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Walter Heinemann * 1896

Heilwigstraße 39 (Eimsbüttel, Harvestehude)

1942 aus NL nach Auschwitz

Walter Heinemann, geb. 26.7.1896 in Düsseldorf, deportiert 18.1.1944 aus den Niederlanden nach Theresienstadt und am 6.10.1944 nach Auschwitz

Heilwigstraße 39

Walter Julius Heinemann war am 26. Juli 1896 in Düsseldorf als Sohn von Joseph Heinemann (1866-1951) und Henriette, geb. Gugenheim (1866-1933) geboren worden. Er hatte zwei Brüder: Fritz (geb. 5.2.1894 in Düsseldorf) und Hugo (geb. 18.7.1900 in Düsseldorf).

Das überaus erfolgreiche väterliche Familienunternehmen Joseph Heinemann KG (Import von Därmen, Fleischabfällen, Fettwaren bzw. "Därme-Sortieranstalt") aus Düsseldorf eröffnete im April 1920 in Hamburg-St. Georg (Repsoldstraße 84) eine Filiale, die von Kaufmann Walter Heinemann als Firmenmitinhaber geleitet wurde. In der Düsseldorfer Zentrale waren der Firmengründer Joseph Heinemann sowie seine Söhne Fritz Heinemann und ab Mitte der 1920er Jahre auch Hugo Heinemann als persönlich haftende Gesellschafter tätig. Zudem waren die drei Brüder zu je 1/3 Inhaber des Rheinischen Margarine-Werks Jos. Heinemann, Neuss, an der noch Julius Wertheimer (Neuss) als Stiller Gesellschafter mit 136.000 RM beteiligt war.

Walter Heinemann wohnte in Hamburg am Eppendorfer Baum 34 (1921) und in der Johnsallee 26/ Rotherbaum (1922–1924). Er heiratete am 24. Mai 1924 oder am 22. Mai 1925, hier weichen die Quellen voneinander ab, die Arzttochter Karoline Margarethe "Margot" Frank (geb. 27.11.1904 in Landau/Pfalz), die Hochzeit wurde in der Heimatstadt der Braut begangen. Margot Frank hatte nach dem Besuch der Höheren Töchterschule (Lyzeum) ein Jahr in Heidelberg ein Pensionat besucht.

Die Eheleute zogen nach Hamburg und wohnten dort in der Brahmsallee 15/Harvestehude (1925–1928). Nach der Geburt des ersten Sohnes Rolf (geb. 6.9.1927 Hamburg) und noch vor der Geburt des zweiten Sohnes Hans Wolf (geb. 3.3.1930 in Hamburg) suchten sich Heinemanns ein größeres und ruhigeres Domizil. Von 1928 bis Juli 1934 lebte die Familie in dem zu Hamburgs westlicher Nachbarstadt Altona eingemeindeten Villenvorort Groß Flottbek. Hier hatten Heinemanns in der Schenkendorfstraße 26 eine Villa gekauft. Als dem älteren Sohn 1934 in Groß Flottbek der Besuch der Bürgerschule verweigert wurde, zog Familie Heinemann im Sommer 1934 nach Hamburg in die Heilwigstraße 39/Harvestehude. Sohn Rolf wurde 1933 in Hamburg-Rotherbaum in der jüdischen Talmud Tora Schule (Grindelhof 30) aufgenommen.

Der Deutsch-Israelitischen Gemeinde Hamburg gehörte Walter Heinemann seit 1927 an. Diese notierte zehn Jahre später auf seiner Karteikarte seinen "Verzug n. Holland" und das Ausscheiden aus der Gemeinde für den 29. April 1937. Das Gedenkbuch des Bundesarchivs gibt als Emigrationszeitpunkt den Januar 1937 an, die Ehefrau 1957 im Wiedergutmachungsverfahren für Walter Heinemann den März 1937 und für sich und ihre beiden Söhne mit November 1937, da die Pässe aller Familienmitglieder erst nach Bezahlung sämtlicher Strafsteuern und Sonderabgaben ausgehändigt worden seien. Walter Heinemanns Einreise in die Niederlande scheint dort aber erst am 27. Oktober 1937 registriert worden zu sein.

