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Abram Weltmann * 1882

Rathausstraße 13 (Hamburg-Mitte, Hamburg-Altstadt)


HIER WOHNTE
ABRAM WELTMANN
JG. 1882
VERHAFTET 1939
KZ FUHLSBÜTTEL
SACHSENHAUSEN
ERMORDET 15.7.1940

Abram Weltmann, geb. am 8.11.1882 in Odessa/Russland, Todesdatum am 15.7.1940 im KZ Sachsenhausen

Rathausstraße 13 (Rathausstraße 4)

Abram Weltmann war in der Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer geboren worden. Damals gehörte Odessa zum Russischen Zarenreich (heute Ukraine), wo es oftmals zu antijüdischen Ausschreitungen kam, wie im Jahre 1905. Viele Juden verließen das Land. Ein Bruder war in die USA ausgewandert, Abram Weltmann ging nach Hamburg. Ein erster Eintrag im Adressbuch verzeichnete ihn 1909 als Inhaber eines Kommissionsgeschäfts in der Rathausstraße 4. 1912 handelte er unter der gleichen Adresse mit russischen Rohprodukten. 1924 verlegte er sein Unternehmen in die Straße Hüxter 12 und betrieb nun ein Ex- und Importgeschäft mit Drogen (Arztneimittel), Vegetabilien (pflanzliche Nahrungsmittel) und Ölsaaten. Zudem war er Teilhaber der Ex- und Import Firma Gustav Lüdecke.

Abram Weltmann lernte die nichtjüdische Gertrud Zander kennen. Sie war in seinem Haushalt oder in seiner Firma tätig. Gertrud Zander war am 26. Juli 1896 in Bredow (Drzetowo), einem Stadtteil von Stettin (Szczecin/Polen) geboren worden. Sie lebte seit 1918 in Hamburg und hatte eine Ausbildung zur Kinderpflegerin absolviert.

Das Paar verlobte sich 1929, wollte aber erst heiraten, wenn der weitere Aufbau der Firma abgeschlossen war. Zudem war Abram Weltmann nicht im Besitz aller Dokumente, die in Deutschland für eine Eheschließung benötigt wurden. Er besaß einen Nansen-Pass, der für staatenlose Flüchtlinge und Emigranten 1922 als Reisedokument eingeführt worden war.

Abram Weltmann beschäftigte drei Angestellte und zwei Lehrlinge.

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 ging sein Geschäft mit dem Boykott jüdischer Handelseinrichtungen, erst langsam, dann immer stärker zurück. Sein Teilhaber Gustav Lüdecke schied 1934 aus der Firma aus. Auch in der Rathausstraße erfuhr Abram Weltmann Antisemitismus. Ein Nachbar tat sich besonders hervor, der ihn als "Jude Weltmann" betitelte, verfolgte und in seinem Kontor belästigte.

Um die täglichen Anfeindungen und Auseinandersetzungen zu vermeiden, beschlossen Gertrud Zander und Abram Weltmann, sich im Mai 1935 räumlich zu trennen, hielten jedoch weiterhin Kontakt und auch ihr Verlöbnis aufrecht. Gertrud Zander berichtete später, sie hätten die Lage in Deutschland falsch eingeschätzt. Sie glaubten, dass sich die Nationalsozialisten nicht lange an der Macht halten würden und beabsichtigten mit der Heirat abzuwarten, bis sich die politischen Verhältnisse bessern würden. Aber bereits im September 1935 wurde ihnen mit der Einführung der "Nürnberger Gesetzte" eine Eheschließung unmöglich gemacht.

Abram Weltmann richtete sich in seinem Kontor notdürftig ein. Wie sein letzter Angestellter, den er nur noch stundenweise beschäftigen konnte, berichtete, lebte er dort in trostlosen Verhältnissen. Gertrud Zander besuchte ihren Verlobten oft und verließ dann erst spät am Abend das Kontor.

Am 12. August 1939 beantragte Abram Weltmann beim Oberfinanzpräsidenten Hamburg eine "Unbedenklichkeitsbescheinigung". Er beabsichtigte nach Belgien zu emigrieren und gab an, dass er an Bargeld noch 100 Reichsmark (RM) besäße und mit seinen Außenständen von etwa 700 RM die Auswanderung finanziere.

Aber mit Kriegsbeginn am 1. September 1939 und dem Überfall des Deutschen Reiches auf Polen wurde Abram Weltmann unter dem Vorwand, polnischer Staatsbürger zu sein – was er nicht war – in seiner Firma von der Gestapo verhaftet und nach kurzer Inhaftierung in Hamburg ins KZ Sachsenhausen verbracht, wo er am 15. Juli 1940 ums Leben kam. Die offizielle Todesursache lautete: doppelseitige Lungenentzündung. Nach dem Tod ihres Verlobten nahm Gertrud Zander ihre Mutter bei sich auf und lebte von Zimmervermietungen. Im Juli 1944 wurde sie in der Rathausstraße ausgebombt.

1951 erstritt Gertrud Zander, dass die Ehe mit Abram Weltmann rückwirkend auf den 1. Juli 1936 für rechtswirksam erklärt wurde. In ihrem Verfahren bestätigten ihr Bekannte, dass sie keine Nationalsozialistin gewesen sei, schon "da ihr Verlobter Jude war, sie jahrelang ausländische Sender hörte, Nachrichten verbreitete und ausländische Gefangene mit Brot versorgte". Sie selbst äußerte sich in ihrem Wiedergutmachungsverfahren: "Ich bin nur sehr erschüttert, dass der Tod des Abram Weltmann der einzig und allein ein Opfer der Nazis geworden ist, so abgetan werden soll ohne die geringste Sühne zu finden. Ich bin einzig und allein diejenige als Hinterbliebene die seinen Tod durch das Hitlerregime anzuklagen hat und ich habe durch seinen Tod alles verloren, was ich einst besaß. Er musste sterben, wie Millionen vieler, weil er Jude war und war der beste einer."

Abram Weltmanns Grabstein befindet sich auf dem Jüdischen Friedhof in Ohlsdorf.

Gertrud Weltmann verstarb im November 1968 in Hamburg.

Stand: September 2018
© Susanne Rosendahl

Quelle: 1; 9; StaH 351-11 AfW 18943 (Weltmann, Gertrud); StaH 332-4 Nr. 501 Aufsicht über die Standesämter, nachträglich anerkannte Ehen; StaH 314-15 OFP R 1939/2955; diverse Hamburger Adressbücher; http://www.jüdischer-friedhof-altona.de, (Zugriff 12.12.2014).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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