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Bereits verlegte Stolpersteine



Klara Magnus (geborene Fränkel) * 1871

Eimsbütteler Chaussee 25 (Eimsbüttel, Eimsbüttel)


HIER WOHNTE
KLARA MAGNUS
GEB. FRÄNKEL
JG. 1871
DEPORTIERT 1941
ERMORDET IN
MINSK

Weitere Stolpersteine in Eimsbütteler Chaussee 25:
Johanna Magnus, Moses Samuel Magnus, Paul Meyer, Sofie Wiesenfeld

Clara Magnus, geb. Fränkel, geb. am 30.1.1871 in Altona, deportiert am 18.11.1941 ins Getto Minsk

Moses Samuel Magnus, geb. am 30.1.1871 in Kiel, deportiert am 18.11.1941 ins Getto Minsk

Johanna Magnus, geb. am 14.6.1901 in Altona, deportiert am 25. Oktober 1941 ins Getto Lodz ("Litzmannstadt"), von dort am 15.5.1942 in das Vernichtungslager Chelmno/ Kulmhof

Eimsbütteler Chaussee 25

Am 30.1.1871 gab es für die Familien Magnus in Kiel und Fränkel in Altona jeweils einen Grund zum Feiern: ihre Kinder Moses Samuel Magnus und Clara Fränkel kamen zur Welt. Mitte der 1870er Jahre ließ sich Familie Magnus in der Hamburger Neustadt nieder. Sie war im Tabakhandel tätig. Über die Familie Fränkel ist wenig bekannt. Im Altonaer Adressbuch von 1875 findet sich ein Eintrag, dass sie in der Großen Bergstraße lebte.

Über die Kindheit und Jugendzeit oder Ausbildung von Moses Samuel oder Clara Fränkel wissen wir ebenso wenig wie darüber, bei welcher Gelegenheit sich die zukünftigen Eheleute kennengelernt hatten. Moses Samuel Magnus, der sich nun Arthur nannte, und Clara Fränkel heirateten am 13. Dezember 1900 in Altona, wo sie auch lebten. In Altona, welches zu der Zeit noch nicht zu Hamburg gehörte, kamen ihre beiden Kinder Johanna und Walter am 14.6.1901 und am 5.11.1903 zur Welt. Anfang der 1910er Jahre bezog die Familie eine 4 ½ Zimmer Wohnung in der dritten Etage der Eimsbütteler Chaussee 25 in Hamburg. Demnach ging der Familienvater einer einträglichen Berufstätigkeit als Lebensmittelmakler nach.

Die Eimsbütteler Chaussee hatte sich im Laufe der Jahrzehnte zu einer Einkaufstraße mit einem vielfältigen Angebot entwickelt. Das galt für den alltäglichen Bedarf sowie darüber hinaus. In den Hinterhöfen ringsum hatten sich diverse Handwerke sowie Kleingewerbebetriebe angesiedelt. Zudem fuhren mehrere Straßenbahnlinien durch die Einkaufsstraße bzw. kreuzten diese, sodass die Eimsbütteler Chaussee auch für Bewohner anderer Stadtteile gut erreichbar war.

Wir erfuhren wenig über das Leben der Familie Magnus. Die Kinder wuchsen heran und gingen zur Schule. Tochter Johanna arbeitete dann als Kontoristin, in welchen Branchen sie ihrer Tätigkeit nachging ist nicht bekannt. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise verlor Johanna Magnus 1929 ihren Arbeitsplatz. Danach half sie in verschiedenen Haushalten bei einem geringen Entgelt plus Verpflegung. Wohl aufgrund dessen blieb sie zunächst weiterhin in der elterlichen Wohnung.

