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Bereits verlegte Stolpersteine



Auguste und Johannes Horlebusch, 1928 bei ihrer Hochzeit
Auguste und Johannes Horlebusch, 1928 bei ihrer Hochzeit
© Archiv der KZ-Gedenkstätte Neuengamme

Johannes Horlebusch * 1906

Vorsetzen 19 (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
JOHANNES HORLEBUSCH
JG. 1906
IM WIDERSTAND
VERHAFTET 1933
KZ FUHLSBÜTTEL
FLUCHT IN DEN TOD
8.2.1939

Johannes Friedrich Horlebusch, geb. am 27.9.1906 in Hamburg, inhaftiert 1933, Tod am 8.2.1939 im KZ Fuhlsbüttel

Vorsetzen vor dem Verlagsgebäude Gruner & Jahr (Wetkenstrasse 3)

Als Johannes Horlebusch zur Welt kam, lebten seine Eltern, der Bohrer Friedrich Wilhelm Horlebusch (geb. 6.12.1869, gest. 18.6.1941) und Henriette Ernestine Mathilde, geb. Ahrlung (geb. 22.2.1875, gest. 1.1.1928), im ehemaligen Gängeviertel der Hamburger Neustadt, Großer Trampgang 21. Seine Familie, in der es noch den älteren Bruder Otto (geb. 22.10.1896) und die beiden später verheirateten Schwestern Erna Tiedemann (geb. 18.10.1894) und Frieda Knabe (geb. 12.11.1898) gab, gehörte vermutlich einer Freidenker-Gesellschaft an, da Johannes Horlebusch bis zur Jugendweihe freireligiösen Unterricht erhielt. Seine Eltern ließen ihn weder taufen noch konfirmieren. Nach Beendigung der Volksschule am Holstenwall 15 begann er eine Schiffbauerlehre bei der Vereinigten Elbe- und Norderwerft auf Steinwärder (heute Steinwerder), die er nach 1½ Jahren aufgab, um seine Eltern finanziell zu unterstützen. Johannes Horlebusch wechselte als Monteur in die Barometerfabrik Stacher & Olms, Margarethenstraße 6, in Hamburg-Wandsbek, wo er bis zu seiner späteren Verhaftung beschäftigt blieb.

1925 lernte Johannes Horlebusch die 17-jährige Emilie Auguste Hirsch, geboren am 11. April 1907, kennen. Ihr Vater war Pianist und entstammte einem jüdischen Elternhaus. Ihre Mutter war Schneiderin. Familie Hirsch wohnte in der Michaelisstraße 2. Nach ihrer Hochzeit am 7. April 1928 gab Auguste Horlebusch ihre begonnene Ausbildung als Tänzerin an der Volksoper auf. Die Kinder Hans und Margot wurden am 5. Juni 1929 und am 23. September 1931 geboren.

Seit 1923 war Johannes Horlebusch Gewerkschaftsmitglied. 1927 trat er durch die Vermittlung seines Bruders Otto in die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) ein und wurde Politischer Leiter des 8. Verbandes des Roten Frontkämpferbundes (RFB), der paramilitärischen Organisation der KPD.

Am 31. Januar 1933 geriet Johannes Horlebusch morgens um halb sieben kurz vor der Steinbrücke am Stadtgraben in den Wallanlagen in eine Polizeikontrolle und wurde, angeblich im Besitz einer Schusswaffe, verhaftet. Kurz zuvor hatten Hafenarbeiter und Seeleute auf dem Heiligengeistfeld gegen die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler protestiert, wobei es zu einer bewaffneten Auseinandersetzung zwischen Polizei und Demonstranten gekommen war. Was folgte, waren drei Gerichtsverhandlungen, die, so Auguste Horlebusch später in ihrem Wiedergutmachungsantrag, durch erpresste Geständnisse anderer und konstruierte Indizien geführt wurden. Gegenstand dieser Verfahren waren drei Straffälle, die im Zusammenhang mit Angriffen des RFB auf Nationalsozialisten standen. Der erste Prozess fand am 2. Juni 1933 unter dem Vorwurf "Vergehen gegen das Schusswaffengesetz" statt, ein weiterer am 29. Juni 1934 wegen "gemeinschaftlich versuchten politischen Mordes". Bei der letzten Verhandlung am 28. November 1934 wurde Johannes Horlebusch unter Einbeziehung der beiden vorangegangenen Verurteilungen zu insgesamt 15 Jahren Zuchthaus verurteilt.

Folgt man den Angaben in der Anklageschrift, so hielt das Hanseatische Sondergericht es für erwiesen, dass sich Johannes Horlebusch als Funktionär des RFB an der Planung zweier Überfälle beteiligt hatte, die allerdings nicht zur Durchführung kamen. Ein angeblicher "Feuerüberfall" sollte am 21. März 1933 auf den Fackelzug der SA-Standarte 31 in Altona verübt werden. Ein "Bombenattentat" war angeblich am 1. April 1933 auf ein SA-Verkehrslokal in der Marktstraße 119 geplant. Zudem sollten RFB-Mitglieder am 3. April 1933 einen versuchten Raub in einem Konfektionsgeschäft in der Caffamacherreihe 29 verübt haben.

Fast sechs Jahre verbrachte Johannes Horlebusch im KZ Fuhlsbüttel in Einzelhaft. Mehrfach wurden seine Gesuche, in eine Gemeinschaftszelle verlegt zu werden, abgelehnt.

Am 8. Februar 1939, morgens um 6.30 Uhr, so die offizielle Version, wurde Johannes Horlebusch in seiner Zelle an einem Betttuch am Fensterkreuz erhängt aufgefunden.

