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Ehepaar Loeser
Ehepaar Loeser
© Wiechmann

Bruno Loeser * 1882

Isestraße 13 (Eimsbüttel, Harvestehude)

1944 Theresienstadt
ermordet in Auschwitz

Bruno Loeser, geb. 3.08.1882, am 19.01.1944 deportiert nach Theresienstadt, am 26.10.1944 weiter deportiert nach Auschwitz und dort ermordet

Isestraße 13

Bruno Loesers Vater war Kaufmann in Berlin. Er ließ seinen Sohn das Gymnasium besuchen. Nach der Mittleren Reife reichte das Geld für einen weiteren Schulbesuch nicht mehr. Bruno Loeser begann eine Lehre im Textilfach, die er aber abbrechen musste, weil er an Tuberkulose erkrankte. Nach einem zweieinhalb jährigen Sanatoriumsaufenthalt galt er als geheilt und nahm eine redaktionelle Tätigkeit auf. Er arbeitete drei Jahre lang bei einer Zeitung in Leipzig.

1908 zog er nach Hamburg, weil er sich hier ein größeres Arbeitsfeld erhoffte. Er arbeitete jetzt für befreundete Verleger als Reklamevertreter bei verschiedenen Zeitschriften und Programmheften für Kino und Theater.

Im Jahre 1909 heiratete er Clausine Embke eine Nichtjüdin. Drei Jahre später wurde die Tochter Luise geboren, zu der Zeit wohnte die Familie in der Isestraße 13.

Von 1920 bis 1921 war Bruno Loeser als kaufmännischer Direktor am Altonaer Stadttheater angestellt, aber die Arbeit befriedigte ihn nicht; er nahm nach einem Jahr seine alte Tätigkeit wieder auf.

In der großen Wohnung in der Isestraße verlebte die Familie die glücklichste Zeit. Auf Gesellschaften und Feiern, zum Beispiel zu Silvester, traf sich ein großer Freundeskreis, zu dem auch viele zum Teil prominente Künstler gehörten.

1932 musste die Familie in eine preiswertere Wohnung in der Schlankreye 21 ziehen. Im gleichen Jahr trat Bruno Loeser aus der Jüdischen Gemeinde aus. Vielleicht geschah das schon in Voraussicht, auf das, was kommen sollte.

Die Tochter begann im selben Jahr ein Geologiestudium, für das ihr Vater bis zum Examen im Jahre 1937 aufkommen konnte. Eine Anstellung fand sie in Königsberg. Ihre Eltern empfanden das trotz des Trennungsschmerzes als große Erleichterung, weil sie damit weit von der bedrohten Familie entfernt lebte.
1936 hatte Bruno Loeser sich katholisch taufen lassen, auch das wohl, um sich und die Familie zu schützen. Es half ihm aber genauso wenig wie der Austritt aus der Jüdischen Gemeinde. Er musste nach 1939 zwangsweise der "Reichsvereinigung der Juden in Deutschland" beitreten, weil nicht mehr die Religionszugehörigkeit zählte, sondern nach der Definition der Nürnberger Gesetze die "Rassenzugehörigkeit".

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verlor Bruno Loeser Aufträge, die Einnahmen gingen stetig zurück, bis ihm 1938 der Gewerbeschein entzogen wurde. Jetzt musste er von Fürsorgeunterstützung leben. Ab 1940 verdiente seine Frau. Sie nähte privat und arbeitete außerdem zunächst halbtags, von 1941 bis 1949 dann ganztags, im Büro ein und derselben Firma. Der Besuch einer Handelsschule und drei Jahre Berufserfahrung vor der Ehe kamen ihr zugute. Im Jahr 1939 zog das Ehepaar Loeser noch einmal in eine kleinere Wohnung um. Die neue Adresse war Beim Schlump 3.

Am 25. Juni 1943 wurde die Ehe der Loesers geschieden. Vermutlich folgten die Eheleute falschen Informationen. Der ständige Druck von Nachbarn oder Gestapo gegenüber einer "Arierin", die mit einem Juden verheiratet war, scheint nicht der Grund gewesen zu sein, sondern der Rat, auch von maßgeblichen jüdischen Vertretern aufgrund einer falschen Information der Gestapo ausgesprochen, eine Scheidung könnte das Schlimmste für den jüdischen Ehepartner verhindern: statt Auschwitz drohe höchstens die Deportation nach Theresienstadt.

In Wirklichkeit verlor Bruno Loeser den letzten dürftigen Schutz, den eine "Mischehe" immer noch bot, und er musste die drei Jahre bis zur Scheidung getrennt von seiner Frau wohnen, um damit die "Zerrüttung der Ehe" zu dokumentieren. Sowohl in dieser Trennungszeit als auch nach der Scheidung bestand weiterhin eine innige Beziehung zwischen den beiden, obwohl das Ehepaar sich nicht mehr in der Öffentlichkeit treffen konnte. Bruno Loeser kam im "Judenhaus" Bornstraße 16 bei Saalfeld unter.. Später fand er Zuflucht bei dem ebenfalls jüdischen und in Mischehe lebenden ehemaligen Landgerichtsdirektor Alfred Islar in Langenhorn. Er und der Scheidungsanwalt Harm bezeugten nach dem Krieg, dass Bruno und Clausine Loeser ihre Beziehung nicht abgebrochen und die letzten Tage vor der Deportation gut verborgen gemeinsam verbracht hatten.

Nach dem Krieg erkannten die Behörden im Rahmen des Wiedergutmachungsverfahrens die Beziehung der Eheleute als "freie Ehe rassisch und politisch Verfolgter" an. Die Grundlage dafür bot das "Gesetz über die Anerkennung freier Ehen rassisch und politisch Verfolgter" vom 23. Juni 1950. Die neue Heiratsurkunde verzeichnet den Tag der Scheidung, den 25. Juni 1943 als Datum dieser zweiten Eheschließung.

Clausine Loeser verlor im Sommer 1943 bei einem Bombenangriff die Wohnung Beim Schlump mitsamt ihrem gesamten Besitz. Nur die wichtigen Papiere und Urkunden rettete sie in ihrem "Notkoffer". Das geschah zu einer Zeit, als Bruno Loeser noch in Hamburg lebte.

Er kam zunächst im Januar 1944 nach Theresienstadt. Eine Postkarte, die er von dort an seine Frau schrieb, ist erhalten. Sie zeugt von der großen Liebe zu und Fürsorge für Frau und Tochter. Zehn Monate später, am 26. Oktober 1944, wurde er in Auschwitz ermordet.

Das Schicksal wollte es, dass Clausine Loeser nach der Ausbombung, diesmal mit mehreren anderen "Bombenopfern" wieder in einer der großen Wohnungen in der Isestraße einquartiert wurde, gemeinsam mit ihrer Tochter, die 1947 über den Harz aus der "Ostzone" entkommen konnte, und der Enkelin, die 1948 zur Welt kam.

© Christa Fladhammer/Christa Wiemann

Quellen: 1; AfW 170388, darin Postkarte aus Theresienstadt; StAH 332-4 Nr. 176; Mündliche Auskunft der Enkeltochter Christa Wiemann, geb. Loeser.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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