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Bernhard Lewinsohn * 1902

Lübecker Straße Ecke Steinhauer Damm (Hamburg-Nord, Hohenfelde)


HIER WOHNTE
BERNHARD LEWINSOHN
JG. 1902
FLUCHT 1936 NIEDERLANDE
INTERNIERT WESTERBORK
DEPORTIERT 1941
AUSCHWITZ
4.9.1942 ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Lübecker Straße Ecke Steinhauer Damm:
Heinz Alexander, Sophie Cohn

Bernhard Erich Lewinsohn, geb. am 27.12.1902 in Hamburg, im Oktober 1935 in die Niederlande geflohen, am 26.1.1941 in das "Durchgangslager" Westerbork gebracht, am 15.7.1942 in das KZ und Vernichtungslager Auschwitz deportiert, am 4.9.1942 ermordet

Lübecker Straße/Ecke Steinhauerdamm (Lübecker Straße 20)

Am 17. Mai 1941 ließen sich der damals 38-jährige Bernhard Lewinsohn und die fünfzehn Jahre jüngere Charlotte Kahn in dem niederländischen Durchgangslager Westerbork trauen. Sie hatten zu der Zeit bereits eine gemeinsame Tochter: Die kleine Ruth war am 6. Februar 1940 in Amsterdam zur Welt gekommen. In der niederländischen Hauptstadt hatten sich Bernhards und Charlottes Wege getroffen. Bernhard Lewinsohn war im Oktober 1935 von Hamburg aus vor den Verfolgungsmaßnahmen des NS-Regimes nach Amsterdam geflohen, Charlotte im Februar 1937 von Wuppertal-Barmen aus.

Bernhard Lewinsohn war der jüngere der beiden Söhne von Abraham Simon Lewinsohn und dessen Frau Clara, geborene Mensor. Beide stammten aus jüdischen Familien. Abraham Lewinsohn war am 21. September 1873 in New York als Sohn deutscher Auswanderer geboren worden. Bald nach seiner Geburt kehrten die Eltern nach Deutschland zurück. Er lernte Destillateur und heiratete am 2. Dezember 1898 in Bromberg (heute Bydgoszcz/Polen) Clara Mensor. Sie stammte aus Kaspral bei Kruschwitz (heute Kruszwica/Polen), wo sie am 23. Oktober 1872 zur Welt gekommen war.

Im Jahr darauf, am 18. Oktober 1899, wurde der erster Sohn des Paars in Inowroclaw geboren. Die Eltern gaben ihm die Namen Friedrich Walter. Inowroclaw, ein kleiner Ort bei Bromberg, hieß von 1904 bis 1920 und erneut von 1939 bis 1945 jeweils unter deutscher Besatzung Hohensalza und gehört heute unter seinem ursprünglichen Namen ebenfalls zu Polen.

1901 zog die Familie nach Hamburg. Im Jahr darauf kam Abraham und Clara Lewinsohns zweiter Sohn zur Welt, Bernhard Erich. Friedrich besuchte von 1906 bis 1911 die Realschule St. Georg, danach bis 1916 die private Wahnschaff-Realschule an der Neuen Rabenstraße 15, die viele jüdische Schüler hatte, und dann noch für ein Jahr die Oberrealschule vor dem Holstentor, aus der das heutige Albrecht-Thaer-Gymnasium entstand. Deren Rektor war von 1896 bis kurz nach dem Ersten Weltkrieg Albrecht Thaer. Er wollte durch die Schule beweisen, "dass es einen vollgültigen und ebenbürtigen Bildungsgang ohne Latein gibt" und reformierte damit die damalige Hamburger Schullandschaft. So spielte der mathematisch-naturwissenschaftliche Unterricht an dieser Schule im Vergleich zu den humanistischen Gymnasien eine wesentlich größere Rolle, was den bildungspolitischen Reformbestrebungen der Jahrhundertwende entsprach. Ähnlich wie die seines Bruders dürfte auch Bernhard Lewinsohns Schullaufbahn gewesen sein. Ihr Vater, Abraham Lewinsohn, arbeitete in Hamburg zunächst viele Jahre als Hypotheken- und Immobilienmakler. 1922 kehrte er zu seinem ursprünglichen Beruf zurück und gründete zusätzlich eine Spirituosenfabrik, die er ab 1924 ausschließlich führte.

