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Bereits verlegte Stolpersteine



Kontorhaus Börsenbrücke 2–8erb. 1895-95
Kontorhaus Börsenbrücke 2–8, erb. 1895-95
© StaH

Ludwig Moritz Mainz * 1867

Adolphsplatz 1 (Hamburg-Mitte, Hamburg-Altstadt)


LUDWIG MORITZ
MAINZ
JG. 1867
FLUCHT 1934 HOLLAND
HERZINFRAKT NACH
HAUSDURCHSUCHUNG
TOT 17.8.1942

Weitere Stolpersteine in Adolphsplatz 1:
Valentin Burchard, Leopold Cohn, Otto Friedeberg, John Hausmann, Heinrich Mayer, Ivan Philip, Franz Max Rappolt, Paul Salomon, Max Stein, Dr. Heinrich Wohlwill, Cäsar Wolf, Leo Wolfsohn

Ludwig Moritz Mainz, geb. am 4.7.1867 in Frankfurt am Main, gestorben am 17.8.1942 in Amsterdam/Niederlande

Mitglied des Vorstands der Wertpapierbörse,Abteilung für Wertpapiere 1929–1933

Ludwig Moritz Mainz kam als drittes Kind und erster Sohn des Kaufmanns Moses Michael Mainz (1838–1915) und seiner Ehefrau Dorothea, geb. Oppenheimer (1839–1870), in Frankfurt am Main zur Welt. Beide stammten aus seit Langem in der Stadt ansässigen, jüdischen Händler- und Kaufmannsfamilien und hatten 1862 geheiratet. Moses Michael führte gemeinsam mit einem Verwandten das vom Großvater errichtete Manufaktur- und Modewarengeschäft Mainz & Comp. in der Fahrgasse 96, einer belebten Einkaufsstraße. Anfang der 1880er Jahre handelte die gleichnamige Firma auch mit Rohwaren und Borsten. Kurz darauf schied Moses Michael um 1884 aus dem Betrieb aus.

Im Gegensatz zu vielen jüdischen Großfamilien dieser Zeit wuchs Ludwig Moritz Mainz nur mit den beiden Schwestern Jenny (1863–1915) und Amalie (1865–1942) auf. Die Mutter war bereits am 3. Mai 1870 verstorben. Über seine Kindheit und Jugend ist weiter nichts bekannt. 1882 heiratete die ältere Schwester den Kaufmann Sally Michel Mainz (1853–1932), einen Verwandten des Vaters. Dieser hatte 1877 in Hamburg das Bankgeschäft Sally M. Mainz gegründet. Nachdem 1884 die jüngere Schwester die Ehe mit dem Kaufmann Aron Hirsch (1858–1942) eingegangen und mit ihm nach Halberstadt gezogen war, verlegte Moses Michael Mainz zusammen mit seinem Sohn Ludwig Moritz um 1885 seinen Wohnsitz nach Hamburg. 1886 verzeichnet ihn das Adressbuch unter derselben Anschrift wie seinen Schwiegersohn, Hohe Bleichen 24 in der Neustadt.Zwei Jahre später lebte die Familie dann schon in einer Etagenwohnung Rothenbaumchaussee 19 im prosperierenden jüdischen Grindelviertel. Über viele Jahre blieb der gemeinsame Wohnsitz erhalten, bis Moses Michael schließlich um 1900 in eine eigene Wohnung in der Fröbelstraße 10 zog, in der er am 19. Dezember 1915 verstarb.

Ob Ludwig Moritz Mainz bereits in Frankfurt am Main mit einer kaufmännischen Ausbildung begonnen hatte, ist ungewiss. Zumindest zwei Verwandte, Liebmann und Michael Moses Mainz, betrieben dort ihre Bank- und Wechselgeschäfte. In Hamburg arbeitete er im Bankhaus des Schwagers Sally Michel und erhielt dort am 7. Januar 1891 Prokura. Zeitgleich trat sein Cousin Hugo Mainz (1864–1932), der Sohn seines Onkels Liebmann, als Mitgesellschafter in das kleine Unternehmen in der Passage Scholvien 10 direkt am Jungfernstieg ein.

