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Binem Rauch * 1908

Bremer Reihe 21 (Hotel Bremer Hof) (Hamburg-Mitte, St. Georg)


HIER WOHNTE
BINEM RAUCH
JG. 1908
VERHAFTET 1939
KZ FUHLSBÜTTEL
1941 NEUENGAMME
ERMORDET 24. 6.1942

Binem (Benno) Rauch, geb. 29.7.1908 in Drogobycz bei Lemberg (heute Ukraine), gestorben 24.6.1942 im KZ Neuengamme

letzte Wohnadresse: Bremer Reihe 21 (Hotel "Bremer Hof")

Binem Rauch war der Sohn von Adolf Rauch und seiner Ehefrau Rosalia, geb. Schmindling. Da das Gebiet um Lemberg in Galizien nach dem Krieg von 1919/20 zwischen Polen und der neugegründeten Sowjetunion zu Polen kam, bekam er die polnische Staatsangehörigkeit, die er bis zu seinem Tode behielt. Er ging in der Mittelstadt Drogobycz auf das Gymnasium und begann dort später eine Lehre als Textilkaufmann. Als junger Mann zog er dann nach Ber­lin und lernte dort seine spätere (nichtjüdische) Ehefrau, die Schneidermeisterin Emmy Luise Wildgrube (geb. 1909 in Berlin) kennen, die er 1932 heiratete.

Im September 1937 kam die Tochter Lilian, auf einer Reise nach Paris, zur Welt. Das Ehepaar baute in Berlin in den 1930er Jahren einen Damenschneidereibetrieb mit Konfektionsgeschäft größeren Um­fangs auf, das als Stammpersonal 22 Angestellte nebst 12 Heimarbeiterinnen und Saisonkräften beschäftigte. Beim Novemberpogrom 1938 wurden beide Betriebe schwer demoliert und teilweise geplündert. Nach der Aussage der Ehefrau nach dem Krieg wurden die Rauchs durch die Deutsche Arbeitsfront (DAF) 1939 "in der rücksichtslosesten Weise" gezwungen, die Betriebe für den sehr niedrigen Betrag von 5000 RM an eine ehemalige Angestellte zu verkaufen. Nach dem Verkauf soll diese Ex-Angestellte durch Denunziation der Familie Rauch wegen angeblichen Devisenschmuggels und unerlaubten Waffenbesitzes versucht haben, um die Zahlung des Kaufpreises herumzukommen. Die Verfahren aufgrund dieser Anzeigen sind dann aber 1940 offenbar wegen Mangels an Beweisen eingestellt worden.

Infolge der Drangsalierungen durch das NS-Regime entschloss sich das Ehepaar Rauch 1939, mit der kleinen Tochter über Hamburg nach Ecuador auszureisen. Als die Rauchs Ende August 1939 in Hamburg eintrafen, waren die Schiffskarten für die Überfahrt schon gekauft und alle erforderlichen Ausreiseformalitäten geregelt; das umfangreiche Gepäck der Familie war bereits nach Südamerika unterwegs.

Die Familie quartierte sich im Hotel "Bremer Hof" in der Bremer Reihe unweit vom Hauptbahnhof ein, um wenige Tage später das Schiff "Caribia" für die Reise nach Ecuador zu besteigen. Dazu kam es jedoch nicht mehr, weil durch den Beginn des Krieges am 1. September 1939 das Schiff keine Abreisegenehmigung mehr erhielt. Die Rauchs wohnten noch mehrere Wochen in dem Hotel in St. Georg, bis Binem Rauch am 21. September verhaftet und interniert wurde, da er polnischer Staatsangehöriger war und damit einem Staat angehörte, mit dem das "Dritte Reich" sich im Krieg befand. Später wurde er wegen der in Berlin gegen ihn von der ehemaligen Angestellten erstatteten Strafanzeigen in U-Haft im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel genommen.

Obwohl die Verfahren 1940 eingestellt wurden, fand das NS-Regime einen anderen Vorwand, sowohl Binem Rauch als auch seine Frau Emmy wegen einer angeblichen Straftat verurteilen zu lassen. Emmy Rauch hatte nach der Verhaftung ihres Mannes versucht, mit ihm in Kontakt zu bleiben und ihm Informationen zukommen zu lassen. Dies versuchte sie offenbar durch Bestechung eines Gefängnisaufsehers, der Kassiber in beide Richtungen zwischen den Ehegatten schmuggelte.

Emmy Rauch wurde für diese "Straftat" zunächst im Februar 1940 ebenfalls in U-Haft genommen und im Mai von einem Hamburger Amtsgericht zu drei Monaten Haft verurteilt. Im selben Verfahren wurde ihr Mann Binem wegen desselben "Delikts" zu einem Jahr Ge­fäng­nis verurteilt. Nach Verbüßung dieser Strafe kam er im April 1941 in das KZ Neuengamme in "Schutzhaft". Hier starb er am 24. Juni 1942 angeblich an einer "eitrigen Hirnhautentzündung". Seine Ehefrau Emmy lebte nach ihrer Haftentlassung mit ihrer Tochter Lilian und ihrer Mutter Anna Wildgrube in der Hansdorfer Straße in Barmbek. Als das Haus im Sommer 1943 ausgebombt wurde, zog sie mit ihrer Mutter und ihrem Kind zum Geburtsort ihrer Mutter auf die Insel Fehmarn. Nach Kriegsende kehrte sie für einige Jahre nach Hamburg zurück, um eine Schneiderei zu betreiben, wandte sich jedoch später, nach erneuter Heirat, wieder ihrer Heimatstadt Berlin zu.

© Benedikt Behrens

Quellen: 1; AfW, Entschädigungsakte.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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