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Bereits verlegte Stolpersteine



Wanda Hoffmann (geborene Malinowsky) * 1894

August-Krogmann-Straße 100 (Versorgungsheim Farmsen) (Wandsbek, Farmsen-Berne)


HIER WOHNTE
WANDA HOFFMANN
GEB. MALINOWSKY
EINGEWIESEN 1940
HEILANSTALT LANGENHORN
"VERLEGT" 23.9.1940
BRANDENBURG
ERMORDET 23.9.1940
"AKTION T4"

Weitere Stolpersteine in August-Krogmann-Straße 100 (Versorgungsheim Farmsen):
Ludwig Döpking, Richard Elkeles, Martin Lentfer, Gustav Remi

Wanda Hoffmann, geb. Malinowski, geb. am 24.5.1894 (1890) in Leibitsch (heute Lubicz Dolny), ermordet am 23.9.1940 in der "Landes-Pflegeanstalt" Brandenburg an der Havel

Stolperstein Hamburg-Farmsen, August-Krogmann-Straße 100 (Versorgungsheim Farmsen)

Wanda Hoffmann kam als Tochter des Landwirts Joachim Malinowski und seiner Ehefrau Monika, geborene Geschanske, am 24. Mai 1894 (nach anderen Quellen 1890) in Leibitsch bei Thorn zur Welt. Beide Eltern bekannten sich zum jüdischen Glauben. Joachim Malinowski besaß ein Sägewerk.

Die wenigen Informationen, die über Wanda Hoffmann Auskunft geben, sind weitgehend einem Gutachten vom 30. Mai 1931 entnommen, das von Dr. Käthe Petersen, Fürsorgebehörde Hamburg, zur Vorbereitung einer Entmündigung erstellt wurde.

Wanda Hoffmanns Schulbildung endete mit dem Besuch der dritten Klasse (damals war die erste Klasse die höchste). Im Alter von 17 Jahren heiratete sie den um 34 Jahre älteren evangelischen Streckenarbeiter (Bauarbeiter) Emil Hoffmann, der angeblich gut verdiente. Mit ihm hatte Wanda zwei Kinder. Als sie 22 Jahre alt war, verließ sie ihren Ehemann und die Kinder. Sie soll dann auf Märkten umhergezogen und mit einem Händler fünf Jahre zusammengelebt haben. Wanda Hoffmann kam wiederholt mit dem Gesetz in Konflikt. Zwischen 1910 und 1937 wurde sie 57mal verurteilt, darunter 19mal wegen Unzucht, die übrigen Male wegen Betrugs, Unterschlagung, Diebstahl, Beleidigung, Widerstand, Körperverletzung, Sachbeschädigung und unerlaubten Verkaufs in Wirtschaften. Sie infizierte sich mit Geschlechtskrankheiten und wurde zur Alkoholikerin. Infolge eines Deliriums kam sie 1929 in die Staatskrankenanstalt Friedrichsberg.

1931 betrieb Dr. Käthe Petersen von der Hamburger Fürsorgebehörde ihre Entmündigung, die am 24. Juni 1931 vom Amtsgericht mit der Begründung "Geistesschwäche" während einer Strafhaft im Frauengefängnis Fuhlsbüttel beschlossen wurde. Nach Verbüßung der Strafe wurde Wanda Hoffmann am 9. September 1931 in das Versorgungsheim Hamburg-Farmsen überführt. Im April 1933 kam sie nach einem Aufenthalt in der Staatskrankenanstalt Friedrichsberg in die Staatskrankenanstalt Hamburg-Langenhorn. Von dort wurde sie bereits am 16. Juni 1933 wieder entlassen. Über ihr Leben bis zur späteren Wiederaufnahme in Langenhorn im September 1937 ist nichts bekannt. Am 22. November 1937 verlegte man Wanda Hoffmann in die Heilanstalt Lübeck-Strecknitz. Anscheinend machte sie sich in Strecknitz so nützlich, dass man auf die Arbeitsleistung der "arbeitende[n] Kranke[n]" nicht verzichten mochte. Die Anstalt in Strecknitz richtete am 12. April 1938 folgendes Gesuch an die Staatskrankenanstalt Langenhorn:
"Die Pat.[ietin] hat eine Zahnbrücke, die sämtlich fehlenden unteren Schneidezähne ersetzt und die sich im Laufe der letzten Zeit stark gelockert hat. Es handelt sich um eine arbeitende Kranke. Da die Nahrungsaufnahme infolgedessen erheblich erschwert ist, halten wir eine Reparatur der Brücke für notwendig und bitten um Übernahme der Kosten." Nach einigem Hin und Her lehnte Langenhorn den Antrag ab.

