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Bereits verlegte Stolpersteine



Auguste Hüpper mit ihren drei Kindern
Auguste Hüpper mit ihren drei Kindern
© Privatbesitz

Auguste Hüpper (geborene Hoffmann) * 1882

Valentinskamp 63 (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
AUGUSTE HÜPPER
GEB. HOFFMANN
JG. 1882
EINGEWIESEN 1935
HEILANSTALT LANGENHORN
"VERLEGT" 1943
HEILANSTALT HADAMAR
ERMORDET 7.7.1944

Weitere Stolpersteine in Valentinskamp 63:
Ida Baumann

Auguste Hüpper, geb. Hoffmann, geb. am 13.7.1882 in Rübenzahl, eingewiesen am 27.10.1935 in die Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn, verlegt am 14.7.1943 in die Landesheilanstalt Hadamar, ermordet am 7.7.1944

Valentinskamp 63 (Fürstenplatz 3)

Auguste Hüpper war am 13. Juli 1882 in Rübenzahl im ostpreußischen Landkreis Lötzen (heute Rybical/Polen) in einem evangelischen Elternhaus geboren worden. Sie und ihre Schwester Charlotte waren mit Stiefgeschwistern im Masurischen Sensburg (heute Mra˛gowo/Polen) aufgewachsen, nachdem ihre Mutter Marie Hoffmann, geb. Zachriss, früh verstorben war. Ihr Vater Johann Hoffmann war Färber und auch "Losmann", so wurden in Ostpreußen kleine Feldpächter genannt. Er starb im Alter von nur 45 Jahren. Auguste besuchte in Sensburg die Volksschule bis zur 1. Klasse (entspricht der heutigen achten), war eine gute Schülerin und beendete ihre Schulzeit im Alter von 14 Jahren. Sie ging dann "in Stellung", d.h. arbeitete für ein Jahr bei einem Bauern und anschließend zwei Jahre im Haushalt eines Arztes.

1905, im Alter von 23 Jahren, kam sie nach Hamburg, wo sie am 8. November 1909 den Schuhmacher Joseph Hüpper (geb. 22.12.1880) heiratete. Der Sohn des katholischen Bergmanns Heinrich Hüpper stammte aus Altenhof/Kreis Olpe in Westfalen, seine Mutter hieß Maria Katharina, geb. Wurm. Zum Zeitpunkt der Eheschließung wohnte Joseph Hüpper in der Straße Kohlhöfen 17, Auguste im Bäckerbreitergang 32. Das Ehepaar zog in die Schlachterstraße 51 (die Straße gibt es heute nicht mehr). In der nahegelegenen Wexstraße 32a machte sich Joseph Hüpper als Schuhmachermeister selbstständig. Auguste und Joseph Hüpper bekamen vier Kinder: Maria Katharina (geb. 20.12.1909), Margaretha Charlotte (geb. 18.6.1911), Anna (geb. 27.6.1912, gest. 22.8.1912) und Heinrich (geb. 23.11.1915).

Während der Kriegsjahre 1915 bis 1918 verzeichneten die Hamburger Adressbücher Joseph Hüpper ohne Geschäftsadresse im Hohlerweg 19. Wahrscheinlich wurde er eingezogen und nahm am Ersten Weltkrieg teil. 1919 eröffnete Joseph Hüpper im Keller des Klopstockhauses in der Königsstraße 48/52 (heute Poststraße) wieder eine Schusterwerkstatt. Die Privatanschrift lautete jetzt Neue ABC-Straße 16.

Joseph Hüpper verstand sich als Atheist und Kommunist, in seiner Werkstatt wurde politisiert.

Ein Umzug des privaten Haushaltes erfolgte 1934 in die zweite Etage am Fürstenplatz 3 (die Straße gibt es heute nicht mehr). Etwa zu dieser Zeit schloss sich Auguste Hüpper der Glaubensgemeinschaft Philadelphia am Holstenwall 21 an (vgl. Israel Johannes Rubanowitsch, Stolpersteine in Hamburg-Eimsbüttel, www.stolpersteine-hamburg.de).

Anfang Februar 1935 wurde Auguste Hüpper wegen einer psychischen Erkrankung in die Staatskrankenanstalt Friedrichsberg eingeliefert.

Ende März 1935 verbesserte sich ihr Gesundheitszustand. In ihrer Krankenakte wurde vermerkt: "Weiterhin geordnet, ruhig, freundlich, fleißig im Haushalt, unauffällig." Aufgrund der positiven Diagnose wurde Auguste Hüpper nach Hause "beurlaubt", kehrte aber zur vereinbarten Zeit nicht wieder in die Staatskrankenanstalt zurück.

