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Felix Manfred Schönfeld
© Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg

Felix-Manfred Schönfeld * 1869

Gustav-Leo-Straße 4 (Hamburg-Nord, Eppendorf)

1942 Theresienstadt
ermordet am 27.12.1942

Weitere Stolpersteine in Gustav-Leo-Straße 4:
Anna Rosenbaum, Anna Schönfeld

Felix Manfred Schönfeld, geb. 1.12.1869 in Hamburg, am 15.7.1942 nach Theresienstadt deportiert, dort am 27.12.1942 gestorben
Caroline Anna (Annie) Schönfeld, geb. Falk, geb.18.11.1875 in Hamburg, am 15.7.1942 nach Theresienstadt deportiert, dort am 21.3.1943 gestorben

Gustav-Leo-Straße 4

Das Ehepaar Felix und Annie Schönfeld war ein Musterbeispiel gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Erfolges. Sie stammten beide aus vermögendem Hamburger Kaufmannshaus und heirateten jung, nachdem Felix in der Firma des Vaters, Benedict Schönfeld & Co., Fuß gefasst hatte. Geschäftspartner des Vaters Benedict waren Henry A. Simon und Otto Rosenstiel. Felix war Kaufmann und Fachmann für den Export von Textilien, Spielwaren, Fahrrad- und Automobilteilen nach Südamerika.

Felix und Annie hatten zwei Töchter: Margarethe (Marga) Annette, geboren am 10. April 1898 und Gertrud (Gerda) Elise Auguste, geboren am 14. Dezember 1903. Der wirtschaftliche Erfolg war so beachtlich, dass die Familie 1908 in einen Prachtbau am Alsterufer 19 zog.

Beide Töchter heirateten standesgemäß: Marga den Rechtsanwalt Dr. Harry Simon, mit dem sie den Sohn Robert Georg Felix bekam, und Gerda den Rechtsanwalt Dr. Max Eduard Adler. 1925 kam Tochter Renate zur Welt. Max Eduard starb schon 1931 und Gerda heiratete 1942, einen Tag vor der gemeinsamen Deportation, den Oberlandesgerichtsrat i. R. Dr. Walter Rudolphi, der in Auschwitz ermordet wurde.

Das Ansehen der Familie Schönfeld erhielt im Frühjahr 1929 einen besonderen Akzent durch die Wahl der jungen Großmutter, "Frau Felix Schönfeld", zum ersten und einzigen weiblichen Mitglied im zwanzigköpfigen Verwaltungsausschuss des Israelitischen Tempelverbandes, erfahrungsgemäß eine Anerkennung langjährigen Engagements und hoher Spenden. Felix und Annie Schönfeld blickten nun auf mehr als ein halbes Jahrhundert Wohlstand und Sicherheit zurück.

In dieser Zeit zogen Schönfelds vom Alsterufer nach Eppendorf an den Rehagen (früher Knauers Eck), heute Gustav-Leo-Straße. Die neue Wohnung war modern und zweckmäßig geschnitten. Wirtschaftliche Gründe für den Umzug gab es zu dieser Zeit trotz der allgemeinen Krise nicht. In diesem Haus lebte auch Klaus, der jüngste Sohn des Dramatikers und Literaturnobelpreisträgers Gerhart Hauptmann, mit seiner jüdischen Frau Eva, geborene Bernstein. Sie erlebte dort das Ende des Krieges (und nahm ihre Mutter, die blinde Schriftstellerin Elsa Bernstein, geborene Porges, nach ihrer Rückkehr aus Theresienstadt bei sich auf).

Im folgenden Jahr starb Schwiegersohn Max Eduard Adler. Tochter Gerda Adler und Enkelin Renate verließen bald nach der Machtergreifung die Synagogengemeinde.

In den Archiven ist erst wieder ab 1938 von den Schönfelds die Rede. Im März reiste der Schwiegersohn Harry Simon nach England, seine Frau folgte ihm später mit dem Sohn Robert Georg Felix. Das Ehepaar verfügte seit langem über argentinische Pässe. Harry Simon wurde von den Hamburger Behörden vorgeworfen, er sei geflohen und treibe im Ausland Außenstände der Firma Schönfeld zum persönlichen Gebrauch ein. Der 69-jährige Felix Schönfeld wurde beschuldigt, an diesem "Devisenvergehen" beteiligt zu sein, und verhaftet. Erst nach drei Monaten kam er wieder frei, offenbar nach der Zusage, sein Unternehmen zu "arisieren" und sein Vermögen zu liquidieren.

Felix Schönfeld verkaufte zunächst ein Grundstück in der Rheinpfalz. Von den erlösten 6360 RM blieben ihm nur 20 Prozent. Seine Firma bestand zwar weiter, musste jedoch in bescheidenere Räume umziehen. Sie war inzwischen hochverschuldet, wurde aber wohl vom Regime weiter geduldet, weil sie dringend benötigte Devisen beschaffen sollte. Dies gelang aber kaum: 1940 betrug der Jahresgewinn nur noch 3317 RM.

Das Strafverfahren schwebte 1939 immer noch. Am 20. Juli wurde dann Willi Lange zum Treuhänder bestellt, und kurz danach erwarb Wilhelm Schütte die Firma für 29390 RM. Die Oberfinanzbehörde sah am 24. August Felix Schönfeld gegenüber von einer "Sicherungsanordnung" ab, das heißt, von der Sperrung seiner Konten, weil er "keine Vermögenswerte mehr" besitze. Anna Schönfeld wurde einer solchen Anordnung hingegen unterworfen.

