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Leontine Kreeker, 1938
Leontine Kreeker, 1938
© Archiv Evangelische Stiftung Alsterdorf

Leontine Kreeker * 1884

Neuer Steinweg 2 a–d vor Haspa (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
LEONTINE KREEKER
JG. 1884
EINGEWIESEN 1943
HEILANSTALT
AM STEINHOF WIEN
ERMORDET 28.5.1945

Leontine Emma Auguste Kreeker, geb. am 19.12.1884 in Hamburg, eingewiesen am 29.10.1900 in die damaligen Alsterdorfer Anstalten, verlegt am 16.8.1943 in die Wagner-von-Jauregg-Heil- und Pflegeanstalt der Stadt Wien, gestorben am 28.5.1945

Neuer Steinweg 2a–d (Neuer Steinweg 97)

Leontine Kreeker kam als zweitjüngste Tochter in einer Hamburger Arbeiterfamilie zur Welt. Ihre Eltern lebten bei der Geburt ihrer Tochter im Schulgang, Hof 8, Bude 5, in einfachen Verhältnissen im ehemaligen Gängeviertel der Hamburger Neustadt. Von ihren fünf Geschwistern und Halbgeschwistern starben zwei Schwestern und ein Bruder früh. Ihre Mutter Anna Dorothea Luise Auguste, geb. Pirschel (geb. 27.3.1846), stammte aus Salkau (heute Załakowo/Polen). Sie war die zweite Frau des "Fellsortierers" Johann Christian Ludwig Kreeker (geb. 25.3.1831), der aus Moorgarten, einem Vorort von Lübeck, kam. In erster Ehe war er mit Caroline Möller verheiratet, die im Alter von 40 Jahren am 26. Februar 1879 verstorben war. Leontines Eltern hatten dann am 20. Mai 1880 in Hamburg geheiratet.

Im Alter von 16 Jahren, am 29. Oktober 1900, wurde Leontine auf Veranlassung der "Allgemeinen Armenanstalt" in die damaligen Alsterdorfer Anstalten (heute Evangelische Stiftung Alsterdorf) eingewiesen. Ein Gutachter bescheinigte ihr "Imbezillität" (geistige Behinderung mittleren Grades) und vermutete den Ursprung ihrer Erkrankung in Krämpfen während der ersten Lebensjahre. Später als andere Kinder begann Leontine zu laufen, erst mit vier Jahren fing sie zu sprechen an. Lesen und schreiben erlernte sie nicht. Ob sie überhaupt eine Schule besuchte, geht aus der Akte nicht hervor. Sie war aber selbstständig und obwohl sie nur bis zehn zählte, konnte sie mit Geld umgehen. Leontine Kreeker wurde im Anstaltsbetrieb zunächst in der Waschküche, später in der "Gemüsestube" mit Kartoffelschälen beschäftigt, sie galt als bescheiden, fleißig und hilfsbereit. Erwähnt wurde auch ihr Interesse für Musik, "tanzt gern, strahlt vor Vergnügen". Leontine litt jedoch auch unter "Angstzuständen", wodurch sie nachts sehr unruhig war. Noch in ihrer letzten Beurteilung wurde vermerkt, sie schlafe wenig und störe die anderen "Mädchen". Ansonsten fiel sie nicht weiter auf. Ihre Mutter Anna starb am 8. Februar 1932 in einem Staatlichen Versorgungsheim, der Vater Johann war schon lange zuvor am 23. November 1905 verstorben.

Leontine Kreeker verbrachte 43 Jahre ihres Lebens in "Alsterdorf", bis sie mit der Standardbegründung des leitenden Arztes: "Wegen schwerer Beschädigung der Anstalten durch Fliegerangriff verlegt nach Wien", am 16. August 1943 mit insgesamt 228 Mädchen und Frauen in die Wagner-von-Jauregg-Heil- und Pflegeanstalt der Stadt Wien kam. Obwohl die Verpflegung dort deutlich schlechter war, erlebte Leontine Kreeker in Wien noch das Kriegsende. Sie starb am 28. Mai 1945, angeblich an TBC.


Stand: Juli 2018
© Susanne Rosendahl

Quellen: StaH 332-5 Standesämter 1906 u 1643/1877; StaH 332-5 Standesämter 53 u 2175/1878; StaH 332-5 Standesämter 67 u 646/1879; StaH 332-5 Standesämter 2613 u 509/1880; StaH 332-5 Standesämter 2003 u 2133/1881; StaH 332-5 Standesämter 2033 u 4548/1882; StaH 332-5 Standesämter 148 u 3881/1883; StaH 332-5 Standesämter 2086 u 6024/1884; StaH 332-5 Standesämter 2128 u 2992/1886; StaH 332-5 Standesämter 2796 u 523/1892; StaH 332-5 Standesämter 552 u 1151/1905; StaH 332-5 -Standesämter 7133 u 129/1932; Archiv Evangelische Stiftung Alsterdorf, Patientenakten der Alsterdorfer Anstalten, V 175 Leontine Kreeker; Wunder: Exodus, S. 213–219.

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