Ein schneller beruflicher Aufstieg schien Ludwig Moritz Mainz allerdings im Familienunternehmen nicht gewährleistet. So war er seit dem 29. Januar 1892 parallel auch als Prokurist tätig für das im Jahr 1870 gegründete Fondsgeschäft John M. Meyer an der Großen Bäckerstraße 26, später Schleusenbrücke 7. Zum 1. Januar 1894 wechselte der 26-Jährige danndort als Mitgesellschafter in die Geschäftsführung. Nur ein Jahr später trat der Firmengründer in den Ruhestand und Mainz übernahm die Bank als Alleininhaber unter Beibehaltung des alten, bewährten Namens. Seine Prokura für das Bankhaus des Schwagersblieb noch bis 1909 bestehen.

Auch privat gab es Veränderungen in Ludwig Moritz Mainz‘ Leben. Am 12. Juni 1894 heiratete er in Berlin Helene Hirsch, eine Verwandte seines Schwagers Aron. Helene stammte aus einer bekannten jüdischen Familie in Halberstadt, die im 19. Jahrhundert eine kleine Metallschmelze zu dem bedeutenden Industrieunternehmen Hirsch Kupfer und Messingwerke AG geführt hatte. Ihr früh verstorbener Vater Aron Joseph (1845–1880) und ihre Mutter Esther, geb. Hirsch (1851–1919), waren Enkel des Firmengründers. Helene wurde am 14. September 1873 in Halberstadt geboren und hatte drei Geschwister – Fanny Frummet (1871–1934), Katharina/Kätchen (1877–1945) und Joseph (1880–1950). Die Mutter hatte später mit den Kindern ihren Wohnsitz nach Berlin verlegt.

Das junge Ehepaar Mainz zog in der Rothenbaumchaussee 15 in eine Etagenwohnung. Dort kam am 25. Juli 1895 die Tochter Dorothea Helene zur Welt. Ein Jahr später, am 19. Oktober 1896 folgte der Sohn Arnold Ludwig und am 15. März 1900 der zweite Sohn Helmuth. Der dritte Sohn Franz Ludwig wurde am 5. August 1903 geboren, die Tochter Anita am 1. April 1908. Da war die Familie bereits das zweite Mal umgezogen, 1898 in die Rothenbaumchaussee 64 a (später Hausnummer 77) und, mit wachsender Kinderschar, 1905 in ein Einzelhaus in der Hochallee 2. Im Juni 1909 erwarb Ludwig Moritz Mainz für seine große Familie schließlich die Stadtvilla Hochallee 11 für 67.000 Mark.

Nicht nur daraus lässt sich schließen, dass Ludwig Moritz Mainzmit seinem Fonds-Kommissionsgeschäft wirtschaftlich erfolgreich war. So hatte er um 1899 gemeinsam mit dem Versicherungsmakler Gustav Adolf Cohen (später Wedekind) das Geschäftsgrundstück Glockengießerwall 17/Raboisen 1 in der Altstadt erworben, wovon ihm gut zwei Drittel gehörten. Das Bankhaus John M. Meyer pflegte in den kommenden Jahrzehnten "insbesondere das inländische Effektengeschäft … und [wurde] von Ludwig Moritz Mainz zu hoher Blüte geführt". Zahlreiche Unternehmen und begüterte Personen gehörten zu seinen Kunden. So war er unter anderem Finanzberater der Firma Hugo Stinnes GmbH und der Deutsch-Amerikanischen Petroleum-Gesellschaft (DAPG). "Der Jahresgewinn belief sich auf 50. bis 60.000,-- Mark und erlaubte dem Inhaber, trotz grosser Kinderzahl und des dadurch bedingten nicht unerheblichen Privatverbrauchs ein erhebliches Vermögen anzusammeln."

Das Bankhaus John M. Meyer wechselte mehrmals seinen Standort in der Hamburger Innenstadt, jedoch immer in unmittelbarer Nachbarschaft zur Börse und Handelskammer. Bis 1900 befand es sich an der Schleusenbrücke 7, dann bis 1909/10 am Plan 5 und danach in der Großen Johannisstraße 13. Von 1913 bis 1928 residierte die Firma an der Adolphsbrücke 4 und zog dann an die Börsenbrücke 2a um. In der Zeit nach der Inflation erwirtschaftete der Inhaber Ludwig Moritz Mainz weiterhin große Einnahmen, die sich auf mindestens 63.000 bis maximal 210.000 RM beliefen. Auch die Wirtschafts- und vor allem die Bankenkrise konnte dem solventen Unternehmen nur wenig schaden. "Das Geschäft hat die Krise 1929/1932 wesentlich besser überstanden als andere vergleichbare Bankgeschäfte, die durchweg Verluste aufwiesen."

