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Bereits verlegte Stolpersteine



Hermann Simon Hirsch * 1879

Hütten Ecke Enckeplatz (ggü. Nr. 12) (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
HERMANN SIMON
HIRSCH
JG. 1879
DEPORTIERT 1941
MINSK
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Hütten Ecke Enckeplatz (ggü. Nr. 12):
Jenny Hirsch

Hermann Simon Hirsch, geb. am 1.12.1879 in Berlin, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk
Jenny Hirsch, geb. Weile, geb. am 6.9.1876 in Prechlau (Przechlewo/Polen), deportiert am 8.11.1941 nach Minsk

Hütten gegenüber dem Enckeplatz (Hütten 123)

Zwei Stolpersteine erinnern auf dem Gehweg in der Straße Hütten gegenüber dem Enckeplatz an das Ehepaar Jenny und Hermann Hirsch. Das ehemalige Eckgebäude, in dem sie viele Jahre in der vierten Etage gewohnt hatten, wurde im Sommer 1943 während der Luftangriffsserie auf Hamburg zerstört.

Hermann Hirsch war als Sohn von Leopold Hirsch und Bertha, geb. Edel, in Berlin zur Welt gekommen. Dort war er mit zwei Brüdern und einer Schwester aufgewachsen. Seine Ehefrau Jenny, geb. Weile, stammte aus Prechlau (Przechlewo), Kreis Schlochau in Westpreußen. Sie hatte noch drei Geschwister: Bruder Emil (geb. 24.5.1884) lebte als Kaufmann in Köln, später in der Schweiz und Clara Gordon, geb. Weile (geb. 28.11.1890). Der Name einer weiteren Schwester blieb ungenannt. Es könnte sich aber um Theophile Blanari, geb. Weile (geb. 19.7.1880 in Prechlau), handeln. Deren Ehemann Jacob Blanari (geb. 27.8.1880) stammte ebenfalls aus Berlin, wo auch zwei ihrer vier Kinder geboren wurden. 1920 hatte Jacob Blanari ein Gewerbe für Manufakturwaren unter der Adresse Hütten 123 im Erdgeschoss angemeldet. Dieses Geschäft übernahm 1921 Hermann Hirsch.

Vor ihrer Heirat war Jenny Hirsch als reisende Händlerin tätig gewesen. Als ihre Tochter Herta am 13. März 1904 geboren wurde, lebte sie in Nürnberg, im Hasenhof 5. Der Vater ihres Kindes, der "Reisende" Emanuel Weinberg aus Nürnberg, erkannte die Vaterschaft an. Gut möglich, dass sich Jenny und Hermann Hirsch in Berlin kennengelernt hatten, da sie dort am 12. Februar 1908 heirateten. Als am 19. Oktober 1909 Jennys damals 5-jährige Tochter Herta den Familiennamen Hirsch erhielt, lebten sie noch in Berlin. Ihre Kultussteuerkarte bei der Deutsch-Israelitischen Gemeinde in Hamburg wurde erst 1925 angelegt, obwohl sie schon seit 1923 in der Fehlandstraße 21 lebten. Unter der Rubrik Kinder wurde auch eine Erna eingetragen. Wessen Tochter Erna Hirsch, geboren am 31. Januar 1903 in München, war, ließ sich nicht klären. Laut Eintrag im Sterberegister der Hamburger Standesämter starb die "Haustochter" Erna Hirsch am 1. Januar 1925 im Hause der Fehlandstraße 21. Sie war an Lungen-Tuberkulose erkrankt und wurde auf dem Begräbnisplatz der Gemeinde Ilandkoppel in Ohlsdorf begraben.

Etwa um 1926/1927 verließen Jenny und Hermann Hirsch die Fehlandstraße und zogen in die zweite Etage des Hauses Hütten 123, wo Hermann Hirsch im Erdgeschoss bereits ein Geschäft für Herrenbekleidung betrieb.