Der NS-Staat raubte fast das gesamte Vermögen der Heinemanns. Die Düsseldorfer Firma wurde seit Juli 1937 auf Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf unter Zwangsverwaltung gestellt, der Firmengründer Joseph Heinemann (geb. 25.4.1866 in Königheim) befand sich zu diesem Zeitpunkt in Italien. Es folgte am 2. August 1939 ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf, das langjährige Haftstrafen und eine Geldstrafe von 3,6 Millionen Reichsmark wegen angeblicher wirtschaftlicher Vergehen für die drei Gesellschafter Walter, Fritz und Hugo Heinemann vorsah. Damit hatte der NS-Staat eine scheinlegale Legitimation für deren Enteignung gefunden. Walter Heinemanns Vermögen war bereits seit dem 2. Juli 1937 durch eine "Sicherungsanordnung" des Oberfinanzpräsidenten von Düsseldorf gesperrt; er musste zudem 89.000 RM "Reichsfluchtsteuer" und 50.000 RM "Judenvermögensabgabe" zahlen. Im Zuge der "Arisierung" der Wirtschaft wurde die Hamburger Zweigniederlassung von Firma Joseph Heinemann, in Abwesenheit aller Eigentümer, am 16. März 1940 an die Darmgroßhandlung Lange, Plambeck & Co verkauft, Firmeninhaber waren zu dieser Zeit Ernst Lange (Hamburg), Wilhelm Völsch (Lübeck) und August Plambeck (Berlin). 1941 wurde der Firmenname in "Ernst Lange, Düsseldorf, Zweigniederlassung Hamburg, Ex- und Import, Repsoldstr. 84" geändert.

In den Niederlanden lebte Walter Heinemann zuerst in Den Haag in der Sonderdanckstraat 13 (ab 19.12.1938), in der Ruychrocklaan 96 (ab 26.5.1939) und Van Hogenhoucklaan 6 (ab 7.6.1939). Die erste und die letzte Adresse waren identisch mit den Wohnadressen seines Vaters, der im Januar 1938 in die Niederlande emigriert war. Nach der Scheidung von seiner Ehefrau im November 1939 zog Walter Heinemann nach Baarn in den Eemnesserweg 84 (ab 23.10.1940) und Kettingweg 11 (ab 4.6.1941), wo ebenfalls sein Vater wohnte. Die Söhne von Walter Heinemann blieben bei der geschiedenen Ehefrau, wo mittlerweile auch deren Mutter Bertha Frank, geb. Frank wohnte, die Ende 1940 in Hilversum starb.

Mit der deutschen Besetzung der Niederlande im Mai 1940 wurde Walter Heinemann auch in den Niederlanden verfolgt. NS-Deutschland hatte seine Ausreise als Vorwand genutzt ihn und seine Familie aus Deutschland auszubürgern; im Deutschen Reichsanzeiger vom 11. März 1941 (Ziffer 83-86) erschienen ihre Namen auf der Ausbürgerungsliste.

Walter Heinemann wurde am 30. März 1942 oder am 9. April 1942, hier weichen die Quellen leicht voneinander ab, in das "polizeiliche Judendurchgangslager Kamp Westerbork" eingewiesen. Möglicherweise erfolgte die Internierung aber noch etwas später, denn am 23. Juli 1942 heiratete er in Baarn Trude Kirchheimer (geb. 4.1.1905 in Grombach), die im November 1937 in die Niederlande emigriert war und am 2. September 1942 interniert wurde. Vom Lager Westerbork wurden Walter und Trude Heinemann am 18. Januar 1944 oder am 10. Mai 1944 ins Getto Theresienstadt und am 6. Oktober 1944 weiter ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Es ist anzunehmen, dass beide gleich nach ihrer Ankunft in Auschwitz am 8. Oktober 1944 mit Gas ermordet wurden. Dokumente über das genaue Sterbedatum existieren nicht.

Die geschiedene Ehefrau Margot Heinemann, geb. Frank zog mit den beiden Söhnen und ihrer Mutter von Den Haag nach Hilversum (Middenweg 10), da sie nach der deutschen Besetzung der neutralen Niederlande vom Mai 1940 nicht mehr in Küstennähe wohnen durfte. Im März 1942 musste sie unter Zurücklassung ihres Hausrates auch Hilversum auf Anordnung der Besatzer verlassen. Sie fand in Amsterdam (Jekestraat 3) Unterkunft in einer Dachkammer. Kurz zuvor hatte sie am 21. Januar 1942 Karl Julius Sonnenberg (geb. 27.2.1904 in Selters) geheiratet, der vor 1933 Direktor einer Unterfirma der Sonnenberg AG Düsseldorf gewesen sein soll. Am 8. August 1942 wurden auch Margot Sonnenberg, ihre beiden 15 und 12 Jahre alten Söhne sowie ihr Ehemann im Lager Westerbork interniert und am 1. Januar 1944 ins Konzentrationslager Bergen-Belsen deportiert. Margot Sonnenberg wurde hier als Leiterin einer Frauenbaracke eingesetzt und musste zusammen mit einer anderen Frau u.a. den bis zu 80 kg schweren Essenskübel in ihre Baracke schleppen. Vor den heranrückenden Alliierten wurde das Konzentrationslager evakuiert; am 21. April 1945 wurden sie in Tröbitz/ Niederlausitz von der Roten Armee befreit. Ihr Ehemann Carl Julius Sonnenberg starb wenige Tage später am 4. Mai 1945 in Tröbitz mit 41 Jahren an den Folgen der KZ-Haft. Mit ihren beiden Söhnen fuhr Margot Sonnenberg im Juli 1945 zurück in die Niederlande, wo sie 1½ Jahre später in Den Haag noch einmal heiratete und ein Jahr später nach Amsterdam umzog. Der ältere Sohn Rolf emigrierte im April 1947 in die USA. Der jüngere Sohn stand unter Vormundschaft und lebte in Arnheim.

