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Bereits verlegte Stolpersteine



Anna Zlotnik * 1902

Markusstraße 10 / vor dem Eingang "Kita-Markusstraße" (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
ANNA ZLOTNIK
JG. 1902
DEPORTIERT 1941
ERMORDET IN
LODZ / LITZMANNSTADT

Weitere Stolpersteine in Markusstraße 10 / vor dem Eingang "Kita-Markusstraße":
Moses Hirsch Korzuch, Joseph Zlotnik

Anna/Nochama Zlotnik, geb. am 10.2.1902 in Nowogródek, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz, am 30.3.1942 im Vernichtungslager Chelmno/Kulmhof ermordet
Josef Moses Zlotnik, geb. am 27.8.1938 in Hamburg, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz, am 30.3.1942 im Vernichtungslager Chelmno/Kulmhof ermordet
Moses Hirsch Korzuch, geb. am 28.6.1901 in Be˛dzin/Polen, ab November 1939 inhaftiert im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel, KZ Sachsenhausen, KZ Ravensbrück, am 25.3.1942 in der Tötungsanstalt Bernburg a. d. Saale ermordet

Markusstraße 10 (Marcusstraße 38)

Anna/Nochama Zlotnik war 1919 als 17-jährige Hausangestellte nach Hamburg gekommen. Ihr Geburtsort Nowogródek in Russland gehörte nach dem Ersten Weltkrieg zur neu gegründeten Polnischen Republik. Über ihre Eltern Josel Zlotnik und Lilia Chana, geb. Nigerowicz, ist nichts bekannt. Ungewiss bleibt auch, wann Anna ihren Verlobten, den ebenfalls jüdischen Moses Korzuch kennengelernt hatte.

Moses Korzuch lebte erst seit 1927 in Hamburg. Er war im polnischen Be˛dzin, einer Stadt mit einer damals großen Jüdischen Gemeinde zur Welt gekommen. Sein Vater Alter Korzuch und seine neun Geschwister wohnten in Da˛browa. Seine Mutter Chana Maria, geb. Altmann, war bereits verstorben. Moses Korzuch lebte 1935 als Untermieter in der Bernhard-Nocht-Straße 95 bei Albert Henoch. 1937 arbeitete er als Lagerarbeiter und Expedient in der Firma von Adolf Lichtenhayn (geb. 23.11.1895, gest. 2.6.1966), einem Exportgeschäft für Altpapier am Valentinskamp 33/34. Ende 1938 wurde er arbeitslos, da Adolf Lichtenhayn nach seiner Haftentlassung aus dem KZ Sachsenhausen Ende 1938 nach Shanghai emigrierte (s. Stolpersteine in der Isestraße 53).

Anna Zlotnik arbeitete bis kurz vor der Geburt ihres gemeinsamen Sohnes Josef Moses, der am 27. August 1938 zur Welt kam, bei der Kommission für das Israelitische Wohlfahrtswesen in der Beneckestraße. Sie wurde von dort als Haushaltshilfe überwiegend an ältere Personen vermittelt. Ihre letzte Stelle war bei dem Ehepaar Horowitz in der Klosterallee 7.

Anna Zlotnik und Moses Korzuch bewohnten eine kleine 1½ Zimmerwohnung in der zweiten Etage der Marcusstraße 38 (heute Markusstraße). Das Gebäude, sowie die im Hinterhof gelegene Synagoge mit der Haus-Nr. 36, gehörte der Portugiesisch-Jüdischen Gemeinde in Hamburg.

Im Juni 1939 hofften Anna und Moses, sie könnten noch in die USA auswandern. Ein Vetter von Anna, Sam Friedmann, lebte in New York und übernahm die notwendige Bürgschaft sowie die Kosten für die Schiffspassagen. Der Kontakt lief über das amerikanische Konsulat. Doch die Einreisequote für polnische Staatsbürger war sehr begrenzt und erschwerend kam hinzu, dass Moses Korzuch staatenlos war. Vielleicht scheiterte ihre Emigration aber auch an fehlenden Dokumenten, und das mag auch der Grund gewesen sein, warum Anna Zlotnik und Moses Korzuch nicht heirateten.

