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Albert Trieglaff * 1913

Venusberg gegenüber Haus Nr. 22 (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
ALBERT TRIEGLAFF
JG. 1913
IM WIDERSTAND / KPD
VERHAFTET 18.9.1933
KZ FUHLSBÜTTEL
SACHSENHAUSEN
NATZWEILER-STRUTHOF
DACHAU
ERMORDET 9.12.1944

Albert Willi Fritz Trieglaff, geb. am 12.3.1913 in Stettin, Haft 1933, im KZ Dachau am 9.12.1944 verstorben

Venusberg gegenüber der Hausnummer 22 (Venusberg 30)

Der Name Trieglaff (Triglaw) geht auf eine slawische Gottheit zurück und bedeutet "Dreikopf". Sie wurde mit drei Köpfen dargestellt, die Augen verbunden, damit sie die Schlechtigkeit der Welt nicht sehen musste. Sie wurde in Stettin und Wollin verehrt.

Aus Stettin und Wollin stammte auch die Familie von Albert Willi Fritz Trieglaff. Er war am 12. März 1913 in Stettin geboren worden. Seinen Vornamen Albert erhielt er in Erinnerung an seinen 1896 verstorbenen Großvater (geb.12.11.1859). Seine Großmutter Anna, geb. Laabs (geb.19.10.1870, gest. 22.9.1922 in Stettin), kam aus Wollin. Die Großeltern hatten am 3. September 1887 in Stettin geheiratet. Alberts Mutter, das Dienstmädchen Hedwig Anna Flora Trieglaff (geb. 4.9.1892 in Stettin) war im November 1911 nach Hamburg gekommen, vermutlich um hier "in Stellung" zu gehen, d.h., als Dienstmädchen zu arbeiten. Sie kehrte im März 1912 nach Stettin zurück und heiratete am 27. März 1920 Alexander Franz Krüger. Wann ihr Sohn Albert nach Hamburg kam, ist nicht überliefert, auch nicht, wer sein Vater war.

Das wenige, was bisher über Albert Trieglaff bekannt ist, stammt aus der Wiedergutmachungsakte seiner Tante. Seine Tante Ella Bertha Elisabeth Trieglaff (geb.12.11.1890 in Stettin) hatte ihre Heimat 1912 verlassen. Ihre erste Hamburger Adresse war im Eichholz 9, wo der Maschinist Julius Trieglaff wohnte, wahrscheinlich ein naher Verwandter. In Stettin hatte Ella Trieglaff eine Ausbildung zur Floristin erhalten. In Hamburg arbeitete sie zunächst in einer Schokoladenfabrik. Seit 1926 war sie als Reinmachefrau bei der Allgemeinen-Orts-Krankenkasse (AOK) in der Kaiser-Wilhelm-Straße und beim Finanzamt am Rödingsmarkt tätig. Ella Trieglaff wohnte dann am Venusberg 12 und zog 1924 in die Rothesoodstraße 18.

Albert Trieglaff fuhr nach seiner Schulzeit als Leichtmatrose zur See. 1930 wurde er arbeitslos und schloss sich vielleicht in dieser Zeit der "Roten Marine" an, einer Sektion des seit Mai 1929 noch in der Weimarer Republik verbotenen Rotfrontkämpferbundes (RFB).

Am 18. September 1933 wurde Albert Trieglaff wegen seiner Beteiligung an bewaffneten Straßenkämpfen zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten verhaftet. Zu dieser Zeit war er 20 Jahre alt, wohnte zur Untermiete am Venusberg 30 und hatte mit seiner Verlobten Hertha Möller, die in Altona in der Lindenstraße 41 lebte, ein gemeinsames Kind, den fünf Monate alten Karlheinz Alexander Möller (geb. 17.4.1933).

Am 2. Mai 1934 führte das Hanseatische Sondergericht ein Großverfahren gegen Gegnerinnen und Gegner des nationalsozialistischen Staates durch, das als "Roter Marine-Prozess" bekannt wurde. Es ging um vier Straffälle mit 48 Angeklagten. Albert Trieglaff war in zwei dieser Prozesse mitangeklagt. In der Verhandlung zum "Überfall in der Admiralitätsstraße am 2. November 1932" – dort waren Angehörige des "Marinesturms" beim Flugblätterverteilen überfallen worden – konnte Albert Trieglaffs Beteiligung nicht nachgewiesen werden. Im vierten Straffall ging es um den Überfall auf das SA-Marine-Sturmlokal "Adler-Hotel" am Abend des 21. Februar 1933.