1925 verließen die Eltern die Hansestadt und siedelten sich für etwa drei Jahre in Wentorf bei Reinbek an. Die inzwischen erwachsenen Söhne blieben in Hamburg und wohnten zur Untermiete in wechselnden möblierten Zimmern. Friedrich Lewinsohn war von Anfang 1925 bis Ende 1928 beim Hamburger Amtsgericht beschäftigt. Dann wurde er infolge eines allgemeinen Personalabbaus entlassen. Betroffen davon waren vor allem ledige Angestellte wie er. Bernhard Lewinsohn hatte Handlungsgehilfe gelernt und arbeitete auch als solcher.

Ende 1927, Anfang 1928 kehrten Clara und Abraham Lewinsohn nach Hamburg zurück. Dort setzte Abraham Lewinsohn seine Tätigkeit als Hersteller und inzwischen auch Händler von Spirituosen fort. Bernhard Lewinsohn heiratete am 4. April 1929 in Hamburg die nichtjüdische Käthe Erna Anna Rinck. Beide bekamen einen Sohn, am 14. Juni 1929 wurde Gerhard Henry Lewinsohn geboren. Die Ehe war jedoch nicht glücklich. Bernhard und Käthe Lewinsohn ließen sich am 10. November 1931 scheiden. Der damals zweijährige Gerhard blieb bei der Mutter.

Zu jener Zeit liefen Abraham Lewinsohns Geschäfte schon länger nicht mehr gut. Seit November 1928 konnte er den Handelskammerbeitrag nicht mehr zahlen, es war sogar zu Pfändungen gekommen. Dann folgte Ende 1929 die Weltwirtschaftskrise. Viele Gastwirte, Restaurantbesitzer und Einzelhandelsgeschäfte konnten nun die von ihm gelieferte Ware nicht mehr bezahlen, orderten weniger bis überhaupt nichts mehr oder gingen ganz konkurs. Ab März 1931 war Abraham Lewinsohn auf Unterstützung durch die Hamburger Wohlfahrt angewiesen, Anfang 1932 verlor er sowohl seine Firma als auch sein Vermögen. Clara und er mussten Zimmer in ihrer Wohnung in der Oldachstraße 32 in Barmbek untervermieten, Ende 1933/Anfang 1934 zogen sie nach Hohenfelde in die Lübecker Straße 20. Da waren die Nationalsozialisten bereits an der Macht. Ende 1934 wurde Abraham Lewinsohns Firma im Handelsregister gelöscht, 22 Jahre nachdem er sie dort hatte eintragen lassen.

Auch Friedrich und Bernhard hatten inzwischen keine Arbeit mehr. Friedrich war noch von November 1932 bis Ende Januar 1933 als Aushilfe beim Finanzamt Barmbek tätig gewesen, doch danach gab es für ihn keine Beschäftigung mehr. Bernhard hatte seit längerer Zeit schon von Wohlfahrtsunterstützung gelebt. Ab Oktober 1933 sollte er für einen Wochenlohn von neun Reichsmark fünf Tage die Woche "Pflichtarbeit" leisten. Das wollte er nicht und gründete stattdessen einen Hausiererhandel mit Rasierklingen. Damit verdiente er jedoch nur zwischen acht und zehn Reichsmark wöchentlich. Kultussteuer an die Deutsch-Israelitische Gemeinde konnte er nicht mehr zahlen. Beide Söhne lebten inzwischen wieder bei den Eltern in der Lübecker Straße.