Die Bank war im Verein der Mitglieder der Hanseatischen Wertpapierbörse in Hamburg eingetragen, eine Voraussetzung für den Effektenhandel an der Börse. Der Verein schlug Ludwig Moritz Mainz Ende 1928 als neues Mitglied für den Börsenvorstand, Abteilung Banken und Wertpapiere, vor. Das jährlich neu zu besetzende Gremium an der Handelskammer Hamburg setzte sich aus In- und Teilhabern von Privatbanken sowie Vorständen und Direktoren großer Bankhäuser in Hamburg zusammen. Ab dem Jahr 1929 wurde Ludwig Moritz Mainz jedes Jahr vom Plenum der Handelskammer wieder für dieses Ehrenamt bestimmt. Sogar noch in der NS-Zeit bescheinigten ihm führende Hamburger Bankiers, dass er das angesehene Bankhaus John M. Meyer jahrzehntelang untadelig geführt habe.

Bereits früh engagierte sich Ludwig Moritz Mainz im Ausbau seiner Bank zu einem Familienunternehmen. Während der älteste Sohn Arnold sein Studium mit Promotion abschloss und sich dann als Kunsthändler in Frankfurt am Main niederließ, absolvierten die beiden jüngeren Söhne eine kaufmännische Ausbildung. Helmuth trat danach 1919 in die Firma ein und erhielt 1920 Gesamtprokura, 1923 dann Einzelprokura. Franz machte zunächst eine Lehre bei der Bank und Im- und Exportfirma Münchmeyer& Co. am Alsterdamm 33 und war danach bis 1926 als Angestellter beschäftigt. Nach seinem Wechsel in die väterliche Devisenbank kümmerte er sich insbesondere um die Kundenakquise und konnte gemeinsam mit seinem Vater große Unternehmen wie die Reemtsma Cigarettenfabriken GmbHoder den Getreide- und Futtermittel-Import Alfred C. Toepfer sowie weitere Firmen der Waren- und Getreidebörse gewinnen. Auch dem in Frankfurt am Main als Rechtsanwalt tätigen Schwiegersohn Dr. Otto Julius Eisner, seit 1921 mit der ältesten Tochter Dorothea verheiratet, und demSohn Arnold wurden mitten in der Hyperinflation 1923 noch sicherheitshalber Prokuren erteilt.

Kurze Zeit später erschütterte ein Schicksalsschlag die Familie Mainz. Arnold hatte am 30. Juni 1924 in Frankfurt am Main Suizid begangen. Einige Jahre später gründeten die Kinder Helmuth und Anita eigene Familien, und nur noch Franz lebte bei den Eltern. Am 12. Oktober 1928 heiratete Anita den Hamburger Kaufmann Hans Norbert Julius Oettinger (1900–1944), Mitinhaber des Im- und Exportgeschäfts für Rohtabak H. N. Oettinger & Co. Am 6. Januar 1929 schloss Helmuth die Ehe mit Lore Bacharach (geboren 1909) aus Berlin. Schon bald kamen die ersten Enkel auf die Welt.Seinen Plan, das große Stadthaus in der Hochallee 11 in ein Mehrfamilienhaus umzubauen, gab Ludwig Moritz Mainz schließlich aus Kostengründen auf.

Die "Machtergreifung" der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 brachte für Ludwig Moritz Mainz in der Folge die Abstempelungals "Jude". Seit seiner Kindheit bekannte er sich zum jüdischen Glauben und war seit vielen Jahren Mitglied der Deutsch-Israelitischen Gemeinde in Hamburg. Zwar lebte die Familie nach orthodoxen Regeln, doch mit der nun beginnenden Diffamierung und Ausgrenzung hatte er nicht gerechnet. Wie andere jüdische Mitglieder der Wertpapierbörse an der Handelskammer Hamburg trat er im Rahmen der "Umwandlung", also der nationalsozialistischen "Gleichschaltung" des Börsenvorstandes Anfang April 1933 "freiwillig" zurück. Nur zwei jüdische Mitglieder verblieben noch für das Jahr 1933 im Bereich des Vereins Wertpapierbörse in dem Gremium. Die kurz darauf stattfindende Generalversammlung des Vereins der Mitglieder der Wertpapierbörse in Hamburg legte hingegen ein starkes "nationales Bekenntnis" zum NS-Staat ab, in welchem Juden nun keinen Platz mehr haben sollten.