Jennys Tochter Herta erlernte nach ihrer Schulzeit den Beruf der Putzmacherin. Mit der Gewerbebezeichnung "Wäscheanfertigung" machte sie sich in der Elbstraße 123 (heute Neanderstraße) selbstständig. Als sie 1933 nach Berlin in die Wilmersdorferstraße zog, übernahm ihre Mutter Jenny für kurze Zeit das Geschäft. Von Berlin emigrierte Herta am 3. März 1934 über Johannesburg, Südafrika, nach Palästina.

Schon zuvor muss ihr Stiefvater Hermann Hirsch sein Geschäft aufgegeben haben, da er seit 1930 als "Substitut", als Stellvertreter eines Abteilungs- oder Verkaufsleiters im Warenhaus von Hermann Tietz beschäftigt war. Seine Tätigkeit endete 1935, als das Kaufhaus in "arische" Hände überging und seinen heutigen Namen Alsterhaus erhielt (siehe hierzu Jenny Pincus, www.stolpersteine-hamburg.de). Hermann Hirsch fand in den folgenden zwei Jahren keine andere Erwerbstätigkeit mehr. Mit Zimmervermietungen versuchten die Eheleute über die Runden zu kommen und lebten, nachdem ihre Ersparnisse aufgebraucht waren, auch zeitweise von Fürsorgeunterstützung. Von 1937 bis 1938 war Hermann Hirsch als Bote tätig, zuletzt wurde er als Erdarbeiter zwangsverpflichtet. Bereits Anfang 1937 war das Ehepaar Hirsch in eine kleinere und günstigere Wohnung in den Neuen Steinweg 3 gezogen. Ihre letzte Hamburger Adresse war seit November 1940 in der ehemaligen Goethestraße 20 (heute Jüthornstraße) in Hamburg-Wandsbek. Astrid Louven schrieb in ihrer Broschüre "Stolpersteine in Hamburg-Wandsbek", dass die Goethestraße 20 als eine Art "Judenhaus" fungierte. Hier lebten auch der Apothekenbesitzer Edgar Heimberg (geb. 14.9.1888) und seine Ehefrau Bertha, geb. Elias (geb. 7.3.1908) (s. Handeltje Elias) und der Musiker Arthur Bud (geb. 20.12.1884), die gemeinsam am 25. Oktober 1941 nach Lodz deportiert wurden.

Jenny und Hermann Hirsch erhielten ihre Deportationsbefehle für den 8. November 1941 in das Getto nach Minsk, wo katastrophale Bedingungen herrschten, die sie nicht überlebten.

Ihre Wohnungseinrichtung wurde zugunsten des Deutschen Reiches eingezogen und erzielte bei der öffentlichen Versteigerung am 12. Dezember 1941, am Tage von Hermann Hirschs 61. Geburtstag, einen Erlös von 537 Reichsmark. Ob das Ehepaar Hirsch zu diesem Zeitpunkt noch am Leben war, bleibt ungewiss.

Tochter Herta kehrte am 23. November 1954 schwer erkrankt aus Israel zurück. Sie starb am 12. Oktober 1955 im Israelitischen Krankenhaus in Hamburg.

Das Ehepaar Jacob und Theophile Blanari wurde ebenfalls am 8. November 1941 ins Getto Minsk deportiert. Stolpersteine im Weidenstieg 8 erinnern an beide (s. Stolpersteine in Hamburg-Eimsbüttel).

Jenny Hirschs Geschwister Emil und Clara überlebten.


Stand: Juli 2018
© Susanne Rosendahl

Quellen: 1; 4; StaH 351-11 AfW 3036 (Hirsch, Jenny), StaH 351-11 AfW 5112 (Blanari, Theophile); StaH 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge 1283 (Hirsch, Hermann); StaH 332-5 Standesämter 896 u 2/1925; StaH 352-5 Todesbescheinigung, 1925, Sta 2, 2; StaH 314-15 Abl. 1998 H 989; StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 2; Louven/Pietsch: Stolpersteine, S. 66; Lohmeyer: Stolpersteine, S. 101; diverse Hamburger Adressbücher.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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