Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine



Sara und Moritz Weis mit ihren Kindern Edith und Erich, ca. 1918
© Privatbesitz

Moritz Weis * 1871

Oderfelder Straße 7 (Eimsbüttel, Harvestehude)

1942 Theresienstadt
1944 weiterdeportiert nach Auschwitz
ermordet

Weitere Stolpersteine in Oderfelder Straße 7:
Anna Mathiason, Sara Weis

Moritz Weis, geb. am 19.3.1871 in Mainz, am 19.7.1942 nach Theresienstadt deportiert, am 15.5.1944 nach Auschwitz weiterdeportiert
Sara (genannt Sabine) Weis, geb. Blimowitsch, geb. am 30.10.1888 in Minsk, am 19.7.1942 nach Theresienstadt deportiert, am 15.5.1944 nach Auschwitz weiterdeportiert

Oderfelder Straße 7

Moritz kam als Sohn von Simon und Franziska Weis, geborene Lorch, auf die Welt und lebte bis spätestens 1907 in Mainz. Am 28. Mai 1907 wurde er in Hamburg bei der Jüdischen Ge­meinde registriert und zahlte von 1913 bis 1942 Kultussteuern. Moritz Weis war mit Sara, genannt Sabine, geborene Blimowitsch (Schreibweisen auch Limowitsch oder Blumowitsch), verheiratet.

Das Ehepaar lebte in der Husumer Straße 10. In der Ehe wurden drei Kinder geboren: Erich Simon am 19. März 1911, der nach dem Abitur in Italien Medizin studierte. 1938 gelang ihm von dort die Emigration in die USA; die Tochter Edith Berta Franziska, geboren am 14. Juli 1912, und Kurt Edgar, geboren am 8. Mai 1919. Die Eltern wollten die Kinder nach modernen reformpädagogischen Konzepten erziehen lassen. Edith wechselte von einer privaten höhe­ren Töchterschule auf die Lichtwarkschule und legte dort das Abitur ab. Nachdem sie am 25. Februar 1932 ihr Zeugnis erhalten hatte, begann sie eine Ausbildung zur Kindergärtnerin. Auch ihr gelang die Emigration, sie ging 1939 nach England.

Kurt hatte die Cläre Lehmann-Schule besucht, bevor er auf die Lichtwarkschule wechselte. Er konnte Ende 1938 nach Palästina auswandern, wo er seinen Namen in Giora Navon änderte. Er heiratete, und am 23. Juni 1943 wurde Tochter Dalia geboren, später verheiratete Hartman.

Moritz Weis handelte als Kaufmann im Im- und Exportgeschäft mit ätherischen Ölen; seit dem 20. Juni 1906 war er ins Hamburger Handelsregister eingetragen. Der Firmensitz befand sich zunächst in der Fehlandstraße 21, von 1914 bis 1937 in der Kaiser-Wilhelm-Straße 20–26. Moritz Weis’ Geschäfte liefen sehr gut. Als er als Soldat in den Ersten Weltkrieg ziehen musste, erteilte er seiner Ehefrau Sara am 28. Juli 1915 Prokura, um die Firma weiterzuführen. 1922 erhielten die Prokura Johanna Caroline Malwine Ehlers und Martin Philipp Heilbron, Kaiser-Wilhelm-Straße 20–26.

Als im Zusammenhang mit dem Novemberpogrom 1938 die antijüdischen Maßnahmen gegen jüdische Firmen ausgeweitet wurden, war auch die Firma von Moritz Weis betroffen. Das Geschäft wurde "liquidiert" und am 18. August 1939 offiziell im Register gelöscht. Laut "Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden" musste Moritz Weis die Papiere zur Judenvermögensabgabe ausfüllen.

1938 hatte das Ehepaar Weis in der Oderfelder Straße 7 gewohnt, dann musste es mehrmals umziehen, als letzte Adresse war die Geffckenstraße 23 angegeben.

