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Ernst Posner * 1904

Jan-Valkenburg-Straße 3 (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
ERNST POSNER
JG. 1904
VERHAFTET 17.6.1942
NEUENGAMME
1942 DACHAU
ERMORDET 1.8.1942

Adolf Julius Posner, geb. am 19.4.1884 in Hamburg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk

Großneumarkt 38 (Schlachterstraße 40/42) (Stolperstein geplant)

Ernst Posner, geb. am 6.2.1904 in Hamburg, verhaftet am 17.6.1942 in Kiel, inhaftiert im KZ Neuengamme und im KZ Dachau, dort gestorben am 1.8.1942

Jan-Valkenburg-Straße 3 (Marienstraße 1)

Als Adolf Posner fünf Jahre alt war, wohnte er mit seinen Eltern im Hinterhof der 2. Elbstraße 12. Er hatte noch zwei Geschwister, den drei Jahre älteren Bruder Ernst Aron Posner (siehe www.stolpersteine-hamburg.de) und die damals 12-jährige Bertha (geb. 1.1.1879). Ihr Vater Joel Posner war Arbeiter und Händler, bis er am 11. März 1891 im Israelitischen Krankenhaus verstarb.

Die Mutter Fanny Posner, geb. Levy (geb. 2.12.1847), ging 1895 eine zweite Ehe mit dem nichtjüdischen Friedrich Wilhelm Schmidtke (geb. 1.5.1837, gest. 10.11.1913) ein. Das Ehepaar Schmidtke lebte in einfachen Verhältnissen im Neuen Steinweg 45 und betätigte sich als Händler. Fanny Schmidtke starb am 18. März 1924 in einem staatlichen Versorgungsheim. Adolf Posner verließ sein Elternhaus und verdiente den Lebensunterhalt als Arbeiter und Bote. Am 15. März 1906 hatte er die Köchin Rosalie Streim geheiratet. Ihr gemeinsamer Sohn Ernst, der am 6. Februar 1904 das Licht der Welt erblickte, erhielt den Familiennamen Posner. Rosalie Streim war am 21. Februar 1880 in Reichenbach im Vogtland geboren worden und hatte zum Zeitpunkt der Eheschließung bei ihrem Vater gewohnt, dem Schneidermeister Eduard Samuel Streim (geb. 2.2.1844, gest. 7.9.1909), in der Schlachterstraße 40/42 im jüdischen Marcus-Nordheim-Stift. Ihre Mutter Eva, geb. Striem, war schon früh in Reichenbach verstorben und ihr Vater war in seine Heimatstadt Hamburg zurückgekehrt. (siehe Johanna Löwe, www.stolpersteine-hamburg.de). Am 7. Februar 1909 bekamen Rosalie und Adolf Posner den zweiten Sohn Rudolf. Ein oder zwei Jahre nach seiner Geburt zog Familie Posner aus der Carolinenstraße 26, Haus 12, in das Marcus-Nordheim-Stift, Haus 4. Am 25. Januar 1923 starb Rosalie Posner im Israelitischen Krankenhaus. Sie wurde auf dem Jüdischen Friedhof Langenfelde beerdigt.

Wenige Jahre später zog Adolf Posners ledige Schwägerin Clara Streim (geb. 5.11.1973) bei ihm ein. Sie kehrte von Berlin nach Hamburg zurück, da sie ihre Tätigkeit in dem "Schneideratelier" ihrer Schwester aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben konnte. Sie litt an Muskelschwund, an Lähmungen der Hüfte und des rechten Beines und erhielt nun eine Invalidenrente, die jedoch zum Leben nicht ausreichte. Adolf Posner war inzwischen im Alter von 44 Jahren fast erblindet. "Hin und wieder" übernahm er "Wächterdienst" beim "Jüdischen Bestattungsverein" und bezog ebenfalls eine kleine Invalidenrente. Gemeinsam versorgten sie den Haushalt so gut es ging. Zum Waschen und Reinigen der Wohnung mussten sie Hilfe in Anspruch nehmen. Clara Streim wurde dann pflegebedürftig und zog ins Siechenheim der Jüdischen Gemeinde Schäferkampsallee 29, dort nahm sie sich am 3. Februar 1942 durch Erhängen das Leben.

Adolfs Söhne hatten mittlerweile ihr Elternhaus verlassen. Der jüngste, Rudolf Posner, arbeitete in seinem erlernten Beruf als Polsterer und Tapezierer. Zwischenzeitlich fuhr er als Steward zur See. Rudolf bekam schon früh den wachsenden Antisemitismus zu spüren. Am 2. Juli 1931, abends um 22 Uhr, wurde er nach einer vorzeitig abgebrochenen Veranstaltung im Jüdischen Jugendheim in der Johnsallee 54 von einer Gruppe Nationalsozialisten unter den Rufen "schlagt die Juden einzeln tot" auf offener Straße schwer misshandelt. Es kam zu einer Gerichtsverhandlung, in der einer der Angreifer, der 22-jährige Kraftwagenfahrer Erich Rudolf Syrig, zu einer einmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Zu dieser Zeit wohnte Rudolf Posner in der Wexstraße 26 bei dem Schneider J. Boudys.

Am 27. April 1934 heiratete Rudolf Posner das nichtjüdische Zimmermädchen Ottilie Lienau (geb. 11.7.1902 in Altona). Obwohl er mit seiner Heirat zum Christentum konvertierte, fand Rudolf Posner als "Nichtarier" in seinem erlernten Beruf keine Arbeit mehr und entschloss sich 1935 wieder zur See zu fahren. Auch hoffte er, so schneller ins Ausland zu gelangen, sollte der Antisemitismus in Deutschland weiter zunehmen.