Die ganze Familie Lewinsohn litt zudem stark unter der zunehmenden Ausgrenzung, Drangsalierung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung durch die Nationalsozialisten. Friedrich Lewinsohn besorgte sich gleich am 1. April 1933 – dem Tag des Boykotts jüdischer Geschäfte und von Aktionen gegen jüdische Anwältinnen und Anwälte, Ärztinnen und Ärzte – einen Pass, um Deutschland so schnell wie möglich zu verlassen. Mitte November desselben Jahres konnte er dann endlich nach Amsterdam emigrieren. Bernhard hielt es noch etwas länger aus. Ihm schien die Trennung von seiner Familie deutlich schwerer zu fallen. So floh er zunächst im Dezember 1935 ebenfalls nach Amsterdam und von dort im August des folgenden Jahres nach Buenos Aires in Argentinien. Vor lauter Heimweh kehrte er jedoch Ende 1937 illegal nach Amsterdam zurück.

Friedrich und Bernhards Vater Abraham Lewinsohn floh im August 1936 aus Deutschland ebenfalls nach Amsterdam. Dort traf dann auch Clara im Februar 1938 ein. Sie hatte zuvor noch die Wohnung an der Lübecker Straße untervermietet, denn Abraham und sie waren sich sicher, dass die Flucht nur vorübergehend sei und sie bald wieder in Hamburg leben würden.

Als Bernhard Lewinsohn 1937 aus Buenos Aires nach Amsterdam zurückkam, wohnte auch seine künftige Ehefrau Charlotte Kahn dort. Ihre Eltern waren Josef Kahn und Rosa, geborene Moser. Mit 16 Jahren war Charlotte im September 1933 erstmals nach Amsterdam gekommen, drei Jahre später fuhr sie zurück in ihren Geburtsort Barmen. Von Anfang 1937 bis zum Frühsommer 1939 hielt sie sich wieder in Amsterdam auf. In jener Zeit lernten sich Bernhard und Charlotte kennen und lieben. Nach einem kurzen Aufenthalt 1939 in Brüssel kehrte Charlotte nach Amsterdam zurück, wo sie am 6. Februar 1940 Bernhards und ihre Tochter Ruth zur Welt brachte.

Abraham, Clara, Friedrich und Bernhard Lewinsohn wollten jedoch nicht in Amsterdam bleiben. Ihr Ziel war die USA. Aber die Flucht dorthin gelang nur Clara. Am 18. April 1941 fuhr sie erst mit der Bahn zurück nach Berlin. Eine Transitpassage durch Deutschland war für Jüdinnen und Juden mit Erlaubnis des Höheren SS- und Polizeiführers beim Reichskommisar für die Niederlande zu der Zeit noch möglich. Von Berlin aus flog sie dann über Madrid nach Lissabon und von dort weiter nach New York. Letzteres gelang vermutlich nur deshalb, weil sie Verwandte in den USA hatte. Damit war Clara Lewinsohn in Sicherheit.

Abraham Lewinsohn war zwar in New York geboren worden, hatte jedoch durch seinen langen Aufenthalt in Deutschland für die Amerikaner seine amerikanischen Geburtsrechte verloren. Wahrscheinlich bemühte auch er sich um eine Ausreise, was ihm jedoch ebensowenig gelang wie seinen Söhnen. Friedrich hatte zwar noch Anfang Januar 1940 einen Ausreiseantrag gestellt, doch die Bearbeitung zog sich hin. Dann überfiel die deutsche Wehrmacht am 10.Mai 1940 die Niederlande und damit hatte er keine Möglichkeit mehr zu entkommen.

