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Bereits verlegte Stolpersteine



Eleonore Meyer * 1868

Stammannstraße 15 (Hamburg-Nord, Winterhude)


HIER WOHNTE
ELEONORE MEYER
JG. 1868
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Stammannstraße 15:
Mathilde Lina Meyer

Eleonore Meyer, geb. am 22.4.1868 in Hamburg, deportiert am 15.7.1942 in das Getto Theresienstadt, dort ermordet

Stammannstraße 15 (Barmbek)

Eleonore Meyer wurde am 22.4.1868 als erstes Kind von Hirsch Hermann (1838-1918) und Bella Meyer, geb. Engel (1841-1905) in Hamburg in eine jüdische Familie geboren.

Ihr folgten sechs Geschwister: Mathilde Lina Meyer (geb. am 22.3.1874 in Berlin), David Meyer (geb. am 22.1.1870), Adolph Meyer (geb. am 16.10.1871), Emilie Meyer (geb. am 10.2.1876), Sally Meyer (geb. am 28.3.1878) und Moritz Meyer (geb. am 24.8.1885), alle jeweils in Hamburg geboren.

Über die Kindheit und Jugend von Eleonore Meyer ist uns nichts bekannt.

Nach der Lehrerinnenausbildung in einem Seminar in Münster trat Eleonore Meyer am 1. Januar 1889 als Volksschullehrerin in den Hamburger Schuldienst ein. Zunächst unterrichtete sie an der Mädchenschule Böhmkenstraße 15 in der Neustadt. Im Jahr 1906 wechselte sie zur Mädchenschule Holstenwall 17, ebenfalls in der Neustadt.

Ab 1914 unterrichtete sie in der Mädchenschule Forsmannstraße 34 in Winterhude. Diese Schule war im Jahr 1910 eingeweiht worden. Das Gebäude beherbergte eine Mädchenschule (Eingang Hausnummer 34) und eine Jungenschule (Eingang Hausnummer 32). Beide Schulen wurden im Jahr 1920 im Rahmen der Reformbestrebungen der Weimarer Republik zusammengelegt; die erste Koedukationsklasse entstand, in der Mädchen und Jungen gemeinsam unterrichtet wurden. Die Reform wurde nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 wieder rückgängig gemacht. In dieser Schule blieb Eleonore Meyer bis zu ihrer Pensionierung am 1. Mai 1929. Bis zu ihrer Deportation erhielt sie eine Pension.

Über den Schuldienst hinaus engagierte sich Eleonore Meyer in der "Gesellschaft der Freunde des vaterländischen Schul- und Erziehungswesens" in Hamburg, die als Ziel die Verbesserung der materiellen Versorgung der Lehrer und Lehrerinnen (Einkommen, Pension, Witwenversorgung) und die Fortbildung der Mitglieder hatte. Darüber hinaus war sie auch Mitglied des "Vereins Hamburger Volksschullehrerinnen", einer Art berufspolitischen Lobby für Volksschullehrerinnen. Dort wirkte Eleonore Meyer seit 1924 auch als Vertrauensfrau des Vereins.

Wie alle weiblichen Lehrkräfte unterlag sie auch dem "Lehrerinnenzölibat", blieb also unverheiratet und lebte zunächst bei ihren Eltern bzw. später bei ihrem verwitweten Vater, der als Kaufmann und selbständiger Handelsvertreter tätig war. Nach dessen Tod 1918 zog sie in die Neumünsterstraße 37 ins Obergeschoss. Ab 1920 lebte unter dieser Adresse auch ihre Schwester Mathilde Lina Meyer. 1933 zogen die Schwestern dann zunächst gemeinsam in den Suhrenkamp 25 II. (Alsterdorf) und 1937 in die Stammannstraße 15 (Barmbek).

Im Rahmen des späteren Wiedergutmachungsverfahrens berichteten ihr Neffe Günther Meyer und eine frühere Nachbarin, dass die Schwestern sehr sparsam gelebt und in der Stammannstraße eine vornehm eingerichtete 3-Zimmer-Wohnung mit vielen Silber- und Kristallsachen, Teppichen und Bildern bewohnt hätten.

Anfang 1942 erhielten sie von der Geheimen Staatspolizei den Befehl, ihre Wohnung zu räumen und in das "Judenhaus" Bundestraße 35, Hs. B "überzusiedeln". Dort bewohnten sie zusammen eine kleine Wohnung bestehend aus einem Zimmer, einer Küche und einem Korridor. Ein Zeuge, der Heizer des Wohnblocks Stammannstraße, der die beiden Schwestern persönlich kannte, gab im Wiedergutmachungsverfahren an, dass sich die Schwestern beim Umzug nicht von ihrer Einrichtung trennen mochten. Sie hätten versucht, möglichst viele Möbelstücke in die Bundestraße mitzunehmen. Dort habe es wie in einem Möbellager ausgesehen.
Die Wohnung Stammannstraße wurde, samt der zurückgelassenen Wohnungseinrichtung, versiegelt und der Schlüssel der Gestapo ausgehändigt. Der Zeuge berichtete auch, dass die Schwestern – wie alle Jüdinnen und Juden - ihre Schmuckstücke und Uhren an die Behörden hätten abgeben müssen.