Walter Heinemanns jüngerer Bruder Hugo Heinemann (geb. 18.7.1900 in Düsseldorf), verheiratet mit Augusta "Gustl", geb. Loeb (1901–1997), zuletzt wohnhaft Herderstraße 92 und Grunerstraße 9 in Düsseldorf, wurde 1937 in Düsseldorf inhaftiert. In den Volkszählungsunterlagen von Mai 1939 tauchte er wegen seiner Haft nicht auf. Laut Gedenkbuch des Bundesarchivs Koblenz starb er am 16. Februar 1943 im Vernichtungslager Auschwitz. Vermutlich wurde er 1943 direkt aus der Haftanstalt nach Auschwitz deportiert. Seine Ehefrau floh 1939 mit den beiden Töchtern nach Belgien, da es wegen der Inhaftierung von Hugo Heinemann keine Aussucht auf eine gemeinsame Emigration gab.

Der ältere Bruder Fritz Heinemann (geb. 5.2.1894 in Düsseldorf), seit 1927 verheiratet mit Gertrud "Trude", geb. Stern (1906–1994), wohnte in Düsseldorf in der Grimmstraße 5. Er emigrierte 1935 mit seiner Ehefrau und den beiden Kindern in die Niederlande nach Den Haag und später weiter nach England. Vom NS-Regime wurde ihnen am 24. August 1939 die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Im Mai 1940 wurde sein Düsseldorfer Grundstück in der Grimmstraße 5 zwangsweise verkauft und der Erlös vom NS-Staat eingezogen; ebenso wurde mit seinem Grundstück am Belsenplatz 3 verfahren. Fritz "Fred" Heinemann starb 1993 in London.

Der Vater Joseph Heinemann (geb. 25.4.1866 in Königstein/Baden) war im Januar 1938 in die Niederlande emigriert. Von seiner letzten Unterkunft in Amsterdam (Tintorettostraat 2) wurde er am 19. Februar 1943 in das Durchgangslager Westerbork gebracht und von dort am 18. Januar 1944 ins Getto Theresienstadt deportiert. Er überlebte und emigrierte nach England wo er 1951 in Northwood starb. Beerdigt wurde er auf dem Jüdischen Friedhof Düsseldorf.

Stand: September 2017
© Björn Eggert

Quellen: 1; 4; 5; 8; Staatsarchiv Hamburg (StaH) 351-11 (Amt für Wiedergutmachung), 18944 (Walter Heinemann); StaH 522-1 (Jüdische Gemeinden), 992b (Kultussteuerkartei der Deutsch-Israelitischen Gemeinde Hamburg); Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf (Angaben zu Hugo Heinemann, Fritz Heinemann und Joseph Heinemann); Herinneringscentrum Kamp Westerbork (NL), Personalkarte von Walter Heinemann, Informationen zu Joseph Heinemann; Yad Vashem, Page of Testimony (Walter Heinemann); Adressbuch Hamburg 1921, 1922, 1924, 1925, 1927, 1928, 1929 (Firma Joseph Heinemann, Walter Heinemann); Adressbuch Hamburg 1941, 1942 (Ernst Lange); Telefonbuch Hamburg (mit Altona) 1931; Handelskammer Hamburg, Handelsregisterinformationen (Joseph Heinemann, HR A 25543); Hamburger Börsenfirmen, Hamburg 1926, S. 430 (Joseph Heinemann); Hamburger Börsenfirmen, Hamburg 1935, S. 352 (Joseph Heinemann); Ursel Hochmuth/ Hans-Peter de Lorent (Hrsg), Hamburg – Schule unterm Hakenkreuz, 1985, S. 40–45; www.ancestry.de (Ausbürgerungskartei; Familienstammbaum Levy; eingesehen 6.2.2017); www.ancestry.de (Joseph Heinemann: Gesinderegister Speyer 1886/1887, Bevölkerungsindex Niederlande, Sterbeindex England Dezember 1951, eingesehen 24.3.2017).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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