Bernhard Lewinsohn wurde am 26. Februar 1941 von Amsterdam aus nach Westerbork gebracht. Zu der Zeit war das spätere "Polizeiliche Judendurchgangslager" noch das zentrale Flüchtlingslager, dass die niederländische Regierung eingerichtet hatte, um ab Anfang 1939 die große Zahl jüdischer Flüchtlinge aus Deutschland und Österreich an einer Stelle zu internieren. Am 7. Mai 1941 kam auch Charlotte Kahn zusammen mit ihrer kleinen Tochter Ruth nach Westerbork. Dort heirateten Bernhard und sie zehn Tage später. Am 15. Juli 1942 wurden alle drei von Westerbork nach Auschwitz deportiert. Es war der erste Deportationszug, der das Lager verließ. Charlotte und Ruth Lewinsohn wurden direkt nach ihrer Ankunft in Auschwitz am 17. Juli 1942 ermordet, Bernhard Lewinsohn wenige Wochen später am 4. September 1942. Ruth wurde nur zwei Jahre alt.

Rund zwei Monate nach der Ermordung seines Sohnes Bernhard, am 10. Dezember 1942, wurde Abraham Lewinsohn nach Westerbork gebracht. Von dort kam er mehr als zwei Jahre später, am 25. Februar 1944, zusammen mit 24 anderen Häftlingen nach Tittmoning in Bayern. Burg Tittmoning diente zu der Zeit als Internierungslager für Jüdinnen und Juden mit der Staatsangehörigkeit eines feindlichen Regimes, sodass Abraham Lewinsohn den Deutschen offenbar als US-amerikanischer Staatsbürger galt, während die USA ihn als solchen nicht mehr anerkannt hatten.

Auch Bernhard Lewinsohns Bruder Friedrich hatte in Amsterdam eine Frau kennengelernt, die er heiratete. Loria Schwarz aus Bottrop und er schlossen am 29. Juli 1942 die Ehe. Da war er 42 und sie 20 Jahre alt. Am 15. Februar 1943 wurde er in das KZ Vught (Herzogenbusch) deportiert bzw. in dessen Außenlager Moerdijk. Hier mussten durchschnittlich 1000 Gefangene von Ende März 1943 bis Mitte April 1944 beim Bau deutscher Verteidigungsanlagen Panzergräben ausheben.

Vom KZ Vught wurde Friedrich Lewinsohn am 3. Juli 1943 nach Westerbork und von Westerbork am 16. September 1943 in das KZ Auschwitz gebracht. Dort musste er in dem Arbeitslager Monowitz (seit November 1943 KZ Auschwitz III) wieder Zwangsarbeit leisten. Das Lager grenzte an das Gelände der Buna-Werke der I.G. Farben AG und war das erste von einem privaten Industrieunternehmen geplante und finanzierte KZ ausschließlich für Zwangsarbeiter.

Friedrich Lewinsohn überlebte Auschwitz und berichtete nach dem Krieg in seinem Wiedergutmachungsverfahren über die Zeit dort in noch relativ nüchternen Worten: "Noch am ersten Ankunftstage in Auschwitz, am 16. September 1943, erhielt ich die Gefangenen-Nummer ,150.719‘ mit Dreieck (jüdisches Kennzeichen) auf meinen linken Unterarm tätowiert. Daraufhin wurde ich noch am selben Tage, am 16. September 1943, nachdem ich meiner allerletzten Habe beraubt wurde, ganz kahlgeschoren und auf‘s Dürftigste bekleidet, mit ca. noch 150 Mithäftlingen aus meinem Transporte, ins Zwangsarbeiterlager des I.G. Farben-Trustes der ,BUNA‘ Monowitz getrieben, dort ich bis zum 20. November 1944 verblieb. Ich war dort verschiedene Male wegen völliger körperlicher Erschöpfung durch unmenschliche Arbeits-Anstrengung und Misshandlungen hervorgerufner Krankheiten und Flegmonen [Phlegmonen] usw. in Behandlung. Nach meinem Rücktransport ins Hauptlager Auschwitz habe ich dort wieder schwerste Arbeit in sogenannten Kommandos leisten müssen, bis ich Anfang Januar 1945 infolge einer heftigen Flegmone-Entzündung am Fusse im sogenannten Krankenbau Auschwitz aufgenommen wurde. Als dann kurz darauf das ganze Lager evakuiert wurde, blieb ich, da ich nicht marschfähig war, im Krankenbau zurück. Daraufhin erfolgte am 27. Januar 1945 die Befreiung des Lagers Auschwitz."

