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Bereits verlegte Stolpersteine



Therese Lewin * 1893

Steinwegpassage 28 (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
THERESE LEWIN
JG. 1893
DEPORTIERT 1941
RIGA
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Steinwegpassage 28:
Henry Koppel, William Salomon, Alfred Samenfeld

Therese Lewin, geb. am 21.6.1893 in Hamburg, deportiert am 6.12.1941 nach Riga-Jungfernhof

Steinwegpassage 28

Für die unverheiratete 39-jährige Therese Lewin brachte das Jahr, in dem Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde, nicht nur politische, sondern auch tiefgreifende persönliche Veränderungen mit sich. Ihre Mutter Amalie Lewin, geb. Schoyer (geb. 12.3.1858), in deren Haushalt sie sehr zurückgezogen lebte und die sie seit einigen Jahren pflegte, starb am 20. September 1933. Therese Lewin hatte in früheren Jahren bei ihren Eltern, die offenbar einen Straßenhandel betrieben, als Verkäuferin mitgearbeitet. Nach dem Tod ihrer Mutter konnte sie nicht wieder ins Berufsleben zurückfinden. Ein Sachbearbeiter des Hamburger Arbeitsamtes hielt sie für zu alt und da sie zudem Jüdin sei, könne sie nicht mehr vermittelt werden. Therese Lewin lebte von geringen Fürsorgeleistungen und musste an drei Tagen in der Woche Unterstützungsarbeit in der Nähstube Rosenallee leisten, was ihren Fertigkeiten nicht entsprach. Eine Zeitlang arbeitete sie dann als Reinmachefrau im Jüdischen Gemeinschaftshaus in der Hartungstraße und später in einer Fabrik, möglicherweise bereits als Zwangsarbeiterin. Die Vierzimmerwohnung ihrer verstorbenen Mutter in der Steinwegpassage 28, die sie mit ihrer älteren Halbschwester bewohnte, konnte sie durch die Aufnahme von Untermietern halten (s. Alfred Samenfeld und Henry Koppel). Unter der Adresse Steinwegpassage 28 stand Therese Lewin noch bis 1943 in den Hamburger Adressbüchern, obwohl sie bereits am 6. Dezember 1941 nach Riga-Jungfernhof deportiert worden war, wo sich ihre Spur verlor.

Therese Lewins Halbschwester hieß Sophie Schoyer. Sie war am 26. August 1877 im Haushalt ihrer Großeltern Marcus Liepmann Schoyer und Friederike, geb. Moses, in der Kleinen Michaelisstraße, Platz 25 zur Welt gekommen. Ihre und Sophies gemeinsame Mutter Amalie Schoyer war damals unverheiratet und verdiente ihren Lebensunterhalt mit 19 Jahren als selbstständige Händlerin.

Therese wurde dann sechzehn Jahre später im Kraienkamp 22 (heute Krayenkamp) geboren. Inzwischen hatte ihre Mutter am 9. Juli 1889 in Altona den Wollwarenhändler Sally Lewin (geb. 10.5.1860) aus Schönfließ in Neumark (heute Polen) geheiratet. Das Ehepaar Amalie und Sally Lewin zog sehr oft um. Die letzten Adressen waren im Neuen Steinweg 96 und in der Mühlenstraße 8 (heute ein Teil der Gerstäckerstraße), wo Sally Lewin kurz nach seinem 51. Geburtstag am 21. Mai 1911 verstarb. Über die Marcusstraße 18 (heute Markusstraße) zog Amalie Lewin mit ihren Töchtern schließlich in die Steinwegpassage 28. Sophie Schoyer sorgte für ihren eigenen Lebensunterhalt, 1904 meldete sie ein Gewerbe für Textil- und Galanteriewaren an. Sie betrieb einen Straßenstand in der nahen Elbstraße (heute Neanderstraße), der sich Ende der 1920er Jahre nicht mehr rentierte, auch deshalb, weil ihre Waren aus der "Mode" gekommen waren. Ihre Ersparnisse verlor sie durch die Inflation, sodass ihr die Kultussteuern, die sie als Mitglied an die Jüdische Gemeinde zu zahlen hatte, ab 1929 erlassen wurden. Als Sophie Schoyer im Alter von 62 Jahren, am 30. Juni 1938, als "Nichtarierin" der Gewerbeschein entzogen wurde, war auch sie auf Fürsorgeunterstützung angewiesen. Sophie Schoyer musste zuletzt in ein "Judenhaus", in das ehemalige Hertz-Joseph-Levy-Stift am Großneumarkt 56 ziehen. Sie starb am 7. Juli 1942 im Israelitischen Krankenhaus in der Johnsallee 68 an den Folgen einer Krebserkrankung.


Stand: Juli 2018
© Susanne Rosendahl

Quellen: 1; 6; StaH 332-5 Standesämter 2314 u 2286/1893; StaH 332-5 Standesämter 1910 u 3977/1877; StaH 332-5 Standesämter 653 u 376/1911; StaH 332-5 Standesämter 1008 u 255/1933; StaH 332-5 Standesämter 8180 u 319/1942; StaH 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge 1446 (Schoyer, Sophie); StaH 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge 1445 (Lewin, Therese); StaH 522-1 Jüdische Gemeinden 160 Verzeichnis der am 1. Dezember 1890 in Altona anwesenden Israeliten; StaH 332-8 Meldewesen K 5609; diverse Hamburger Adressbücher.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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