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Bereits verlegte Stolpersteine



Charlotte von Halle (geborene Joseph) * 1876

Eichenstraße 46 (Eimsbüttel, Eimsbüttel)


HIER WOHNTE
CHARLOTTE
VON HALLE
GEB. JOSEPH
JG. 1876
DEPORTIERT 1943
THERESIENSTADT
1944 AUSCHWITZ
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Eichenstraße 46:
Charles Ernest Halle´

Charlotte von Halle, geb. Joseph, geboren am 3.5.1876, deportiert am 10.3.1943 nach Theresienstadt, am 15.5.1944 nach Auschwitz weiterdeportiert und ermordet

Eichenstraße 46, Rotherbaum

Charlotte Joseph wurde als Kind der jüdischen Eheleute Salomon Joseph und Sara Joseph, geb. Meyer, geboren. Sie erblickte am 3.5.1876 als erstes von fünf Kindern in Hamburg in der Karolinenstraße 18 auf St. Pauli das Licht der Welt. (Salomon Joseph verstarb am 12. März 1918 in Hamburg, Sara Joseph am 26. Oktober 1931. Beider Beisetzungen erfolgten auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel.)

Wir wissen über die Kindheit von Charlotte Joseph nichts zu berichten.

Sie heiratete Bernhard Philipp von Halle am 23. Oktober 1896 in Hamburg im Standesamt 3. Bernhard von Halle war am 1.12.1872 in Hamburg als erstes von drei Kindern der ebenfalls jüdischen Eheleute Philipp von Halle und seiner Ehefrau Jeanette, geb. Josias, geboren worden.
(Philipp von Halle verstarb am 7. Mai 1888 in Hamburg, Jeanette von Halle am 17. Dezember 1902 in Berlin. Wo Jeanette von Halle beigesetzt wurde, wissen wir nicht. Philipp von Halle wurde auf dem Hamburger Jüdischen Friedhof Ilandkoppel beigesetzt).

Charlotte und Bernhard von Halle lebten fortan in der Neanderstraße 37 in Berlin-Mitte. Hier kamen die Kinder Ferdinand Philipp (geb. 15.11.1897), Gertrud Betty (geb. 11.2.1899) und Otto Bernhard (geb. 13.8.1901) zur Welt.

Bernhard von Halle wurde in den Hamburger Adressbüchern von 1908 bis 1917 als "Reisender" (Vertreter) geführt. Vermutlich pendelte er zwischen Berlin und Hamburg. Das Ehepaar von Halle wohnte 1908 in Hamburg in der Hoheluftchaussee 86, 1909 in der Tegetthoffstraße 8 in Eimsbüttel.

Bernhard von Halle ließ sich am 3. Juni 1912 als Mitglied der Jüdischen Gemeinde Hamburgs registrieren. Die Familie lebte jetzt bis 1917 in der Rutschbahn 5 im Stadtteil Rotherbaum. 1918 machte sich Bernhard von Halle mit einem Wein- und Spirituosengeschäft in der Mercurstraße 3 auf St. Pauli (die Straße existiert nicht mehr) selbstständig.

Es folgten unruhige Jahre, in denen das Geschäft wie die private Wohnung immer wieder die Adresse wechselten: 1919 verlegte er die Likörhalle in die Böhmkenstraße 9-10 in der Hamburger Neustadt, dann Geschäft und Wohnung in den Grindelhof 50. Die Familie ließ sich 1921 bis 1922 in der Eichenstraße 81 auf St. Pauli nieder.

Bernhard von Halle trat auch in einen Versandhandel mit Spirituosen, Lazare Buteau & Co., Inhaber Otto Niedermanner, als Gesellschafter mit ein, was er am 6. Juli 1922 ins Handelsregister eintragen ließ. Am 22. September 1922 wurde als weiterer Gesellschafter Otto Friedrich Salein als Gesellschafter aufgenommen.

Die Likörhalle befand sich von 1921 bis 1927 in der Weidenallee 2-4 in Eimsbüttel. Das Spirituosengeschäft lief offensichtlich so gut, dass er 1921 eine Filiale in der Humboldtstraße 3 in Barmbek-Süd eröffnete. Diese schloss er zwar nach kurzer Zeit wieder, doch 1923 eröffnete er Filialen in der Mühlenstraße 50 in Wandsbek, in der Hamburgerstraße 108 in Barmbek-Süd, am Billhorner Röhrendamm 111b in Rothenburgsort, der Straße Beim Grünen Jäger und der Margaretenstraße 40 in Eimsbüttel. Allerdings musste er in dieser Hyperinflationszeit alle Filialen außer der Beim Grünen Jäger im Jahr darauf wieder schließen.

