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Bereits verlegte Stolpersteine



Arthur Polack * 1889

Zeughausmarkt 33 (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
ARTHUR POLACK
JG. 1889
DEPORTIERT 1941
LODZ / LITZMANNSTADT
ERMORDET 3.2.1942

Weitere Stolpersteine in Zeughausmarkt 33:
Martha Polack

Arthur Jacob Polack, geb. am 11.10.1889 in Hamburg, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz, dort gestorben am 3.2.1942
Martha Polack, geb. Haarburger, geb. am 12.7.1865 in Hamburg, deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt, weiterdeportiert am 21.9.1942 nach Treblinka

Zeughausmarkt 33/34

Die Witwe Martha Polack lebte mit ihrem Sohn Arthur in sehr bescheidenen Verhältnissen am Zeughausmarkt 33/34, in einem ehemaligen Hotel, im Zimmer Nr. 12. Im Jahre 1940 wurde sie in das"Nordheim-Stift", eines der noch verbliebenen Altenheime des Jüdischen Religionsverbandes, einquartiert. Das Haus in der Schlachterstraße 40/42 stand unter Aufsicht der Gestapo und wurde nun als sogenanntes Judenhaus zur Vorbereitung ihrer Deportation genutzt.

Martha Polack, geb. Haarburger, war im Grindelviertel aufgewachsen. Sie war am 12. Juli 1865 als Tochter des Siegmund Sußmann Haarburger (geb. 20.7.1827, gest. 1.5.1904) und dessen Ehefrau Marianne, geb. Posach (geb. 6.3.1825, gest. 7.2.1904), in der Straße Durchschnitt 60 zur Welt gekommen. Der Vater hatte zunächst als "Todtengräber" auf dem Begräbnisplatz der Israelitischen Gemeinde gearbeitet und wurde später zum Friedhofsinspektor ernannt (s. Alice Graff).

Am 28. Dezember 1888, im Alter von 23 Jahren, hatte Martha den zehn Jahre älteren Kaufmann Harry Polack, geboren am 7. September 1854, geheiratet. Der Sohn von Nathan Jacob Polack und Hannchen, geb. Löwenberg, aus der Wexstraße 12 war gelernter Graveur und Ziseleur, hatte sich aber, wie sein Vater, als Handelsvertreter selbstständig gemacht.

Martha und Harry Polack bezogen eine Wohnung in der Neuen Fuhlentwiete 110, wo ihr Sohn Arthur am 11. Oktober 1889 zur Welt kam. Im Laufe der folgenden Jahre wechselte die Familie mehrmals ihre Adresse. Sie wohnte in der Gerhofstraße 44 (1890), dann am Gänsemarkt 58 (1895). 1904 zog sie von der Carolinenstraße 9 in die Bundesstraße 28a und schließlich 1913 in den Pilatuspool 15. Im selben Jahr verlegte Harry Polack sein Büro aus der Kaiser-Wilhelm-Straße 11/15a in die Düsternstraße 22/26. Nach dem Ersten Weltkrieg bewohnten die Polacks eine Vierzimmerwohnung in der Mühlenstraße 9 (heute ein Teil der Gerstäckerstraße).

Arthur Polack hatte die benachbarte "Stiftungsschule von 1815", später Anton-Ree-Realschule am Zeughausmarkt besucht (heute staatliche Gewerbeschule Anna-Siemsen-Schule). Nach seiner Entlassung aus der Sekunda begann er eine Lehre in einem Im- und Exportgeschäft, die er 1909 beendete. Anschließend arbeitete er als kaufmännischer Angestellter in der Firma J. Silberberg & Co., die an der Bleichenbrücke 3 Nähmaschinen vertrieb.

Arthur Polack blieb ledig. Die Mutter seiner 1915 geborenen Tochter Marga heiratete er nicht. 1916 wurde er eingezogen und nahm am Ersten Weltkrieg teil, aus dem er im November 1918 mit Auszeichnungen entlassen wurde.

Nach kurzer Erwerbslosigkeit arbeitete Arthur Polack in der Exportfirma Rudolf Sylvester, Pickhuben 4. Diese Stelle verlor er im Sommer 1923 wegen Arbeitsmangel. Im Anschluss war er Expedient in der Firma Arthur Büchting & Co., Lacke, Farben und Rohchemikalien in der Brauerstraße 27/28. Diese Arbeit gab er Ende 1923 auf, um seinen erkrankten Vater in dessen Firma zu unterstützen. Harry Polack hatte während der Wirtschaftskrise nur noch geringe Einkünfte erzielt, sodass sich die Familie an die Wohlfahrtsbehörde wenden musste. Harry Polack starb am 1. Juli 1928 in der Staatskrankenanstalt Friedrichsberg, seine Witwe Martha blieb ohne Rentenansprüche zurück.