Moses Korzuch konnte als Jude keine Arbeit mehr finden und wurde als erwerbsloser Unterstützungsempfänger mit anderen jüdischen Männern zu schwerer Erdarbeit in Tiefstaak (heute Tiefstack), später in einer Tiefbau-Firma in Harsefeld herangezogen. Seine Familie sah er nur noch an den freien Wochenenden, da er an seinen außerhalb von Hamburg gelegenen Arbeitsplätzen in einem Sonderlager untergebracht war.

Trotz der schwierigen finanziellen Situation gelang es Anna, gut für ihr Kind zu sorgen, wie eine Fürsorgepflegerin nach einem Hausbesuch im Juni 1939 vermerkte. Josef Moses entwickele sich gut und sei gepflegt. Seine Mutter beschrieb sie als sehr fleißig, den Haushalt als einwandfrei sauber.

Moses Korzuch gehörte am 28. Oktober 1938 zu den etwa 1000 polnischen Jüdinnen und Juden in Hamburg, die im Rahmen der "Polenaktion", zum Grenzort Zbaszyn/Bentschen abgeschoben wurden. Offensichtlich kehrte er zurück und wurde nach Kriegsbeginn als polnischer Jude am 28. Oktober 1939 verhaftet. Von November 1939 bis Februar 1940 wurde er im KZ Fuhlsbüttel inhaftiert. Sein Name stand auf der Deportationsliste für den zweiten Transport am 8. November 1941 ins Getto Minsk, wurde aber wieder gestrichen. Gesichert ist, dass Moses Korzuch am 24. Februar 1940 mit der Häftlingsnummer 20354 als Zugang ins KZ Sachsenhausen kam und von dort im August 1941 mit der Häftlingsnummer 741 ins Männerlager des KZ Ravensbrück überstellt wurde. Höchstwahrscheinlich befand er sich dann in einem der sogenannten Invalidentransporte, in denen nicht mehr arbeitsfähige Häftlinge, unter der Tarnbezeichnung 14 f 13 selektiert und anschließend in der Gaskammer der Tötungsanstalt Bernburg a.d.Saale ermordet wurden. Seine Verlegung von Ravensbrück wurde am 25. März 1942 im Nummernbuch, ohne Angabe des Zielortes registriert.

Anna Zlotnik wohnte zuletzt mit ihrem 3-jährigen Sohn Josef Moses als Untermieterin in der Wilhelminenstraße 24 (heute Hein-Hoyer-Straße) bei Siegfried Liebreich (s. Stolpersteine in Hamburg-St.Pauli). Am 25. Oktober 1941 erhielt sie den Deportationsbefehl für das Getto "Litzmannstadt" nach Lodz. Dort bekam sie am 30. März 1942 den Befehl zur "Aussiedlung". Es hieß, sie käme an einem anderen Ort zum Arbeitseinsatz. Sie wurden nach Chelmno/Kulmhof gebracht und dort in einem Gaswagen ermordet.

Große Teile der Markusstraße wurden im Krieg zerstört. Die Straße wurde komplett neu bebaut. Daher konnten die Stolpersteine für Josef Moses und seine Eltern Anna Zlotnik und Moses Korzuch in der Markusstraße nicht an der Stelle verlegt werden, wo sie gelebt hatten. Die Straße verlief früher bis zur Kurze Straße/Ecke Hütten und nimmt heute einen anderen Verlauf.


Stand: August 2018
© Susanne Rosendahl

Quellen: 1; 4; 5; 9; StaH 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge 1398 (Korzuch, Moses); StaH 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge 2039 (Zlotnik, Anna); StaH 351-11 AfW 21374 (Lichtenhayn, Adolph); StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 3; StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 2; StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 1; Auskunft aus der Gedenkstätte Sachsenhausen von Monika Liebscher, E-Mail vom 18.9.2013; Schindler-Saefkow/Schnell: Gedenkbuch, S. 337; United States Holocaust Memorial Museum, Holocaust Survivor ans Victim Catalog, http://resources.ushmm.org/online/hsvperson_view.pp?PersonId=2024466 (Zugriff 26.1.2014); Auskunft aus der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück, von Monika Schnell, E-Mail vom 3.5.2014.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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