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Bereits verlegte Stolpersteine



Anna Rosenberg * 1894

Sievekingplatz 1 Ziviljustizgebäude (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER ARBEITETE
ANNA ROSENBERG
JG. 1894
DEPORTIERT 1941
LODZ
ERMORDET 1942 IN
CHELMNO

Weitere Stolpersteine in Sievekingplatz 1 Ziviljustizgebäude:
Heinrich Basch, Paul Blumenthal, Franz Daus, Dr. Hermann Moritz Falk, Hermann Feiner, Richard Hoffmann, Kurt (Curt) Ledien, Lambert Leopold, Wilhelm Prochownick, Alfred Rinteln, Walter Rudolphi, Leonhard Stein

Anne Rosenberg, geb. 29.10.1894 in Elmshorn, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz, weiterdeportiert am 10.5.1942 nach Chelmno

Büroangestellte beim Landgericht Hamburg

Anna Rosenbergs Eltern waren der Rohproduktenhändler John Rosenberg und seine Ehe-frau Henriette geborene Mendel. In ihrer Geburtsstadt Elmshorn besuchte sie bis zum 15. Lebensjahr die höhere Mädchenschule. Danach wurde sie im väterlichen Geschäft in Steno-grafie und Maschinenschrift sowie allgemeinen Kontorarbeiten ausgebildet. Nachdem ihre Eltern im September 1911 ihren Wohnsitz nach Hamburg verlegt hatten, war sie als Stenoty-pistin und Kontoristin bei verschiedenen Hamburger Firmen sowie der Kaiserlichen Werft in Brügge/ Belgien tätig. Auf eine Bewerbung, in der sie sich "als perfekte Stenotypistin und äußerst gewandt im Maschineschreiben sämtlicher Systeme" bezeichnete, wurde sie zum 1. Dezember 1924 als Büroangestellte (Stenotypistin) beim Landgericht Hamburg eingestellt. Vom 1. August 1925 bis zum 15. Dezember 1928 war sie an die Landesjustizverwaltung ver-setzt, wo sie damit befasst war, Bescheide in Gnadensachen auszufertigen. Danach war sie wieder beim Landgericht im Strafjustizgebäude tätig.

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme soll sich Anna Rosenberg, die 1929/30 Mitglied der SPD gewesen war, nach Behauptungen von Kollegen gegen die "nationale Er-hebung" ausgesprochen und, "wenn andere das Horst Wessel-Lied summten, gewitzelt" ha-ben. Obwohl sie – wohl aus steuerlichen Gründen, da sie ihre verwitwete Mutter unterstützen musste – 1928 aus der Deutsch-Israelitischen Gemeinde ausgetreten war, bekannte sie sich im Fragebogen zum Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums zum jüdischen Glauben. Am 24. Juli 1933 kündigte der Justizsenator Rothenberger ihr Beschäftigungsver-hältnis wegen ihrer jüdischen Abstammung gemäß § 3 dieses Gesetzes zum 31. August.

Vermutlich hat Anna Rosenberg in der Folgezeit Arbeit als Stenotypistin bei jüdischen Fir-men gefunden. Spätestens seit Oktober 1939 war sie bei Dr. Manfred Zadik tätig, der wie alle jüdischen Rechtsanwälte zum 30. November 1938 Berufsverbot erhalten hatte und seit-dem – bis zu seiner Emigration Ende Februar 1941 – einer von sieben "jüdischen Konsulen-ten" war, die zur rechtlichen Beratung und Vertretung von Juden zugelassen waren. Als Dr. Zadik seine Praxis aus der Innenstadt in sein Haus in Othmarschen verlegte, war sie bei ihm und seiner Frau auch wohnhaft. Nachdem Zadiks "Hilfsarbeiter" Dr. Ernst Kaufmann, eben-falls ein früherer jüdischer Rechtsanwalt, als "Konsulent" bestellt worden war, arbeitete sie für diesen als Büroangestellte.

Mit dem ersten Hamburger Transport am 25. Oktober 1941 wurde Anna Rosenberg nach Lodz deportiert. Als Anfang Mai 1942 die Transporte in das Vernichtungslager Chelmno zu-sammengestellt wurden, erhielt auch sie eine "Ausreise-Aufforderung". Mit Schreiben vom 3. Mai 1941 bat sie um Freistellung von dem Ausreisebefehl, da sie – zu einem Tageslohn von RM 2,20 – in der "Garten- und Feldarbeit" beschäftigt sei. Da dies nicht als etatisierte Arbeitsstelle galt, wurde ihr Gesuch abgelehnt. Am 10. Mai 1942 wurde sie nach Chelmno verbracht, wo sie vermutlich unmittelbar nach der Ankunft in den Gaswagen umgebracht wurde.

Auch Anna Rosenbergs Geschwister wurden Opfer der Shoa. Ihr Bruder Julius Rosenberg wurde mit seiner Ehefrau Edith geborene Scherer ebenfalls am 25. Oktober 1941 nach Lodz deportiert. Ihre Schwester Friederike Stork wurde mit ihrem Ehemann Siegfried Stork am 8. November 1941 nach Minsk deportiert.

Obwohl standesamtlich "heute mit dem Vornamen ‚Anna’ in das Geburtsregister eingetra-gen", wird Anna Rosenbergs Vorname in der Hamburger Deportationsliste von 1941 und in den Gedenkbüchern mit "Aenne" bzw. "Aenne Alma" angegeben.

© Heiko Morisse

Quellen: Staatsarchiv Hamburg, 241-1 I Justizverwaltung I, 2212; Staatsarchiv Hamburg, 241-2 Jus-tizverwaltung-Personalakten, Abl. 2002/01 Rosenberg, Anna; Staatsarchiv Hamburg, 552-1 Jüdische Gemeinden, 992e 2, Bd. 1 und 2; Staatsarchiv Hamburg, 552-1 Jüdische Gemeinden, Kultussteuer-kartei; Hamburger jüdische Opfer des Nationalsozialismus, Gedenkbuch, Hamburg 1995, S. 346, 348, 403; Onlineversion des Gedenkbuchs des Bundesarchivs – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945; United States Holocaust Memori-al Museum, RG 15.083, 300/520-521; Staatsarchiv Hamburg, 351-11 Amt für Wiedergutmachung, 7552 (zu Julius Rosenberg)

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