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David Lazarus
© Privatbesitz

David Lazarus * 1889

Düsternstraße (vormals Nr. 13/15) (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
DAVID LAZARUS
JG. 1889
VERHAFTET 1938
BUCHENWALD
TOT AN DEN HAFTFOLGEN
6.2.1944

David Lazarus, geb. am 27.1.1889 in Hamburg, verstorben am 6.2.1944 an Haftfolgen in Hamburg

Düsternstraße 18/Alter Steinweg 1 (Düsternstraße 13/15)

David Lazarus war ein Sohn des jüdischen Ehepaares Louis Lazarus (geb. 1843) und Friederike, geb. Schwabe (geb. 3.10.1848). Er war am 27. Januar 1889 in der elterlichen Wohnung in der 2. Elbstraße 38 (ab 1900 Elbstraße 69, heute Neanderstraße) zur Welt gekommen. Der Vater war "Handelsmann", also Kaufmann, wie zuvor dessen Vater Raphael Lazarus. Als David sieben Jahre alt war, starb sein Vater an einem Gehirnschlag im Alter von 52 Jahren am 13. April 1896. Friederike Lazarus zog ihre Kinder offenbar allein auf. Die Witwe wohnte im ehemaligen Gängeviertel in der Speckstraße 44, als sie am 3. Juni 1922 verstarb.

David Lazarus entschied sich nach seiner Schulzeit zunächst für einen handwerklichen Beruf – er wurde Metalldreher. Am 23. Mai 1914 heiratete er die nichtjüdische Elsa Ida Reinholdt; die Tochter des Schuhmachers Fritz Reinholdt und Ida, geb. Pries, war am 16. Januar 1892 geboren worden. Beide hatten zum Zeitpunkt der Eheschließung in der Marienstraße 26 (ab 1940 Jan-Valkenburg-Straße) gewohnt.

David Lazarus war kein Mitglied der Jüdischen Gemeinde, seine und Idas gemeinsame sechs Kinder, Erna Elfriede (geb. 8.3.1912), Maria Luise (geb. 2.7.1913, gest. 20.12.1915), Hildegard (geb. 6.8.1918), Irmgard (geb. 6.9.1920), Karl Heinz (geb. 11.8.1925) und Helga (geb. 9.3.1928) wurden nicht-jüdisch erzogen.

Zwei von Davids Schwestern hatten ebenfalls nichtjüdische Ehepartner: Henriette Thyssen, geb. Lazarus (geb. 17.9.1882) heiratete 1903 den Metalldreher Carl Ludwig Thyssen (geb. 28.12.1879, gest. 17.8.1936). Helene Schulze, geb. Lazarus, (geb. 29.6.1884, gest. 5.5.1958), war in zweiter Ehe mit Willy Max Schulze (geb. 11.1.1886 in Neustadt/Sa.) verheiratet. Sie trat im Juni 1933 aus der Jüdischen Gemeinde in Hamburg aus. Der ältere Bruder Adolph Lazarus (geb. 1.6.1880) hatte 1908 die nichtjüdische Anna Sophie Helmine Ringel (geb. 26.8.1887) geheiratet. Der Assimilationsprozess setzte sich in der Generation ihrer Kinder fort, die später nichtjüdische Partner heirateten oder sich mit ihnen verlobten.

1924 wurde David Lazarus Gesellschafter in der Vertriebsfirma Köhler & Krüger, Bücher- und Zeitschriften en gros, bis er wegen seiner jüdischen Herkunft aus dem Berufsleben ausgeschlossen wurde. Darüber berichtete seine Ehefrau Elsa: "Wir belieferten Straßenhändler und Geschäfte mit Zeitungen, Zeitschriften und Büchern, später pachteten wir von der Stadt Anschlagssäulen, wo wir Zeitungsständer aufstellten. Wir hatten 30 Säulen. Schon meine Mutter hatte am Rathausmarkt einen Zeitungsstand betrieben. 1933 lief der Vertrag aus und wurde nicht mehr verlängert, da mein Mann Jude war. Es bildete sich eine Zeitungszentrale, dort wurde mein Mann als Teilhaber abgelehnt und wir machten Konkurs."

Die Wohnung in der Marienthalerstraße 47 in Hamburg-Hamm musste die Familie aufgeben und Elsa Lazarus übernahm nun deren Versorgung. Sie veräußerte einen Teil ihres Hausstandes und eröffnete mit dem Erlös im Erdgeschoß des Hauses Brauerknechtgraben 53 eine Brothandlung, eine Wohnung bezogen sie in der ersten Etage. Das Geschäft lief zunächst auch recht gut "bis dann die jüdische Herkunft meines Ehemannes bekannt wurde, da blieb die Kundschaft nach und nach aus". David Lazarus fand nach längerer Arbeitslosigkeit auf einer Werft wieder eine Beschäftigung als Dreher.