An diesem Abend war es in der Schanzenstraße zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten zu einer Schießerei gekommen. Zwei unbeteiligte Passanten waren durch Querschläger getötet worden, ein Passant, sowie ein SA-Mann wurden verletzt. (s. Otto Christoph Heitmann, Johannes Horlebusch, Karl Schaafhirte und Walter Wicke).

Die Staatsanwaltschaft ging in der Anklageschrift bei dem ums Leben gekommenen Passanten von vollendetem Mord und bei dem Verletzten von versuchtem Mord in Tateinheit mit Landfriedensbruch aus. "Geplant war eine Demolierung des Adler-Hotels und zugleich ein Feuerüberfall auf diejenigen SA-Leute, deren Herauskommen aus dem Adler-Hotel unmittelbar nach dem Einwerfen der Scheiben vorausgesetzt wurde. Es ist davon auszugehen, dass die Schüsse, soweit sie Unbeteiligte trafen, abgeirrt sind. Sie hätten den herauskommenden SA-Leuten gegolten. Die Angeklagten, die sich für diese Aktion einteilen ließen und mit Waffen sich zum Adler-Hotel begaben, in der Absicht von ihren Schusswaffen Gebrauch zu machen, haben sich des gemeinschaftlichen Mordes schuldig gemacht."

Albert Trieglaff wurde wegen "politischen Mordes und Landfriedensbruch" zu einer Zuchthausstrafe von fünf Jahren verurteilt, die er bis zum 28. September 1938 im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel verbüßte. Anschließend wurde er der Gestapo übergeben, die ihn weiterhin in "Schutzhaft" hielt. Albert Trieglaff kam ins KZ Buchenwald und von dort am 14. März 1942 in das KZ Natzweiler-Struthof im besetzten Elsass, 60 km von Straßburg, wo die überwiegend politischen Häftlinge für die "Deutschen Erd- und Steinwerke", ein Unternehmen der SS, schwere Arbeit im Steinbruch verrichten mussten. Als das Lager angesichts der vorrückenden alliierten Truppen geräumt wurde, wurde Albert Trieglaff wie auch der größte Teil der Gefangenen am 6. September 1944 ins KZ Dachau verlegt. Dort brach Ende des Jahres eine Typhusepidemie aus. Albert Trieglaff kam am 9. Dezember 1944 im Alter von 31 Jahren in Dachau ums Leben.

Seine Tante Ella Trieglaff wurde im Januar 1935 wegen ihrer illegalen Betätigung als Hauptkassiererin für die Kommunistische Partei Deutschland (KPD) von der Gestapo verhaftet. Im Februar wurde sie vorübergehend aus der "Schutzhaft" entlassen, um die Beerdigung ihres Verlobten Otto Fiebelkorn zu regeln. Der Seemann Otto Fiebelkorn (geb. 8.12.1888 in Altwerp) hatte sich kurz nach ihrer Festnahme am 28. Januar 1935 im Botanischen Garten erhängt. Auf Anordnung der Gestapo musste sie die gemeinsame Wohnung in der Zeughausstraße 34 auflösen. Sie meldete sich dann zur Untermiete in der Lincolnstraße 4 an. Nach längerem Aufenthalt im Hafenkrankenhaus wurde Ella Trieglaff am 20. Dezember 1935 wegen "Beihilfe zum Hochverrat" zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren verurteilt, die sie vom 6. Januar 1936 bis zum 6. Januar 1938 in den Frauenhaftanstalten Fuhlsbüttel, Lübeck-Lauerhof und Vechta/Oldenburg verbüßte. Ella Trieglaff überlebte den Nationalsozialismus, sie verstarb 1958 in Hamburg.


Stand: September 2019
© Susanne Rosendahl

Quelle: 351-11 AfW 12397 (Trieglaff, Ella); StaH 332-5 Standesämter 1037 u 50/1935; StaH 351-11 AfW 13931 (Krüger, Hedwig); StaH 741-4 Fotoarchiv A 263; StaH 332-7 B VII b 1953/10274; StaH 213-11 Staatsanwaltschaft Strafsachen 08413/47 Band 1 bis 4; http://stevemorse.org/dachau/dachau.html, (Zugriff 30.10.2014); http://www.struthof.fr/de/empfang/ (Zugriff 30.10.2014); http://www.sternin.de/trieglaff.htm (Zugriff 30.10.2014); www.ancestry.de (Geburtsregister Hedwig Anna Flora Trieglaff am 4.9.1892 in Stettin, Zugriff 18.9.2017); www.ancestry.de (Heiratsregister Hedwig Anna Flora Trieglaff und Alexander Franz Krüger am 27.3.1920 in Stettin, Zugriff 18.9.2017).

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