Am 27. Oktober 1935 veranlasste der Arzt Ernst Meinecke erneut ihre Einweisung in die Staatskrankenanstalt Langenhorn. Ihr psychischer Zustand hatte sich verschlechtert. Nach den Einträgen in der Krankenakte wurde sie vom Pflegepersonal als sehr freundlich, zugänglich und sehr fleißig geschildert, sie nähte und arbeitete in der Gärtnerei. Augustes verheiratete Schwester Charlotte Gerck hielt Kontakt zu ihr, im Dezember 1935 bat sie um die Ausstellung einer Besuchskarte, die sie auch erhielt.

Auch Joseph Hüpper ließ den Kontakt zu seiner Frau nicht abbrechen, bis er im September 1936 selbst schwer erkrankte. Er starb am 8. Januar 1938.

Am 27. August 1939 wurde Auguste aus der Heilabteilung Haus 16 in die Pflegeabteilung nach Düssin verlegt, einem Gut in Mecklenburg-Vorpommern, das die Hansestadt Hamburg Ende 1938 erworben hatte. Als die Hamburger Sozialverwaltung das Gut im September 1940 übernahm, um dort Insassen aus ihren Versorgungsheimen unterzubringen, wurde Auguste Hüpper am 4. Oktober 1940 in die jetzt in Heil- und Pflegeanstalt umbenannte Staatskrankenanstalt Langenhorn zurückverlegt. Am 1. Oktober hatte die Hamburger Sozialverwaltung um die Übersendung eines ärztlichen Berichts über den Gesundheitszustand der Patientin Hüpper gebeten und erhielt den Bescheid "Entlassungsmöglichkeit ist noch nicht absehbar".

Seit Kriegsbeginn erhöhte sich der Bedarf an Krankenbetten für Verwundete und Verletzte. Langenhorn wurde zu einem Hilfskrankenhaus ausgebaut, "unbrauchbare" Kranke mit hohem Pflegebedarf, geringer Arbeitsleistung oder ohne Kontakt zu Angehörigen wurden in andere Anstalten verlegt.

Obwohl Auguste Hüpper bis zuletzt in ihrer Krankenakte als "fleißige Feldarbeiterin" galt, wurde sie am 14. Juli 1943 mit 49 weiteren Patientinnen ins hessische Hadamar verlegt. Die Landesheilanstalt Hadamar war 1940 zu einer der sechs Tötungsanstalten umgebaut worden, in denen die sogenannte Euthanasie durchgeführt wurde. Im Keller der Anstalt wurde in einer als Duschraum getarnten Gaskammer mit Kohlenmonoxyd gemordet. Hadamar behielt auch nach dem Stopp der ersten Phase der "Euthanasie" im August 1941 die Funktion einer Tötungsanstalt, d.h., die Morde an psychisch Kranken und behinderten Patientinnen und Patienten wurden fortgesetzt, nicht länger unter Verwendung von Gas, sondern mithilfe überdosierter Medikamente, pflegerischer Vernachlässigung und gezielter Mangelernährung.

Am 5. Juli 1944 schickte die Anstaltsleitung in Hadamar ein "Verschlechterungsschreiben" per Telegramm an Auguste Hüppers älteste Tochter Maria Heise: "Frau Hüpper ist an einer Lungenentzündung mit hohem Fieber erkrankt. Da Herzschwäche besteht, ist Lebensgefahr nicht ausgeschlossen. Besuch ist gestattet!" Das Telegramm kam als unzustellbar zurück.

Der Kontakt zu ihrer Familie war wahrscheinlich im Juli/August 1943 wegen der schweren Luftangriffe auf Hamburg abgerissen. Augustes Schwester Charlotte Gerck wurde in Hamburg zweimal ausgebombt. Der letzte Brief, den sie am 27. August 1944 an ihre Schwester nach Hadamar schrieb und in dem sie um ein Lebenszeichen bat, erreichte diese nicht mehr.

Auguste Hüpper wurde in der Tötungsanstalt Hadamar als "unwertes Leben" ermordet. Als offiziellen Todeszeitpunkt beurkundete das Standesamt Hadamar den 7. Juli 1944, als Todesursache wurden Geisteskrankheit und Lungenentzündung angegeben. Die Beisetzung soll fünf Tage später "in aller Stille" auf dem Anstaltsfriedhof erfolgt sein, vermutlich in einem der Massengräber, die als Einzelgräber getarnt wurden.


Stand: Juli 2018
© Susanne Rosendahl

Quellen: StaH 352-8/7 Abl. 1995/01 Staatskrankenanstalt Langenhorn 22475 (Hüpper, Auguste); StaH 352-8/7 Abl. 2/1995 Staatskrankenanstalt Langenhorn 23946 (Hüpper, Joseph); StaH 332-5 Standesämter 3132 u 638/1909; StaH 332-5 Standesämter 9893 u 9/1938; Auskünfte von Rosemarie Reh am 3.12.2016; Informationsblatt der Gedenkstätte Hadamar, Gedenkstätte für die Opfer der NS-Euthanasie-Verbrechen; Diercks: "Euthanasie", S. 16 u. S. 24.

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