Moritz Weis war vermögend gewesen, musste dann jedoch Grundstücke verkaufen, weil er die Emigration seiner Kinder finanzieren wollte. Deswegen wurde im Februar 1939 eine "Sicherungsanordnung" verfügt, da Kapitalflucht unterstellt wurde, weil "Moritz Israel und Sara Weis Juden" seien. So musste Moritz Weis erhebliche Reichsfluchtsteuern abführen und der Freibetrag, den das Ehepaar monatlich verbrauchen durfte, wurde auf 400 RM festgesetzt. Auch kleine Beiträge mussten beantragt werden, wie für Geschenke oder zusätzliche Kleidung. Dem Antrag, den Freibetrag um 85 RM zu erhöhen, wurde nur teilweise entsprochen. Ohne Angabe von Gründen wurde der Betrag lediglich um 75 RM erhöht.

In diesem Zusammenhang schrieb sein Anwalt Hermann Samson am 4. April 1939:
"Herr Weis hat in den letzten Jahren an seine 3 Kinder Schenkungen gemacht, um ihnen die Auswanderung zu ermöglichen. Bezüglich des Sohnes Kurt Edgar Weis und der Tochter Edith Weis ist Reichsfluchtsteuer entrichtet. Der älteste Sohn Erich Weis erhielt anlässlich seiner Auswanderung nach Amerika von seinem Vater nach Genehmigung der Devisenstelle ärztliche Instrumente im Wert von 4000 RM. Den gleichen Betrag musste er zur Erlangung der Genehmigung an die Golddiskontbank überweisen. Weitere 7500 RM auf das Auswanderersperrkonto."

In einem Brief vom 13. Juli 1939 wandte sich Moritz Weis an die Devisenstelle mit der Bitte um Auszahlung des Rückkaufswertes zweier Versicherungen in ausländischen Valuta, da er beabsichtige auszuwandern. Dieser Bitte wurde mit der Auflage entsprochen, Unterschiede zwischen Höchstbeleihungswert und Rückkaufswert unter Zugrundelegung des jeweiligen Sparmarkkurses ersatzlos an die Golddiskontbank in Berlin abzuführen. Außerdem musste Moritz Weis eine Dego-Abgabe zahlen. Am 15. Dezember 1939 wurde für ihn eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für Auswanderer erteilt. Jedoch verzögerte sich die Auswanderung weiterhin, obwohl Moritz Weis verzweifelt alle Anstrengungen unternahm. So beantragte er noch am 29. November 1941, als die Aus­wan­derung bereits seit einem Monat verboten war, einen Freibetrag von seinem "Sicherungskonto", um Auslagen für Telegramme in Zusammenhang mit der beabsichtigten Auswanderung bestreiten zu können.

Alle Versuche scheiterten. Moritz Weis und seine Ehefrau Sara wurden unter den Nummern 728 und 729 am 19. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert. Sie mussten den "Heimeinkaufsvertrag" unterschreiben, der letztlich Teil der perfiden Täuschung und Beraubung der Juden und Jüdinnen war. Moritz Weis bezahlte ihn mit Wertpapieren.

Das Ehepaar Weis wurde am 15. Mai 1944 nach Auschwitz weiterdeportiert und vermutlich sofort ermordet. Ihr genaues Todesdatum ist unbekannt.

In einem Wiedergutmachungsverfahren wurde den Kindern von Sara und Moritz Weis als Erbberechtigte "für Goodwill DM 5.000 und für Dego Abgabe DM 99" vorgeschlagen.

© Ulrike Graubner

Quellen: 1; 2; 5; 7; 8; 9; StaH 314-15 OFP, R 1939/550; StaH 314-15 OFP F2380; StaH 314-15 OFP, F4554; StaH 362-2/19 Heinrich-Hertz-Schule, 25; StaH 362-2/20 Lichtwarkschule, 35; StaH 390 Wählerliste 1930; StaH 552-1,Abl.1933, Ordner 10 Heimeinkaufsverträge Theresienstadt; AfW 140371 Weis, Moritz; StaH 522-1 Jüd. Gemeinden, 992e2 Band 5; Amtliches Fernsprechbuch Hamburg E-Mail Björn Eggert vom 7.11.2009.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

druckansicht  / Seitenanfang