Ludwig Moritz Mainz und seine Söhne hatten in dieser frühen Phase zunächst unterschiedliche Ansichten über die Entwicklung Deutschlands unter dem nationalsozialistischen Regime. Ludwig bekundete seine Absicht, das Bankhaus John M. Meyer im Inland weiterzuführen.Dennoch forcierte er nun den zügigen Verkauf des Geschäftshauses Glockengießerwall 17. Am 14. November 1933 wurde das Grundstück für 230.000 RM an die Deutsche Herold Volks- und Lebensversicherung AG verkauft, wovon Ludwig knapp 140.000 RM zustanden.

Helmuth Mainz fasste dagegen den Entschluss, sich in den Niederlanden eine neue Existenz aufzubauen. Die Wohnung in der Sierichstraße 52 wurde aufgelöst, die Möbel eingelagert. Helmuth meldete zwar seinen Wohnsitz bei seinen Eltern in der Hochallee 11 an, reiste jedoch schonMitte Dezember 1933 nach Amsterdam und eröffnete am 5. März 1934 sein eigenes Bankgeschäft Helmuth Mainz & Co. in der Keizersgracht 648. Ludwig Moritz Mainz unterstützte seinen Sohn samt dessen Familie und den Schwiegereltern Hugo und Berta Bacharach in den ersten Monaten im Ausland finanziell. Damit geriet er jedoch in das Visier der Devisenstelle. Nach einer Buchprüfung im April 1934 wurde am 10. Juli ein Strafverfahren gegen ihn wegen Devisenvergehens eröffnet. Mit Unterstützung des Rechtsanwalts Conrad Baasch wurde das Verfahren am 27. November 1934 eingestellt, da Helmuth bis zu seiner regulären Abmeldung Ende Mai 1934 als Deviseninländer galt.

Nach diesem Vorfallentschlossen sich Ludwig Moritz und Helene Mainz im Herbst 1934, gleichfalls nach Amsterdam auszuwandern. Ludwig stieg in das Bankgeschäft Helmuth Mainz& Co. ein, verdiente jedoch sehr viel weniger als in Hamburg. Sein entgangenes Einkommen wurde im Wiedergutmachungsverfahren mit 25.000 RM pro Jahr beziffert. "Zur Neubegründung [eines eigenen Unternehmens] unter neuen Verhältnissen reichten [seine Kräfte] jedoch nicht hin." Erst nach Zahlung einer Reichsfluchtsteuer von rund 70.000 RM konnte er anscheinend wieder über einen Teil seines restlichen Vermögens verfügen. Davon ließ er seiner inzwischen bedürftigen Schwester Amalie Hirsch regelmäßig Unterstützung zukommen.

Bereits am 1. Juli 1934 war der Sohn Franz als Mitgesellschafter in das nun als OHG firmierende Bankhaus John M. Meyer eingetreten. Außer den beiden Inhabern beschäftigte sie damals noch drei Angestellte.Franz bekam die Firma zum 7. Januar 1935 übertragen, zwar mit gemindertem Kapital, da Ludwig und Helmuth einen Teil ihrer Einlagen herausgenommen hatten, aber mit einem erheblichen Goodwill und "einer anscheinend zunächst auch treuen ‚arischen‘ Kundschaft".

Doch von einem Aufenthalt in Amsterdam im März 1936 kehrte auch Franz nicht mehr nach Hamburg zurück. Aus Furcht vor Verfolgungsmaßnahmen ließ er, wie bereits andere Bankiers, "einen Großteil ihres privaten und gewerblichen Besitzes in Deutschland zurück". Zuvor hatte er noch das elterliche Haus Hochallee 11, geschätzt auf einen Wert von 32.000 RM, am 7. Februar 1936 für 25.000 RM verkauft. Später beauftragte er einen Anwalt mit der Liquidierung der Bank. Im Juni 1936 waren sämtliche Werte bereits auf einem Sperrkonto deponiert worden, und das Restguthaben von Ludwig Moritz Mainz wurde gleichfalls eingezogen. Der Austritt der Firma John M. Meyer aus dem Verein der Mitglieder der Wertpapierbörse in Hamburg erfolgte am 21. August 1936. Am 4. Dezember 1936 war die Bank erloschen.

