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Bereits verlegte Stolpersteine



Paula Rosner (geborene Arnstein) * 1903

Holstenwall 13 (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
PAULA ROSNER
GEB. ARNSTEIN
JG. 1903
"POLENAKTION" 1938
BENTSCHEN / ZBASZYN
ERMORDET IM
BESETZTEN POLEN

Weitere Stolpersteine in Holstenwall 13:
Tewel Israel Rosner

Paula Rosner, geb. Arnstein, geb. am 7.4.1903 in Jasliska, ausgewiesen am 28.10.1938 nach Zbaszyn/Polen, dort am 22.4.1939 gestorben
Tewel Israel Rosner, geb. am 10.4.1896 in Rogi, ausgewiesen am 28.10.1938 nach Zbaszyn/Polen, Haft 1940 KZ Sachsenhausen, verstorben am 27.3.1941 im KZ Dachau

Holstenwall 13

Die Eltern von Paula Rosner, geb. Arnstein, stammten beide aus dem österreichischen Kronland Galizien (heute Ukraine) und betrieben seit 1915 ein Uniform- und Berufsbekleidungsgeschäft am Pinnasberg 30 im Stadtteil St. Pauli. Ihre Mutter Helene Terze Pessel Arnstein, geb. Leiser, geboren am 10. April 1877, hatte in ihrer Heimat Jasliska (Jaśliska) eine kaufmännische Ausbildung im Eisenwarengeschäft ihres Vaters Chaim Jakob Leiser erhalten. Im Jahre 1902 hatte sie Marcus/Max Arnstein, geboren am 17. Januar 1877, geheiratet, der aus dem südwestlichen Teil Polens, aus Zmigrod (Żmigród/Trachtenberg) kam, wo sein Vater Nathan Arnstein eine Gastwirtschaft betrieben hatte. Paula war am 7. April 1903 in Jasliska geboren worden. Als sie ein Jahr alt war, waren ihre Eltern mit ihr nach Hannover gezogen, wo der Bruder Hermann am 21. August 1905 zur Welt kam. Schwester Rosa/Resi wurde am 5. Februar 1911 in Rostock geboren. Kurz nach der Geburt ihrer jüngsten Tochter zog das Ehepaar Arnstein nach Altona in die Erichstraße 30. Da sich Helene und Marcus Arnstein in ihrer Heimat "nur" nach jüdischem Ritus hatten trauen lassen, holten sie am 5. Juni 1913 die standesamtliche Trauung nach.

Paula besuchte die höhere Töchterschule und im Anschluss für zwei Jahre eine Handelsschule. Danach war sie als kaufmännische Angestellte in verschiedenen Firmen tätig. Am 10. August 1926 heiratete sie den Kaufmann Tewel Israel Rosner, der am 10. April 1896 in Rogi im Südwesten Polens geboren worden war und die polnische Staatsbürgerschaft besaß.

Kurz vor der Heirat eröffnete Tewel Rosner am 26. Februar 1926 ein Geschäft für Berufsbekleidung und Wäsche in der Wexstraße 24. Das Ehepaar wohnte dann in der 1. Etage des Hauses. 1932 oder 1933 erfolgte ein Umzug an den Holstenwall 13. Das Geschäft wurde ein paar Häuser weiter in die Wexstraße 2 verlegt. Paula arbeitete im eigenen Betrieb als Verkäuferin, zusätzlich übernahm sie die Buchführung und leitete die 1933 angemeldete Filiale in der Hammerbrookstraße 87, die allerdings erst ab 1937 im Hamburger Adressbuch verzeichnet war. Das Ehepaar beschäftigte zwei Angestellte.

Paulas Bruder Hermann war unterdessen ins elterliche Geschäft eingetreten. Nach dem Krieg berichtete er, seine Eltern hätten nach 1933 die Boykottmaßnahmen gegen jüdische Unternehmer schnell zu spüren bekommen. In den Fischerdörfern Finkenwärder (heute Finkenwerder), Altenwärder (heute Altenwerder), Moorburg, Kranz und in Buxtehude, in denen er hauptsächlich als Reisender für seinen Vater tätig war, konnte er keine Umsätze mehr erzielen. 1934 entschloss er sich, Deutschland zu verlassen, und wanderte nach Palästina aus, wo es offenbar Verwandte gab. Nach dem Eintrag des Heiratsregisters seiner Eltern lebte sein Großvater Nathan Arnstein bis zu seinem Tod in Palästina.

Am 28. Oktober 1938 wurden Paula und Tewel Rosner als polnische Staatsangehörige in der reichsweiten "Polenaktion" von der Polizei abgeholt und noch am Abend mit einem Transport von etwa 1000 Jüdinnen und Juden aus Hamburg ins deutsch-polnische Grenzgebiet bei Zbaszyn/Bentschen abgeschoben. Unter ihnen befanden sich auch Tewels Bruder Hermann Rosner (geb. 10.11.1897 in Dulka), dessen Frau Sara Chaja, geb. Weinbach (geb. 24.8.1907 in Lancut), mit ihren Kindern Sami (geb. 2.7.1932) und Bernhard (geb. 29.3.1937). Hermann Rosner arbeitete in der gleichen Branche wie sein Bruder. Er betrieb ein Berufsbekleidungsgeschäft in der Harburger Mühlenstraße 9 (heute Schlossmühlendamm 32) und wohnte mit seiner Familie in der Altonaerstraße 2 (heute Altonaer Straße).