Charlotte von Halle hatte in dieser Zeit die Kinder großgezogen, die mittlerweile die elterliche Wohnung verlassen hatten, und den Haushalt geführt. Ob sie zudem oder nach dem Auszug der Kinder im Geschäftsbetrieb ihres Ehemannes tätig war, wissen wir ebenso wenig wie anderes aus ihrem Leben in diesen Jahren.

Charlotte und Bernhard von Halle wechselten weiter ständig die Wohn- und Geschäftsadresse: 1925 bis 1926 lebten sie in der Gryphiusstraße 1 in Winterhude, zwei Jahre später logierten Likörhandel und Wohnung in der Ludolfstraße 42 in Eppendorf. Das Ehepaar von Halle wohnte ab 1928 in der Straße Sonnenau Nr. 4 in Eilbek.

Bernhard von Halle verstarb am 28. August 1930 im Krankenhaus Eppendorf. Er wurde auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel beigesetzt. Am 25. April 1931 wurde das Geschäft Lazare Buteau & Co. im Handelsregister gelöscht.

Die verwitwete Charlotte von Halle war nun 54 Jahre alt und stand offensichtlich nicht sonderlich gut versorgt da. In den Adressbüchern fehlen die Angaben zum Wohnort von Charlotte von Halle für die Jahre 1932 bis 1936, vermutlich lebte sie irgendwo zur Untermiete. 1937 meldete sie sich wieder mit einer Wohnung in der Isestraße 35 an, zog 1939 um in die Isestraße 75 und 1940 in das Warburg Stift in der Bundesstraße 43. In diesem Stift konnten Menschen, die in ärmlichen Verhältnissen lebten, ohne Unterschied der Konfession eine Wohnung finden. (1941 wurde es von der Stadtverwaltung zum "Judenhaus" erklärt, 1943 brannte das Gebäude aus. Heute befindet sich in dem ehemaligen Stift ein Universitätsinstitut.)

Am 15. September 1942 musste Charlotte von Halle in das ehemalige Jüdische Krankenhaus, nun ein "Judenhaus", in der Schäferkampsallee 25-27 umziehen. Dort erhielt sie den Deportationsbefehl für den 10. März 1943.

Da sie älter als 65 Jahre war, lautete das Deportationsziel Theresienstadt. Mit ihr wurden 49 weitere Menschen dorthin deportiert. Ihr Zug traf am 12. März 1943 ein. Mehr als ein Jahr lebte Charlotte von Halle in dem "Altersgetto".

Am 15. Mai 1944 wurde die nunmehr 68jährige Charlotte von Halle nach Auschwitz weiterdeportiert und dort wahrscheinlich noch am Tage ihrer Ankunft ermordet.

Zum Schicksal der Kinder von Bernhard und Charlotte von Halle:
Ferdinand Philipp von Halle (geb. 15.11.1897) hatte am 21. Dezember 1933 Frieda Marie Sophie Neffle (geb. 1.11.1906) geheiratet. Das Ehepaar flüchtete 1938 nach Brasilien. Ferdinand Philipp von Halle verstarb am 22. Juni 1952 im Krebshospital in Santa Kruz in Sao Paulo.

Gertrud Betty von Halle (geb. 11.2.1899) hatte am 26. Juli 1918 Oscar Louis von Halle (geb. 1.10.1886) geheiratet. Sie verstarb am 26. Januar 1919 in Hamburg und wurde auf dem jüdischen Friedhof Ilandkoppel beigesetzt. In seiner zweiten Ehe heiratete Oscar Louis von Halle am 31. Mai 1920 Henriette Cohn (geb. 29.3.1896). Das Ehepaar bekam zwei Kinder Hans Jürgen (geb. 7.5.1921) und Gerd Siegmund (geb. 2.12.1922). Hans Jürgen von Halle wurde in Mauthausen ermordet, Oscar Louis von Halle am 31. Januar 1944 in Auschwitz (siehe www.stolpersteine-hamburg.de.) Henriette und Gerd Siegmund von Halle überlebten die Zeit des Nationalsozialismus und wanderten dann in die USA aus.

Otto Bernhard von Halle (geb. 13.8.1901) hatte am 13. August 1932 die nichtjüdische Erna Marie Frieda Koops (geb. 10.7.1906) geheiratet. Das Ehepaar bekam drei Kinder: Xenia von Halle (geb. 21.9.1929), Bernhard von Halle (geb. 13.4.1931) und Irmgard von Halle (geb. 21.4.1936). Das Ehepaar ließ sich scheiden. Otto Bernhard von Halle verzog mit seinen Kindern am 26. Juni 1934 nach Fürstenwalde. Er schloss dort am 29. Dezember 1934 die Ehe mit der nichtjüdischen Klara Anna Liesbeth Bischoff (geb. 3.4.1912). Sie verstarb am 27. April 1945 im Luftschutzbunker Anhalter Bahnhof in Berlin. 1945 zog Otto Bernhard von Halle wieder nach Hamburg und verstarb am 8. Dezember 1956.