Auch die beiden Töchter von Ludwig Moritz Mainz hatten inzwischen Deutschland verlassen. Nachdem Otto Eisner im April 1933 aus der Anwaltskammer in Frankfurt am Main ausgeschlossen worden war, nahm er eine Stellung als juristischer Mitarbeiter der FIDES Treuhand Vereinigung in der Schweiz an und übersiedelte mit seiner Frau Dorothea nach Zürich. Diese Entscheidung bewahrte das Ehepaar später vor Verfolgung. Anita Oettinger wanderte mit ihrer Familie 1934 gleichfalls nach Amsterdam aus, wo ihre Schwiegermutter zusammen mit den beiden Söhne wieder einen Tabak-Im- und Export aufbaute.

Im Jahr 1938 wurde das Devisenstrafverfahren gegen Ludwig Moritz Mainz und seinen Sohn Helmuth im Rahmen eines Verfahrens gegen den Rechtsanwalt Conrad Baasch erneut aufgenommen. Beide reisten nicht nach Deutschland, da sie befürchten mussten, dass "sie sofort an der Grenze von der Gestapo festgenommen, zur ‚Umschulung‘ in ein KZ verbracht und dann wieder abgeschoben worden wären". Am 2. Februar 1939 erging der Beschluss des Landgerichts, die damals gezahlten Beträge von insgesamt fast 9.000 RM von Ludwig Moritz Mainz‘ gesperrtem Vermögen bei der Bank M. M. Warburg & Co. einzuziehen. Im Anschluss daran wurde Ludwig Moritz Mainz im September 1939 ausgebürgert und sein gesamtes restliches Inlandvermögen sichergestellt.

Mit der Besetzung der Niederlande im Zweiten Weltkrieg ab dem 10. Mai 1940veränderten sich die Lebensbedingungen für Ludwig Moritz Mainz und seine Familie erneut. Die in Deutschland bereits eingeführten Verfolgungsmaßnahmen mit Verboten und Ausgrenzungen wurden auch hier umgesetzt. Ab 29. April 1942 mussten Ludwig und Helene Mainz als Kennzeichnung einen "Judenstern" an ihrer Kleidung tragen. Die Familien Mainz und Oettinger rückten nun in Amsterdam enger zusammen. Am 4. Juli 1942 – Ludwigs 75. Geburtstag – fand eine unangemeldete Razzia der Sicherheitspolizei zur "Inventarisierung" der Wohnung in der Chopinstraat 5 und der vorhandenen Einrichtung statt. Ludwig erlitt daraufhin einen schweren Herzanfall und wurde in den folgenden Wochen zum Pflegefall. Kurz vor seinem Tod am 17. August 1942 wurden noch die wertvollsten Gegenstände aus der Wohnung beschlagnahmt.

Helene Mainz, ihr Sohn Helmuth mit Familie, die Tochter Anita mit Familie und Schwiegermutter wurden ab September 1942 nacheinander in das niederländische Durchgangslager Westerbork verbracht und von dort in das KZ Bergen-Belsen deportiert. Helene Mainz starb am 29. Februar 1944. Helmuth gehörte mit seiner Frau und den beiden Töchtern zu den "Austauschhäftlingen" mit Zulassungszertifikaten für Palästina und konnte am 30. Juni 1944 ausreisen. Nach Kriegsende ging die Familie zurück in die Niederlande, wo Helmuth am 15. März 1954 Selbstmord beging. Während Hans Oettinger am 17. November 1944 im KZ Bergen-Belsen verstarb, überlebten Anita Oettinger und ihr Sohn und gingen im Frühsommer 1945 zunächst zurück nach Amsterdam. Von dort emigrierten beide im Februar 1948 in die USA.Anita starb am 25. Januar 1991 in New York.Der bereits 1939 in die USA emigrierte Sohn Franz änderte seinen Namen in Frank Mayne, heiratete dort die Emigrantin Geraldine (Gerda) David (geboren 7. September 1909 in Berlin) und verstarb am 7. Dezember 1958.

An Helene Mainz erinnert ein Stolperstein vor dem Wohnhaus der Familie in der Hochallee 11.