Walter Magnus absolvierte ab 1920 eine Ausbildung zum Einkäufer in der Altonaer Firma Max Victor für Häute und Felle, in der er bis zum Ende der 1920er Jahre arbeitete. Zwischenzeitlich lernte Walter seine zukünftige christliche Ehefrau Elisabeth Charlotte Wasserberg (1903 Königsberg - 1989 USA) kennen. Am 30. Juli 1929 heirateten sie in Hamburg und fanden eine passende Wohnung in Barmbek. Einhergehend wechselte Walter in die Firma Max Liebes in der Hamburger Altstadt, wo er bis 1934 als Einkäufer für Häute tätig war. Dadurch entstanden auch Kontakte in die Niederlande, die einige Jahre später für Walter Magnus sehr wichtig wurden.

Mittlerweile hatten sich die Verhältnisse für Juden gravierend verändert. In den 1930er Jahren gerieten die Familien in finanzielle Schwierigkeiten, bedingt durch die von den Nationalsozialisten ab 1933 erlassenen Gesetze, Verordnungen etc. Diese schränkten das Leben der Juden immer weiter ein. Ein markantes Signal dürfte der 1. April 1933 mit dem Boykott jüdischer Geschäfte gewesen sein. Dieses Signal erregte Aufmerksamkeit und die nicht jüdischen Geschäftsinhabern der Eimsbütteler Chaussee profitierten davon. Die beiden Firmen, in denen Walter Magnus viele Jahre seiner Arbeit nachgegangen war, wurden "arisiert" und die Inhaber emigrierten. Walter Magnus, nun arbeitslos geworden, fand keine neue Beschäftigung. Auch seine Schwester Johanna durfte nur noch bei einem jüdischen Arbeitgeber tätig sein.

Walter und Elisabeth Magnus sahen für sich und ihre am 2.9.1935 geborene Tochter Liane Mirjam, keine Zukunft mehr im Deutschen Reich. Am 26. März 1936 flüchteten sie aus Hamburg und ließen sich in Zoppot (heute Sopot/ Polen) nieder, direkt an der Ostsee und ca. 10 Kilometer von Danzig (heute Gdansk/ Polen) entfernt gelegen. Ein Jahr später kam der gemeinsame Sohn Bernd dort zur Welt. Bis 1920 hatte Zoppot zum Deutschen Reich gehört. Einige Jahre nach Beendigung des 1. Weltkrieges und aufgrund des Versailler Vertrages gehörten Zoppot und einige kleine Orte zur Freien Stadt Danzig. Womit Walter Magnus hier den Lebensunterhalt verdiente, ist nicht überliefert.

Seine Schwester Johanna Magnus beabsichtigte im Spätsommer 1939 nach England auszuwandern. Vermutlich scheiterte dies am Kriegsbeginn am 1. September 1939. Für kurze Zeit wohnte sie noch zu Hause. Auf Johannas Kultussteuerkarte der Jüdischen Gemeinde findet sich der Hinweis, dass sie 1940 bei dem Ehepaar Chassel (siehe www.stolpersteine-hamburg.de) in der Isestraße wohnte und möglicherweise für Kost und Logis im Haushalt half. Danach wohnte Johanna Magnus im Haus der Witwe Kiewy in der Johnsallee 29.

Bereits mit dem ersten Hamburger Transport am 25. Oktober 1941 deportierten die Nationalsozialisten Johanna Magnus in das Getto Lodz ("Litzmannstadt") im vom Deutschen Reich besetzten Polen und von dort im Mai 1942 in das Vernichtungslager Chelmno/ Kulmhof. In Kulmhof wartete bereits ein Gaswagen, der bis zu 100 Menschen aufnehmen konnte. Erreichte der LKW das "Waldlager", waren die Opfer bereits gestorben.

Moses Samuel und Clara Magnus lebten gegen Ende der 1930er Jahre von staatlicher Unterstützung. Zudem vermieteten sie Zimmer, um "über die Runden" zu kommen. So wohnte Sofie Wiesenfeld (siehe www.stolpersteine-hamburg.de), die von den Nationalsozialisten aus Oldenburg vertrieben worden war, für einige Monate bei ihnen. Ebenso fand der Arbeiter Paul Meyer (siehe www.stolpersteine-hamburg.de) Unterkunft bei dem Ehepaar bis zu seiner Deportation am 8. November 1941 nach Minsk.

