittagessen einluden.

Seine letzte Bleibe war das "Judenhaus" Sedanstraße 23, ein Altenheim des "Jüdischen Religionsverbandes e.V." Hamburg, dessen Bewohnerzahl nach Kriegsbeginn ständig stieg. Wo vorher 54 Menschen gewohnt hatten, mussten sich in den ersten Kriegsjahren 92 Menschen den Platz teilen.

Fast alle Bewohnerinnen und Bewohner dieses Hauses wurden im Juli 1942 nach Auschwitz oder Theresienstadt deportiert. Max Marcus war unter der laufenden Nummer 589 für den Transport vom 15. Juli 1942 nach Böhmen vorgesehen. Kurz vor seinem 70. Geburtstag verließ er die Hansestadt für immer.

Wie für viele andere war Theresienstadt auch für ihn nur eine Zwischenstation auf der Reise in den Tod. Allein im September 1942 wurden mehr als 13000 Menschen aus diesem Getto in die Todeslager im Osten abtransportiert. Am 21. September 1942 musste auch der 70-jährige Max Marcus die alte Garnisonsstadt mit einem Transport verlassen, der nach Treblinka führte. Die Ankömmlinge wurden in diesem Vernichtungslager sofort ermordet.

Auch seine Brüder Hugo und Siegfried Marcus sowie seine Schwestern Elsa Traub, geb. Marcus, und Franziska Simon, geb. Marcus, zählen zu den Opfern der Shoa.

© Klaus Möller

Quellen: 1; 4; 5; 7; 8; StaH, 351-11, AfW, Abl. 2008/1, 200772 (1792), Marcus, Max; StaH 430-2 Bestand Harburg, 2 Stadtbücher, III 1 Bd. IX, S. 54b; Heyl (Hrsg.), Harburger Opfer; Heyl, Synagoge, S. 34, 39, 118; Mosel, Wegweiser, Heft 2, S. 72ff.; Kändler/Hüttenmeister, Friedhof, S. 59, 89, 140.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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