Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine



Rudolf Müller * 1910

Diesterwegstraße 4 (Hamburg-Nord, Barmbek-Nord)


Verhaftet 1936 und 1939
Flucht in den Tod
KZ Fuhlsbüttel 03.02.1939

Rudolf Albert Müller, geb. 9.3.1910, inhaftiert 1936–1937, 1939, Selbstmord am 3.2.1939 im KZ Fuhlsbüttel

Diesterwegstraße 4

Der am 9. März 1910 in Hamburg geborene Rudolf Müller war einer von mindestens vier Kin­dern des Wilhelm Müller und der Luise, geb. Wichmann. Rudolf Müller erlernte das Schnei­derhandwerk und arbeitete in diesem Beruf als Geselle.

Zusammen mit seinem ebenfalls homosexuellen Bruder Herbert verkehrte er Mitte der dreißi­ger Jahre regelmäßig in den Homosexuellenlokalen "Colibri" (Raboisen), "Stadtcasino" (Gras­­keller) und im Alsterpavillon. In dieser Zeit wohnte er bei seinen Eltern in der Straße Ölmühle 27 auf St. Pauli.

Im Sommer 1936 sollten in Berlin die internationalen Gäste der Olympiade die Stadt unbehelligt von der Homosexuellenverfolgung der Gestapo erleben. Während dieser Zeit wurde das Sonderkommando Nord der Gestapo zur gezielten Verfolgung Homosexueller von Alto­na aus in Hamburg eingesetzt. Im Zuge der Ermittlungen dieser Fahndungsgruppe wurde am 25. Juli 1936 auch Herbert Müller verhaftet und bis zum 24. August im KZ Fuhlsbüttel festgehalten. Bei der Durchsuchung der elterlichen Wohnung des Verhafteten am 28. Juli wurde auch Rudolf Müller angetroffen. Dessen "äusserliche Erscheinung ... und sein dabei zu Tage tretendes Gebahren" veranlassten die Polizei, "den dringenden Verdacht der homosexuellen Veranlagung" gegen Rudolf Müller zu erheben. Auch er wurde einen Tag später verhaftet und blieb bis zum 24. August 1936 im KZ Fuhlsbüttel. Nach anfänglichem Leugnen räumte er in späteren Verhören eine bisexuelle Veranlagung ein und bekannte sich auch zu gleichgeschlechtliche Handlungen, nannte jedoch keine Namen seiner Partner. Am 4. September 1936 wurde er vom Amtsgericht Hamburg zu einem Jahr Gefängnis nach §175 alter und neuer Fassung verurteilt, 1937 erreichte sein Vater durch ein Gnadengesuch einen Straferlass von 61 Tagen.

Am 24. Januar 1939 wurde er erneut wegen Vergehens nach §175 festgenommen und nach Verhören zum Geständnis zweier sexueller Handlungen mit einem Soldaten und dem 20-jährigen Reisevertreter Egon Hartmann, seinem damaligen festen Freund, gebracht. Vom 25. Januar bis 3. Februar 1939 befand er sich im KZ Fuhlsbüttel, wo er sich am 3. Februar 1939 mit einem Schal erhängte.

© Bernhard Rosenkranz(†)/Ulf Bollmann

Quellen: StaHH, 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht – Strafsachen, 8168/36; StaHH, 331-5 Polizeibehörde – Unnatürliche Sterbefälle, 369/39; StaHH, 213-8 Staatsanwaltschaft Oberlandesgericht – Verwaltung, Abl. 2, 451 a E 1, 1 a; StaHH, 242-1 II Gefängnisverwaltung II, Ablieferungen 13 und 16; B. Rosenkranz/U. Bollmann/G. Lorenz: Homosexuellen-Verfolgung in Hamburg 1919–1969, S. 239.

druckansicht  / Seitenanfang