Das kinderlose Ehepaar Posner wohnte in der ersten Etage der Marienstraße 1 (ab 1940 Jan-Valkenburg-Straße). Bei ihnen lebte auch Rudolfs älterer Bruder Ernst. Ottilie Posner gab die Wohnung im Sommer 1939 auf. Gut möglich, dass ihnen gekündigt wurde, denn das "Gesetz über die Mietverhältnisse mit Juden" vom 30. April 1939 hob ihren Mieterschutz auf. Ottilie Posner fand eine Wohnung in der Hafenstraße 126. Ihr Schwager Ernst zog am 18. Juni 1939 nach Kiel in den Kleinen Kuhberg 28.

Zu diesem Zeitpunkt fuhr Rudolf noch auf einem der Schiffe der Südamerikanischen-Dampfschifffahrts-Gesellschaft zur See. Bevor er im August 1941 zum Abmustern gezwungen wurde, hatte er Gelegenheiten, irgendwo von Bord zu gehen, nicht ergriffen. Vielleicht schätzte er die Lage in Deutschland falsch ein.

Rudolf Posner wurde als Fabrikarbeiter zwangsverpflichtet, zuletzt in der Hanfspinnerei Steen & Co. in Hamburg-Lokstedt, wo er die Latrinen und Toiletten reinigte. Die Wohnung in der Hafenstraße 126 musste er auf Anordnung des Hausbesitzers Niemeier verlassen, da dieser keine Juden im Haus duldete. Rudolf Posner war dann an verschiedenen Adressen als Untermieter gemeldet, wie im Nagelsweg 19 bei Harms und in der Großen Bergstraße 100 in einem "Judenhaus".

Als im Oktober 1941 die Deportationen aus Hamburg begannen, erhielt Rudolf Posner durch die Gestapo, Abteilung "Judenreferat" in der Düsternstraße 41, die Aufforderung, sich für eine "Evakuierung" nach Polen bereitzuhalten, er sollte mit seinem Vater Adolf am 8. November 1941 nach Minsk deportiert werden. Wegen seiner nichtjüdischen Ehefrau konnte er jedoch eine vorläufige Zurückstellung erreichen, sein Name wurde von der Deportationsliste gestrichen.

Rudolfs Vater Adolf Posner musste dem Deportationsbefehl folgen. Nachdem er seine langjährige Wohnung in der Schlachterstraße hatte aufgeben müssen, hatte er im "Judenhaus" am Neuen Steinweg 78, Haus 4, gelebt. Mit der Berufsbezeichnung "Leichenträger" wurde Adolf Posner am 8. November 1941 vom Hannoverschen Bahnhof ins Getto nach Minsk deportiert.

Am 23. April 1942 meldete Ottilie Posner ihren Mann bei der Polizei als seit 14 Tagen vermisst. Am 15. Mai 1942 gegen 14 Uhr wurde Rudolf Posner in Höhe des Altonaer Hafens im Wasser treibend tot aufgefunden. Ottilie Posner gab zu Protokoll, ihr Mann habe ihr mehrfach zu verstehen gegeben, eine "Verschickung" bedeute für ihn den sicheren Tod. Er zog es vor, seinem Leben selbst ein Ende zu setzen. An Rudolf Posner erinnert ein Stolperstein in der Hafenstraße 126 (siehe www.stolperstein-hamburg.de).

Sein älterer Bruder Ernst Posner wurde aus unbekannten Gründen am 17. Juni 1942 in Kiel verhaftet und als "Schutzhäftling" ins KZ Neuengamme nach Hamburg überstellt. Von dort kam er am 1. August 1942 mit zehn weiteren als "jüdisch" kategorisierten Männern eines großen Transportes in das KZ Dachau. Bereits am Tage seiner Ankunft verstarb Ernst Posner um 21.30 Uhr im "Häftlingskrankenbau". Als Todesursache wurde "Versagen von Herz und Kreislauf bei Lungenentzündung" angegeben.

Stand: Juli 2022
© Susanne Rosendahl

Quellen: 1; 9; StaH 332-5 Standesämter 2563 u 1678/1876; StaH 332-5 Standesämter 1950 u 62/1879; StaH 332-5 Standesämter 2008 u 4647/1881; StaH 332-5 Standesämter 2077 u 1908/1884; StaH 332- 5 Standesämter 2698 u 798/1886; StaH 332-5 Standesämter 294 u 596/1891; StaH 332-5 Standesämter 14183 u 356/1904; StaH 332-5 Standesämter 3064 u 136/1906; StaH 332-5 Standesämter 623 u 583/1909; StaH 332-5 Standesämter 870 u 42/1923; StaH 332-5 Standesämter 5428 u 678/1942; StaH 332-5 Standesämter 8179 u 64/1942; StaH 351-11 AfW 25761 (Posner, Ottilie); StaH 331-5 Polizeibehörde – Unnatürliche Sterbefälle 3 Akte 1942/1322; StaH 213-11 Amtsgericht A17325/31; StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 2; Behrens: Stolpersteine, S. 155; Auskunft von Alyn Beßmann, Archiv der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, E-Mail vom 24.8.2015; Auskunft von Andre Scharf, Archiv der KZ-Gedenkstätte Dachau, E-Mail vom 14.8.2015; http://stevemorse.org/dachau/dachau.html (Zugriff 13.2.2015), Arolsen Archives Online-Collections, Document ID: 10250983 – Ernst Israel Posner (Zugriff 10.3.2020).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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