Vergeblich versuchte sie unter dem Druck der Devisenstelle, ihren Schmuck gegen Devisen in die Schweiz zu verkaufen. Als das nach einem Jahr immer noch nicht gelungen war, befahl man ihr im August 1940, ihn bei einer "öffentlichen Ankaufstelle" abzuliefern, die vom amtlich geschätzten Wert von 65625 RM dann aber nur 5 Prozent auf ihr Sperrkonto überwies.

Felix Schönfeld arbeitete weiter in der Firma mit, die sich inzwischen in noch kleinere Räume zurückgezogen hatte: Neue Gröninger Straße 10, Zimmer 10. Im Hamburger Adressbuch von 1941 firmierte er weiterhin als Im- und Exportkaufmann.

Im Herbst 1941, als die Deportationen aus Hamburg begannen, wurde die seit einem Jahr bei Schönfelds wohnende Haushaltshilfe Anna Rosenbaum (48 Jahre) mit dem ersten Transport nach Lodz (Litzmannstadt) geschickt. Schönfelds selbst wurden in ein "Judenhaus" (Haynstraße 7) eingewiesen. Von dort ging es nach wenigen Wochen weiter in die "Pension" von Frau Schwarz (Haynstraße 10 II) und die letzte Station in Hamburg war ab Februar 1942 das überfüllte "Judenhaus" Beneckestraße 4.

Am 4. Februar wurde von Anna Schönfeld eine Vermögenserklärung gefordert. Gesperrte Barkonten, Wertpapierdepots und Versicherungen summierten sich danach auf 197170,73 RM, ein immer noch beträchtliches Vermögen, über das sie aber nicht verfügen durfte. 700 RM wurden ihr monatlich bewilligt: 530 RM für die Pension, 80 RM für die Haushaltshilfe und 90 RM für alltäglichen Bedarf. Schon im März wurde der Betrag auf 600 RM gesenkt. Hinzu kamen noch 250 RM, mit denen Frau Schönfeld ihre offenbar mittellose Schwester Maria Haefner "im Galles Heim"(?) unterhalten musste und weitere 250 RM für den Betrieb des Firmenbüros.

Im Februar 1942 starb Landgerichtsrat i. R. Dr. Leopold Schönfeld, Bruder und Teilhaber von Felix. Dieser stellte daraufhin den Antrag, das Firmenbüro weiter betreiben zu dürfen, um den Geschäftsanteil seines Bruders "abzuwickeln". Wahrscheinlich war dies die einzige Aufgabe, die Felix blieb. Am Ende seiner Zeit in Hamburg soll er noch kurz als Nachtportier eingesetzt worden sein.

Ein letztes Beispiel für die miserablen Lebensbedingungen: In April beantragte Anna Schönfeld, vertreten durch ihren Mann, die Freigabe von 76,45 RM und begründete: "Auf behördliche Anordnung habe ich meine Wohnung Haynstr. 10 nach Beneckestr. 4 verlegt. Der dort befindliche Ofen war so schadhaft, dass er ... ersetzt werden mußte."

Am 15. Juli 1942 wurden Felix und Anna Schönfeld nach Theresienstadt deportiert, nachdem man ihnen noch 20000 RM für den "Ankauf einer Heimstätte" in jenem Getto abgenommen hatte. Sie wurden getrennt, wenn auch nicht weit voneinander untergebracht: Anna in der Frauenunterkunft "Dresdner Kaserne", ihr Mann in der Hauptstraße 25.

Felix Manfred Schönfeld war 73 Jahre alt, als er dort starb. Seine Frau folgte ihm im Alter von 67 Jahren, vier Monate später und Felix‘ Schwester, Franziska Corten, mit 79 Jahren die Älteste, eine Woche danach am 1. April 1943.

Franziska war die Mutter des Arztes Martin-Heinrich Corten, dem letzten Hamburger Sachwalter der "Reichsvereinigung der Juden in Deutschland". Tochter Gerda (40) und Enkelin Renate (18) waren Zeuginnen. Sie überlebten und kehrten nach der Befreiung unverzüglich nach Hamburg zurück, Gerda in die Schlüterstraße 6 und Renate in die Beneckestraße 2, ganz in die Nähe der letzten Hamburger Wohnung von Felix und Annie Schönfeld. Später heiratete Gerda Heinz Rodewaldt.

Die Firma wurde ihnen schon 1946 "aufgrund freundschaftlicher Vereinbarung zur Verfügung gestellt", was auf eine Absprache des Treuhänders oder des zwischenzeitlichen "neuen Inhabers" mit Felix und Leopold Schönfeld noch im Juli 1939 hindeutet.
Das Wiedergutmachungsverfahren zog sich allerdings bis 1960 hin und mündete in einen Vergleich bei einem Gesamtbetrag von knapp 300000 DM.

© Dietrich Rauchenberger

Quellen: 1; 2; 3; 4; 7; 8; StaH 314-15 OFP, F 21938; StaH 314-15 OFP, R 1939/2924; StaH 314-15 OFP, 1941/117; AfW 010269 Schönfeld, Felix Manfred; StaH 351-11 AfW, 20644; Adler, Renate, Interview vom 1.9.1993, FZH-WdE 177; AB 1930 bis 1943; Amtliches Fernsprechbuch Hamburg 1930/31; Gemeindeblatt der Deutsch-Israelitischen Gemeinde, 1929, S. 7; Bajohr, "Arisierung", 1997, S. 347, 371; Bake/ Kiupel (Hrsg.), Elsa Bernstein, 1999, S. 36/37, 174, 180; Rodewaldt, Gerda, Interview vom 30.11.1993, FZH-WdE 190.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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