Später konnte Friedrich Lewinsohn die Barbarei in Auschwitz noch deutlicher beschreiben: "Mit grauenhafter Brutalität wurde ich täglich, monatelang, jahrelang (…) zur allerschwersten Arbeit getrieben bei schlechtester Ernährung und fadenscheinigster Kleidung im Winter und Sommer. (…) Immer Tempo Tempo, in rasender Eile von Kapos und Vorarbeitern ständig geschlagen, wenn nicht von den SS-Männern selbst, die dabei in allerbrutalster und bestialischster Weise zu Wege gingen und die Gefangenen gleich halbtot oder bewusstlos schlug, mit Gewehrkolben, Eisenstangen ganz erledigten, erschlugen und erschossen." Schließlich hätte jeder nur noch um das eigene Überleben gekämpft. Und war der Willen erst einmal gebrochen, breitete sich eine völlige Hoffnungslosigkeit aus. Sie seien zu "wandelnden Leichnamen" geworden, in der Lagersprache "Muselmänner" genannt. Fatalistisch akzeptierten sie das nahe Ende, waren innerlich erstarrt, teilnahmslos, bis zum Skelett abgemagert und konnten sich kaum mehr aufrecht halten. Überlebt hätte er nur, so Friedrich Lewinsohn, durch "[m]ehr oder weniger glückliche Zufälligkeiten, stärkere Körperbeschaffenheit, ein kleiner Rest von Widerstandskraft usw. im äußeren Geschehnisablauf", das konnte "in Ausnahmefällen, wie bei mir, gerade noch zum ,Lebenbleiben‘ reichen."

Friedrich Lewinsohn erlitt einen Nasenbeinbruch durch einen Schlag mit dem Spaten auf sein Gesicht, auch wurden ihm sechs Zähne auf der rechten Seite ausgeschlagen; hinzu kamen weitere Schläge bis zur Bewusstlosigkeit. Folgeerscheinungen dieser furchtbaren Torturen, so Friedrich Lewinsohn, seien für ihn "ein unwiederherstellbares Leiden physisch und psychischer Natur. So verlor ich teilweise mein Erinnerungs-Vermögen, sodass ich bei allem was ich tue und unternehme, konsequent vergesslich wurde. Ich behielt dadurch eine geistige Schwäche und Erschlaffung zurück, welche mich unfähig macht, irgend wann und wo wieder ,gute‘ Arbeit zu leisten."

Friedrich Lewinsohns Frau Loria wurde ebenfalls nach Auschwitz deportiert. Auch sie gehörte zu den wenigen Überlebenden.

Nach der Befreiung des KZ Auschwitz blieb Friedrich Lewinsohn zunächst noch bis zum 8. Juli 1945 in Monowitz, da er nicht transportfähig war. Dann kehrte er vorübergehend nach Amsterdam zurück und emigrierte am 24. Februar 1947 zusammen mit Loria per Schiff von Göteborg aus nach New York. Beide ließen sich noch im selben Jahr in den USA scheiden. Loria heiratete erneut und hieß dann Schneidermann. Auch Friedrich heiratete noch einmal, 1958 in New York. Seine zweite Ehefrau hieß Elli Genull und stammte ebenfalls aus Deutschland. Doch die Ehe war nur kurz glücklich. Schon im darauffolgenden Jahr trennten sich Friedrich und Elli Lewinsohn wieder. Noch nach der Trennung wurde am 21. Juni 1960 ihr gemeinsamer Sohn geboren, der den Namen R. erhielt. Elli kehrte bald darauf mit ihrem Sohn nach Deutschland zurück, nach Wustrow im Wendland. Wenig später wurde die Ehe offiziell geschieden.