Im Frühjahr/Sommer 1940 plante die "Euthanasie"-Zentrale in Berlin, Tiergartenstraße 4, eine Sonderaktion gegen Juden in öffentlichen und privaten Heil- und Pflegeanstalten. Sie ließ die in den Anstalten lebenden jüdischen Menschen erfassen und in sogenannten Sammelanstalten zusammenziehen. Die Heil- und Pflegeanstalt Hamburg-Langenhorn wurde zur norddeutschen Sammelanstalt bestimmt. Alle Einrichtungen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg wurden angewiesen, die in ihren Anstalten lebenden Juden bis zum 18. September 1940 dorthin zu verlegen.

Wanda Hoffmann traf am 16. September 1940 aus Strecknitz in Langenhorn ein. Am 23. September 1940 wurde sie zusammen mit 135 weiteren Patientinnen und Patienten nach Brandenburg an der Havel transportiert. In dem zur Gasmordanstalt umgebauten Teil des ehemaligen Zuchthauses wurden die Patienten noch am selben Tag in die Gaskammer getrieben und mit Kohlenmonoxyd ermordet. Nur Ilse Herta Zachmann entkam zunächst diesem Schicksal (siehe dort).

Es ist nicht bekannt, ob und ggf. wann Angehörige Kenntnis von Wanda Hoffmanns Tod erhielten. In allen dokumentierten Mitteilungen wurde behauptet, dass der oder die Betroffene in Chelm (polnisch) oder Cholm (deutsch) verstorben sei. Die in Brandenburg Ermordeten waren jedoch nie in Chelm/Cholm, einer Stadt nordöstlich von Lublin. Die dort früher existierende polnische Heilanstalt bestand nicht mehr, nachdem SS-Einheiten am 12. Januar 1940 fast alle Patienten ermordet hatten. Auch gab es dort nie ein Standesamt. Dessen Erfindung und die Verwendung späterer als der tatsächlichen Sterbedaten dienten dazu, die Mordaktion zu verschleiern und zugleich entsprechend länger Verpflegungskosten einfordern zu können.

Für Wanda Hoffmann ist keine frei gewählte Adresse in Hamburg bekannt. Der Stolperstein wurde deshalb im Bereich des ehemaligen Versorgungsheimes Farmsen gelegt, in dem sie mehrere Jahre verbrachte.

Stand: Februar 2018
© Ingo Wille

Quellen: 1; 4; 5; StaH 133-1 III Staatsarchiv III, 3171-2/4 U.A. 4, Liste psychisch kranker jüdischer Patienten der psychiatrischen Anstalt Langenhorn, die aufgrund nationalsozialistischer "Euthanasie"-Maßnahmen ermordet wurden, zusammengestellt von Peter von Rönn, Hamburg (Projektgruppe zur Erforschung des Schicksals psychisch Kranker in Langenhorn); 242-4 Kriminalbiologische Sammelstelle 427 Wanda Hoffmann; 352-8/7 Staatskrankenanstalt Langenhorn Abl. 1 1995 Aufnahme-/Abgangsbuch Langenhorn 26.8.39 bis 27.1.1941; Abl. 1 1995 18971 Wanda Hoffmann; IMGWF Archiv, Patientenakte Wanda Hoffmann; JSHD Forschungsgruppe "Juden in Schleswig-Holstein", Datenpool Erich Koch, Schleswig.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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