Wenige Wochen nach dem erzwungenen Umzug erhielten Eleonore und Mathilde Lina Meyer den "Deportationsbefehl". Sie wurden am 15. Juli 1942 von der Sammelstelle Schule Schanzenstraße in der Altonaer Straße aus zum Hannoverschen Bahnhof gebracht. Von dort aus verließ der Deportationszug mit über 900 weiteren Menschen Hamburg in Richtung Theresienstadt. Über Eleonore Meyers weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Das Amtsgericht Hamburg hat sie mit Datum 31. Dezember 1945 für tot erklärt (Az. 54 II 917/919/52).

Der in der Bundestraße 35 verbliebene restliche Hausrat wurde auf Veranlassung der Gestapo am 14. Oktober 1942 zwangsversteigert. Der Erlös aus der Versteigerung betrug für den Hausrat von Eleonore Meyer 276,35 RM, bei Mathilde Lina Meyer 412,65 RM.

Mathilde Lina Meyer wurde von Theresienstadt am 21. September 1942 in das Vernichtungslager Treblinka deportiert und dort ermordet. In der Stammannstraße 15 erinnert ein Stolperstein an ihr Schicksal.

Ihr Bruder Adolph Meyer und seine Ehefrau Martha wurden ebenfalls am 15. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert. Am 16. März 1944 verstarb dort Adolph Meyer. Martha Meyer wurde am 15. Mai 1944 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. An das Ehepaar erinnern Stolpersteine in der Mozartstraße 34.

Ihr Bruder David Meyer heiratete die aus Merzig/Saarland stammende Adelheid Adele Levy. David Meyer lebte bis zu seinem Tode am 6. Februar 1933 mit seiner Familie in Merzig. Sie hatten einen Sohn: Leo (Jg. 1890).

Ihr Bruder Sally Meyer hatte Deutschland auf dem Passagierdampfer Blücher mit dem Ziel New York verlassen, wo er am 6. Februar 1906 ankam. Am 1. Mai 1916 heiratete er dort Wilhelmina Koehler (Jg. 1892), mit der er drei Söhne bekam: Herbert Fritz (Jg. 1916), Charles Ernest (Jg. 1918) und Richard James (Jg. 1919). Sally Meyer starb am 10. Juni 1927 in New York.

Ihr Bruder Moritz Meyer folgte am 27. August 1908 seinem Bruder nach New York. Er starb dort am 15.2.1946.

Ihre Schwester Emilie Meyer hatte am 21. Mai 1920 den evangelischen Kaufmann Fritz Mey (geb. am 1.7.1885 in Königsberg) geheiratet. Sie wohnten von 1921 bis 1924 ebenfalls in Hamburg in der Neumünsterstraße 37. Fritz und Emilie Mey verließen Deutschland von Hamburg aus am 25. November 1933 (Fritz Mey) und am 16. Mai 1934 (Emilie Mey), jeweils mit dem Schiff Cap Arcona, mit dem Ziel Buenos Aires Argentinien.

Stand: März 2024
© Birgit Geyer

Quellen: 1; 3; 4; 5; 7; 8; Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg - Hamburger Adressbücher von 1905 - 1941; StaH Entschädigungssachen: 213-13_7999 (Erwin Meyer); StaH Amt für Wiedergutmachung: 351-11_1314 (Eleonore Meyer), 351-11_2525 (Mathilde Meyer), 213-13_7999 (Erwin Meyer); Hamburgisches Lehrerverzeichnis /Gesellschaft der Freunde des Vaterländischen Schul- und Erziehungswesens (A 576 / 0001, 1901-1933), Auswanderungslisten (K_1793, K_1805, K_2002); Gedenkbuch der Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1925 (Koblenz 2006); Yad Vashem Datenbank der Namen von Holocaust-Überlebenden und Opfern: Datensatz-Nummer 11593584, 4909457, 11594481 und 4829307 (Zugriff 27.11.2023); ITS Arolsen Archives - https://collections.arolsen-archives.org/, Doc ID 5012443 und 5063113 (Zugriff 27.11.2023); https://mappingthelives (Zugriff 19.7.2023); https://www.sternschanze1942.de/die-namen-der-deportierten-vom-15-und 19-juli-1942 (Zugriff 25.8.2023); Ancestry (Zugriff 19.7.2023, 8.3.2024 und 11.3.2024): Geburtsurkunde Emilie Meyer, Geburtsurkunde Moritz Meyer, Geburtsurkunde Sally Meyer, Geburtsurkunde Adelheid Levy, Todesurkunde Bella Meyer, Todesurkunde Hirsch (Hermann) Meyer, Heiratsurkunde Emilie Meyer, Aufgebot Sally Meyer, Declaration of Intention Sally Meyer, Petition for Naturalisation Wilhelmina Meyer, Registration Card Sally Meyer; Internetauftritt Schule Forsmannstraße http://wp.schule-forsmannstrasse.de/: Geschichte unserer Schule; Statistik und Deportation der jüdischen Bevölkerung aus dem Deutschen Reich (statistik-des-holocaust.de): Deportationsliste Bp-1061.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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