Zum Schicksal der Geschwister von Bernhard Philipp von Halle:
Jette von Halle (geb. 9.1.1868) hatte am 15. März 1910 Isidor Salinger (geb. 29.4.1863) geheiratet. Sie verstarb am 28. Mai 1939 in Berlin. Isidor Salinger wurde am 2. März 1943 nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Ferdinand von Halle (geb. 28.11.1870) hatte am 24. Dezember 1904 Rieke Rosenthal (11.9.1872) in Berlin geheiratet. Er verstarb im Ersten Weltkrieg. Rieke von Halle verstarb am 28. August 1942 in Theresienstadt. Für Rika (wie sie genannt wurde) von Halle wurde ein Stolperstein in der Niebuhrstraße 62 verlegt. (siehe www.stolpersteine-berlin.de)

Zum Schicksal der Geschwister von Charlotte von Halle:
Betsy Joseph (geb. 4.6.1877) verstarb am 5. November 1878 in Hamburg.

Rosalie Joseph (geb. 8.8.1878) hatte am 20. März 1914 den Bürgermeister Martin Horwitz (geb. 27.9.1876) geheiratet. Das Ehepaar lebte in Breslau. Rosalie Horwitz verstarb am 25. Februar 1920 und wurde in Hamburg auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel beigesetzt.

Johanna Joseph (geb. 4.4.1880) hatte am 29. Juni 1911 Abraham Riegel (geb. 22.12.1872) geheiratet. Wann sie verstarben, ist uns nicht bekannt.

Max Marcus Joseph (geb. 20.7.1885) hatte am 13. Juni 1913 Gretchen Rebecca Daltrop (geb. 10.6.1893) geheiratet. Die Ehe wurde am 29. August 1925 geschieden. Er konnte sich in die USA retten und verstarb am 27. November 1963 in Los Angeles.

Stand: August 2021
© Bärbel Klein

Quellen: 1; 2; 3; 4; 5; 6; 8; Geburtsurkunde Berlin 2324/1892; Geburtsurkunde Berlin 800/1896; Geburtsurkunde Berlin 1842/1897; Geburtsurkunde Berlin 225/1899; Heiratsurkunde Berlin 730/1909; Heiratsurkunde Rostock 459/1906; Heiratsurkunde Rostock 39/1911; Sterbeurkunde Rostock 986/1921; Sterbeurkunde Berlin 2559/1945; StaH 332-5_1438/1867; 332-5_1052/1867; 332-3_1962/1872; 332-5_2101/1876; 332-5_3252/1878; 332-5_1637/1880; 332-5_2124/1884; 332-5_2732/1885; 332-5_3617/1885; 332-5_159/1913; 332-5_4805/1886; 332-5_1506/1888; 332-5_760/1895; 332-5_496/1896; 332-5_1735/1912; 332-5_1687/1930; 332-5_197/1918; 332-5_182/1918; 332-5_326/1919; 213-13_3337 Henriette von Halle; 213-13_3338 Oskar Louis von Halle; 213-13_31070 Henriette von Halle; 213-13_31726 Gerald von Halle; 311-2IV-D V I D 2 K XL III A Verkauf des Grundstück Volkmannstraße (Grundbuch Barmbek, Blatt 366324-1_K 10053 Stubbenhuk 2; 324-1_K 9509 Herderstraße 42-48; 324-1_K 11021 Bau des Hauses Stahltwiete 18 (früher Jägerstraße Juli 1913); 351-11_4612 Charlotte von Halle; 351-11_8454 Oscar Louis von Halle; 351-11_8455 Oscar Louis von Halle; 351-11_16081 Bernhard Philipp von Halle; 351-11_17549 Manfred Peter von Halle; 351-11_19120 Henriette von Halle; 351-11_19621 Ferdinand Philipp von Halle; 351-11_24735 Otto Bernhard von Halle; 741-2_1/2271 Halle, von (Band) Stammtafel Ahnenforschung; Alfred Gottwald und Diana Schulle, Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich, Wiesbaden 2005, S. 351; Michael Studemund-Halevy, Im Jüdischen Hamburg, Hamburg 2011, S.166; www.geni.com; www.ancestry.de, www.wikipedea.de (Einsicht am 01.11.2020).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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