Abraham Lewinsohn emigrierte nach Kriegsende in die USA, dort wohnte er zusammen mit seiner Ehefrau Clara 177 East Houston Street in der Lower East Side. Bereits seit 1855 lebten in dieser Gegend viele deutsche Immigranten, weshalb sie auch "Kleindeutschland" hieß. Ab 1880 kamen zahlreiche jüdische Einwanderer aus Osteuropa hinzu, die um 1915 fast 60 Prozent der Einwohner ausmachten.

Nach der Trennung von seiner zweiten Frau zog auch Clara und Abrahams Sohn Friedrich zu ihnen. Er starb am 15. Dezember 1970 im Alter von 71 Jahren. Bis zu seinem Tod wollte es ihm bei seiner "großen Liebe zu Deutschland einfach nicht in den Kopf gehen, dass alle diese unheimlichen Geschehnisse nackte Tatsachen waren".

Stand: Mai 2016
© Frauke Steinhäuser

Quellen: 1; 4; 5; 8; StaH 332-5 Standesämter 3919 u. 01/1903; StaH 351-11 AfW 2231; StaH 351-11 AfW 2232; StaH 351-11 AfW 2003; StaH 522-1 Jüd. Gemeinden 992 d Steuerakten Bd. 20; "Lewinsohn, Bernhard" in: Sterbebücher Auschwitz, 28100/1942; Andreas Hoffmann Schule und Akkulturation. Geschlechtsdifferente Erziehung von Knaben und Mädchen der Hamburger jüdisch-liberalen Oberschicht 1848–1942, Münster, 1999, zugl. Diss., Hamburg, 1999, S. 100ff. (Die Wahnschaffe-Schule, 1879–1939); Anna Hajkova, Das Polizeiliche Durchgangslager Westerbork, 2004, online unter: www.academia.edu/455726/Das_Polizeiliche_Durchgangslager_Westerbork_The_Police_Transit_Camp_Westerbork_ (letzter Zugriff 20.4.2015); E-Mail-Auskunft von José Martin, Kampwesterbork, vom 28.8.2013 zu Bernhard und Charlotte Lewinsohn; Katja Happe, Die Judenverfolgung in den Niederlanden 1940–1945. II. Zwischen Panik, Aufatmen und Ernüchterung – der Beginn der Besatzungszeit, online unter: www.uni-muenster.de/NiederlandeNet/nl-wissen/geschichte/vertiefung/judenverfolgung/beginn.html (letzter Zugriff 10.4.2015); Digitaal Monument Joodse Gemeenschap in Nederland, joodsmonument.nl: Abraham Simon Lewinsohn, www.joodsmonument.nl/person/476768/nl, Bernhard Erich Lewinsohn, www.joodsmonument.nl/person/541355/nl, Charlotte Lewinsohn-Kahn und Ruth Lewinsohn, www.joodsmonument.nl/person/503088/nl (letzter Zugriff 19.3.2015); stadsarchief Amsterdam, Archiefkaarten van Persoonskaarten: NL-SAA-3790684 Abraham Lewinsohn, NL-SAA-3691641 Charlotte Kahn, NL-SAA-3790699 Ruth Lewinsohn, NL-SAA-3830638 Clara Mensor, PDF-Downloads von http://stadsarchief.amsterdam.nl/archieven/archiefbank/indexen/archiefkaarten/zoek/index.nl.html (letzter Zugriff 20.3.2015); Detlev Stoltenberg, Zur Geschichte – die Frage der Kontinuität. Festschrift zum 120-jährigen Bestehen des AThs, 1993, online unter: www.albrecht-thaer-gymnasium.de/index.php/home/schulgeschichte?showall=&start=3; Außenlager des KZ Herzogenbusch, online unter: Gedenken in Benelux, www.gedenken-in-benelux.de/content/index.php?aID=39 (letzter Zugriff 20.3.2015)
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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