Wie viele jüdische Männer wurde auch David Lazarus im Zuge des Novemberpogroms vom 9./10. November 1938 verhaftet und ins Polizeigefängnis Fuhlsbüttel gebracht. Von dort kam er ins KZ Sachsenhausen, wo er bis zum 14. Dezember 1938 festgehalten wurde. Elsa Lazarus berichtete jedoch, dass ihr Mann auch im KZ Buchenwald war und dort erst im April 1939 in sehr schlechtem Gesundheitszustand und mit einer schweren Lungenentzündung nach Hause entlassen wurde. Später arbeitete er zwar wieder in einer kleinen Werkstatt als Dreher, erholte sich jedoch nicht mehr von den gesundheitlichen Schädigungen, die er sich während seiner Haftzeit zugezogen hatte.

Gemäß der Rassengesetze des NS-Staates wurden Ehen wie die von Elsa und David Lazarus als "privilegierte Mischehen", ihre Kinder als "Mischlinge ersten Grades" definiert. David Lazarus und seine Schwestern Helene Schulze und Henriette Thyssen, sowie der Bruder Adolph Lazarus blieben deshalb zunächst von den Deportationen in den Osten verschont.

Henriette Thyssen verstarb am 30. Juli 1942 nach einem Verkehrsunfall im Hilfskrankenhaus Weidenstieg 29, bis zu ihrem Tod hatte sie in der Neustädter Straße 31 gewohnt. Der Bruder Adolph Lazarus wohnte mit seiner Familie in der Gärtnerstraße 130, er verstarb am 9. Dezember 1942.

Helene Schulze wohnte im Habichtsweg 2 in Barmbek. Sie flüchtete mit ihrer Familie 1943 nach Neustadt/Sachsen, wo sie sich im Heimatort ihres Mannes als "Arierin" ausgab.

Im selben Jahr, im Juli 1943 wurden Elsa und David Lazarus in der Düsternstraße 13/15, wo sie seit 1936 wohnten, ausgebombt. Sie kamen bei ihrer Tochter Erna am Großneumarkt 26 unter. Anfang Dezember 1943 musste das Ehepaar in das "Judenhaus" Rappstraße 15 ziehen. Zwei Monate später, am 31. Januar 1944, wurde David Lazarus ins Israelitische Krankenhaus eingewiesen, wo er am 6. Februar 1944, kurz nach seinem 55. Geburtstag, an einer Lungenentzündung starb.

Seine Töchter, die Schwestern Erna, Hildegard und Irmgard hatten eigene Haushalte gegründet. Sie waren verlobt, konnten aber ihre Heiratspläne als "Halbjüdinnen" nach der Einführung des "Gesetzes zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre", einem der Nürnberger Gesetze vom 15. September 1935, nicht mehr realisieren. Ihre Anträge auf Eheschließungen waren vom Reichsinnenministerium in Berlin abgelehnt worden. Sie erhielten Vorladungen zur Gestapo, die von ihnen die Aufhebung ihrer Verlobungen erpresste. Ihre Kinder kamen außerehelich zur Welt und blieben, nachdem ihre Väter zur Wehrmacht eingezogen waren, unversorgt zurück. Erna Lazarus unterschrieb die Auflösung ihrer Verlobung erst, nachdem sie drei Monate in "Schutzhaft" verbracht hatte. Nach der Geburt ihres zweiten Kindes 1940 sollte sie in ein KZ eingewiesen werden, konnte sich aber ihrer Verhaftung entziehen. Ihre Schwester Hildegard entging 1945 ihrer Deportation mit der Hilfe ihrer "Schwiegermutter". Erna und Hildegard heirateten nach Kriegsende die Väter ihrer Kinder. Der Verlobte von Irmgard kehrte nicht aus dem Zweiten Weltkrieg zurück. Elsa Lazarus blieb bis zum Kriegsende in der Rappstraße, sie starb am 17. Januar 1964 in Altona.


Stand: Juli 2018
© Susanne Rosendahl

Quellen: StaH 351-11 AfW 11678 (Lazarus, David); StaH 351-11 AfW 14237 (Lazarus, Elsa); StaH 351-11 AfW 37299 (Kaläne, Erna); StaH 351-11 AfW 42040 (Garcke, Hildegard); StaH 351-11 AfW 43399 (Kasch, Irmgard); StaH 351-11 AfW 5891 (Thyssen, Henriette); StaH 351-11 AfW 7533 (Schulz, Helene); StaH 332-5 Standesämter 2033 u 4530/1882; StaH 332-5 Standesämter 2195 u 494/1889; StaH 332-5 Standesämter 396 u 611/1896; StaH 332-5 Standesämter 8660 u 529/1908; StaH 332-5 Standesämter 3241 u 332/1914; StaH 332-5 Standesämter 8182 u 744/1942; StaH 332-5 Standesämter 8445 u 653/1942; StaH 242-1 II, Abl. 13 ältere Gefangenenkartei Männer; Auskunft aus der Gedenkstätte Sachsenhausen von Monika Liebscher, E-Mail vom 2.8.2013; www.jüdischer-friedhof-altona.de/hhfriedhoefe.html (Zugriff 11.6.2016).

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