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Clara Jaffé (geborene Simon) * 1877

Brahmsallee 14 (Eimsbüttel, Harvestehude)

1941 Riga
ermordet

Weitere Stolpersteine in Brahmsallee 14:
Julius van Cleef

Clara Jaffé, geb. Simon, geb. am 15.9.1877 in Friedrichstadt, am 6.12.1941 deportiert nach Riga

Brahmsallee 14

Der Lebensweg von Clara Jaffé ist nur an wenigen Stellen einsehbar. Ihre Kindheit verbrachte sie bis zum zwölften Lebensjahr in Friedrichstadt, wo sie als zweites Kind ihrer Eltern, des Handelsmannes Simon Levy Simon und ihrer Mutter Sara, geb. Levy, geboren wurde. Claras Schwester Hindelchen, genannt Jenny, war vier Jahre älter, nach Clara folgten jeweils in zweijährigem Abstand Israel 1879 und Regine 1881. Die Kinder besuchten die jüdische Schule, die seit 1871 allerdings nur noch aus einer einzigen Gesamtklasse bestand und bald ganz aufgelöst wurde. Denn aus Friedrichstadt und anderen Klein- und Landstädtchen Schleswig-Holsteins zog es viele Juden weg an Orte, wo sie bessere Arbeitsbedingungen fanden. Claras jüngere Geschwister besuchten gegen Zahlung eines "Fremdenschulgeldes" die lutherische Gemeindeschule. 1889 folgte die Familie Simon dem allgemeinen Trend und verließ Friedrichstadt, um sich zunächst in Burg/Dithmarschen niederzulassen, wo sich ihre Spur verlor.

Erst viel später tauchte Clara Simon in Hamburg auf. Wo und wovon sie in der Zwischenzeit lebte, ließ sich nicht ermitteln. Im Alter von 37 Jahren heiratete sie in Altona den Witwer Abraham Jacob Jaffé und zog mit ihm am 13. März 1914 in die Hamburger Roonstraße 14, II. Stock.

Die Geschichte von Abraham Jacob Jaffé bietet mehr Ansatzpunkte als die seiner zweiten Ehefrau Clara. Abrahams Vater Jacob Jaffé arbeitete in Hamburg als Zigarrenhändler, seine Mutter Rachel stammte aus Halberstadt. Als erstes Kind des Ehepaars wurde Abraham Jacob am 2.8.1867 geboren. Nach zehn Jahren folgten eine Tochter und danach ein zweiter Sohn, der jedoch früh verstarb. Wie sein Vater wurde Abraham Jacob Kaufmann. 1903 heiratete er die drei Jahre jüngere Henriette Friedländer aus Stade. Erst 1909 bekam das Ehepaar den ersten Sohn; er starb zwei Tage nach der Geburt, ohne Namen. Im nächsten Jahr gebar Henriette einen gesunden Sohn, der den Namen Johnny Joel erhielt. Einen Monat später starb Henriette am Kindbettfieber. Wer betreute den Säugling? Vielleicht war eine Großmutter dazu in der Lage und nahm ihn zu sich. Abraham Jacob konnte sich nicht sofort zu einer Wiederverheiratung entschließen. Wie er Clara Simon kennenlernte, wissen wir nicht. Sie heirateten 1914. Am Weltkrieg nahm der nun 47-jährige Abraham Jacob nicht mehr teil, obwohl er einen Nachweis als waffenfähiger Landsturmmann besaß. Der Tod ereilte ihn auf andere Weise. Er starb 1916 in Davos, vermutlich an Schwindsucht.

Nach nur zweijähriger Ehe blieb Clara Jaffé mit ihrem "Stiefsohn", dem sechsjährigen Johnny, zurück, musste ihn betreuen und erziehen, sich um seine Ausbildung kümmern. Zeitweise wohnte er auch noch als Erwachsener bei ihr in der Klosterallee 24. Clara Jaffé verdiente unter dieser Adresse ihren Lebensunterhalt durch Zimmervermietung, so auch noch nach ihrem 1936 erfolgten Umzug in die Brahmsallee 14. Sicher nahm sie teil an Johnnys wechselnden Berufsplänen, die ihn auf Umwegen zu einer Arbeit als Friedhofsgärtner in Blankenese führten, und an seiner Familiengründung. Johnny Jaffé heiratete am 3. März 1940 die getaufte "Volljüdin" Anneliese Röss, die eine 1938 geborene Tochter mit in die Ehe brachte. Die zweite Tochter Tirza wurde am 31.10.1941 geboren. Fünf Wochen später wurde Clara Jaffé in einem Massentransport nach Riga deportiert. Weil das Getto in der Stadt nicht genügend Platz bot, wurden Tausende von Ankömmlingen zu dem völlig heruntergekommenen Gut "Jungfernhof" außerhalb der Stadt gefahren und in alten Viehställen und Scheunen in einer Weise untergebracht, die aller menschlichen Würde spottete. Dort erfuhr Clara nicht mehr, dass die ganze Familie ihres Stiefsohnes Johnny, auch das gesunde Baby, am 11. Juli 1942 mit dem Hamburger Transport nach Auschwitz ins Gas geschickt wurde. Wann und wie Clara Jaffé den Tod erlitt, wissen wir nicht.

Stand: September 2016
© Inge Grolle

Quellen: 1; 4; 5; 8; StaH 332-8 K6300; Heirats- und Sterberegister Alt Hamburg; Archiv Friedrichstadt, Auskunft durch Christiane Thomsen vom 1.11.2012; Anfrage beim Amt Burg St. Michaelisdonn und beim Amt Dithmarschen ohne Ergebnis; Lohmeyer, Stolpersteine in Hamburg-Eimsbüttel, Bd. 1, A-L, S. 317–319; Goldberg, Abseits, S. 174–182.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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