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Leopold Wolfskehl * 1877

Wexstraße 38 (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
LEOPOLD
WOLFSKEHL
JG. 1877
DEPORTIERT 1941
MINSK
ERMORDET

Leopold Wolfskehl, geb. am 8.7.1877 in Vallendar am Rhein, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk

Wexstraße 38

Der gebürtige Rheinländer Leopold Wolfskehl war am 8.7.1877 als Sohn des jüdischen Ehepaares Wolf Wolfskehl und Johannetta/Jeanette, geb. Wendel, in Vallendar zur Welt gekommen. Die meisten Familien in Vallendar lebten vom Viehhandel, auch Leopolds Vater soll Viehhändler gewesen sein. Der älteste Sohn des Ehepaares, Heinrich, war am 26.3.1874 in London zur Welt gekommen. Nach Leopold folgte der jüngste, Adolf, am 29.3.1882.

Leopold Wolfskehl gab in einem später aufgenommenen Protokoll an, dass er im Alter von sechs Jahren in ein Waisenhaus gekommen sei und somit über das Leben seiner Eltern nichts zu berichten wisse. Seine beiden Brüder erwähnte er nicht.

Leopold Wolfskehl erlernte nach Ende seiner Schulzeit, ähnlich wie sein Bruder Adolf, den Beruf des Goldschmiedes und konvertierte 1905 zum evangelisch-lutherischen Glauben. Er nahm am Ersten Weltkrieg von 1915 bis 1918 als Landsturmmann teil und erhielt für seine Verdienste das Ehrenkreuz für Frontkämpfer.

Leopold Wolfskehl lebte bereits in Hamburg, als er am 3. Januar 1920 Amalie Johanna Wilhelmine Möhring (geb. 8.3.1879) heiratete. Ihre Eltern, der "Krüger" (Gastwirt) Johann Carl Gosche Möhring und Maria Henriette Caroline, geb. Ebel, gehörten ebenfalls der evangelisch-lutherischen Kirche an. Zum Zeitpunkt der Eheschließung wohnten Leopold und Amalie in der Marktstraße 10 Haus 4 im Stadtteil St. Pauli.

Etwa 1924 bezog das Ehepaar Wolfskehl in der ehemaligen Schlachterstraße 40-42 eine Erdgeschoßwohnung, in der Leopold Wolfskehl auch seine Werkstatt betrieb. Ihre Wohnung im Vorderhaus Nr. 41 sowie die Hinterhofbebauung, in dem sich auch das Marcus-Nordheim-Stift befand, gehörte der Deutsch Israelitischen Gemeinde.

Am 1. Mai 1932 verstarb Amalia Wolfskehl im Alter von 53 Jahren im Allgemeinen Krankenhaus St. Georg. Damit verlor Leopold Wolfskehl später den Schutz, den ihm die Ehe mit einer "Arierin" noch für eine Zeit geboten hätte. (Auch die jüdischen Partner einer "nichtprivilegierten Mischehe", um die es sich hier gehandelt hätte, wurden zunächst von der Deportation "zurückgestellt", siehe Glossar).

Leopold Wolfskehl arbeitete weiter als Goldschmied, bis ab Januar 1939 allen Jüdinnen und Juden verboten wurde, selbstständig tätig zu sein. Als er drei Monate später am 21. März 1939 zu einer Geldstrafe von 250 RM wegen "Verfügung über Devisengold im Gewicht von 174,4 Gramm Feingold ohne Genehmigung" verurteilt wurde, gab er an, ohne Einkommen zu sein und den Bescheid der Devisenstelle Hamburg nicht richtig verstanden zu haben. Die hatte verfügt, dass auch eingeschmolzenes Alt- und Bruchgold Devisengold sei und der Reichsbank fristgemäß angeboten werden müsse. Die Strafe durfte er in monatlichen Raten von 25 RM ab dem 1. April 1939 abtragen.

Eine weitere Geldstrafe von 20 RM erfolgte am 8. März 1940. Leopold Wolfskehl hatte versäumt, dem zuständigen Standesamt fristgerecht den Zwangsnamen "Israel" zu melden. (Seit dem 1.1.1939 mussten Jüdinnen und Juden den Zwangsnamen "Israel" bzw. "Sara" führen). Auch hätte er bis zum 31. Dezember 1938 nach der Kennkartenverordnung eine solche bei der zuständigen Polizeibehörde beantragen müssen. Leopold Wolfskehl gab als Grund für die verspätete Anmeldung an, dass er mit anderen jüdischen Familien nicht zusammenkäme und daher erst spät von dem Bestehen eines solchen Gesetzes Kenntnis erhalten habe. Tatsächlich konnten Juden von neuen Maßnahmen meist nur durch den Jüdischen Religionsverband e.V. erfahren. Eine monatliche Tilgung der neuen Geldstrafe von 10 RM wurde ihm wieder bewilligt.

Leopold Wolfskehl wohnte seit Mai 1939 als Untermieter in der Wexstraße 38 bei dem kaufmännischen Angestellten Otto Blume. Dort erhielt er seinen Deportationsbefehl für den 8. November 1941 nach Minsk.
Er überlebte die Deportation nicht.

Über Leopold Wolfskehls Brüder ist uns bekannt, dass der ältere Bruder Heinrich Wolfskehl später als Kaufmann in Frankfurt am Main lebte. Als er dort am 19. Februar 1920 die Köchin Flora Levi (geb. 18.4.1883 in Rodheim v. d. Höhe) geheiratet hatte, hatte er als Religionszugehörigkeit "katholisch" angegeben. Heinrich Wolfskehl verstarb im Alter von 51 Jahren am 26. Februar 1926 im Krankenhaus der Israelitischen Gemeinde in Frankfurt am Main. (Seine Witwe Flora Wolfskehl wohnte 1939 dort im Sandweg 115, sie wurde am 25. Januar 1942 nach Riga deportiert).

Der jüngere Bruder Adolf Wolfskehl war Edelsteinschleifer von Beruf geworden und lebte in Nalbach, Kreis Sankt Wendel. Am 17. Januar 1910 hatte er die Verkäuferin Wilhelmine Wolff (geb. 1.3.1879 in Nalbach) geheiratet. Adolf Wolfskehl wurde als Soldat im Ersten Weltkrieg in der Schlacht am Narew in Polen getötet. (Seine Witwe Wilhelmine Wolfskehl, die 1939 in Merzig und zuletzt in Berlin lebte, wurde am 25. Januar 1942 nach Riga deportiert).

Stand: Januar 2021
© Susanne Rosendahl

Quellen: StaH 314-15_Str 544; StaH 332-5 Standesämter 3373 u. 11/1920; StaH 332-5 Standesämter 989 u. 685/1932; StaH 213-11 Amtsgericht Hamburg 60646; StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 2; www.ancestry.de Heiratsregister von Adolf Wolfskehl und Wilhelmine Wolff am 17.1.1910 in Nalbach (Zugriff 12.4.2018); www.ancestry.de Heiratsregister von Heinrich Wolfskehl und Flora Levi am 19.2.1920 in Frankfurt (Zugriff 12.4.2018); www.ancestry.de Sterberegister von Heinrich Wolfskehl am 26.2.1926 in Frankfurt (Zugriff 12.4.2018); https://collections.arolsen-archives.org/archive/127187510/?p=2&s=wolfskehl&doc_id=127187510 (Zugriff 05.01.2021); Hamburger Adressbücher.

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