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Bereits verlegte Stolpersteine



Heinz Heymann * 1907

Rutschbahn 15 (Eimsbüttel, Rotherbaum)

1941 Lodz

Weitere Stolpersteine in Rutschbahn 15:
Jacob Blankenstein, Sophie Blankenstein, Elisabeth Silbiger, Hermann Silbiger, Frieda Warneck, Ruth Warneck

Heinz Heymann, geb. am 17.3.1907 in Friedrichstadt, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz, ermordet

Rutschbahn 15

Am 17. März 1907 kam Heinz Heymann als Sohn des Pferdehändlers Leopold Heymann und seiner Frau Henriette Clara (Henny) Heymann, geb. Levy, der Tochter des angesehenen Manufakturwarenhändlers Joseph Levy, in Friedrichstadt zur Welt. Fünf Jahre später folgte sein Bruder Kurt, geb. am 6. Februar 1912.
Sowohl Henny als auch Leopold, deren beider Familien schon seit Generationen in Friedrichstadt ansässig waren, waren in der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei aktiv. Das war, trotz des jüngst eingeführten Frauenwahlrechts, vor allem für eine Frau im dörflichen bzw. kleinstädtischen Umfeld sehr außergewöhnlich. Das politische Engagement der Eltern hinterließ bei ihrem Erstgeborenen Spuren: Heinz trat als Jugendlicher der "Husumer Wehrloge der Guttempler-Jugend" bei.
Nach der Schule machten Heinz und Kurt kaufmännische Ausbildungen, Heinz führte später einen Stoffhandel. 1931 verstarb Leopold Heymann.

Im September 1935 wurde Heinz vom Friedrichstädter Bürgermeister in einem Brief an die Staatspolizeistelle in Kiel "rasseschänderisches Treiben" vorgeworfen, er zeige sich "in herausfordernder Weise auf offener Straße in Begleitung von arischen Mädchen", ferner sei "die Unterbringung in einem Konzentrationslager […] angebracht." Heinz wurde daraufhin verhaftet, aufgrund mangelnder Beweise aber bald wieder freigelassen, wenngleich mit der Empfehlung, Friedrichstadt zu verlassen.

Das tat er auch und war ab 1937 in Hamburg gemeldet, wo er bei dem 1869 in Kiel geborenen Friseur David Levin zur Untermiete in der Rutschbahn 15 wohnte.
Kurt lebte schon seit 1935 in Hamburg, 1938 folgte auch Henny ihren Söhnen in die Stadt an der Elbe.

Im Novemberpogrom 1938 wurde Heinz Heymann verhaftet und ins Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppt. Fast drei Monate währte die Haft. Als er am 31. Januar 1939 entlassen wurde, kehrte er nach Hamburg zurück, versuchte aber angesichts der immer stärkeren Repressionen gegen die jüdische Bevölkerung 1939 nach Shanghai auszuwandern, jedoch ohne Erfolg.

Stattdessen verbrachte er die nächsten zweieinhalb Jahre in Hamburg, bis er am 25. Oktober 1941 mit rund 1000anderen Hamburger Bürgern nach Lodz, der zweitgrößten Stadt Polens, wo die deutschen ein jüdisches Getto errichtet hatten, deportiert wurde.
Seine verwitwete Mutter, die inzwischen wieder geheiratet hatte, wurde als Henny Krause ebenfalls dorthin deportiert. Heinz wird auf den Listen der Gestapo als "freiwillig zur Evakuierung gemeldet" geführt. Dies hängt vermutlich damit zusammen, dass er seine Mutter nicht allein auf diesen Transport gehen lassen wollte.

Im Getto in Lodz lebte Heinz in der Rungestraße 10/1. Dort erhielt er im Mai 1942 den Befehl zur "Aussiedlung", d. h. er sollte in einen der Transporte ins nahegelegene Vernichtungslager Chelmno eingereiht werden. Sein Stiefvater Fritz Krause reichte einen Antrag auf Befreiung von der geplanten "Aussiedlung" ein, in der Hoffnung, so sich selbst, seine Frau und ihren Sohn retten zu können. Dieses Gesuch wurde jedoch abschlägig beschieden, da das von ihm angegebene Verwundetenabzeichen nicht für eine Befreiung genügte – befreit wurden nur Weltkriegsteilnehmer, die das Eiserne Kreuz erhalten hatten. Auch seine angegebene Arbeit genügte nicht, es hätte eine feste Stelle in einem der Betriebe sein müssen, für die ein Antragsteller von der "Aussiedlung" befreit werden konnte.

Es ist anzunehmen, dass alle drei dem 4. Transport vom 7. Mai 1942, mit dem viele Hamburger und Düsseldorfer eingereiht wurden, um noch am selben Tag in Chelmno ermordet zu werden.

Heinz‘ Bruder Kurt war inzwischen zu einer Zuchthausstrafe verurteilt worden, die er im Zuchthaus Brandenburg a. d. Havel absaß. Im Herbst 1942 Auschwitz überstellt werden sollten. Dies betraf auch Kurt Heymann, er wurde ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort am 18. Februar 1943 ermordet.

An Heinz und Kurt Heymann erinnern auch in Friedrichstadt Stolpersteine in der
Kirchstraße 2.

Stand Oktober 2014

© Johanna Thiess

Quellen: Staatsarchiv Hamburg, 522-1, Jüdische Gemeinden, 992b, Kultussteuerkartei der Deutsch-Israelitischen Gemeinde Hamburg, Kultussteuerkarte Heinz Heymann; Christiane Thomsen: Stolpersteine in Friedrichstadt. Ein Stadtrundgang. Flyer,hrsg. von der Gesellschaft für Friedrichstädter Stadtgeschichte;YadVashem, The Central Data Base ofShoaVictims; Bettina Goldberg: Abseits der Metropolen. Die jüdische Minderheit in Schleswig-Holstein, Neumünster 2011, S. 100 f., S. 233 u. S. 604; Gedenkbuch. Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933–1945, Bd. II u. III, 2. Auflage, bearbeitet und herausgegeben vom Bundesarchiv, Koblenz 2006; http://www.akens.org/akens/texte/stolpersteine/Friedrichstadt.pdf (Zugriff: 18.09.2014); www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_nwd_411025.html (Zugriff 28.5.2014); www.bundesarchiv.de/gedenkbuch (Zugriff 12.5.2014); Beate Meyer (Hrsg.): Die Verfolgung und Ermordung der Hamburger Juden 1933–1945. Geschichte. Zeugnis. Erinnerung, 2. Auflage, Hamburg 2007, S. 59–61; ArchiwumLodzi (CD).

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