Mit dem dritten Hamburger Transport, am 18. November 1941, deportierten die Nationalsozialisten auch Moses Samuel und Clara Magnus nach Minsk, sie kehrten nicht zurück.

Stolpersteine erinnern an sie und Johanna Magnus in der Eimsbütteler Chaussee 25 (statt Clara dort Klara).

Der Oberfinanzpräsident gab am 20. Januar 1942 die Aufforderung zur zweiten Versteigerung des Hausrates bekannt. Die Firma Pommerenke sorgte für die Räumung der Wohnung und verbrachte das Inventar zur Drehbahn, dem Sitz der Gerichtsvollzieherei. Anfang März 1942 wurde dem Oberfinanzpräsidenten der Erlös der Versteigerung in Höhe von 572,95 Reichsmark überwiesen.

Welche weiteren Spuren fanden sich zu Walter Magnus:
Nach Kriegsbeginn September 1939 vermehrten sich auch in Polen die Verfolgungsmaßnahmen gegen Juden, fortan hatte Walter Magnus Zwangsarbeit zu leisten. Deshalb beschloss er, in eines der Länder zu flüchten, die noch Emigranten aufnahmen, und nutzte seinen ehemaligen Geschäftskontakt zur Firma Kaufmanns Huidenhandel in Rotterdam/ Niederlande. Dessen Inhaber halfen ihm zu emigrieren, indem sie alle Kosten sowie die erforderliche Dokumentenabwicklung übernahmen. So ließ Walter Magnus seine christliche Frau mit den beiden kleinen Kindern zurück.

Anfang 1940 reiste Walter Magnus nach Hamburg, um sich von seinen Eltern zu verabschieden. Von Hamburg aus fuhr er mit dem Zug nach Rotterdam, dann per Schiff in die Dominikanische Republik. Dort erkrankte er schwer an Malaria, woraus sich in späteren Jahren bleibende gesundheitliche Beeinträchtigungen entwickelten. Erst 1946 gelangte er in die USA, wo er nach so vielen Jahren seine Frau und die beiden Kinder wieder traf. Wir fanden keine Spuren, unter welchen Umständen seine Familie die Kriegszeit überlebte. Walter und Elisabeth Magnus starben 1989, deren Sohn Bruno starb 2014 als angesehener Philosophie-Professor in den USA.

Auch die Inhaber der Firma Kaufmanns Huidenhandel verließen zu einem unbekannten Zeitpunkt die Niederlande aufgrund der Verfolgungsmaßnahmen durch die Nationalsozialisten. Die Firma wurde in New York/ USA weitergeführt. Nachdem Walter Magnus wieder arbeitsfähig war, konnte er dort eine Tätigkeit aufnehmen und blieb, bis er seine "Schulden" abgearbeitet hatte.

Stand: September 2020
© Sonja Zoder

Quellen: 1; 4; 5; 8; 9; StaH 214-1/475 Gerichtsvollzieherwesen; StaH Standesämter 332-5/5952-1273/1900; 332-5/18510-1772/1902; 332-5/13981-2958/1903; 332-5/13108-437/1929; StaH 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge Sonderakten 1538; 351-11 (AfW) 27980; Baumbach: Wo Wurzeln waren, Hamburg 1993, S. 262 und Beiheft S. 17, 25, 26; Das unbekannte Vernichtungslager Kulmhof am Ner (Chelmno nad Nerem) Geschichte und Erinnerung. Begleitheft zur Ausstellung, Hamburg 2013; Altonaer und Hamburger Adressbücher; URL: https://www.tracingthepast.org/minority-census am 2.6.2016; https://www.legacy.com/obituaries/name/bernd-magnus-obituary?pid=173094520 am 10.6.2015; https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Kaufmann%27s_Huidenhandel#/media/File:Kaufmann's_ Huidenhandel_02.jpg jeweils am 22.8.2020; https://ome-lexikon.uni-oldenburg.de/regionen/reichsgau-danzig-westpreussen am 16.9.2020.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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