Auguste Horlebusch war nach der Festnahme ihres Mannes mehrmals im Stadthaus, Sitz der Staatspolizei (später Gestapo), verhört worden. Sie musste ihre Wohnung in der ehemaligen Wetkenstraße 3 räumen und versuchte als Reinmachefrau und mit Zeitungsaustragen ihre beiden Kinder zu ernähren; als Witwe wurden ihr Unterstützungsleistungen gekürzt und vorenthalten. Die Erlaubnis, eine zweite Ehe einzugehen, war ihr als "Mischling ersten Grades" verweigert worden. Man drohte ihr sogar mit Sterilisation. 1943 wurde sie im Vorsetzen 10 ausgebombt und erlebte das Kriegsende in Bayern, wohin sie evakuiert worden war.

Emilie Auguste Horlebusch, durch die Verhaftung ihres Ehemannes nicht nur aus politischen, sondern auch aus "rassischen" Gründen verfolgt, heiratete am 23. Mai 1945 den Vater ihres dritten Kindes, Johann Nicolas Wilhelm Brecour, und erwirkte noch im selben Jahr, dass das nationalsozialistische Urteil gegen ihren ersten Mann Johannes Horlebusch aufgehoben wurde.

Der Stolperstein für Johannes Horlebusch wurde in der Straße Vorsetzen vor dem Treppenaufgang zum Verlagsgebäude Gruner & Jahr verlegt. Die Wetkenstraße, nach dem Begründer der Armenschule in der Neustadt benannt, existiert heute nicht mehr. Sie verschwand im Zuge des Neubaus des Verlagsgebäudes aus dem Hamburger Stadtbild. 1988 wurde in Harburg-Wilhelmsburg im Stadtteil Rönneburg der Horlebuschweg nach Johannes Horlebusch benannt.

Johannes Horlebuschs erwähnter Bruder Otto Gustav Emil Horlebusch war Ewerführer (ein Ewer ist ein Schiffstyp), als Schauermann (Hafenarbeiter, deren Aufgabe das Be- und Entladen von Frachtschiffen war) arbeitete er im Stauereibetrieb "Einheit". Am 8. Dezember 1923 hatte er Frieda Bertha Taraschinski (geb. 11.4.1898 in Lutzhorn) geheiratet und lebte mit ihr und den beiden gemeinsamen Kindern im Stadtteil St. Pauli, Oelmühle 27. Otto Horlebusch wurde am 14. August 1933 verhaftet und als Politischer Leiter des RFB für die Plünderung zweier Lebensmittelgeschäfte verantwortlich gemacht. Diese Aktion sollte die Schutzpolizei von dem gleichzeitig stattfindenden Überfall auf das "SA-Marine-Sturmlokal" im "Adler-Hotel" in der Schanzenstraße 2–4 ablenken (s. Otto Christoph Heitmann, Karl Schaafhirte, Albert Trieglaff und Walter Wicke).

Am 10. Dezember 1934 verurteilte ihn das Hanseatische Sondergericht wegen "Landfriedensbruch" sowie "verbotener Fortsetzung politischer Organisationen" zu fünf Jahren Zuchthaus. Otto Horlebusch blieb nach Beendigung seiner Haftstrafe im KZ Fuhlsbüttel in "Schutzhaft". Seine Tochter berichtete in ihrem Wiedergutmachungsantrag, ihr Vater habe sich nach seiner Entlassung Ende November 1939 von seiner Umwelt ganz zurückgezogen. Sie führte dieses Verhalten auf seine in der Haft erlittenen schweren Misshandlungen zurück.

Nach nur einem Jahr in Freiheit starb Otto Horlebusch am 20. November 1940 an einer Krebserkrankung. Am Tag zuvor war seine Frau aus Verzweiflung durch Freitod aus dem Leben geschieden.


Stand: Juli 2018
© Susanne Rosendahl

Quellen: StaH 351-11 AfW 32038 (Brecour, Auguste); StaH 351-11 AfW 43662 (Grünberg, Irmgard); StaH 242-1II Gefängnisverwaltung, Abl. 13, jüngere Kartei Strafhaft; StaH 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht-Strafsachen LOO21/37 Band 1; StaH 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht-Strafsachen LOO58/37; StaH 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht-Strafsachen LO123/36; StaHH 242-1II Gefängnisverwaltung II, Abl. 18, 4478 Horlebusch, Johannes; StaH 331-5 Polizeibehörde-Unnatürliche Sterbefälle 3 Akte 1942/1258; StaH 331-5 Polizeibehörde-Unnatürliche Sterbefälle 3 Akte 1940/2070; StaH 332-5 Standesämter 2812 u 421/1893; StaH 332-5 Standesämter 2347 u 3794/1894; StaH 332-5 Standesämter 2406 u 3618/1896; StaH 332-5 Standesämter 2462 u 3973/1898; StaH 332-5 Standesämter 3575 u 208/1928; StaH 332-5 Standesämter 9907 u 78/1939; StaH 332-5 Standesämter 1121 u 719/1940; StaH 332-5 Standesämter 1128 u 2617/1940; StaH 332-5 Standesämter 9923 u 1003/1941; Diercks: Gedenkbuch Kola-Fu, S. 61; Bericht von Herbert Baumann, Rostock 1981 zur Verfügung gestellt von der Gedenkstätte Ernst Thälmann, Hamburg-Eppendorf Archiv; Auskünfte von Herbert Diercks, Archiv der KZ-Gedenkstätte Neuengamme; Bake: Gedächnis, Band 1, S. 180.

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