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Max Ring * 1868

Immenhof / Ecke Uhlenhorster Weg (Hamburg-Nord, Uhlenhorst)


HIER WOHNTE
MAX RING
JG. 1868
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
TOT 20.9.1942

Max Ring, geb. am 27.12.1868 in Kattowitz (heute Katowice/Polen), deportiert am 15.7.1942 nach Theresienstadt, dort umgekommen

Immenhof/Ecke Uhlenhorster Weg (früher: Immenhof 28)

Als Max Ring geboren wurde, gehörte die heute polnische Stadt Katowice zu Preußen und lag im industriellen Zentrum des oberschlesischen Steinkohlebeckens. Viele der in der Stadt lebenden Juden waren Begründer neuer Unternehmen und Industrieanlagen. 1861/62 war die erste Synagoge errichtet worden, in dem Jahr, in dem Max Ring zur Welt kam, wurde die jüdische Gemeinde ins Leben gerufen. Max Rings Vater Julius war dort ein aktives Mitglied. Er engagierte sich von Beginn an in der ebenfalls 1868 gegründeten Chevra Bikur Cholim Kadischa, der "Heiligen Gesellschaft", die sich um Krankenpflege und rituelle Sterbebegleitung kümmerte. Max Rings Mutter hieß Johanne und war eine geborene Grunwald. Außerdem hatte er zumindest noch eine Schwester und einen sieben Jahre jüngeren Bruder, Wilhelm. Dieser wurde am 11. September 1875 in Kattowitz geboren.

Um 1909 zog Max Ring nach Hamburg und fand eine Wohnung in der Langen Reihe in St. Georg. Zunächst arbeitete er als Übersetzer, von 1911 an bot er zudem seine Dienste als diplomierter Bücherrevisor (heute Wirtschaftsprüfer) an. Ab 1915 konzentrierte er sich auf diese Tätigkeit und machte in den Hamburger Adressbüchern mit einem etwas größeren Eintrag als üblich auf sich und seine Dienstleistung aufmerksam.

Als Bücherrevisor hatte er zunächst gut zu tun. Ab 1925 war sein Jahreseinkommen allerdings niedrig, was eine Folge der Hyperinflation 1923 im Deutschen Reich sein konnte. 1925 wurde er Mitglied der Hamburger jüdischen Gemeinde und entrichtete bis 1940 durchgehend eine nur geringe Kultussteuer. In den Jahren 1926 und 1927 verdiente er sogar so wenig, dass keine Zahlungen erfolgten.

Als Freiberufler arbeitete Max Ring zu Hause oder in den Büros seiner Auftraggeber. Zeit seines Lebens war er ledig und hatte keine Kinder. In der Langen Reihe blieb er nur kurze Zeit, ab 1910 etwa hatte er für etwa neun Jahre eine Wohnung am Hansaplatz. Dann verließ er St. Georg und zog nach Eilbek bzw. Hohenfelde. Hier wohnte er an verschiedenen Adressen, darunter am Lerchenfeld 9 und am Immenhof 8, damals noch Hohenfelde. Dann gab er seine Wohnung auf und lebte fortan zur Untermiete. Zu der Zeit war er bereits Anfang Sechzig und konnte oder wollte sich wohl nicht mehr selbst versorgen. Auch sein geringes Einkommen kann ein Grund für die Entscheidung gewesen sein, keine eigene Wohnung mehr zu mieten. Er arbeitete zwar weiterhin als Bücherrevisor, die Tätigkeit brachte ihm aber zunehmend weniger ein. Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 wurden immer mehr jüdische Selbstständige mittellos, weil ihre Geschäfte und Firmen "arisiert" wurden oder sie durch Boykotte große Teile ihrer Kundschaft verloren. "Arisch" geführte Firmen dürften ihm auch kaum noch Aufträge erteilt haben.

Im November 1937 schließlich war er so mittellos, dass er im Altenhaus der Deutsch-Israelitischen Gemeinde im Grindelviertel, in der Sedanstraße 23, aufgenommen wurde. Heute befindet sich an gleicher Stelle das Franziskus-Kolleg, ein katholisches Studentenwohnheim. In dem Altenhaus fanden alte jüdische Menschen unentgeltlich Wohnung und Lebensunterhalt und Max Ring konnte dort noch vier Jahre seines Lebensabends verbringen. In dieser Zeit verdiente er, trotz seines fortgeschrittenen Alters, weiterhin ein wenig Geld, möglicherweise durch Tätigkeiten, die mit seinem einstigen Beruf in Verbindung standen.

Im Juni 1941 wurde er ebenso wie alle anderen noch nicht ganz mittellosen Bewohnerinnen und Bewohner eines jüdischen Altersheims verpflichtet, ab 1. Juli 1941 den Unterhalt der vollends bedürftigen Heiminsassen mitzufinanzieren. Dazu wurden die bestehenden Heimverträge in sogenannte Heimeinkaufsverträge umgewandelt. Die Heimbewohnerinnen und -bewohner mussten eine bestimmte Summe an die Reichsvereinigung zahlen, die u.a. für die jüdischen Altersheime zuständig war. Als Gegenleistung wurden ihnen Unterkunft und Verpflegung auf Lebenszeit zugesagt.

Am 15. Juli 1942 wurden zahlreiche Bewohnerinnen und Bewohnern des Altenhauses in der Sedanstraße mit dem ersten Transport aus Hamburg (VI/1) in das Getto Theresienstadt gebracht – darunter der mittlerweile 73-jährige Max Ring. "Aus Deutschland und Österreich wurden nun die Insassen aller jüdischen Krankenhäuser, Siechen- und Altersheime [...] nach Theresienstadt überführt. Herzzerreißend waren diese ankommenden Transporte, [...] die, statt Erbarmen und Hilfe zu finden, nun ins bitterarme Elend hinausgestoßen wurden, um im Dreck durch Hunger und Kälte zu verrecken." So beschrieb einmal die Krankenschwester Alice Randt, die in Theresienstadt unter anderem in "Siechenstuben" arbeitete, die dortigen Zustände.

Nur rund drei Monate konnte Max Ring in Theresienstadt überleben. Am 20. September 1942, morgens um 7.15 Uhr, starb er. Als Todesursache gab der Arzt Gerhard Aron, der die Totenschau durchführte, "Darmkatarrh" an – gerade die vielen alten Menschen im Getto konnten den katastrophalen hygienischen Bedingungen, den daraus resultierenden Krankheiten und Seuchen sowie der unzureichenden Ernährung nichts mehr entgegensetzen. Hinzu kamen Erschöpfung und die starke psychische Belastung.

Ebenfalls in Theresienstadt befand sich Max Rings Schwager Fritz Brauer. Er war bereits am 27. Juli 1942 von Breslau dorthin deportiert worden. Fritz Brauer starb rund drei Monate nach Max, am 18. Dezember. Auch sein Tod war gewollt. Zu dem Transport vom 27. Juli 1942 ab Breslau gehörte außerdem Max’ Bruder Wilhelm. Er wurde am 26. September 1942, wenige Tage nach Max’ Tod, in das Vernichtungslager Treblinka deportiert und dort ermordet.

Stand: Mai 2016
© Frauke Steinhäuser

Quellen: 1; 3; 4; 5; 8; 9; StaH 522-1 Jüd. Gemeinden 992 d Steuerakten Bd. 26; StaH 522-1 Jüd. Gemeinden 390 Wählerliste 1930; Hamburger Adressbücher; Lange, Jüdisches Altenhaus; Schellenbacher, Gesundheitswesen in Theresienstadt, S. 45 u. S. 97.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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