Marcus Arnstein, Tewels Schwiegervater, übernahm zunächst die Abwicklung und Auflösung der Geschäfte, gleichzeitig betrieb das Ehepaar Arnstein seine Emigration. Sein Ziel waren die USA, wohin ihre jüngste Tochter Rosa mit ihrem Ehemann Manfred Augenstern (geb. 14.5.1901, gest. 18.1.1953) im September 1938 emigriert waren. Manfred Augensterns Tochter Karin (geb. 18.4.1931) konnte ihnen im August 1939 folgen. Die gemeinsame Tochter Peggy Sue wurde am 10. Februar 1940 in der Emigration geboren (s. Hedwig Augenstern, Stolperstein in der Isestraße 23).

Am 23. Mai 1939 erhielten Paulas Eltern jedoch auf Anweisung des Polizeipräsidenten einen Ausweisungsbefehl. Bis zum 15. Juni 1939 mussten sie das Deutsche Reichsgebiet verlassen haben. Helene Arnstein gelangte mit einem der letzten Schiffe nach England. Marcus Arnstein wurde die Einreiseerlaubnis nach England nicht rechtzeitig erteilt, und so flüchtete er am 15. Juni nach Polen. Er hoffte, von dort nach England zu gelangen, aber der Kriegsbeginn vereitelte den Plan.

Den Brüdern Tewel und Hermann Rosner wurde die Rückkehr nach Hamburg genehmigt, um ihre Vermögensangelegenheiten selbst zu regeln. Hermanns Frau Sara Chaja blieb mit den beiden Kindern im provisorisch eingerichteten Grenzlager zurück. Paula Rosner soll laut einer Mitteilung des Hilfsvereins für Ausgewiesene, datiert vom 10. Mai 1939, bereits am 22. April 1939 in Zbaszyn verstorben sein. Ihre letzte Nachricht erreichte die Familie im Februar 1939.

Tewel Rosner traf am 21. Juli 1939 mit einer befristeten dreiwöchigen Aufenthaltsgenehmigung wieder in Hamburg ein. Der Hamburger Oberfinanzpräsident teilte ihm schriftlich mit, dass mit einer Verlängerung keinesfalls zu rechnen sei. Zeitgleich bemühten sich beide Brüder um ihre Auswanderung und leiteten die nötigen Schritte ein, aber ihr noch vorhandenes Vermögen stand unter "Sicherungsanordnung", ihre Konten waren gesperrt, über ihr Geld konnten sie nicht frei verfügen. Nachdem ihre Aufenthaltsgenehmigung verstrichen war, blieben die Brüder illegal in Hamburg.

Nach Kriegsbeginn wurden Tewel und Hermann Rosner als "polnische" Juden im September 1939 verhaftet. Am 24. Februar 1940 wurden sie aus dem Polizeigefängnis Fuhlsbüttel ins KZ Sachsenhausen verbracht, von dort kamen sie am 6. September 1940 in das KZ Dachau, wo sie die Häftlingsnummern 18432 und 18433 erhielten. Tewel Rosner wurde gestattet, einen Brief an den Oberfinanzpräsidenten in Hamburg zu senden. Er bat um die monatliche Überweisung von 50 Reichsmark (RM) von seinem Sperrkonto bei der Hamburger Sparkasse nach Dachau. Genehmigt wurden ihm für sich und seinen Bruder je 10 RM vierteljährlich. Fraglich bleibt, ob überhaupt eine Anweisung erfolgte.

Die Brüder Rosner kamen in Dachau ums Leben, Hermann am 1. Februar, Tewel am 27. März 1941. Ihre Urnen mit der Asche wurden auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel in Ohlsdorf beigesetzt. Für Hermann Rosner wurde ein Stolperstein am Schlossmühlendamm 32 in Harburg verlegt (s. www.stolpersteine-hamburg.de).

Paulas Vater Marcus Arnstein gelang es nicht mehr, Polen zu verlassen. Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges konnte er zunächst den Kontakt zu seiner Familie halten und erfuhr noch von der Geburt seiner Enkeltochter Peggy Sue. Die letzte Nachricht erreichte seine Tochter Rosa am 26. September 1940 aus Zmigrod: Er beabsichtigte im Oktober nach Jasliska, an seinen Geburtsort zurückzukehren. Die neue Anschrift sollte "M. Arnstein bei Kreisswirth in Jasliska bei Rymanow, Deutsche Post Ost" lauten. Von dort wollte er eventuell noch weiterreisen. Marcus Arnstein galt nach dem Krieg als verschollen, Ort und Datum seines Todes sind unbekannt, er wurde zum Ende des Jahres 1945 für tot erklärt.

Helene Arnstein konnte erst 1946 von London in die USA weiterreisen. Sie starb am 10. Januar 1964.


Stand: August 2018
© Susanne Rosendahl

Quellen: StaH 351-11 AfW 30286 (Arnstein, Hermann); StaH 351-11 AfW 24665 (Starr, Frederic); StaH 351-11 AfW 3243 (Arnstein, Marcus); StaH 351-11 AfW 27027 (Rosner, Paula); StaH 351-11 AfW 3338 (Arnstein, Helene Terze Pessel); StaH 351-11 AfW 36422 (Kadish, Rachel); StaH 314-15 R 1939/2877; StaH 332-5 Standesämter 3220 u 367/1913; Archiv der KZ-Gedenkstätte Dachau, Stiftung Bayerische Gedenkstätten, Auskunft von Albert Knoll, E-Mail vom 4.3.2016; www.ancestry.de (Helene Terze Pessel Arnstein: Bewerbung um Einbürgerung in die USA, Zugriff 23.4.2017).

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