© Text mit freundlicher Genehmigung der Handelskammer Hamburg (Hrsg.) entnommen aus: "Gegen das Vergessen. Opfer totalitärer Verfolgung aus dem Ehren- und Hauptamt der Handelskammer Hamburg". Hamburg 2019


Stand: Oktober 2019
© Barbara Günther

Quellen: 2; 5; BArch Berlin-Lichterfelde R 13-XVIII Nr. 135 (Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe, Firma John M. Meyer); BArch Berlin-Lichterfelde R 13-XVIII Nr. 164 (Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe, Firma John M. Meyer); Evangelisches Kirchenbuchamt Hannover, Kirchgemeinde Stadt Frankfurt, Trauungsbuch, S. 493; Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden 903_10255 (Standesbücher Frankfurt am Main, Sterberegister 1861 Nr. 448); Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden 903_10269 (Standesbücher Frankfurt am Main, Sterberegister 1870 Nr. 308); Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden 903_10488 (Standesamt Frankfurt am Main, Sterberegister 1895 Nr. 3052); Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden 903_10891 (Standesamt Frankfurt IV, Sterberegister 1924 Nr. 785); Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden 903_8802 (Standesbücher, Geburtenbuch 1853 Nr. 59); Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden 903_8829 (Standesbücher Stadt Frankfurt am Main, Trauungsbuch 1862 Nr. 246); Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden 903_9418 (Standesamt Niederrad und Oberrad, Heiratsregister 1882 Nr. 803); Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden 903_9433 (Standesamt Bornheim, Heiratsregister 1884 Nr. 647); Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden 924_1180 (Standesamt Bad Nauheim, Heiratsregister 1921 Nr. 53); Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden 925_2934 (Standesamt Wiesbaden, Sterberegister 1942 Nr. 1842); HK-Archiv 53.D.2.2.9. (Ernennung der Mitglieder der Allgemeinen Abteilung des Börsenvorstandes (Börsenkommission) 1926–1934); HK-Archiv 53.D.3.2.10 (Ernennung des Vorstandes der Wertpapierbörse 1927–1933); Landesarchiv Berlin, Heiratsregister Standesamt Berlin XII a 259/1894, lfd. Nr. 322; StAHH 213-11_05870/39 (Landgericht Hamburg, Strafsache Ludwig Mainz, Wiederaufnahmeverfahren); StAHH 213-13_11489 (Landgericht Hamburg, Wiedergutmachung, Jewish Trust Claim für Ludwig Moritz Mainz); StAHH 213-13_2350 (Landgericht Hamburg, Wiedergutmachung, Ludwig Mainz Nachlass); StAHH 231-3_A 12 Band 22 (Firmenregister F 27736); StAHH 231-3_A 12 Band 31 (Firmenregister F 31435); StAHH 231-3_A 13 Band 17 (Gesellschaftsregister I, G 29160); StAHH 231-3_A 7 Band 46 (Prokuren-Protokoll P 11298); StAHH 231-7_A 1 Band 10 (Handelsregister A 2664); StAHH 231-7_A 1 Band 46 (Handelsregister A 11240); StAHH 314-15_F 1612 (Oberfinanzpräsident, Helmuth Mainz); StAHH 314-15_F 1616 (Oberfinanzpräsident, Ludwig Moritz Mainz); StAHH 314-15_FVg 7489 (Oberfinanzpräsident, Franz Ludwig Mainz); StAHH 332-5_13272 (Standesamt Hamburg 03, Geburtsregister 1900 Nr. 630); StAHH 332-5_8025 (Standesamt Hamburg 03, Sterberegister 1915 Nr. 137); StAHH 332-5_8026 (Standesamt Hamburg 03, Sterberegister 1915 Nr. 873); StAHH 332-5_9110 (Standesamt Hamburg 03, Geburtsregister 1895 Nr. 1369); StAHH 332-5_9122 (Standesamt Hamburg 03, Geburtsregister 1896 Nr. 1885); StAHH 351-11_23224 (Amt für Wiedergutmachung, Hans Norbert Julius Oettinger); StAHH 351-11_23417 (Amt für Wiedergutmachung, Helmuth Mainz); StAHH 351-11_26935 (Amt für Wiedergutmachung, Frank Mayne (Franz Mainz)); StAHH 351-11_39030 (Amt für Wiedergutmachung, Geraldine Mayne für Frank Ludwig Mainz); Adressbuch von Frankfurt a. M.; Hamburger Adressbuch; Köhler, Ingo: Die "Arisierung" der Privatbanken im Dritten Reich. Verdrängung, Ausschaltung und die Frage der Wiedergutmachung, (Schriftenreihe zur Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 14) 2. Aufl. München 2008, S. 408; Offizielles Hamburger Börsen-Adressbuch.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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