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Kurt Löwengard in den 1930er Jahren
© AVK Maike Bruhns

Kurt Löwengard * 1895

Eppendorfer Landstraße 60 (Hamburg-Nord, Eppendorf)

London tot 08.01.1940
(starb an Entbehrung kurz nach Flucht/London)

Siehe auch:

Kurt Löwengard, geb. 2.4.1895 in Hamburg, gestorben am 8.1.1940 in London

Eppendorfer Landstraße 60

Kurt Löwengard wurde am 2. April 1895 als ältester Sohn des bekannten Hamburger Architekten Alfred Löwengard geboren. Nach Kurt kamen drei Geschwister zur Welt: Auguste-Natalie "Gusti", die später den Namen Ruth annahm, Käthe-Marie und Manfred. Die Familie bewohnte vor dem Ersten Weltkrieg eine Etagenwohnung in der Oberstraße und zog dann in das selbst entworfene Haus in der Sierichstraße 177. Die väterlichen Vorfahren lebten seit mehreren Generationen in Hamburg und betrieben ein Antiquitätengeschäft am Neuen Wall. Dass im Hause Löwengard mit vier Kindern und Personal in den schwierigen Zeiten der 1910er und 1920er Jahre keine großen Sprünge zu machen waren, ergibt sich aus dem erhaltenen Briefwechsel zwischen Vater und Sohn.

Kurts Mutter, Jenny Löwengard, stammte aus Wien und war jüdisch-italienischer Herkunft. Sie war eine geborene Kanitz, ihr Vater war als Bankier tätig. Von seiner Mutter erbte Kurt den Charme, sie war eine liebenswürdige Frau. Sein dunkles, brünettes Äußeres, das manche für ägyptisch oder indisch, viele aber auch für typisch jüdisch hielten, war auf die italienische Großmutter zurückzuführen. Jenny war sehr musikalisch, wobei die ganze Familie ihre Neigung zur Musik teilte. Alfred und Jenny waren freisinnig erzogen worden, traten aus der Synagoge aus und ließen ihre Kinder evangelisch taufen, aus Dankbarkeit für die Emanzipation des Judentums. Löwengards gehörten zu den kultivierten, hochgradig assimilierten Hamburger Jüdinnen und Juden, die sich in der Lebensführung von ihrer nichtjüdischen Umgebung nicht unterschieden. Kurt wurde Maler, seine Schwester Gusti studierte Germanistik und heiratete den Neurologen Fritz Künkel. Käthe heiratete den Konzertbegleiter und Opernfachmann Gustav Witt, Manfred erlernte den Beruf des Graphologen.

Im Ersten Weltkrieg diente Kurt Löwengard von 1916 bis 1918 als Kanonier in Russland und als Telefonist an der französischen Front; er wurde zweimal ausgezeichnet. 1919 begann er ein Studium am Bauhaus in Weimar. Von dort unternahm er Ende 1920 ausgedehnte Studienreisen. Seit 1922 lebte er freischaffend in Hamburg. Seinen Lebensunterhalt verdiente er mit Unterricht, außerdem fertigte er Vignetten, Radierungen, Titelzeichnungen und Holzschnitte sowie Plakatentwürfe an.

Seit 1923 nahm Löwengard regelmäßig an den Ausstellungen der Hamburgischen Sezession teil; er gehörte zu den angesehensten Mitgliedern dieser Künstlervereinigung. Mit Willem Grimm, Karl Kluth und Hans Martin Ruwoldt verband ihn eine tiefe Freundschaft, aber auch zu den älteren Mitgliedern der Sezession, wie Alma del Banco, Gretchen Wohlwill, Eduard Bargheer und vielen anderen stand er in engem Kontakt.

In der Zeit zwischen 1929 und 1932 hatte der Hamburger Senat unter fachkundiger Beratung durch Oberbaudirektor Fritz Schumacher und die Museumsdirektoren Max Sauerland und Gustav Pauli an fünfzehn Hamburger Künstler den Auftrag vergeben, Wandbilder für öffentliche Bauten zu schaffen. Kurt Löwengard erstellte im Rahmen dieser Aktion ein Tryptichon auf Leinwand "Arbeiter im Hamburger Hafen" für die Schule an der Schlankreye Nr. 13, das durch einen glücklichen Zufall in dieser Schule überdauern konnte.

Nach dem Tod des Vaters 1929 musste Löwengards Mutter Jenny das Haus in der Sierichstraße verkaufen, in dem Kurt ein schönes "Giebelatelier" hatte. Jenny bezog danach eine Dreieinhalbzimmerwohnung im Rehagen 9 (jetzt Gustav-Leo-Straße), nicht weit von Kurt Löwengards Wohnatelier an der Eppendorfer Landstraße 60.

Im Mai 1933 wurde Löwengards Aquarellausstellung im Hamburger Kunstverein behördlich geschlossen, ab April 1935 wurde ihm als Juden das Ausstellen verwehrt. Er sammelte etliche Erfahrungen mit Antisemitismus und zog sich in eine Art innere Emigration zurück. In der Aktion "Entartete Kunst" wurden 1937 zwei Aquarelle von ihm in der Hamburger Kunsthalle beschlagnahmt. Während des Novemberpogroms verbarg er sich ab dem 9. November 1938 einige Zeit beim Universitätspräsidenten Bruno Snell. Als er im Mai 1939 nach London ausreisen konnte, fiel ihm die Trennung von Hamburg und der Elbe schwer. In der Absicht, in die USA auszuwandern, ließ er im Hamburger Hafen einen Liftvan zum Transport lagern. Dieser kam niemals in London an und wurde seinen Verwandten nach seinem Tod nicht zurückgegeben. Auch in den Genuss einer kleinen Erbschaft, die in Hamburg auf einem Sperrkonto lag, kam er nicht mehr.

In London lebte Kurt Löwengard noch sieben Monate bei jüdischen Verwandten und Freunden. Schwere Existenzsorgen, die Wohnungssuche und das harte Emigrantendasein schwächten ihn zusehends. Da er kaum eine Arbeit verkaufen konnte, waren seine USA-Pläne nicht mehr zu verwirklichen. Am 8. Januar 1940 erlag Kurt Löwengard mit 44 Jahren in einer Londoner Klinik einer unheilbaren Knochenmarksanämie. Die Todesnachricht entsetzte den großen Kreis seiner Hamburger Freunde.

Die Geschwisterkinder Löwengards, seine Neffen und Nichten, leben mit Ausnahme von Thomas Witt heute alle im Ausland. Seine Mutter Jenny Löwengard und seine Schwester Gusti endeten tragisch durch "Freitod". Jennys Halbbruder, Johannes Kanitz, nahm sich beim Einmarsch der deutschen Truppen in Wien das Leben.

© Lore Wieprecht

Quellen: 1; 2; 4 (Löwengard, Jenny); Bruhns, Kurt Löwengard, 1989; Bruhns, Geflohen aus Deutschland, 2007, S. 131ff.; StaH 331-5 Polizeibehörde – Unnatürliche Sterbefälle, 1942/1317; StaH 314-15 OFP, R 1939/247; StaH 314-15 OFP, Fvg 5525; AfW 020495 Löwengard, Kurt Leopold.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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