Arthur versuchte zunächst, die väterliche Firma weiterzuführen. Jedoch gestaltete sich bald nach der nationalsozialistischen Machtübernahme die wirtschaftliche Lage für ihn noch schwieriger. Die Vertretung von mehreren Textilfabriken wurde ihm nach und nach entzogen, die Herstellerfirmen belieferten ihn als "Nichtarier" nicht mehr und die Geschäfte gaben keine Bestellungen mehr auf. Die Boykottmaßnahmen zwangen ihn, das Geschäft 1936 aufzugeben. Für kurze Zeit versuchte Arthur für die Firma Georg Leissner in der Brahmsstraße 88 einen Vertrieb für Brotaufstrichmittel aufzubauen, doch reichten die erzielten Einkünfte zum Leben nicht aus. Schon 1930 war Arthur mit seiner Mutter Martha in eine kleinere Wohnung in die Pastorenstraße 10 gezogen, das Zimmer am Zeughausmarkt 33/34 bezogen sie Ende 1933.

Arthur Polack konnte im kaufmännischen Bereich keine Anstellung mehr finden. Ab Juni 1936 wurde er als Unterstützungsarbeiter zu sogenannter Pflichtarbeit auf verschiedenen, extra für Juden eingerichteten Arbeitsplätzen herangezogen. Er arbeitete in Waltershof auf einem Schlickfeld, wo für eine Kindertageskolonie Sport- und Spielplätze und ein Kleingartengelände errichtet wurden, dann auf der Horner-Rennbahn und anschließend in Tiefstaak (heute Tiefstack), wo er als Straßenbauarbeiter schuftete. Im Sommer 1938 vermittelte ihn das Arbeitsamt in die Firma Peter Dammann, eine Tiefbaufirma in Buxtehude, wo er nach einigen Tagen wieder entlassen wurde, da er für schwere Erdarbeiten nicht geeignet war. Auch die nächsten Vermittlungen in die Straßen-, Tiefbau und Eisenbahnoberbaufirma W. u. M. Wiede, Mittelstraße 45, und bei der Reichsautobahn, Baustelle Meckelfeld im Landkreis Harburg, endeten aus denselben Gründen.

Ende 1938 wurde Arthur Polack die Unterstützung entzogen, weil er auf Gut Wulfsdorf bei Volksdorf mit dem Leiter des Arbeitsplatzes wegen seiner angeblich mangelnden Arbeitsleistungen in Streit geraten war. Ein Beamter der Fürsorgebehörde teilte in einem Schreiben an die "Staatliche Kriminalpolizei" mit: "Es wurde wiederholt festgestellt, dass P. körperliche Arbeit nur ungern ausführt; dabei ist sein Benehmen aufsässig und herausfordernd. Er musste deshalb vom Arbeitsplatz verwiesen werden. […] Es wird gebeten, P. in Vorbeugehaft zu nehmen."

Arthur Polack erhielt eine polizeiliche Vorladung und erklärte in einem anschließenden Verhör, er sei nicht arbeitsscheu und nehme jede Arbeit an, die ihm vermittelt würde. "Ich bin aber körperliche schwere Arbeit nicht gewohnt, deshalb sind mir auch die Erdarbeiten sehr schwer gefallen und habe deshalb nicht das leisten können, wie andere Arbeiter, die seit langen Jahren in diesem Beruf tätig sind." Der vernehmende Beamte glaubte ihm: "P. hat sich nichts zuschulden kommen lassen", Arthur Polack wurde nach Hause entlassen.

Anfang 1939 fand Arthur Polack eine nicht näher beschriebene Aushilfstätigkeit beim Jüdischen Kulturbund in der Hartungstraße 9/11. Seine letzte bekannte Beschäftigung war als Pfleger der Witwe Ella Davidson, geb. Hildesheim (geb. 4.10.1872, gest. 9.3.1943 in Theresienstadt), im Woldsenweg 5.

Als sein Name auf die Nachtragsliste für "eventuelle Ausfälle" der Deportation am 25. Oktober 1941 in das Getto "Litzmannstadt" nach Lodz gesetzt wurde, wohnte Arthur Polack zur Untermiete bei dem in "Mischehe" lebenden Kaufmann Bernhard Rosenthal (geb. 7.4.1877, gest. 14.1.1963) am Großneumarkt 3. Arthur Polack überlebte den ersten Winter im Getto nicht. Er starb am 3. Februar 1942 im "Getto Hospital" an Abmagerung, völliger Entkräftung und Erschöpfung.

Seine Mutter Martha Polack wurde aus dem Marcus-Nordheim-Stift am 19. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert, für sie eine Zwischenstation auf dem Weg ins Vernichtungslager Treblinka, wohin sie am 21. September 1942 gebracht wurde.


Stand: August 2018
© Susanne Rosendahl

Quellen: 1; StaH 332-5 Standesämter 2203 u 4229/1889; StaH 332-5 Standesämter 8539 u 1544/1888; StaH 332-5 Standesämter 7974 u 1084/1904; StaH 332-5 Standesämter 7972 u 343/1904; StaH 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge 1689 (Polack, Martha); StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 1; StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 5; Lodz Hospital, Der Hamburger Gesellschaft für Genealogie zur Verfügung gestellt von Peter W. Landé, 2009, USHMM, Washington, bearbeitet von Margot Löhr; diverse Hamburger Adressbücher.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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