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Bereits verlegte Stolpersteine



Walter Wicke * 1909

Holstenglacis 3 (Untersuchungsgefängnis) (Hamburg-Mitte, Neustadt)


WALTER WICKE
JG. 1909
IM WIDERSTAND
VERHAFTET 1934
UG HOLSTENGLACIS
FLUCHT IN DEN TOD
29.4.1934

Weitere Stolpersteine in Holstenglacis 3 (Untersuchungsgefängnis):
Heinz Jäkisch, Bernhard Jung, Karl-Heinz Keil, Hermann Lange, Eduard Müller, Johann Odenthal, Johannes Prassek, Rudolf Schöning, Karl Friedrich Stellbrink, Walerjan Wróbel

Walter Wicke, geb. am 20.7.1909 in Liegnitz, inhaftiert im April 1934, Flucht in den Tod am 29.4.1934 in der Untersuchungshaftanstalt Hamburg

Holstenglacis 3 (vor dem Untersuchungsgefängnis)

Walter Paul Georg Wicke stammte aus dem schlesischen Liegnitz. 1915 hatte seine Mutter Emma den Tischler Robert Wicke geheiratet, so erhielt Walter den Familiennamen Wicke. 1923 hatte er seine Schulzeit beendet und erlernte das Schmiedehandwerk, das er zunächst auch ausübte. 1929 wurde er aufgrund mangelnder Auftragslage entlassen, verließ Liegnitz und ging auf Wanderschaft.

1930 kam er nach Hamburg und fand Arbeit bei der Reederei Woermann-Linie. Im Februar 1932 wurde er erneut arbeitslos und soll sich zu diesem Zeitpunkt der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) und wahrscheinlich auch dem am 3. Mai 1929 verbotenen Rotfrontkämpferbundes (RFB) und der Roten Marine angeschlossen haben.

Walter Wicke fand wieder Arbeit als Heizer und fuhr auf dem Tanker "Josiah Mary" zur See. Am 2. März 1934 erlitt er an Bord des Schiffes einen "Nervenzusammenbruch" und versuchte sich das Leben zu nehmen. In Stornoway/Nordbritannien in ein Krankenhaus gebracht, kehrte er am 15. März über Hamburg nach Liegnitz in sein Elternhaus in die Jauerstraße 93 zurück. Nach zwei erneuten Selbstmordversuchen wurde er in das dortige Städtische Krankenhaus eingewiesen. Als ihn das Ehepaar Wicke am 17. April 1934 im Krankenhaus besuchen wollte, musste es feststellen, dass Walter verhaftet worden war. Walter Wicke war mit dem Überfall auf das Hamburger SA-Marine-Lokal "Adler-Hotel" in Verbindung gebracht worden, der am 21. Februar 1933 von Mitgliedern des RFB und der Roten-Marine-Neustadt in der Schanzenstraße verübt worden war. (s. Otto Christoph Heitmann, Johannes Horlebusch, Karl Schaafhirte und Albert Trieglaff).

Am 24. April 1934 wurde er wegen Verdachtes des Landfriedensbruchs von Liegnitz in das Hamburger Untersuchungsgefängnis Holstenglacis überführt. Die Ergänzung auf seiner Aufnahmekarteikarte "Selbstmordverdacht" blieb scheinbar unbeachtet.

Fünf Tage später wurde Walter Wicke um 11.15 Uhr in seiner Zelle 34 am Schutzgitter der Heizungsrohre erhängt aufgefunden. Aus einem feuchten Handtuch soll er sich eine Schlinge gefertigt – und zuvor noch einen Ausbruchsversuch unternommen haben. Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos. Noch kurz vor seinem Tod hatten seine Eltern in einem Brief an den Vorsitzenden des Sondergerichts in Hamburg um eine Besuchserlaubnis und um Aufklärung über den Inhaftierungsgrund ihres Sohnes gebeten. Ein Antwortschreiben ist nicht überliefert.

In der erhalten gebliebenen Anklageschrift zum Überfall auf das "Adler-Hotel" wurde ein Walter Wicke nicht erwähnt, nur ein Seemann ähnlichen Namens. Es könnte sich also möglicherweise um eine Verwechslung gehandelt haben.


Stand: August 2018
© Susanne Rosendahl

Quellen: StaH 242-1 II Gefängnisverwaltung II, Abl. 12, 684 (Wicke, Walter); StaH 332-5 Standesämter 1023 u 149/1934; Gedenkstätte Ernst Thälmann Hamburg-Eppendorf, Archiv (Sammlung NS-Akten).

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